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1881 lässt sich Eulenburg von der Botschaft in Paris nach München versetzen und nimmt Kontakt zur künstlerischen Szene in Starnberg und München auf. Im Umfeld von Cosima Wagner und dem Neubeuerner Kreis schreibt Eulenburg

Im Dokument Jan Freiherr von Wendelstadt (Seite 21-28)

Philipp Fürst zu Eulenburg (4.v.l.) um 1890 auf Schloss Neubeuern (4.v.l.) Jan Freiherr von Wendelstadt (1.v.l.) Wilhelm Baron von Gloeden (stehend 1.v.r. mit der Mutter von Jan

führenden Diplomaten des Deutschen Reiches und seit 1886 engem persönlichen Freund von Kaiser Wilhelm II. Schon vorher bestand ein freundschaftlicher Kontakt zwischen Fürst Philipp v. Eulenburg und Graf Kuno von Moltke. Spätestens um das Jahr 1880 ist Eulenburg ein zentraler Bestandteil der deutschen Diplomatie und Politik. Mit seinem Einfluss werden Fürst Clodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst und Bernhard von Bülow als Reichskanzler zu den Exponenten des „persönlichen Regiments"

Wilhelms II. 1881 lässt sich Eulenburg von der Botschaft in Paris nach München versetzen und nimmt Kontakt zur künstlerischen Szene in Starnberg und München auf. Im Umfeld von Cosima Wagner und dem Neubeuerner Kreis schreibt Eulenburg nordisch-mystische Dramen, die im Münchener Residenztheater und später in Berlin zur Aufführung kommen. Wie Eberhard v.

Bodenhausen spürt Fürst Eulenburg einen inneren Konflikt zwischen seiner künstlerischen und politisch-unternehmerischen Betätigung.

Kuno Graf von Moltke

Schon in diesen Jahren übernimmt Jan v. Wendelstadt die Funktion eines Mäzens für Philipp zu Eulenburg. Nach seinem Zusammentreffen 1886 mit Kronprinz Wilhelm, dem späteren Kaiser Wilhelm II., entschied sich Eulenburg allerdings endgültig für die Diplomatie und Politik. Neben Philipp traten auch seine Vettern, August und Botho, in die ersten Ränge der preußischen Politik. Letztgenannter im Frühjahr als preußischer Ministerpräsident und im Sommer als Innenminister des Deutschen Reiches. Im Mai 1894 wurde Eulenburg deutscher Botschafter in Wien. Zusammen mit seinem Freund Bernhard von Bülow prägte Eulenburg das "persönliche Regiment" Kaiser Wilhelms II. in den Jahren vor 1900. Die Kritiker Kaiser Wilhelms II. sahen in Philipp zu Eulenburg eine der zentralen Figuren der preußischen Regierung, ohne das Eulenburg jemals im engen Kreis der Regierungsmit-glieder gewesen war. Nach 1902 kehrte v. Eulenburg wieder in die künstlerischen Kreise, die ihn geprägt hatten, zurück. Der Kontakt zu Jan v. Wendelstadt wurde erneut intensiver. Zusammen mit seinem Freundeskreis, zu welchem sein langjähriger enger Freund, der Reichskanzler Bernhard v. Bülow, und Kaiser Wilhelm II. zählte, veranstaltete er auf seinem Familiensitz Liebenberg Jagden. Jan v. Wendelstadt war auch unter den Gästen.

Die Harden-Affäre und der Tod Jan v. Wendelstadts

Maximilian Harden

Die "Liebenberger Tafelrunde" wurde 1906 von einem schweren Schlag heimgesucht. Der Journalist Maximilian Harden

veröffentlichte in der Zeitschrift „Zukunft" eine Analyse der persönlichen Verflechtungen um die Person des Kaisers und unterstellte dem kaiserlichen Umfeld homoerotische Neigungen. Dies traf die gesamte politische Elite des Deutschen Kaiserreiches. Es setzte eine intensive Suche nach Zeugnissen der homosexuellen Neigungen sämtlicher zur "Liebenberger Tafelrunde" zählenden Personen ein.

Obwohl im Zentrum der Untersuchungen Philipp v. Eulenburg und Graf Kuno v. Moltke standen, wurde auch Jan v. Wendelstadt in die Untersuchungen einbezogen. Als Philipp v. Eulenburg am 08. Mai 1908 in Liebenberg unter Anklage der Homosexualität, eines zu dieser Zeit strafrechtlich zu verfolgenden Tatbestandes, verhaftet wurde, war Jan v. Wendelstadt tief getroffen. Wochen, in denen in aller Öffentlichkeit sämtliche Kontakte mit Philipp v. Eulenburg analysiert wurden, folgten. Der Prozess gegen v. Eulen-burg, der die Prozesstage „verhandlungsunfähig" in der Berliner Charite zubrachte, wurde zu einem „Spießrutenlaufen" für das persönliche und politische Umfeld des Kaisers. Der Prozess gegen Philipp v. Eulenburg wurde am 17. Juli 1908 abgebrochen. Es folgten jedoch weitere gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen dem Beklagten und dem Journalisten Maximilian Harden. Die

„Kronzeugen" von Harden waren zwei Starnberger Fischer, die bezeugten, mit v. Eulenburg intim gewesen zu sein.

