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5.1 Schließen im Fall zweier kausal aktiver Zustände der Ursache

5.1.3 Experiment 4: Methode

Versuchspersonen. An der Untersuchung nahmen 56 Personen teil (29 Frauen, 27 Männer; Durchschnittsalter 25.1 Jahre, Altersspanne 17–69 Jahre). Diese wurden auf dem Campus, im Zentralen Hörsaalgebäude (ZHG), im Psychologischen Insti-tut, in den Mensen rund um den Campus der Universität Göttingen und zum Teil im Bekannten- und Verwandtenkreis der Versuchsleiterinnen und Versuchsleiter angeworben. Es handelte sich dabei größtenteils um Studierende der Universität Göttingen verschiedenster Fachrichtungen. Keiner der Probanden hatte bereits an einem der vorhergehenden Experimente der Serie teilgenommen. Die Teil-nahme erfolgte freiwillig. Nach Ende der Untersuchung wurden die Teilnehme-rinnen und Teilnehmer mit einer Süßigkeit belohnt und sofern gewünscht über den Zweck und das Ziel der Untersuchung genauer aufgeklärt.

Die Probanden wurden den beiden Bedingungen (Gedankenlesen vs. Ge-dankensenden) zufällig zugeteilt (N = 2 x 28).

Versuchsdurchführung und Material. Die Durchführung von Experiment 4 ent-sprach im Wesentlichen der Durchführung von Experiment 1. Das Experiment bestand wieder aus einer Instruktions- und einer Testphase. In der Instruktions-phase wurde den Probanden eine sechsseitige Instruktion vorgelegt, in welcher wieder erklärt wurde, dass es vier Aliens, Gonz, Murks, Brxxx und Zoohng gebe (das Bildmaterial entsprach dem von Experiment 1 und Experiment 2; siehe Ab-bildung 7). Anders als in den in Kapitel 3 vorgestellten Experimenten wurde den Versuchspersonen allerdings gesagt, dass die Aliens entweder an „TUS“ (Trinken

auf außerirdisch) oder an „POR“ (Essen auf außerirdisch) denken würden. Des Weiteren wurde erklärt, dass die Aliens viel häufiger an „TUS“ dächten als an

„POR“. Damit entsprach der „TUS“-Gedanke von den beschriebenen Basisraten dem An-Nichts-Denken in den „0/1“-Experimenten.38

Überdies wurde dargelegt, dass Murks, Brxxx und Zoohng die Gedanken von Gonz lesen könnten („Reading“-Bedingung) bzw. Gonz seine Gedanken aus-senden und in die Köpfe von Murks, Brxxx und Zoohng übertragen könne („Sending“-Bedingung). Dies heiße im Konkreten, dass Murks, Brxxx und Zoohng häufig dann an „POR“ bzw. „TUS“ denken würden, wenn Gonz an „POR“ bzw.

„TUS“ denke. Allerdings seien Murks, Brxxx und Zoohng nicht perfekt und manchmal unaufmerksam; und ein unaufmerksames Aliens schaffe es nicht, den Gedanken von Gonz zu lesen („Reading“-Bedingung) bzw. Gonz sei nicht perfekt, so dass er es nicht immer schaffe, seine Gedanken auszusenden und damit in die Köpfe von Murks, Brxxx und Zoohng zu übertragen („Sending“-Bedingung). In einem solchen Fall würden Murks, Brxxx und Zoohng jeder für sich genommen an

„TUS“, manchmal aber auch an „POR“ denken, unabhängig davon, was Gonz ge-rade denke. Die Instruktion entsprach damit im Hinblick auf die mit den kausalen Prozessen verbundenen Fehlerstrukturen der deutlicheren Variante, wie sie in Experiment 1 und Experiment 2 verwendet wurde.

