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5. Diskussion

5.4 Fazit und theoretische Überlegungen für die Praxis

Bedarf ein Patient einer Beatmung, wird die pulmonale Compliance und Resistance sowie die Höhe des Sphinktertonus unbekannt sein.

Aus den Ergebnissen wird deutlich, dass der Inspirationsdruck die entscheidende Rolle bei der gastralen Insufflation bei ungesicherten Atemwegen spielt. Die pulmonale Compliance hat hierbei über die Beeinflussung des notwendigen Inspirationsdrucks folglich ebenso große Bedeutung für die gastrale Insufflation.

Es lässt sich durch den „Schätzer“ eine relative Gefahr für die Zunahme des gastralen Flows durch Beatmungs- und Lungenparameter formulieren. So kann angenommen werden, dass der gastrale Flow die deutlichste Veränderung bei Veränderungen der Inspirationszeit, der Lungencompliance und des Inspirationsdrucks zeigen wird (Tab. 13).

Die NIV eines wachen Patienten mit respiratorischer Insuffizienz ist mit dem Oxylator® mit begrenzten Umschaltdrücken mit akzeptablen Werten für die Atemvolumina theoretisch mög-lich, setzt allerdings voraus, dass der Patient diese starre Beatmungsform ohne Triggerungsmöglichkeit durch den eigenen Atemantrieb toleriert. Ebenso ist in einem engen Bereich die automatische Anwendung des Oxylator® bei reanimationspflichtigen Patienten möglich. Die druckgesteuerte Beatmung durch den Oxylator® birgt im automatischen Modus jedoch die Gefahr, dass der gastrale Flow durch die fehlende Volumenbegrenzung ansteigt. Es kommt nicht zu einer erwähnenswerten Zunahme des gastralen Flows, wenn die Compliance auf ca. 0,05 l/cm H2O sinkt (Davis et al. 1995), der Ösophagussphinkterdruck aber nicht überschritten wird. Es wird aber vermutlich unter CPR auch der Sphinktertonus sinken (Bowman et al. 1995). Somit ist das Erreichen des Sphinkterdrucks früher anzunehmen und die Zunahme des gastralen Flows wahrscheinlich. Zudem muss auf die Länge der Inspirati-onszeit und die resultierenden Zunahme des Atemzugvolumens geachtet werden, um nicht den Effekt der Herzkompression durch Verringerung des venösen Rückstroms zunichte zu machen. Von daher wäre die manuelle Betätigung des Gerätes sicherer und zeigt bei NIV auch einen deutlich geringeren gastralen Flow. Ob die Beatmung bei reanimationspflichtigen Patienten manuell oder automatisch betrieben wird: die Drucksteuerung wird es vermutlich notwendig machen, dass zur Beatmung eine Kompressionspause der Herzdruckmassage ein-gehalten werden muss. Dies ist unter nicht gesichertem Atemweg zwar Standard, bei intubier-ten Patienintubier-ten sollte jedoch beides parallel verlaufen. Der Umschaltdruck könnte dann durch

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Herzkompression früher erreicht werden und ein suffizientes AZV verhindern. Letztendlich ist der Oxylator® am ehesten für die Beatmung eines reanimationspflichtigen oder bewusstlo-sen Patienten im angegeben Rahmen geeignet. Dies wird durch die Einordnung in die Refe-renzbereiche deutlich.

Die Ergebnisse der Studie von Osterwalder und Schuhwerk (1998) können nicht nachvollzo-gen werden. Hier wurden bei Anwendung des Handbeatmungsbeutels mit geringeren Atem-zugvolumina höhere gastrale Insufflationen erzielt (Beschreibung der Studie unter 2.2). Aller-dings fehlen zum direkten Vergleich Angaben aus der Studie: es werden die erreichten Inspi-rationsdrücke nicht angegeben, ebenso keine Mengenangabe zur gastralen Insufflation. In unseren Versuchsreihen erreichte der Oxylator® nur in Einzelfällen den eingestellten Um-schaltdruck. U.a. liegt gerade beim Umschaltdruck von 35 cm H2O (Osterwalder-Studie) bei manueller Anwendung der erreichte Inspirationsdruck deutlich niedriger (Tab. 18, 19, 22-24).

Dies kann auch bei der Studie von Osterwalder und Schuhwerk zum Nichterreichen des Ver-schlussdrucks geführt haben. Werden die Ergebnisse der Messreihen zwischen manuell an-gewendetem Oxylator® und Ambu®-Beutel verglichen wird ersichtlich, dass eine Beatmung mit dem Oxylator® bei der Lungencompliance von 0,06 l/mbar (0,05-0,055 l/cm H2O in der Osterwalder-Studie) höhere Inspirationsdrücke benötigt als der Ambu®-Beutel, um ungefähr das gleiche AZV (ca. 500 ml und 1000 ml) zu generieren. Der gastrale Flow ist hier folglich bei der Beatmung mit dem Ambu®-Beutel niedriger als der gastrale Flow, der durch den Oxylator® verursacht wurde (Tab. 24 und 29). Woraus das niedrigere AZV und der höhere gastrale Flow durch die Beutelbeatmung in der Osterwalder-Studie resultiert, ist somit unklar.

Bei den hier vorliegenden Messreihen wurde das AZV mit den Beatmungsbeuteln überwacht, so dass die Näherung an die Zielwerte größer sein könnte und keine Differenz durch z.B. in-suffiziente Maskenbeatmung möglich war. Die Erklärung in der Differenz der Ergebnisse der beiden Studien kann u.U. in einer unkritischen Anwendung des Beatmungsbeutels durch die Probanden der Osterwalder-Studie liegen. Somit würde es sich um unterschiedliche Ver-suchsmethoden handeln.