Die Eulenburg Affäre in: Jugend 1907 Nr. 45 li Kuno von Moltke, re Philipp zu Eulenburg

Jan v. Wendelstadt trafen die unterschiedlichen Vorwürfe nur indirekt. Trotzdem war er Ziel der Untersuchungen der Journalisten und der Staatsanwaltschaft. Insbesondere die im Nachlass von Philipp v. Eulenburg vorhandene Schrift „Mein Freund Jan" gab Anlass zu vielerlei Spekulationen. Es ist aufgrund der vorliegenden Quellen nicht festzustellen, ob bei Jan v. Wendelstadt ähnliche homoerotische Neigungen wie bei Philipp v. Eulenburg vorgelegen haben. Auch die Kinderlosigkeit ist kein eindeutiges Zeichen - Philipp v. Eulenburg hatte acht Kinder. Jan v. Wendelstadt hat den Schock des Verdachts und der Untersuchungen nicht verwinden können. Die Öffentlichkeit drang in die, seiner Meinung nach, gesellschaftlich geschlossenen Kreise des Adels ein. Jan v.

Wendelstadt, der alles eingesetzt hatte, um in die adligen Kreise Bayerns aufsteigen zu können, sah seine Welt zusammenbrechen.

Die „Harden-Affäre" zerrte die verschlossenen Strukturen des „persönlichen Regiments" Kaiser Wilhelms II., aber auch die

„Doppelmoral" der adligen Kreise, an die Öffentlichkeit. Große Teile der Bevölkerung erlangten Einblick in politische Entscheidungsprozesse und die persönlichen Verflechtungen der politischen Elite. Es fiel ein demokratischer Schatten auf den autoritären Führungsstil des Kaiserreichs.

Gegenüber Harry Graf Kessler äußerte sich Jan von Wendelstadt zu der Affäre München. 13 November 1907:

Früh Jan Wendelstadt bei mir. Wie immer jetzt, kam die Rede auf den Moltkeprozess. Wendelstadt. „Ich habe Eulenburg seitdem erst einmal gesehen. Aber das Gerede über eine sentimentale Camarilla in Liebenberg ist Unsinn. Man stellt sich das jetzt thatsächlich so vor, als hätten wir alle um den runden Tisch womöglich nackt mit Harfen in den Händen dagesessen. In Wirklichkeit hat es nie eine lustigere, ausgelassenere Jagdgesellschaft gegeben. Von Sentimentalität keine Rede. Und um Politik hat sich Eulenburg, seitdem er von Wien fort ist, gar nicht mehr gekümmert. Um nur ein Beispiel zu nennen, als Schoen nach Petersburg kam, fragte ich ihn: „Na, was sagst du dazu, dass Schoen nach Petersburg gekommen ist?“ Da war er ganz verwundert und sagte: „So, Schoen ist nach

Petersburg gekommen? Davon weiss ich Nichts.“ Allerdings, es mag ja so sein, dass die Katze doch das Mausen nicht lassen kann.

Aber es haben wohl auch andre Gründe mitgespielt. Es bestand ein wahnsinniger Hass gegen Eulenburg. Warum, habe ich nie recht begreifen können. Wie weit das da mit hineingespielt hat, kann ich nicht beurteilen. Dass mit Eulenburg in der andren Beziehung (Paederastie) etwas los war, davon hat man ja schon lange gesprochen.“ Auf den Kaiser ist Wendelstadt ebenso böse wie Richters.

Er meinte: „Mit dem Mann bin ich jetzt auch fertig.“ Eulenburg habe ihm gesagt, dass er, was auch immer kommen möge, dem Kaiser nie mehr dienen werde.

Quelle: Harry Graf Kessler: Das Tagebuch Vierter Band 1906 – 1914 Klett-Cotta Stuttgart 2004, s. 361

Monet Ausstellung in Weimar 1905 mit Neubeuern Besuchern sitzend 2. .l. Gerty von Hofmannsthal, 3.v.l. Helene von Nostitz

stehend v.r. Henry van de Velde, Harry Graf Kessler, Hugo von Hofmannsthal, Alfred von Nostitz-Wallwitz

Artikel WaS 23.11.2020 – Rosenlieder Eulenburgs

Jan & Phillip am Schloss – Geschenk Phillips seinem treuen Freund Jan

Arkadien in Neubeuern

Von dem schweren Schlag, den die Verhaftung und der nachfolgende Prozess gegen Philipp v. Eulenburg Jan v. Wendelstadt versetzte, hat er sich nicht wieder erholt. Jan v. Wendelstadt starb am 27. Juli 1909 auf Schloss Neubeuern im Alter von nur 53 Jahren.

