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ZWEITER TEIL

2. STUDIENTEILNEHMER, STUDIENORTE UND METHODEN

3.3. ERGEBNISSE DER QUALITATIVEN FORSCHUNG

Zur Erhebung von Daten über das Wissen zur Bilharziose und über den Um-gang mit dieser Erkrankung wurden Schulkinder, Studienteilnehmerinnen und deren Ehemänner, Frauen, die nicht an der Studie zur genitalen Bilharziose teilgenommen hatten, und traditionelle Heiler befragt (Ahlberg et al., 2001).

Die Dorfbewohner waren insgesamt gut über die Bilharziose informiert. Ein traditioneller Heiler gab folgenden Kommentar:

„... the disease is very common in our village. It seems this is the place it originated. Doctors come and give us services to help us but the disease is never eradicated ... because of the water...“

Fast allen Schülern beider Grundschulen war der Begriff „Kichocho“ (Bilhar-ziose) geläufig, es bestanden jedoch deutlich Unterschiede im Hinblick auf das Wissen der Symptome der Bilharziose. 73 % Prozent der Kinder aus Kivulini wussten, dass „roter Urin“ ein Zeichen für die Bilharziose sein kann, während nur 51 % der Kinder aus Kileo dieses Symptom erwähnten (p <

0,001). 40 % der Kinder aus Kileo waren nicht in der Lage, ein einziges Symptom der Bilharziose zu benennen, in Kivulini hingegen hatten nur 20 % keinerlei Kenntnisse über die Bilharziose (p < 0,001).

Die Befragung der Frauen zeigte, dass 95 % der Frauen das Symptom „roter Urin“ als ein Zeichen der Bilharziose geläufig war, weiterhin wurden Dysurie (72 %) und Unterbauchschmerzen (67 %) als Symptome benannt. Frauen ga-ben an, dass sie unterscheiden könnten, ob sie aufgrund ihrer Menstruation oder aufgrund von Bilharziose roten Urin habe.

„.. the schistosomiasis blood is usually in drops and whenever you pass them out, they burn unlike in menstruation where the blood is thick and it flows out it does not burn...“

Die Abgrenzung von sexuell übertragbaren Infektionen fiel Männern leichter als Frauen. Als Hauptgrund hierfür wurde das Tabu angegeben, das sexuell

übertragbare Erkrankungen umgibt. Über diese Erkrankungen wurde zwischen Ehepartnern nicht gesprochen.

„There are other diseases like syphilis and gonorrhoea, but such diseases are never mentioned. So when a person goes for treatment, he will never say what he is suffering from.“

„It’s very difficult to tell because when your partner discovers that he has the disease, he goes for treatment and thereafter turns against you and accuses you for being unfaithful.“

Die Angst, dass eine sexuell übertragbare Infektion diagnostiziert werden könnte, war für einige Frauen der Grund, nicht an der Studie teilzunehmen.

Die traditionellen Heiler sahen einen zu langen Aufenthalt in der heißen Sonne als eine möglich Ursache für Brennen beim Urinieren an.

In der Diskussion mit Frauen aus Kileo und Kivulini, die an der Studie nicht teilgenommen hatten, zeigte sich, dass diese Frauen keine Veranlassung sahen, sich untersuchen zu lassen, da sie keine dieser Beschwerden hatten und daher davon ausgingen, gesund zu sein. Schmerzfreiheit wurde von einem Ehemann erwähnt:

„... But I remember having schistosomiasis when I was a little child of school age. I had, had so much pain! I needed to hold on to some support when urinating. One thing that surprises me these days is that recently we were screened and found to have the disease. Now my dear professionals, I want you to help me here. How is that in those days, I experienced such pain and these days I don’t even know that I have the disease, though I am told and I know that I have it ... it seems that the schistosomiasis of these days is a different type, or is it still the very old one?“

Die Frage, ob Familienmitglieder an Bilharziose erkrankt seien, bejahten 48 % der Frauen aus Kivulini, aber nur 16 % der Frauen aus Kileo.

