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Insgesamt acht Milcherzeugerbetriebe sollten in der zweiten Studie der vorliegenden Doktorarbeit ein wissenschaftlich fundiertes Therapiekonzept für klinische Mastitiden in ihren Betriebsablauf integrieren und erproben. Um die Effekte auf die Eutergesundheit bewerten zu können wurden Viertelgemelksproben nach Erkennen einer klinischen Mastitis sowie Kontrollproben nach zwei und nach drei Wochen gezogen. Dies stellte einen enormen zusätzlichen Aufwand für die Landwirte dar, welcher für die Datenerhebung und somit die Auswertung des Versuchs nötig war, im Betriebsalltag mit einem evidenzbasierten Konzept jedoch nicht notwendig wäre.

Für drei Betriebe war es in der zweiten Studie nicht möglich, diese zusätzliche Arbeit zu leisten, weshalb die Daten dieser Betriebe nicht vollständig vorlagen und so nicht in die Auswertung mit einbezogen werden konnten. Zwei dieser Betriebe hatten Melkroboter, wodurch sich die Probennahme nochmals zeitintensiver darstellte. Im Folgenden bezieht sich der Text daher auf die fünf Betriebe, deren Daten in die statistische Auswertung einflossen.

Zu Anfang des Versuchs wurden die konventionellen Therapiekonzepte erfasst, Behandlungen dokumentiert sowie die erzielten Heilungsraten erhoben. Dazu beprobten die Betriebe jede klinische Mastitis, behandelten wie gewohnt und dokumentierten den Einsatz an Antibiotika und NSAIDs und zogen jeweils zwei Kontrollproben. Mit dem Start der on farm-Testphase wurden die Betriebe besucht um das evidenzbasierte Therapiekonzept und den neuen on farm-Test mastDecide® zu erklären. Dabei wurde auch die Handhabung des Tests erprobt. In der darauffolgenden Testphase von zwei Jahren erprobten die Betriebe den on farm-Test und integrierten das neue Therapiekonzept in ihre Arbeitsstrukturen. Über diesen Zeitraum wurden die Betriebe intensiv betreut und regelmäßig besucht um auftretende Schwierigkeiten bei der Umsetzung zu besprechen. Die Effekte des evidenzbasierten Therapiekonzepts

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sollten nach Ablauf der on farm-Testphase mit denen der konventionellen Behandlungsphase zu Anfang verglichen werden.

Nach Abschluss des praktischen Versuchs wurden nachträglich drei Behandlungsgruppen definiert und statistisch analysiert. Eine Gruppe bestand dabei aus allen Mastitisfällen vor Einführung des on farm-Tests, welche nach den bestehenden konventionellen Behandlungsprotokollen behandelt wurden. Die Mastitiden während der on farm-Testphase wurden nochmals unterteilt basierend auf der Behandlungsentscheidung der Landwirte: einmal in die evidenzbasierte Behandlungsgruppe, in der die Mastitiden korrekt nach der Empfehlung des Therapiekonzepts behandelt wurden. Zum anderen in die modifizierte Behandlungsgruppe, welche die restlichen Mastitisfälle während der Testphase umfasste, bei denen die Landwirte von den Empfehlungen abweichend behandelt hatten. Dies ermöglichte es, eine Aussage über die Auswirkungen auf den Antibiotikagebrauch und die Heilungsraten zu treffen, welche bei Einhaltung aller Vorgaben eintraten.

Diese Studie war zwar positiv kontrolliert, jedoch nicht randomisiert, da ansonsten ein realitätsnaher Umsetzungsprozess nicht möglich gewesen wäre. Der dadurch entstandene unvermeidliche Zeiteffekt aufgrund der verschiedenen aufeinander folgenden Behandlungsphasen kann nicht aus den Ergebnissen herausgerechnet werden. Da jedoch die Ergebnisse früherer randomisierter Studien bereits vorlagen (Kock et al., 2018; Lago et al., 2011a; Lago et al., 2011b; Mansion-de Vries et al., 2016; Vasquez et al., 2017), war das gewählte Studiendesign der vorliegenden Arbeit der nächste notwendige Schritt, um ein evidenzbasiertes Therapiekonzept in den Alltag von Milchviehbetrieben zu integrieren.