Im Fenster Gräfin Ottonie von Degenfeld

Leichenzug Jan von Wendelstadt Juli 1909

Das Familiengrab in Altenbeuern

Freiherr Jan von Wendelststadt Gemälde von Franz von Lenbach (heute noch im Schlossbesitz) Der reisefreudige Freiheit träumt von Ägypten Gästebuch Band III Maler Josef Pepino Erinnerungen an Onkel Jan von Marie Therese Miller-Degenfeld

Meine Mutter hat mir oft erzählt, was für ein freundlicher Mann Onkel Jan war und wie sehr er ihr nach dem Tod meines Vaters geholfen hat. Jans Mutter hat einige ihrer seltsamen Gene an Jan weitergegeben. Sie war eine holländische Adelige. Jan hatte ihr ein schönes Zimmer im Schloss einrichten lassen. Sie war aber nicht oft im Schloss, da sie ständig auf Reisen war. Eins ihrer seltsamen Steckenpferde war die Unterschrift berühmter Kriminalisten zu sammeln.

Da Jan viel reiste, hatte er Freunde in der ganzen Welt, die ihn auch in Neubeuern besuchten. Um 1885 besuchten ihn englische Freunde, die auf dem Weg nach Neapel waren, um dort für eine Weltreise an Bord zu gehen. Jan brachte sie von Neubeuern mit der Kutsche nach Kufstein, wo sie den Zug nach Rom erreichen wollten. Auf dem Weg dahin kam ihnen die Idee die Kutsche nach Hause zu schicken und mit ihnen in den Zug zu steigen. Er willigte ein sie bis Innsbruck zu begleiten. In Innsbruck baten ihn seine Freunde erneut sie weiter zu begleiten. Daraufhin buchte Jan auch den Nachtzug nach Rom. Nach einer Woche in Rom reisten sie weiter nach Neapel um das Kreuzfahrtschiff zu erreichen. Für Jan war das Schiff so verlockend, das er eine freie Kabine buchte und seine Freunde auf der Weltreise begleitete. Damals konnte man noch ohne Pass reisen und man konnte mit einer Art Kreditkarte weltweit Geld abheben. Ich hoffe er hatte wenigstens seinen Majordomus in Neubeuern informiert, dass er längere Zeit abwesend sein würde.

Als sie Siam erreichten, wurde mir erzählt, ging Jan zu einer englischen Bank um Geld zu holen. Zu seinem Erstaunen kannte der Bankier seinen Namen und wusste das er ein Schloss in Bayern besaß. So klein ist die Welt.

Die orientalische Kunst in China und Japan begeisterte ihn so sehr, dass er eine regelrechte Einkaufstour machte: Chinesische Bronzen und Japanische Schirme wurden nach Europa verschifft. Durch Onkel Jans Reise bin ich nun glückliche Besitzerin von einigen orientalischen Wertgegenständen, die sich nun auf der Yule Farm in Virginia befinden.

Marie-Therese mit ihrer Tante Julie – mit ihrer Mutter Ottonie – Yule Farm Virginia Quelle:

Marie Therese Miller-Degenfeld: Memoirs of Marie Therese Miller-Degenfeld, An international Life in the Twentith Century, Trafford, Victoria 2005 ISBN 1-4120-9569-7, S. 64-65 Frei übersetzt und ergänzt: Reinhard Käsinger, Schloss Neubeuern Oktober 2007

Brunnenweihe Juli 1912 Gästebücher Schloss Neubeuern Band V Stiftung von Freifrau Julie von Wendelstadt zur Erinnerung an den großen Gönner von Neubeuern Freiherr Jan von Wendelstadt

Jan v. Wendelstadt und seine Frau Julie blieben in Neubeuern unvergessen. Schon kurz nach seinem Tod stiftete Julie v.

Wendelstadt einen Brunnen auf dem Markt von Neubeuern mit der Inschrift:

„Ihrem steten Wohltäter Jan Freiherr von Wendelstadt, Schlossherr auf Neubeuern, bezeugt für alle Zeiten an dieser, seinem Gedächtnis gewidmeten Stelle liebevolle und dankbare Verehrung die Neubeurer Marktgemeinde."

Text aus:

Georg Berghausen M.A.: Die Geschichte der Familie Wendelstadt, Privatdruck Köln 2000, S. 105-113 Hrsg. Dieter Wendelstadt

Die Wendelstadt Eiche im Totenwöhr mit Gedenkstein am Weg zum Hochstrasser See

Erlöserkirche 1907

Wendelstadt Gestühl mit Wappen in der evangelischen Erlöserkirche in Rosenheim

https://www.stadtarchiv.de/stadtgeschichte/rosenheim-im-wandel-der-zeit/detailseite/timeline/detail/die-evangelisch-lutherische-erloeserkirche/

Im Dokument Jan Freiherr von Wendelstadt (Seite 21-28)