Daran anschließend wurden wieder am Paar Gonz und Murks die vier mög-lichen Fälle erklärt, die in der Erklärung von den vorhergehenden Experimenten abweichen, da nunmehr beide Gedanken von Gonz kausal aktiv sind: 1) Gonz und Murks denken beide an „TUS“. Zwar könne Murks auch aus freien Beweggründen an „TUS“ denken, viel wahrscheinlicher sei aber, dass Murks den Gedanken von Gonz gelesen habe („Reading“-Bedingung) bzw. Gonz seine Gedanken ausgesen-det und damit in den Kopf von Murks übertragen habe („Sending“-Bedingung) und Murks darum an „TUS“ denke. 2) Gonz und Murks denken beide an „POR“.

Zwar könne Murks auch aus freien Beweggründen an „POR“ denken, viel wahr-scheinlicher sei aber, dass Murks den Gedanken von Gonz gelesen habe

38 Die Rolle des Denkens an „TUS“ (Trinken) und „POR“ (Essen) wurde über die Versuchspersonen und Bedingungen hinweg ausbalanciert. Für die Auswertung wurde zur besseren Vergleichbarkeit mit den Basisexperimenten alles derart rekodiert, dass „TUS“ von der Basisrate her „nichts“ und

„POR“ entsprechend „POR“ entsprach.

ding“-Bedingung) bzw. Gonz seine Gedanken ausgesendet und damit in den Kopf von Murks übertragen habe („Sending“-Bedingung) und Murks darum an „POR“

denke. 3) Gonz denkt an „POR“ und Murks denkt an „TUS“. Gonz denke gerade an „POR“. Murks sei unaufmerksam und verpasse es sozusagen, den Gedanken von Gonz zu lesen („Reading“-Bedingung) bzw. Gonz sei aber nicht konzentriert genug und schaffe es nicht, seinen Gedanken auszusenden und damit in den Kopf von Murks zu übertragen („Sending“-Bedingung). In diesem Fall denke Murks also aus freien Beweggründen an „TUS“. 4) Gonz denkt an „TUS“ und Murks denkt an „POR“. Gonz denke gerade an „TUS“. Murks sei unaufmerksam und verpasse es sozusagen, den Gedanken von Gonz zu lesen („Reading“-Bedingung) bzw. Gonz sei aber nicht konzentriert genug und schaffe es nicht, seinen Gedanken auszusenden und damit in den Kopf von Murks zu übertragen („Sending“-Bedingung). In diesem Fall denke Murks also aus freien Beweggrün-den an „POR“, dies sei aber recht selten der Fall.39

Am Ende wurde verdeutlicht, dass die Beziehungen in gleicher Weise auch für Gonz und Brxxx sowie für Gonz und Zoohng gelten würden. Auf die Instrukti-on der Randwahrscheinlichkeiten, wie in Experiment 1, wurde verzichtet.

Vor Abschluss der Instruktionsphase sollten die Probanden die Instruktion in ihren wesentlichen Inhalten nochmal wiedergeben und diese dann bei Miss-verständnissen nochmals lesen.

In der Testphase wurden den Probanden wieder je sechs Testfälle in zufäl-liger Reihenfolge vorgelegt, in denen der Gedanke von Gonz und die Gedanken von zwei weiteren Aliens gezeigt wurden (diesmal jeweils entweder „TUS“ oder

„POR“ anstatt „nichts“ oder „POR“; siehe für einen Beispiel-Testfall Abbildung 22). Aufgabe war es wieder, anzugeben, in wie vielen von zehn fiktiven Situatio-nen mit der vorgelegten Gedankenkonfiguration das Zielalien an „POR“ denken werde (Skala von 0 bis 10). Die Testfälle waren wieder so konstruiert, dass je Zu-stand der gemeinsamen Ursache (also Gonz denkt an „TUS“ oder Gonz denkt an

„POR“) drei Fälle abgedeckt wurden: Beide beobachteten Effektaliens denken an

„TUS“, eins der Effektaliens denkt an „TUS“ und das andere an „POR“ sowie

39 Der letzte Halbsatz wurde angefügt, um die Asymmetrie in den Basisraten nochmals zu ver-deutlichen.

de Effektaliens denken an „POR“. Der Gedanke welches Aliens unbeobachtet war, wurde zufällig bestimmt.