In dieser Studie führten die Landwirte nach einer Schulung den on farm-Test selbstständig durch und werteten zudem die Testergebnisse aus. Dies wurde und sollte auch nicht kontrolliert oder beaufsichtigt werden, da dies die Ergebnisse verfälscht hätte und es nicht mehr der reellen Alltagssituation auf den Betrieben entsprochen hätte. Natürlich ist es so auch möglich, dass Testergebnisse falsch interpretiert wurden und Tiere daraus folgend nicht die korrekte Therapie erhalten

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haben. Insbesondere eine unsauber gezogene Gemelksprobe kann das Testergebnis verfälschen, zum Beispiel durch eine Kontamination mit Gram-positiven Kokken. Somit würden mehr Tests ein Gram-positives Ergebnis ausweisen, mehr Tiere würden unnötig behandelt werden und weniger Antibiotika könnte eingespart werden. Die Heilung der Tiere würde jedoch dadurch nicht beeinträchtigt werden. Die diagnostische Sicherheit von mastDecide® wurde von Leimbach und Krömker bestätigt (2018), welche eine Sensitivität für Gram-positive Erreger von 93,2% beschreiben. Es ist somit nicht auszuschließen, dass alle Gram-positiven Erreger während der on farm-Testphase durch den Schnelltest richtig erkannt und dementsprechend behandelt wurden, auch bei korrekter Durchführung des Tests.

Nachdem das evidenzbasierte Therapiekonzept und die Kriterien der Therapiewürdigkeit den Betrieben vorgestellt wurden, stieg auch die Anzahl an dokumentierten unheilbaren Kühen. Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben, zum Beispiel dass die einzelnen Mastitisfälle nun genauer dokumentiert wurden und so mehr Tiere mit ihrer dritten Mastitis erkannt wurden. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Schulung über therapieunwürdige Tiere die Wahrnehmung der Tierhalter verändert hat und sie so mehr Interesse daran hatten, diese Tiere ausfindig zu machen um weniger Antibiotika zu verwenden.

Die Zugehörigkeit zu einer der drei Behandlungsgruppen hat in den statistischen Modellen keinen signifikanten Einfluss auf eine der Heilungsraten oder auf die Rezidivrate gezeigt. Daraus lässt sich ableiten, dass alle drei Behandlungskonzepte mit unterschiedlichem Arbeitsaufwand und unterschiedlichem Therapieaufwand zum selben Ergebnis geführt haben. Insgesamt betrachtet waren die erzielten bakteriologischen Heilungsraten vergleichsweise hoch. Eine Erklärung dafür könnten die zwei an häufigsten nachgewiesenen Erreger sein, S. uberis (19.4%) und E. coli (7.8%), welche beide mit hohen Heilungsraten einhergehen (Samson et al., 2016; Suojala et al., 2010). Diese Mastitiserreger wurden auch in weiteren aktuellen Studien aus Deutschland mit am häufigsten nachgewiesen (Mansion-de Vries et al., 2016; Ziesch et al., 2017). Diese Erregerverteilung und die erzielten Heilungsraten entsprachen auch den Ergebnissen der ersten Publikation aus der vorausgegangenen Arbeit.