Wird der Medumat® mit den gleichen Beatmungsparametern betrieben, wie der Oxylator® diese generiert, resultiert daraus in den meisten Fällen ein deutlich geringerer gastraler Flow.

Durch die Einstellmöglichkeiten von Atemfrequenz und Atemzugvolumen am Medumat® kann auch bei wachen Patienten eher eine Akzeptanz vermutet werden als bei der Anwendung

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des Oxylator®. Eine Atemfrequenz, die der patienteneigenen Frequenz entspricht, kann mit einem suffizienten Atemzugvolumen kombiniert werden und den Patienten entlasten. Dies ist nur eine These und wurde hier nicht untersucht. Dieses Vorgehen wird aber zumindest von Burchardi et al. (2002) empfohlen.

Die Forderung des ERC nach Limitierung des Atemzugvolumens und der Inspirationszeit, um den venösen Rückfluss zu gewährleisten, die Umleitung von Beatmungsvolumen in den Ma-gen zu vermindern und mit möglichst kurzer Beatmungszeit eine suffiziente Beatmung zu schaffen, kann nachvollzogen werden. Die Beatmung mit der Standardeinstellung bzw. – zielsetzung zeigt, dass dies durchaus möglich sein kann.

Der PEEP kann seinen positiven Einfluss auf die Lungenfunktion auch bei ungesicherten Atemwegen ausüben, ohne den gastralen Flow zu erhöhen. Beim bewusstlosen oder reanima-tionspflichtigen Patienten mit möglichem Absinken des Sphinktertonus, besonders unterhalb des PEEP-Niveaus, kann aber aufgrund der oben erwähnten Überlegungen für die Anwen-dung des PEEPs keine Empfehlung gegeben werden.

Wichtig für einen suffizienten PEEP ebenso wie für die NIV ist der möglichst leckagefreie Maskenschluss über Mund und Nase. (Auf das sogenannte Nasen-CPAP soll hier nicht einge-gangen werden.) Dies macht eine mechanische Fixierung z.B. durch Gummibänder nötig, wie sie u. a. auf Intensivstationen zur NIV und zum CPAP-Training angewendet werden. Auch denkbar ist eine manuelle Fixierung, die mit zwei Händen leichter und suffizienter ist, als mit einer Hand. Die Vorteile der Möglichkeit der Zwei-Hand-Maskenfixierung beim Oxylator® werden dadurch relativiert, dass das Gerät im automatischen Modus, der die Zwei-Hand-Fixierung ermöglichen würde, nur angewendet werden kann, wenn der Patient eine kontrol-lierte Beatmung akzeptiert. Bei Fixierung mit Gummibändern könnte auch eine manuelle Be-tätigung erfolgen, wenn die Aufmerksamkeit des Anwenders ganz beim Patienten liegt und er so die Triggerfunktion übernimmt. Zusammen mit dem Patienten könnte dann der passende Umschaltdruck gesucht werden. Dies ist jedoch nur eine theoretische Überlegung und nicht praxisnah. Dass der Anwender eine ausreichend kurze Reaktionszeit besitzt, um rechtzeitig mit dem Gerät die Inspiration zu unterstützen, ist gerade in dynamischen Notfallsituationen vermutlich eine zu idealistische Vorstellung. Burchardi et al. (2002) raten gerade von einer zur Patientenatmung asynchronen Beatmung dringend ab.

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Eine Zwei-Hand-Maskenfixierung zur suffizienten Beatmung durch den Medumat® ist eher möglich. Der Modus zur assistierten Beatmung kann bei NIV neben der (volumen-) kontrol-lierten auch eine volumenunterstützende Beatmung gewährleisten und führt zur Anwendung der NIV zur Therapie der respiratorischen Insuffizienz bei wachem Patienten bei einem ver-mutlich größeren Patientenkollektiv. Durch Beatmungsdruck und Alarmanzeigen ist gewähr-leistet, dass der Anwender früh auf Komplikationen hingewiesen wird.

Die Handbeatmungsbeutel geben keine Möglichkeit zur Zwei-Hand-Fixierung. Sollte eine Hand unzureichend zur suffizienten Beatmung sein, muss die Maske mechanisch per Gummi-band fixiert werden. Eine assistierte Beatmung ist durchaus möglich, erfordert aber auch die enge Einbindung des Anwenders, da Ein- und Ausatembemühungen nicht vom Gerät, sondern vom Anwender bemerkt werden müssen. Eine Maskenfixierung mit Gummibändern ist gene-rell bei bewusstlosen und reanimationspflichtigen Patienten ungünstig. Erbricht der Patient, ist die Reaktionszeit bis zum Absaugen und Freimachen der Atemwege zu lang.

Nach Meinung des Autors dieser Arbeit ist zusammenfassend zu sagen, dass der Oxylator® nicht zur NIV angewendet werden kann. Auch zur Anwendung bei der Reanimation kann nur eine sehr eingeschränkte Empfehlung aufgrund der oben geschilderten Überlegungen ausge-sprochen werden. Der Medumat® ist zur NIV sicherlich vielversprechender. Allerdings sind nicht alle Modelle mit einer assistierten Beatmungsmöglichkeit ausgerüstet. Um hier eine Empfehlung auszusprechen, bedarf es weiterer Studien. Gleiches gilt für die einfachste Beat-mungsform, den Handbeatmungsbeutel. Durch die engere Einbindung in die Pateientenbeat-mung stellt dies vermutlich die sicherere Alternative zum Oxylator® besonders bei der CPR dar, zumindest wenn die Anwendung durch erfahrenes Personal stattfindet, das suffiziente Atemzugvolumina auch ohne technische Hilfe abschätzen kann.

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