90 % der Frauen brachten das Wasser des Flusses bzw. der Kanäle und Schnecken mit der Übertragung von Bilharziose in Zusammenhang. Die Teilnehmerin einer Gruppendiskussion formulierte es so:

„... if someone urinates in the water the worms will be left there and when you use the water you will get schistosomiasis...“

Weiterhin wurde angegeben, dass die Bilharziose eine sexuell übertragbare Erkrankung (13 %) oder eine Erbkrankheit (11 %) sei. 16 % der Frauen nahmen an, dass die Bilharziose durch verdorbenes Essen übertragen wird.

Ein traditionelle Heiler erklärte, dass die Bilharziose durch böse Geister (majini) verursacht wird, die in Brunnen und Wasserlöchern lebten.

Auch die Tatsache, dass die Infektionsgefahr mittags und nachmittags am größten ist, ist einigen Dorfbewohner bekannt. Dass die Prävalenz bei Frauen so hoch ist, wird von einem Mann folgendermaßen erklärt:

„... I must be in the shamba at nine o’clock. My wife goes round and round. She gets at the shamba at twelve o’clock, the time when all the germs are awake.“

Obgleich den Dorfbewohner sehr klar war, dass das Wasser durch Urin und Stuhl kontaminiert wird, sahen sie nicht, wie die Kontamination verhindert werden könnte. Eine Studienteilnehmerin beschrieb ihre Situation:

„ .. Of course people should be ashamed and everybody should use a latrine at home, but in the farm there is water everywhere. Shall we dig latrine in the water? If we have to go home every time we feel like helping ourselves, then we won’t have any work done...“

Zudem ist der Anbau von Reis die Lebensgrundlage der Dorfbewohner.

„...We are farmers, you know, and we depend and work in water. Our survival depends on water. Now you can give me medicines and I take them as instructed. It is true I start feeling well. But then, because my livelihood comes from the water, I have to use the same water ... Slowly, slowly, I start have the symptoms of schistosomiasis...“

Ein Dorfbewohner berichtete, dass in den Nachbardörfern ebenfalls Reis, Mais und Bohnen angebaut werden, aber dort nur einmal pro Jahr geerntet werden kann. In diesen Dörfern würde immer wieder am Ende der Trocken-zeit gehungert. Der Schlussfolgerung eines Teilnehmers schlossen sich an-dere an:

„...Wacha niugue lakini nishibe!“

(Let me be infected but have enough to eat!)

Präventionsmaßnahmen, die sich nachteilig auf die landwirtschaftliche Pro-duktion auswirken könnten, wurden sowohl von Frauen als auch von Männern für nicht akzeptabel erachtet. Der Bau von Toiletten wurde als sehr schwierig angesehen, da aufgrund des hohen Wasserspiegels das Ausschachten einer Toiletten fast unmöglich wäre.

„... The piece of land is soaked with water. So you ask yourself, how can I dig a hole? How can I build a latrine when it is water all over?“

Es wurde von den Diskussionsteilnehmern erwähnt, dass es Heilkräuter für die Behandlung der Bilharziose gäbe, sie aber wenig eingesetzt würden.

„...We can say that herbs exist even today because when you go to the market or town, you find those healers of schistosomiasis and syphilis, but because you do not even trust them, you never know whether it’s true because it is just business...“

Nach Meinung der Dorfbewohner gibt es traditionelle Medizin, die die Beschwerden lindern, nicht aber die Infektion beseitigen würde. Die Medizin aus dem Krankenhaus wurde als effektiv beschrieben, aber sie sei nicht bezahlbar. Viele Diskussionsteilnehmerinnen waren der Meinung, dass sie nach der Behandlung mit Praziquantel weniger mit Müdigkeit zu kämpfen hätten und in der Lage waren, ihre Pflichten besser nachzukommen und in den Feldern zu arbeiten. Jedoch würden sie immer noch an Unterbauchschmerzen und Zwischenblutungen leiden.

Zusammenfassung

• Die Dorfbewohner waren über Transmission, Therapie und Prävention der Bilharziose gut informiert

• Traditionelle Erklärungsmuster der Symptome der Bilharziose bestanden neben dem biomedizinischen Konzept

• Die Umsetzung von präventiven Maßnahmen wurde von den Dorfbewohnern als unrealistisch eingeschätzt (Abhängigkeit von der Landwirtschaft als Nahrungsgrundlage, schwieriger Toilettenbau aufgrund des hohen Grundwasserspiegels)

3.4. UNTERSUCHUNGEN ZUR GENITALEN BILHARZIOSE