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Einige Studien konnten zeigen, dass mit Hilfe eines on farm-Tests und einer erregerbezogenen Behandlung die gleichen Heilungsraten erbracht werden können wie im Vergleich zu einer antibiotischen Behandlung aller Mastitiden (Lago et al., 2011a; Vasquez et al., 2017). Hierbei konnte der Antibiotikaverbrauch halbiert werden (Lago et al., 2011a) bzw. um 70% reduziert werden (Vasquez et al., 2017). Jedoch wurden nur Mastitiden Grad 1 und 2 in diesen Studien ausgewertet, welche, falls überhaupt, nur eine lokale Therapie benötigen. Folglich wurden in den klinischen Versuchen nur antibiotische Euterinjektoren eingespart. In den Studien von Mansion-de Vries et al. (2016) und Kock et al. (2018) wurMansion-den zusätzliche tierindividuelle Faktoren in deren Therapiekonzepte aufgenommen. Dadurch wurden therapieunwürdige Tiere, welche entweder die dritte Mastitis in der Laktation aufwiesen oder mehrmals über 700.000 somatische Zellen pro ml Milch in der Milchkontrolle aufwiesen, nicht mehr lokal mit antibiotischen Euterinjektoren behandelt, unabhängig des verursachenden Mastitiserregers. Zudem wurden in beiden Studien auch schwere Mastitiden analysiert und berücksichtigt. Es konnte beide Male gezeigt werden, dass antibiotische Dosen eingespart wurden und die erzielten Heilungsraten der Versuchsgruppe denen der Vergleichsgruppe entsprachen. Bei Kock et al. konnten 35% der intramammär verabreichten Dosen eingespart werden, die Anzahl an parenteral eingesetzten antibiotischen Dosen entsprach der der Vergleichsgruppe. In der Studie von Mansion-de Vries et al. wurde der Anteil der intramammär applizierten Dosen um 60% verringert. Doch auch hier unterschied sich die Menge an parenteralen Dosen zwischen den Behandlungsgruppen nicht. Folgten die Landwirte im vorliegenden Versuch der Behandlungsempfehlung des evidenzbasierten Therapiekonzepts, setzten sie 73%

weniger an antibiotischen Euterinjektoren ein als im Vergleich zu ihrer konventionellen Behandlung. Zudem wurden 65% weniger systemische Antibiotikadosen parenteral appliziert. Auch in der Behandlungsgruppe, in der die Landwirte von den Empfehlungen abwichen, wurden über 60% weniger intramammäre und über 60%

weniger parenterale antibiotische Dosen verabreicht. Im Vergleich zu allen vorigen Studien sind somit die Antibiotikaeinsparungen in der vorliegenden Studie als außerordentlich groß zu bewerten. Zusätzlich konnten das erste Mal überhaupt sowohl

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die intramammär als auch systemisch verabreichten Antibiotika reduziert werden ohne die Heilungsraten negativ zu beeinflussen.

Ein weiterer Aspekt, der den Einsatz an antimikrobiellen Wirkstoffen reduziert hat, ist die Einhaltung der Empfehlungen des Beipackzettels der Hersteller. In der alltäglichen Praxis neigen Tierärzte und Landwirte dazu die Behandlung zu verlängern, wenn die Tiere nach der Standardtherapiedauer noch Flocken in der Milch aufweisen, eine klinische Heilung also noch nicht eingetreten ist (Falkenberg et al., 2019; Swinkels et al., 2015). Mit der Einführung des Behandlungskonzeptes wurde eine verlängerte Therapie nur für die erste klinische Mastitis in der ersten, zweiten oder dritten Laktation bei Gram-positivem Testergebnis empfohlen (Krömker et al., 2010; Swinkels et al., 2014). Diese Empfehlung wurde von den Landwirten angenommen und umgesetzt.

Die Information der Landwirte über wissenschaftliche Studien zur verlängerten Therapie hat somit dazu beigetragen, Antibiotika zu sparen.

Das evidenzbasierte Therapiekonzept sieht für jedes Tier mit klinischer Mastitis eine Behandlung mit einem NSAID vor. Im Vergleich zur konventionellen Behandlung wurde die Menge an verabreichten NSAIDs verdoppelt. Auch in den Fällen, in denen die Betriebe von der Behandlungsempfehlung abwichen, wurden etwa 22% mehr NSAID-Dosen gegeben als in der konventionelle Behandlungsgruppe. Sowohl der entzündungshemmende als auch der schmerzlindernde Aspekt der NSAID-Gabe wird als wesentlicher Bestandteil des evidenzbasierten Behandlungskonzeptes zur Sicherung des Tierschutzes gesehen. Darüber hinaus hat die Gabe eines NSAIDs positive Auswirkungen auf die klinische Heilung, die bakteriologische Heilung und die Milchproduktion gezeigt (Krömker et al., 2011; Mansion-de Vries et al., 2016;

McDougall et al., 2009). Die Autoren dieser Studien vermuteten, dass die Verabreichung eines NSAIDs möglicherweise Gewebeschäden im Euter verhindern und so die Infektionsdauer verkürzen könnte.