Für die Durchführung des Versuchs wurde ein Aktenordner angelegt, der die Instruktionen (je sechs Seiten für die „Reading“- bzw. „Sending“-Bedingung jeweils einmal für die „TUS“/“POR“- und die „POR“/“TUS“-Balancierung; also insgesamt vier Versionen), die 24 möglichen Testfälle sowie die Datentabelle und eine mit Excel erzeugte Randomisierungs- und Rekodierungstabelle enthielt (die 24 Testfälle wurden für beide Balancierungsbedingungen benutzt, nur mit jeweils unterschiedlicher Bedeutung). Die Rekodierung der Balancierungsbedingungen erfolgte beim Eintragen der Daten in die Datentabelle durch den Versuchsleiter anhand der Rekodierungstabelle; die Bedingungen wurden dergestalt rekodiert, dass von der Basisrateninstruktion her der „TUS“-Gedanke dem An-nichts-Denken in den Experimenten des „0/1“-Falles entsprach.

Design. Das Design entspricht einem 2x2x3-ANOVA-Design mit einem experimen-tellen Faktor („Reading“ vs. „Sending“; Faktor RS) und zwei Messwiederholungs-faktoren (Status der Ursache C, sowie die Anzahl der als im Zustand „POR“ beo-bachteten weiteren Effekte, Faktor NE+).

Vorhersage. Die empirische Vorhersage ergibt sich aus der Modellvorhersage des an den „A/B“-Fall angepassten Modells (siehe Abschnitt 5.1.1). Es sollte sich da-her wie in den Basisexperimenten für die Frage der Wahrscheinlichkeit, dass der Zieleffekt sich im Zustand B befindet, eine deutlich höhere Bewertung ergeben, wenn die Ursache sich im Zustand B befindet als wenn diese im Zustand A ist (Haupteffekt für Faktor C). Des Weiteren wird wieder vorhergesagt, dass im Fall der Ursache im Zustand B (entspricht dem anwesendem Zustand in den vorheri-gen Experimenten) die Anzahl der weiteren im B-Zustand befindlichen Effekte einen deutlichen positiven Einfluss auf die Bewertungen haben sollte (Hauptef-fekt für den Faktor NE+ für C=B) und dies in der „Sending“-Bedingung deutlich stärker als in der „Reading“-Bedingung (Interaktionseffekt RS x NE+ für C=B).

Im Unterschied zu den Basisexperimenten gilt diese Vorhersage nun aber auch für den Fall, dass die Ursache sich im A-Zustand befindet (entspricht dem abwesenden Zustand). Das heißt, es wird auch hier sowohl vorhergesagt, dass

die Bewertungen ansteigen, je mehr Effekte als im Zustand B befindlich beobach-tet werden (Haupteffekt für den Faktor NE+ für C=A) und dies in der „Sending“-Bedingung deutlich ausgeprägter als in der „Reading“-„Sending“-Bedingung ist (Interakti-onseffekt RS x NE+ für C=A). Aufgrund der Symmetrie der Effekte wird eine deut-lich ausgeprägte Drei-Wege-Interaktion nicht erwartet.

Gonz

?

Murks Brxxx Zoohng

Abbildung 22. Ein Beispiel-Testfall, wie er in der Testphase von Experiment 4 be-nutzt wurde. Die Versuchspersonen hatten sich zehn Situationen mit der gegebe-nen Konfiguration vorzustellen und dann anzugeben, in wie vielen dieser Situati-onen das Zielalien (hier Brxxx) an „POR“ denken würde (Skala von 0 bis 10).