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5. Entwicklung von Experimenten in Bezug zur Nanotechnologie und Nachhaltigkeit

6.3. Methodenwahl und Ablauf des Schülerlaborkurses

6.3.2. Experimentierphase

Da es sich bei der NanoBiNE um ein Schülerlabor aus dem Bereich der Naturwissenschaften handelt, ist ein experimentelles Arbeiten in diesem Kontext essentiell.50 Schülerlabore bieten dabei die Möglichkeit, Experimente durchzuführen, die im schulischen Rahmen auf materiellen, finanziellen sowie zeitlichen Gründen nicht möglich sind. In dem Fall der NanoBiNE werden das experimentelle Arbeiten und die daraus gewonnenen Erkenntnisse dafür genutzt, die fachliche Vorbereitung der Diskussion des Planspiels zu unterstützen. Neben der fachlichen Komponente sollten darüber hinaus nach BADER und SCHMIDKUNZ die Faktoren zur Auswahl von Experimenten für den Chemieunterricht (und damit auch für das Schülerlabor) berücksichtigen werden. [218]

Werden die im Kapitel 5 beschriebenen Experimente betrachtet, wird ersichtlich, dass das Experiment zur Überprüfung von Nanomaterialien auf Mikroorganismen (vgl. Kapitel 5.5.4) in diesem Kontext thematisch besonders gut geeignet ist und darüber hinaus die angeführten Kriterien erfüllt. Die alkoholische Gärung ist der Altersstufe der Schüler angemessen51, ungefährlich für Schüler und knüpft an deren Vorwissen an. Das Experiment ist fehlertolerant, ist mit der vorhandenen Ausstattung durchzuführen und passt vor allem in den zeitlichen Rahmen des Schülerlabors. Die Verwendung des für Schüler relativ komplexen Versuchsaufbaus mit dem Kolbenprober lässt sich durch die Eindeutigkeit der Ergebnisse rechtfertigen.

Die Herstellung von Aerogelen wäre im Rahmen des Kurses zeitlich zu umfangreich, das Erarbeiten der Eigenschaften52 ist im Kontext des Kursthemas nicht geeignet. Die photokatalytische Wasserstoffbildung übersteigt ebenfalls den zeitlichen Rahmen des Kurses und ist bezüglich der apparativen Ausstattung53 für einen Klassensatz zu umfangreich. Auch wenn sich passend zur Thematik die Testung des Einflusses der

50Gründe für den Einsatz von Experimenten im naturwissenschaftlichen Unterricht sind sehr vielfältig. Zum einen bilden sie eine charakterisierende Arbeitsweise der Chemie, zum anderen können neben fachlichen Inhalten viele andere Kompetenzen gefördert werden. Begründen für den Einsatz von Schülerexperimenten sind unter anderem bei HOFSTEIN und LUNETT [228], BADER und SCHMIDKUNZ [218] sowie DI FUCCIA [229] Zu finden.

51 Die alkoholische Gärung ist Teil des Kerncurriculums der Chemie in Niedersachsen. [132]

52Experimente des Kapitels 5.3.

53 Experimente des Kapitels 5.4.

Nanopartikel auf Zellen und Algenkulturen anbietet, ist der in den Kapiteln 5.5.2 und 5.5.3 beschriebene zeitliche Aufwand zu hoch. Beide Versuche zeigen keinen unmittelbaren Einfluss, der innerhalb weniger Stunden zu beobachten wäre. Aufgrund des geringen apparativen Aufbaus würden sich die Algen-Versuche äußerst gut in einer Projektarbeit über mehrere Wochen umsetzen lassen. Die Herstellung von Membranen könnte durch die Verknüpfung zum Recycling in den Kontext der nachhaltigen Entwicklung integriert werden, allerdings übersteigen die theoretischen Grundlagen wie das Phaseninversionsverfahren das Schülerwissen bei weitem und könnten den Zugang zur Thematik erschweren.54

Da für die Testung des Einflusses von Nanopartikel auf die alkoholische Gärung eben diese benötigt werden, stellen die Schüler zunächst selbstständig Zinkoxidnanopartikel über die oben angeführte Fällungsreaktion (Kapitel 5.5.1) her. Zum Nachweis der erfolgreichen Synthese der Nanopartikel betrachten die Schüler ihre Produkte unter einer UV-Lampe. Die eindrückliche bläuliche bis gelbliche Fluoreszenz weist die erfolgreiche Herstellung nach. Im Anschluss wird nach der Versuchsdurchführung in Kapitel 5.5.4 sowohl der Einfluss der selbst synthetisierten Zinkoxidnanopartikel als auch bereitgestellter Silbernanopartikel55 auf die alkoholische Gärung getestet.

Um einen noch stärkeren Bezug zur menschlichen Haut, auf die die Sonnencreme im Normalfall aufgetragen wird, herzustellen, wird nach WILKE et al. der Einfluss der Zinkoxidnanopartikel auf pflanzliche Zellen untersucht. [181] Hierzu werden kleine Zwiebelstücke in die hergestellte Zinkoxidnanopartikel-Suspension sowie in Ethanol (als Referenz) für einige Minuten eingelegt, was das Auftragen von Sonnencreme auf die Haut darstellen soll. Anschließend werden die Stücke unter dem Wasserhahn gründlich abgespült, um das Abwaschen der Sonnencreme unter der Dusche bzw. im Meer zu simulieren.