Dennoch war der häufigste Grund, warum Landwirte vom evidenzbasierten Konzept abwichen, das Unterlassen der NSAID-Behandlung (28,4%). Während der Testphase wurde häufiger von der gegebenen Behandlungsempfehlung abgewichen (506 Fälle) als korrekt behandelt (403 Fälle). Daher wurden für die statistische

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Auswertung die Mastitiden basierend auf der Behandlungsentscheidung der Betriebe in zwei Behandlungsgruppen unterteilt. Dass die Gabe eines NSAIDs das häufigste Hindernis war, konform nach dem evidenzbasierten Konzept zu behandeln, war unerwartet. Dieses Ergebnis könnte darauf hindeuten, dass die Landwirte die Wirkung des NSAIDs unterschätzten, selbst nachdem ihnen die positiven Effekte anhand von wissenschaftlichen Studien dargelegt wurden.

Im evidenzbasierten Therapiekonzept wurden chronisch euterkranke Tiere als therapieunwürdig definiert, da diese kaum eine Chance auf eine bakteriologische Heilung haben. Dies waren Tiere, die entweder ihre dritte klinische Mastitis in der laufenden Laktation aufwiesen, und, oder zudem, welche in den vorangegangenen drei Milchkontrollen eine somatische Zellzahl des Gesamtgemelks von über 700.000 aufwiesen. Diese Tiere sollten, mit Ausnahme im Fall einer schweren Mastitis, keine antibiotische Behandlung mehr erhalten. 27,1% aller nicht-schweren Mastitiden therapieunwürdiger Kühe wurden trotzdem entgegen der Behandlungsempfehlung antibiotisch behandelt. Als Grund dafür wurden eine hohe Milchleistung, eine hartnäckige wiederkehrende Mastitis oder Kühe kurz vor der Geburt angegeben.

Handelte es sich um therapiewürdiges Tier und es wurde ein on farm-Test durchgeführt, wurde in 45% der Fälle abweichend vom Testergebnis behandelt. Dies bedeutet, dass einerseits Tiere mit Gram-negativen Erregern oder ohne Erregernachweis trotzdem antibiotische Euterinjektoren erhielten. Jedoch wurden genauso auch Tiere mit Gram-positivem Erregernachweis unbehandelt gelassen.

Diese Problematik wurde schon zuvor in einer anderen Studie beobachtet (Vaarst et al., 2002). Um die Behandlungsgewohnheiten zu verstehen und sie zu ändern, ist die Gemeinsamkeit aller genannten Gründe von entscheidender Bedeutung: In unserer Studie vertrauten die Landwirte oft eher ihrer eigenen Einschätzung der Mastitis auf Grundlage der klinischen Anzeichen und ihrer persönlichen Erfahrungen als dass sie den evidenzbasierten Ergebnissen wissenschaftlicher Studien vertrauten. Entgegen der gegebenen Informationen und Schulung überschätzten die Landwirte immer noch die Wirkung einer antimikrobiellen Behandlung und glaubten in vielen Fällen, dass sie einen positiven Einfluss auf die Heilungsrate hat. Die Belastbarkeit unserer Umfrage muss aufgrund ihrer Kürze und der geringen Teilnehmerzahl mit Vorsicht bewertet

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werden. Die Ergebnisse sind als eine erste Meinung zu bewerten und können nicht auf alle Milcherzeugerbetriebe übertragen werden. Die Umfrage gibt jedoch erste Einblicke über eine reale Umsetzung eines zielgerichteten Behandlungskonzeptes.

