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8.6 Technische Infrastruktur anpassen

8.6.5 Feuerwehr und Katastrophenschutz

Ausgangspunkt

In Sachsen-Anhalt bestehen gegenwärtig 1.672 Feuerwehren mit fast 61.000 Mitgliedern; davon sind fast 37.500 freiwillige Einsatzkräfte. Sie sind gemein-sam mit den ca. 1.600 im Katastrophenschutz Mitwirkenden der maßgebliche Garant eines effektiven Schutzes der Bevölkerung im Rahmen der nichtpolizeilichen Gefah-renabwehr. In einem flächendeckenden System werden so Brandschutz, Hilfeleistung und Katastrophenabwehr gewährleistet.

Im Zusammenspiel mit den bisherigen kleinteiligen Kommunalstrukturen und signifikan-ten rückläufigen Entwicklungen im Bereich der Freiwilligen Feuerwehren ergeben sich aus dem demografischen Wandel deutliche Herausforderungen für die Gemeinden und Feuerwehren im Land:

• Die bisherige Kommunalstruktur erforderte eine hohe Zahl personell starker Feuerwehren, die auszurüsten und zu unterhalten waren und über eine einsatz-taktisch erforderliche sowie den rechtlichen Vorgaben entsprechende Ausrüs-tung verfügen müssen.

• Die Sicherung des notwendigen Personalbestands wird bei abnehmender Be-völkerungszahl und zunehmendem Altersdurchschnitt immer schwieriger.

• Sowohl die aktuelle Anzahl der Jugendfeuerwehren, ihre Mitgliederzahl als auch der derzeitige Frauenanteil in den Feuerwehren reichen für eine nachhal-tige Stabilisierung des Personalbestandes im Einsatzdienst nicht aus.

• Zur nachhaltigen und ständigen Sicherung der Einsatzfähigkeit ist die Erhöhung der Einsatzkräftezahl unbedingt erforderlich.

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• Die zunehmend schwierigere Lage der öffentlichen Finanzen hat auch Auswir-kungen auf die Bereitstellung von Mitteln für die Aufgabe „Brandschutz und Hil-feleistung“. Gleichzeitig ist eine Stärkung der Feuerwehren im Hinblick auf Aus-stattung und Ausrüstung angesichts komplexerer Einsatzsituationen und neuer Gefährdungen notwendig.

Die Tatsache, dass die Gesamtzahl der Feuerwehren im Land ebenso rückläufig ist wie die Zahl der Einsatzkräfte und der Jugendfeuerwehrmitglieder zeigt deutlich, dass ein sehr ernst zu nehmendes Problem besteht. Kritische Faktoren im Hinblick auf eine nachhaltige Sicherung der Leistungsfähigkeit der Feuerwehren sind Defizite in der Ju-gendarbeit, die weitgehende Vernachlässigung des Themas Kinderfeuerwehren sowie der immer noch zu geringe Frauenanteil.

Fortschreibung und Ausblick

Trotz der zunehmend schwierigen Lage der öffentlichen Finanzen ist die Bereitstellung angemessener und ausreichender Mittel für die Aufgabe „Brandschutz und Hilfeleis-tung“ durch die Gemeinden als Träger der Feuerwehren zu gewährleisten. Der abseh-bare Rückgang öffentlicher Einnahmen und Ausgaben wird jedoch die finanziellen Spielräume zur bedarfsgerechten Ausstattung und Unterhaltung einer Feuerwehr ein-engen. Daraus ergibt sich die zwingende Notwendigkeit zur Erschließung von Syner-gien und Kooperationsmöglichkeiten für wirtschaftliches Handeln – auch im Wege kommunaler Zusammenschlüsse oder der übergemeindlichen Zusammenarbeit.

Der bereits jetzt erhebliche und nicht überall abgesicherte Kräftebedarf wird angesichts immer knapperer Ressourcen und sich verschärfender Konkurrenzsituationen bei der Gewinnung engagierter Bürgerinnen und Bürger zu neuen Strategien und Wegen bei der Mitgliedergewinnung und strukturellen Gestaltung des Brandschutzes führen müs-sen.