Abschließend werden die Stücke unter einer UV-Lampe betrachtet. Dabei ist bei den Zwiebelstücken, die in der Zinkoxidnanopartikel-Suspension eingelegt waren, eine gelbliche Fluoreszenz zu beobachten. Dies lässt darauf hindeuten, dass die Zinkoxidnanopartikel nicht gänzlich durch Abwaschen zu entfernen sind, sondern in/an den Zwiebelstücken verbleiben. Parallel wird das Experiment in identischer Versuchsdurchführung mit der Haut von Schweinefüßen durchgeführt, da Schweinehaut unter anderem nach einer Studie von SCHMOOK et al. besondere Ähnlichkeiten zur menschlichen Haut aufweist. [230]

54 Experimente des Kapitels 5.6.

55 Aus zeitlichen Gründen werden die Silbernanopartikel von der Kursleitung bereits vor Kursbeginn hegestellt.

Es werden zusammenfassend folgende drei Experimentiereinheiten durchgeführt:

Versuch 1 - Herstellung von Zinkoxidnanopartikeln über eine Fällungsreaktion

Versuch 2 - Untersuchung des Einflusses von Zinkoxid- sowie Silbernanopartikeln auf Backhefe Versuch 3 - Untersuchung des Einflusses von Zinkoxidnanopartikel auf Zwiebel- sowie Schweinehäute

Der Versuch 2 bietet sich dazu an, gruppenteilig zu arbeitet, sodass eine Gruppe einen Referenzversuch (lediglich Hefe und Zucker) durchführen und jeweils eine weitere Gruppe den Einfluss von Zinkoxidnanopartikeln bzw. Silbernanopartikeln auf die alkoholische Gärung untersuchen. In Kapitel 5.5.4 wird der beschriebene Versuch über 60 Minuten durchgeführt. Der Abbildung 22 ist allerdings zu entnehmen, dass das Experiment bereits nach 20 Minuten aussagekräftige Ergebnisse liefert und demensprechend verkürzt werden kann.

Im Anschluss an die Durchführung der Experimente findet eine gemeinsame Auswertung statt. Dabei werden die Beobachtungen sowie Deutungen der Versuche besprochen. Mithilfe des ersten Versuchs werden erneut Herstellungsverfahren von Nanomaterialien besprochen, sowie mögliche Nachweisreaktionen von einer erfolgreichen Nanopartikelsynthese. Je nach Klassenstufe und Vorwissen der Schüler wird dabei auf das Phänomen der Fluoreszenz (detailliert) eingegangen. Neben der fachlichen Auswertung der zwei weiteren Versuche kann dabei auf die Grenzen von Modellen eingegangen werden.56 Dabei geht es zum einen um die Aussagekraft von Modellexperimenten und zum anderen um die Übertragbarkeit von Experimentergebnissen von einem System auf ein anderes. Für Versuch 2 können bspw. keine eindeutigen Aussagen über folgende Ergebnisse getroffen werden:

 Auch wenn die Silbernanopartikel in dem Versuch einen stärkeren Einfluss auf die alkoholische Gärung zu haben scheinen als die Zinkoxidnanopartikel, kann daraus nicht geschlossen werden, dass diese im Allgemeinen toxischer sind. Dies liegt daran, dass im Rahmen des Kurses keine Charakterisierung der verschiedenen Nanopartikel vorgenommen wird. Weder Größe, Anzahl noch Konzentrationen der Nanopartikel werden in diesem Versuch bestimmt, sodass diese quantitativ nicht vergleichbar sind.

56 Modellkompetenzen erwerben ist ein zentraler Aspekt des naturwissenschaftlichen Unterrichts. Daher ist dies vielfach Teil der

jeweiligen Kerncurricula bzw. Bildungspläne der einzelnen Länder, wie bspw. dem Niedersächsischen Kerncurriculum der Naturwissenschaften. [131] Dabei geht es sowohl um das Kennenlernen und Anwenden von Modellen als auch um das Verständnis des Einsatzes sowie deren Grenzen.

 Aus den Versuchen lassen sich keine eindeutigen Aussagen über den Wirkmechanismus der Nanopartikel auf die Hefepilze treffen. Es ist unklar, ob bspw. einige Enzyme gehemmt werden oder die Pilze vollständig oder teilweise absterben.

 Mikroorganismen, Pflanzen, Tiere und der menschliche Körper sind verschiedene Organismen. Aus der Hemmung der Produktion von Kohlenstoffdioxid kann daher nicht automatisch auf eine mögliche negative Wirkung auf andere Systeme geschlossen werden.

 Die Übertragbarkeit der Beobachtungen des Einflusses von Zinkoxid- und Silbernanopartikeln auf die alkoholische Gärung kann anhand des Versuchs in Bezug auf Titandioxidnanopartikel kein Rückschluss gezogen werden, da dieser Einfluss nicht überprüft wurde.

Ähnliche Aussagen können dementsprechend über Versuch 3 gemacht werden:

 Die Fluoreszenz der Schweine- und Zwiebelhäute verdeutlicht, dass sich die Nanopartikel nicht einfach abwaschen lassen. Allerdings ist unklar, welche Wirkmechanismen dies zugrunde liegt.

 Unklar ist auch, welchen Effekt die Zinkoxidnanopartikel an oder in Zellen ausüben. Eine Anhaftung der Partikel muss nicht zwangsläufig mit einer schädlichen Wirkung einhergehen.

 Wie in Versuch 2 ist auch hier keine vollständige Übertragbarkeit der Ergebnisse von der Schweine- und Zwiebelhaut auf die menschliche Haut oder die Umwelt gegeben.

Neben der Förderung fachlicher Kompetenzen können anhand dieser Versuche damit Bewertungs-, Kommunikations- sowie Modellkompetenzen gefördert werden.