Die Umsetzung eines evidenzbasierten Therapiekonzepts bedeutet einen zusätzlichen Aufwand im Arbeitsalltag. Für die Beurteilung der Therapiewürdigkeit müssen Mastitiden übersichtlich dokumentiert werden. Zusätzlich müssen Milchproben gezogen werden und ein on farm-Test angesetzt werden. Unbehandelte Tiere müssen beobachtet werden, damit gegebenenfalls nachbehandelt werden kann, sollte sich die Mastitis verschlimmern. Der zusätzliche Zeitaufwand hängt jedoch von der individuellen Betriebsstruktur und dem Personal ab. Darüber hinaus muss das Konzept in das bestehende Managementsystem integriert werden. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung sind ständige Dokumentation, Kommunikation und Motivation. Unsere Erfahrungen in diesem Projekt haben gezeigt, dass Betriebe, die in einem der drei Punkte vorübergehend nachlässig geworden sind, dazu neigen, zu alten Gewohnheiten zurückzukehren. Wenn der Betrieb z.B. die Erfassung der Mastitiden pro Tier einstellt, ist es nicht mehr möglich, die Behandlungswürdigkeit zu beurteilen. In der Folge werden auch nicht therapiewürdige Tiere wie bisher mit antibiotischen Euterinjektoren behandelt. Eine erfolgreiche Umsetzung muss daher als ein ständiger Prozess gesehen werden, in dem regelmäßig die Situation des Betriebs reflektiert werden muss und es einen ständigen Austausch mit dem betreuenden Tierarzt erfordert.

Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass sich Landwirte nicht immer vollständig an die Behandlungsempfehlungen halten werden. Jedoch konnte anhand der Fälle, in denen abweichend behandelt wurde, gezeigt werden, dass dennoch der Einsatz an Antibiotika deutlich zurück gegangen ist. Das Behandlungsverhalten hat sich also verändert. Dies könnte man als Folge der Schulung und besseren Information der Betriebe deuten.

Um Landwirte zu einem umsichtigen Umgang mit antimikrobiellen Wirkstoffen zu motivieren setzte auch die niederländische Regierung auf Fortbildung (Lam et al., 2017). Das RESET-Mindset-Modell kombiniert fünf verschiedene Motivatoren um eine

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dauerhafte Verhaltensänderung zu erreichen: Regeln und Vorschriften, Bildung und Information, sozialer Druck, Ökonomie und Tools. Da die Betriebe freiwillig teilnahmen, gab es in der vorliegenden Studie keine verbindlichen Regeln oder Vorschriften, nur Empfehlungen. Was jedoch gegeben war, ist, dass die Landwirte in dieser Studie genauso dem Druck durch die Bedenken der Öffentlichkeit bezüglich des Einsatzes antimikrobieller Mittel in der Landwirtschaft ausgesetzt waren. Auch wurden sie geschult, gezielt fortgebildet und erhielten den on farm-Test als neues Tool. Welcher Aspekt die Betriebsleiter am stärksten in ihrem Handeln beeinflusst hat, wurde in dieser Studie nicht untersucht.

Während der Projektlaufzeit war der on farm-Test kostenlos für die teilnehmenden Betriebe. Ob sich die Umstellung auf ein on farm-testgestütztes Konzept wirtschaftlich lohnt, muss für jeden Betrieb ermittelt werden. Durch weniger antibiotische Behandlungen verkürzt sich die Wartezeit aufgrund von Rückständen in der Milch. Lam et al. (2017) kommen zu dem Schluss, dass wirtschaftliche Aspekte zu den stärksten Triebkräften gehören. Es wurde jedoch auch in einer Studie beschrieben, dass sich Landwirte unbeeindruckt zeigten, wenn man ihnen vorrechnete, was sie an Einkommensminderungen durch Milchverluste in Folge von Mastitiden haben (Van Asseldonk et al., 2010). Daher setzen manche Staaten auf Bußgelder für das Überschreiten einer bestimmten Menge an eingesetzten antimikrobiellen Wirkstoffen, da dies auf jeden Fall die Landwirte empfindlich trifft (Valeeva et al., 2007).

