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Erkenntnisse über die Wachstumsfaktoren der Branche In der Einleitung wurden aus der Literatur die drei Faktoren

Erfolgsfaktoren für Auslastungsschwankungen

20 Beitrag zum Stand der Forschung

20.1 Erkenntnisse über die Wachstumsfaktoren der Branche In der Einleitung wurden aus der Literatur die drei Faktoren

• Entwicklung eines Fitnessbewusstseins

• Fitness als Mittel der Sinn- und Identitätsfindung

• Stilisierung des perfekten Körpers

als Gründe für das Wachstum der Fitnessbranche bezeichnet.

Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse können folgende Ergänzungen und Berich-tigungen angebracht werden:

Es lässt sich feststellen, dass weiterhin ein Fitnessbewusstsein in der Bevölkerung besteht. Es ist aber nicht mehr Fitness per se oder eine maximale Fitness gefragt, sondern eine zweckorientierte, im Sinne von Aufwand und Ertrag optimierte und stark individualisierte Fitness.

Je nach Kunde stehen ganz andere Gründe für Fitnesstraining im Vordergrund. Für den einen sind dies z.B. Ausgleich, Prävention von muskulären Dysbalancen des sitzenden Alltags und zugleich Herz-Kreislauftraining, um belastbarer zu werden und sich schneller erholen zu können. Für die anderen ist es eine Möglichkeit des Kontaktes mit der Aussenwelt, Zeit haben für sich selbst und ein Beitrag zur Selbstverwirklichung.

Jeder Kunde unterscheidet sich auch wieder darin, wieviel Aufwand er treiben will oder kann, um das persönliche Ziel zu erreichen. Ein Selbständiger kann sich vielleicht einmal in der Woche an immer wieder ändernden Zeiten und Tagen Zeit nehmen, ein Arbeitsloser trainiert vielleicht dreimal die Woche zu einer fixen Zeit, um sich selbst einen Rhythmus zu geben.

Diese starke Individualisierung der verschiedenen Fitnesskonzepte ruft nach sehr individuellen Trainingsmöglichkeiten und einer guten Betreuung. Das Personal wird damit zu einem immer wichtigeren Faktor – zum wichtigsten Erfolgsfaktor der Fitnessbranche überhaupt, wie aus dieser Untersuchung herausgeht.

Zusätzlich zu dieser Individualisierung und Komplexitätssteigerung des Fitnessbewusstseins lässt sich auch eine Ausweitung des Fitnessverständnisses in Richtung Gesundheitsbewusstsein feststellen. Über 50% aller Fitnessbesucher in der Schweiz gaben 1998 als Hauptmotivation für Ihr Fitnesstraining „Gesundheit“ an (BFS, 1998). Nachdem bereits in den 80er Jahren „Gesundheit“ als Hauptmotivation für Fitnesstraining genannt wurde, wurde in den frühen 90er Jahren „der perfekte Körper“

als einer der Hauptgründe für Fitnesscenterbesuch postuliert. Die vorliegenden Daten zeigen, dass mittlerweile das Pendel zurückgeschlagen hat und Gesundheit ganz klar die Nr. 1-Motivation für Fitnesstraining ist. Figurerhaltung folgt zwar immer noch auf Rang zwei, ist aber weit abgeschlagen. Nur noch 13% der Kunden geben Figurerhaltung als Hauptmotivation an.

Zu einer ganzheitlichen Gesundheit im Sinne der WHO (vollständiges, körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden), gehören aber neben den klassischen Fitnesscenterangeboten Bewegung und Entspannung auch noch andere Bereiche wie Ernährung, soziale Kontakte, psychisches Wohlbefinden, usw. dazu.

Das Fitnesscenter wird damit zu einem von verschiedenen möglichen Partner für die persönliche Gesundheitsförderung. Kooperationen mit anderen Gesundheitsanbietern sind darum in naher Zukunft ein Muss, um die ganzheitlichen Gesundheitsansprüche der Konsumenten zu befriedigen. Ob diese Kooperationen in den gleichen Räumlichkeiten angeboten werden (im Sinne eines Gesundheitszentrums mit integrierter Physiotherapie, Ernährungsberatung, Naturheilarzt, psychologischer Beratung und Arztpraxis) oder geographisch getrennt sind, spielt weniger eine Rolle. Wichtig ist, dass der Kunde eine einzige Anlaufstelle hat, wo er erst beraten und dann an die für ihn optimalen Teildienstleister weitergewiesen wird. Diese Tendenz zu einem breiteren Gesundheitsbewusstsein wird auch belegt durch die steigende Nachfrage und das immer grössere Angebot an alternativen Gesundheitsangeboten, die über die klassischen medizinischen Möglichkeiten hinausgehen, wie Tai-Chi, Qi Gong, Alexandertechnik, Feldenkrais, Ayurveda, Aura Soma, Akkupunktur, um nur einige zu nennen.

Zusätzlich zu dieser Verlagerung von Fitnessbewusstsein in Richtung Gesundheitsbewusstsein (Primärprävention) lässt sich ebenfalls beobachten, dass sich immer mehr Kunden nach dem Auftreten von körperlichen Beschwerden zu einem Fitnesscenterbesuch entschliessen (Sekundärprävention). In einzelnen Fitnessstudios beträgt der Anteil an Kunden, die körperliche Beschwerden angeben, bereits über 40%

(SCHMID 1999a). Auch das Bundesamt für Statistik der Schweiz weist in ihrer neuesten Studie über die Gesundheit der Bevölkerung eine Zunahme von Allergien jeglicher Art, körperlichen und oft psycho-somatisch begründeten Leiden sowie Depressionen in den letzten Jahren nach (BFS 1999).

