• Keine Ergebnisse gefunden

Für uns in Deutschland und überall auf der Welt gilt: Wir brauchen die Zivilgesellschaft nach meiner Überzeugung auch als Vermittler und Türöffner bei sonst schwer zugänglichen Be völkerungsgruppen.

Dr. John Amuasi: Herr Dr. Nsiah­ Asare, wie würden Sie aus ghanaischer und afrikanischer Perspektive an dieses Thema herangehen?

Dr. Anthony Nsiah-Asare: Leitprinzip, insbeson­

dere für unseren Kampf gegen COVID­19, ist der Schutz von Menschenleben und Lebensgrund­

lagen. Schutz von Menschenleben: Wenn Ghana beispielsweise über zwei Großstädte einen Lock­

down verhängt, müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen dort an zubereitete und unzubereitete Nahrung herankommen. Und da greifen wir auf zivilgesellschaftliche Organisationen zurück, das heißt auf die Kirchen und führende Religionsver­

treter und auch die Nichtregierungsorganisatio­

nen. Sie führen hier Maßnahmen durch und tun das besser als die staatliche Ebene.

Zur Förderung von One Health auf der lokalen Ebene beteiligen und schulen wir beispielsweise District Response Teams. Das sind Menschen aus der lokalen Bevölkerung sowie Fachkräfte. Die Fachleute unterweisen die Einheimischen in der Überwachung und im Schutz der Umwelt. Und Gruppen mit Informationen versorgen oder

einbeziehen, wo die Menschen ganz andere Sorgen haben? „Wie überlebe ich jetzt? Ich habe Hunger. Ich kann nicht arbeiten. Ich habe keine Lebensgrundlage mehr. Also vergesst die ganze Vorsorge. Entweder sterbe ich vor Hunger oder weil ich kein Geld habe, oder ich sterbe an dem Virus oder woran auch immer.“

Wie kann es uns gelingen, dass Entscheidungen von unten getragen und nicht nur als „von oben aufgedrückt“ wahrgenommen werden?

Dr. Maria Flachsbarth: Aus meiner Sicht müssen wir in erster Linie dafür sorgen, dass Menschen nicht verhungern. Also müssen wir sie ernähren.

Und wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen keine Sorge um ihren Arbeitsplatz haben müssen.

Also müssen wir der Wirtschaft helfen.

Das sind aus meiner Sicht zwei ganz wichtige Punkte. Und in Deutschland versuchen wir diese zwei Punkte in unserer Politik national wie auch international umzusetzen.

Ein dritter Punkt ist die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Basisorganisationen, denn sie können die Umsetzung von Maßnahmen vor Ort und den Wissenstransfer unterstützen. Sie wissen wahrscheinlich besser als wir Politikerin­

nen und Politiker, was in den Menschen vorgeht, wie man am besten kommuniziert. Zugleich sind auch lokale Ansprechpartner als Vermittler sehr wichtig, gerade wenn es um komplexe Fragen wie Verhaltensänderungen und alternative Einkom­

mensquellen geht.

Und die Erfahrung zeigt: „Übergestülpte“ Vorgaben werden gerade von der autochthonen Bevöl­

kerung weniger akzeptiert als gemeinsam mit lokalen Organisationen erarbeitete Konzepte, die die lokalen Bedürfnisse und Traditionen berücksichtigen.

Als Beispiel nenne ich hier den Wildtierhandel.

Wenn dieser als Einkommensquelle wegfällt, müssen Alternativen geschaffen werden. Man kann den Menschen nicht einfach sagen, sie sollen damit aufhören, man muss ihnen auch alternative

1. Warum One Health und die Agenda 2030 zusammengehören | 25

Und ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen, die konkret zeigen, wie man hier vorgehen kann:

Zum einen die Förderung einer kostengünstigen ambulanten Klinik in einem Vorort von Nairobi.

Sie heißt Access Afya. Auch ein anderes Sozial­

unternehmen haben wir bei seiner Entwicklung unterstützt, eine kleine Neugründung namens Cow Tribe. Hier handelt es sich um eine Firma, die in Ghana die letzten Meter zu den Klein bauern überbrückt, wofür es keine wirtschaftlichen Modelle gibt. Durch die Initiative können Land­

wirte erreicht werden. Es geht dabei nicht nur um die Lieferung von Medikamenten, sondern natürlich auch um die bereits angesprochenen Punkte Prävention und Aufklärung.

Insofern meine ich, dass wir an der Basis mit anderen zusammenarbeiten müssen, sei es mit der öffentlichen Hand oder mit Verbänden und der Wirtschaft. So können wir Dinge angehen, für die es noch keine ausgereiften etablierten klassi­

schen Wirtschaftsmodelle gibt.

Dr. John Amuasi: Ich möchte allen danken, die sich für diese anderthalb Stunden zugeschaltet haben. Und ein ganz herzliches Dankeschön an die Podiumsteilnehmer.