Anhand der Ergebnisse dieser Studie könnte der Aspekt der Aus- und Weiterbildung von Landwirten und Tierärzten in den Mittelpunkt des Interesses rücken, um so durch eine Änderung des Behandlungsverhaltens einen langfristigen Erfolg zu erzielen. Landwirte sind bereit, den Einsatz an antibiotischen Medikamenten zu reduzieren, nicht nur um Kosten zu sparen, sondern auch, um Antibiotika umsichtig einzusetzen. Trotzdem wollen sie sicher sein, dass dies keine nachhaltigen Auswirkungen auf das Tierwohl oder die Heilungsraten hat.

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5 Fazit

Die Ergebnisse beider Veröffentlichungen legen nahe, dass tierindividuelle und mikrobielle Einflussfaktoren einen großen Einfluss auf die Heilung klinischer Mastitiden haben. Die Erkenntnisse der zweiten Veröffentlichung hingegen weisen darauf hin, dass die erfassten Behandlungskonzepte vergleichsweise keinen Einfluss auf die Heilungsraten hatten, obwohl sie sich in der Menge eingesetzter antibiotischer Dosen signifikant unterschieden.

Die Kenntnis darüber kann genutzt werden, um antibiotische Dosen einzusparen. Behandelt man unbeachtet der erregerindividuellen Eigenschaften führt dies dazu, dass Mastitiden mit Gram-negativen Erregern überbehandelt werden.

Richtet man die Behandlung nur nach den klinischen Befunden aus, kann es dazu führen, dass leichte Mastitiden mit Gram-positiven Erregern nicht ausreichend antibiotisch behandelt werden, da gerade bei leichten Sekretveränderungen Landwirte glauben, auf ein Antibiotikum verzichten zu können. Jedoch handelt es sich hierbei unter Umständen um die Mastitiden mit den höchsten Heilungschancen, bei denen sich, falls es sich um die erste Mastitis in der Laktation handelt, eine verlängerte antibiotische Behandlung nochmals positiv auf die Heilung auswirken kann. Der Einsatz eines on farm-Tests für die Erregergruppenbestimmung kann daher nicht nur helfen, antibiotische Dosen einzusparen, sondern auch gezielt die Tiere ausfindig zu machen, welche am meisten von einer intramammären Antibiose profitieren.

Die Ergebnisse des praktischen Studienteils deuten darauf hin, dass die alltägliche Umsetzung eines wissenschaftlich fundierten Therapiekonzepts für klinische Mastitiden eine Einsparung an antibiotischen Dosen ermöglicht ohne dabei die Heilungsraten zu beeinflussen. Auch wenn die Landwirte von den Behandlungsempfehlungen in vielen Fällen abwichen, setzten sie dennoch 60%

weniger Antibiotika ein. Dies zeigt, dass durch die gegebenen Strukturen und Motivatoren eine Verhaltensänderung möglich war. Die Ergebnisse beider Veröffentlichungen machen deutlich, dass der Einfluss einer antibiotischen Therapie auf die Eutergesundheit deutlich geringer ist als von Tierärzten und Landwirten erhofft.

Die Umfrage unter den teilnehmenden Betrieben der zweiten Studie ergab, dass die

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Landwirte in vielen Fällen ein Antibiotikum einsetzten obwohl sie wussten, dass es dem Tier wahrscheinlich nicht mehr zu einer Heilung verhelfen kann. Trotzdem wollten sie alles versuchen, um besonders ihren wertvollen Tieren eine Heilung zu ermöglichen. Die Wirkung einer antibiotischen Behandlung wurde überschätzt, wohingegen der positive Einfluss eines NSAIDs auf die Heilung unterschätzt wurde.

Insgesamt wurden in beiden Veröffentlichungen unabhängig von der Behandlung hohe bakteriologische Heilungsraten erzielt, jedoch nur geringe zytologische Heilungsraten.