Wer selber einmal von einer Krankheit (hier im weitesten Sinne zu verstehen) betroffen war, der ist sensibilisiert auf die Gesundheit und entwickelt das oben erwähnte Gesundheitsbewusstsein. Es ist bekannterweise eines der Kernprobleme von Public Health Projekten, dass man gesunde Leute nur sehr schwer auf Gesundheit sensibilisieren kann.

Diese körperlich sich äussernden Beschwerden gehen nur zu einem kleinen Teil auf klassische muskuläre Dysbalancen (sitzende und bewegungsarme Gesellschaft) zurück;

meist liegen die Probleme tiefer: Arbeitsplatzprobleme, Stress, Mobbing, falsche Einrichtung des Arbeitsplatzes, schlechte Ernährung, Beziehungsprobleme, Elektrosmog, Strahlenbelastung, etc. Diese komplexen Krankheitsbilder können nur mit komplexen Methoden behandelt werden. Das klassische Fitnesstraining ist dabei eine mögliche Komponente. Dessen sollte sich der Fitnesstrainer der Zukunft bewusst sein.

Er sollte nicht mehr nur das Fitnesstraining mit seinen Methoden und Trainingsregeln kennen, sondern auch die Grenzen seines Bereiches und die angrenzenden Bereiche.

Ausgehend von diesem sich entwickelnden Gesundheitsbewusstsein und den zunehmenden körperlichen Beschwerden der Gesellschaft ergeben sich für das klassische Fitnesscenter mittelfristig zwei mögliche Strategien:

Konzentration auf das Fitnessgeschäft (Bewegung und Entspannung), klare Abgrenzung gegenüber den angrenzenden Bereichen, aber Partnerschaften mit

Anbietern von komplementären Angeboten.

An diese Partner können die eigenen Kunden weitergewiesen werden; umgekehrt kommen von diesen Bereichen auch wieder neue Fitnesskunden.

Integration von Fitnessstudios in ganzheitliche Gesundheitszentren mit einem breiten Angebot an Gesundheitsdienstleistungen und fliessenden Übergängen zwischen den einzelnen Dienstleistern.

Modelle der erstgenannten Strategie kann man bereits an verschiedenen Orten beobachten. Immer mehr arbeiten Fitnessstudios mit Physiotherapien oder Ärzten zusammen. Die Abgrenzungen zwischen medizinischer Trainingstherapie und Fitnesstraining mit einem Schwergewicht in Prävantion und Rehabilitation machen aber in der Praxis sehr Mühe. Die Grenzen werden immer fliessender, was wie schon erwähnt eine grosse Steigerung der Anforderungen an das jeweilige Betreuungspersonal stellt.

Im Bereich der zweiten Strategie stecken die Modellbetriebe noch in den Kinderschuhen. Dem Autor ist ein Fall bekannt, wo in Zürich in nächster Zeit ein Zentrum entstehen soll, wo sich unter dem gleichen Dach eine Arztpraxis mit medizinscher Sporttherapie, eine Physiotherapie, eine psychologische Beratungsstelle, eine Ernährungsberatung, eine Kommunikationsagentur und eine Consultingfirma umfassend um die Gesundheit von Individual- und Firmenkunden kümmern. Mit einem umfassenden Gesundheitsprotokoll werden Defizite und mögliche Ursachen ermittelt und dann die individuellen bereichsübergreifenden Programme entwickelt.

Zusammenfassend kann zu den Wachstumsfaktoren der Fitnessbranche Folgendes gesagt werden:

• Das Fitnessbewusstsein wird abgelöst durch ein Gesundheitsbewusstsein.

• Fitness als Mittel der Sinnfindung und als Stilisierung des perfekten Körpers wird abgelöst durch Fitness (oder eben besser Gesundheit) als tool für bessere Lebens- und Alltagsbewältigung.

Es zeichnet sich ab, dass die Wachstumsgrenzen im Kernprodukt „Fitnesstraining“

mittelfristig erreicht sind. In Zusammenhang mit der Ausdehnung des Fitness-bewusstseins in Richtung Gesundheitsbewusstsein entstehen aber an den Schnittstellen interessante Wachstumsmärkte.

Weitere Entwicklungsmöglichkeiten ergeben sich im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung. Immer mehr Firmen entdecken, dass sich mit gesunden Mitarbeitenden viele Ausfälle verhindern lassen. Fitness- und Gesundheitsincentives sind ebenfalls stark im Kommen. Statt monetären Anreizen gibt es Fitnessgutscheine

oder Trainingsstunden auf Arbeitgeberkosten, wenn die Leistung stimmt. Fitness oder Gesundheit wird auch im Bereich der Corporate Culture eine immer wichtigere Rolle spielen.

Die Schweiz und Europa hinken hier (wie so oft) der Entwicklung in den Vereinigten Staaten einige Jahre hintendrein. Immerhin wurde bereits 1989 von der BUNDESZENTRALE FÜR GESUNDHEITLICHE AUFKLÄRUNG das Thema

„Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt“ aufgegriffen. In den späten 90er Jahren häufen sich dann die Publikationen zu diesem Thema in Europa und auch in der Schweiz (vergleiche GUTZWILLER & JEANNERET 1996, NIEDER & SUSEN 1997, RUCKSTUHL et al. 1998).

In der Schweiz konnte man in den letzten drei bis fünf Jahren zusätzlich die Entstehung von verschiedenen Firmen, welche betriebliche Gesundheitsförderung und Public Health anbieten, beobachten (vergleiche KUTLAR 1999). Dies weist ebenfalls daraufhin, dass sich hier ein neuer Markt eröffnet, der auch für Fitnesscenter Chancen bietet.

20.2 Erkenntnisse über die Übertragbarkeit der Ergebnisse