Prof. Andrea Winkler: Auch von Seiten der One Health Commission des Lancet ganz herzli­

chen Dank, und nochmals vielen Dank an das BMZ für die gemeinsame Ausrichtung dieser Veranstaltung.

Aus meiner Sicht haben wir ein großes Themen­

spektrum vom Globalen Aktionsplan über One Health bis hin zu der Pandemie abgedeckt und dabei verschiedene Querschnittsthemen ange­

sprochen – wie die Beteiligung der Menschen vor Ort, Basisgemeinschaften, Bildung und anderes mehr.

sie sorgen dafür, dass die Menschen im Falle einer Pandemie gewappnet sind. Ghana stützt sich stark auf Menschen, die im Umwelt­ und Naturschutz engagiert sind, sowie auf Menschen, die sich für den Erhalt und Schutz von Lebensräumen stark machen. Und genau das tun wir auch und gerade im Hinblick auf COVID­19.

Wir als Regierung haben zudem ein Hilfspaket bereitgestellt, das kostenloses Trinkwasser, kosten losen Strom, Steuerbefreiung für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen, einen fünfzigprozentigen Bonus für an vorderster Front tätiges Gesundheitspersonal sowie Konjunktur­

hilfen für kleine und mittlere Unternehmen umfasst. Wir schützen Menschenleben und Lebensgrundlagen und arbeiten an der Normali­

sierung des Wirtschaftslebens.

Dr. John Amuasi: Jean, wie kann aus Ihrer Sicht Ihr Unternehmen Boehringer Ingelheim die Wissen­

schaft und die nächste Generation der Studie­

renden und jungen Fachleute dabei unterstützen, ihren Beitrag zu leisten? Denn deren Beitrag wird ja eine Schlüsselrolle spielen.

Jean Scheftsik de Szolnok: In Lyon errichten wir derzeit einen Lehrstuhl für öffentliche Veterinär­

gesundheit mit interdisziplinärem Ansatz, um die Zusammenarbeit gerade der richtigen Studieren­

den zu fördern, sei es mit Fachverbänden oder der öffentlichen Hand oder aber im Hinblick auf die Entwicklung der Privatwirtschaft.

Lassen Sie mich auch erwähnen, dass wir – um die Frage der Basisnähe anzugehen – eine große weltweite Allianz mit einer Nichtregierungs­

organisation namens Ashoka aufgebaut haben.

Diese in ihrer Art einzigartige Allianz gibt es nun seit zehn Jahren. In diesem Rahmen fördern wir – insbesondere in Afrika – lokale Startup­Plattfor­

men für Sozialunternehmer. In Nairobi gibt es bereits eine, auch in Ghana haben wir mehrere.

Ein Laborant an einem Mikroskop im Gesundheitszentrum. Ngoma, Ruanda.

2. Was Wissenschaft und Politik raten | 27

Kabarettist. Abschließend hören wir Beiträge von Frau Dr. Zsuzsanna Jakab, sie ist die stellvertre­

tende Generaldirektorin der WHO, und von Frau Dr. Monique Eloit, der Generaldirektorin der OIE.

Im zweiten Teil setzen wir unsere Diskussion fort und werden etwas operativer. Hier soll die Frage im Vordergrund stehen, wie wir künftig auf Pandemien reagieren beziehungsweise auch zur Pandemieprävention beitragen können.

Wir werden lernen, wie die Schnell Einsetzbare Experten gruppe Gesundheit (SEEG), ganz konkret zusammen mit unseren Partnern aktiv wird.

Anschließend folgt eine weitere Expertendis­

kussion mit Beiträgen von Herrn Elhadj As Sy von der Kofi Annan Foundation, von Herrn Dr. Ahmed Ouma von den Afrikanischen Zentren für Seuchen bekämpfung, von Frau Dr. Andrea Ammon vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten sowie von Frau Dr. Soumya Swaminathan, Chief Scientist bei der WHO.

Dr. Maria Flachsbarth: Exzellenzen, liebe Kollegin­

nen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren,

Corona lehrt uns: Wir sind nur so widerstands­

fähig wie der schwächste Teil der globalisierten Gesellschaft. Da, wo Gesundheitssysteme durch Masseninfektionen überlastet sind, wo Menschen schutzlos sind, sind Kontaktsperren und Lock­

down zwangsläufig.

Die Pandemie infiziert Gesellschaften an ihrem verwundbarsten Punkt, besonders natürlich in den vulnerablen Bevölkerungsschichten, und sie steckt vor allen Dingen in den Entwicklungslän­

dern Wirtschafts­ und Sozialsysteme an. Sie ist eine Gesundheits­ und eine Armuts­ und eine Hungerkrise!

2. Was Wissenschaft und Politik raten

World Health Summit, virtuelle