Der Fokus moderner Therapiekonzepte muss daher nicht nur auf der evidenzbasierten antibiotischen Behandlung der Tiere liegen, sondern muss sich vermehrt auf die entzündungshemmende Behandlung konzentrieren um die Entzündung im erkrankten Eutergewebe zu reduzieren. Für eine erfolgreiche Reduzierung der antibiotischen Behandlungen klinischer Mastitiden wäre ein Meilenstein erreicht, wenn sowohl Landwirte als auch Tierärzte in den Fällen, in denen von einer bakteriologischen Heilung nicht mehr auszugehen ist, auf ein NSAID anstelle eines Antibiotikums zurückgreifen würden.

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6 Zusammenfassung

Anne Schmenger

Tierindividuelle und bakterielle Einflussfaktoren klinischer Mastitiden beim Milchrind Die Mastitis stellt die häufigste Erkrankung der Milchkuh dar und ist somit auch der häufigste Grund für eine antibiotische Therapie bei Milchrindern. Um der zunehmen Antibiotikaresistenz von Mikroorganismen entgegen zu wirken bedarf es nach dem One-Health-Ansatz einer Reduzierung an eingesetzten antimikrobiellen Wirkstoffen im Human- und Veterinärbereich. Die bestmögliche Behandlung von klinischen Mastitiden versucht daher nicht nur hohe Heilungsraten zu erzielen, sondern verfolgt gleichzeitig eine Minimierung der dazu benötigten antibiotischen Dosen. Die Ergebnisse internationaler Mastitisforschung legen nahe, dass bei einigen Mastitiden ohne antibiotische Behandlung die gleichen Heilungsraten erreicht werden können wie mit antibiotischer Behandlung, denn sowohl tierindividuelle als auch bakterielle Faktoren haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Heilungschancen des erkrankten Tieres. In randomisierten klinischen Studien wurden Kuhkriterien sowie on farm-Tests für die Erregerbestimmung genutzt um Mastitiden anhand dieser Faktoren selektiv antibiotisch behandeln zu können. Dabei konnte der Antibiotikaeinsatz durchschnittlich halbiert werden ohne negative Auswirkungen auf die Eutergesundheit. Ziel der vorliegenden Doktorarbeit war es, ein wissenschaftlich fundiertes Therapiekonzept für klinische Mastitiden auf Milchviehbetrieben zu etablieren, sodass diese selbstständig im Betriebsalltag eine selektive Behandlung durchführten. Hierbei wurde untersucht,

Tierindividuelle und bakterielle Einflussfaktoren klinischer Mastitiden beim Milchrind Die Mastitis stellt die häufigste Erkrankung der Milchkuh dar und ist somit auch der häufigste Grund für eine antibiotische Therapie bei Milchrindern. Um der zunehmen Antibiotikaresistenz von Mikroorganismen entgegen zu wirken bedarf es nach dem One-Health-Ansatz einer Reduzierung an eingesetzten antimikrobiellen Wirkstoffen im Human- und Veterinärbereich. Die bestmögliche Behandlung von klinischen Mastitiden versucht daher nicht nur hohe Heilungsraten zu erzielen, sondern verfolgt gleichzeitig eine Minimierung der dazu benötigten antibiotischen Dosen. Die Ergebnisse internationaler Mastitisforschung legen nahe, dass bei einigen Mastitiden ohne antibiotische Behandlung die gleichen Heilungsraten erreicht werden können wie mit antibiotischer Behandlung, denn sowohl tierindividuelle als auch bakterielle Faktoren haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Heilungschancen des erkrankten Tieres. In randomisierten klinischen Studien wurden Kuhkriterien sowie on farm-Tests für die Erregerbestimmung genutzt um Mastitiden anhand dieser Faktoren selektiv antibiotisch behandeln zu können. Dabei konnte der Antibiotikaeinsatz durchschnittlich halbiert werden ohne negative Auswirkungen auf die Eutergesundheit. Ziel der vorliegenden Doktorarbeit war es, ein wissenschaftlich fundiertes Therapiekonzept für klinische Mastitiden auf Milchviehbetrieben zu etablieren, sodass diese selbstständig im Betriebsalltag eine selektive Behandlung durchführten. Hierbei wurde untersucht,