Nur unter optimaler Ausschöpfung aller bestehenden Möglichkeiten kann auch für die Zukunft ein leistungsstarkes, modernes und an den wesentlichen Bedürfnissen des Brand- und Katastrophenschutzes ausgerichtetes Hilfeleistungssystem aufrecht erhal-ten werden, das den berechtigerhal-ten Erwartungen und Erfordernissen zum Schutz der Bevölkerung unter wirtschaftlicher Verwendung finanzieller Ressourcen gerecht wird.

Dabei sind auch zukünftig wesentliche Grundsätze bei der Organisation der Feuerweh-ren zu beachten:

• Jede Feuerwehr muss über die Kernkompetenz und Grundausrüstung für den Ersteinsatz verfügen.

• Aufgrund einer gemeindespezifischen Risikoanalyse ist in allen Gemeinden eine mittel- und langfristige Brandschutzbedarfsplanung aufzustellen.

• Angesichts der zunehmend anspruchsvolleren Einsatzbedingungen ist der Einsatzwert mindestens einer Gruppe (1:8) erforderlich.

• Vorgaben zur Einsatzstärke und den mindestens zu besetzenden Funktionen einer Feuerwehr dienen der Sicherung der Leistungsfähigkeit.

• Einsatzstärke und Tagesalarmsicherheit der Gemeindefeuerwehr können – un-ter Einhaltung des Zeitkriun-teriums – auch durch das Additionsprinzip von Ortsfeu-erwehren gewährleistet werden.

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Schlussbetrachtungen

„Die Strategie ist eine Ökonomie der Kräfte.“

(Carl Philipp von Clausewitz)

Das vorliegende Handlungskonzept zeigt umfassend auf, dass das Land Sachsen-Anhalt angesichts der enormen Dynamik der demografischen Entwicklung vor großen Herausforderungen in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens steht.

Die Kernbotschaft des Handlungskonzepts lautet jedoch: Die Herausforderungen kön-nen gemeistert werden, wenn sich die Landesregierung und alle weiteren Akteure rechtzeitig auf diese Entwicklung einstellen und die erforderlichen Maßnahmen ergrei-fen. Dazu gibt dieses Handlungskonzept eine grundlegende Orientierung und zeigt viele konkrete Handlungsbedarfe und „Baustellen“ für die nähere Zukunft auf, die durch die jeweiligen Fachplanungen konkretisiert werden müssen.

Die WZW-Expertenplattform Demografischer Wandel plant die Durchführung von De-mografie-Foren zu einzelnen Themenfeldern aus dem Handlungskonzept aufgegriffen, um durch den fachlichen Austausch zwischen Entscheidungsträgern und der Wissen-schaft konkrete Maßnahmen zu diskutieren und ggf. einzuleiten. Zur Erarbeitung eines Themenfeldes werden dazu Akteure aus unterschiedlichen politischen, organisatori-schen und wirtschaftlichen Bereichen gezielt angesprochen. Im Rahmen solcher De-mografie-Foren wird es den Partnern möglich, gemeinschaftliche Konzepte zu entwi-ckeln und Wissen zu den Konsequenzen des Demografischen Wandels vor Ort zu vermitteln.

Die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen unterliegt dem Vorbehalt der Finan-zierbarkeit. Zeitpunkt und Umfang der Ausgaben sollen unter Beachtung einer nachhal-tigen Haushaltspolitik in den jeweiligen Haushaltsplänen festgelegt werden.

Die in den einzelnen Kapiteln angesprochenen hilfreichen Projekte sowie die ausge-wählten „guten Beispiele“ im Anhang sprechen eine deutliche Sprache: Der Perspek-tivwechsel, vom passiven Erdulden des Demografischen Wandels hin zu einer aktiven und positiven Gestaltung dieser Entwicklung, ist gelungen. Die vielen Initiativen im Land beweisen das und geben Anlass zur Ermutigung. Wenn Landesregierung, Kom-munen, Unternehmen, Kammern und Verbände sowie private Initiativen gemeinsam diesen Weg konsequent fortsetzen, kann die Herausforderung des Demografischen Wandels für Sachsen-Anhalt zu einem Modernisierungsschub führen. Sachsen-Anhalt wäre dann in mittelfristiger Perspektive zwar kleiner aber attraktiver und für die Zukunft gerüstet.