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Ergebnisse der Distanzgeometrierechnungen für 14

3 Dynamik und Konformation von Bisphosphan-Metall-Komplexen

3.5 Distanzgeometrierechnungen zur quantitativen NMR-Strukturanalyse für die Komplexe 13 – 16

3.5.2 Ergebnisse der Distanzgeometrierechnungen für 14

Der Ablauf der Distanzgeometrierechnungen und Kraftfeldminimierungen für den Komplex 14 erfolgt nach den gleichen Prinzipien wie für 13 beschrieben. Das im Vergleich zu 13 größere Konzentrationsverhältnis zwischen Haupt- und Nebenisomer von ca. 6:1 bei Raumtemperatur hat zur Folge, dass der Datensatz der NOE-Abstände für das Nebenisomer von 14 in seiner Aussagekraft noch stärker eingeschränkt ist als im Fall von 13. Während sich für das Hauptisomer insgesamt 73 NOE-Kontakte quantitativ auswerten lassen (Tabelle 62), reduziert sich die Zahl der verwertbaren NOE-Kreuzsignale für das Nebenisomer auf 14, von denen nur sechs nicht von der kovalenten Geometrie vorgegeben sind (Tabelle 63). Demnach sollte die Konformation des Hauptisomers in Lösung durch die große Zahl an H···H-Abständen gut definiert sein. Die Datenbasis für das Nebenisomer dürfte aber zu gering sein, um eindeutige Schlussfolgerungen über die vorliegenden Konformationen ziehen zu können.

Der Komplex 14 ist der einzige Vertreter der Verbindungsreihe 13–16 für den im Festkörper nur ein einzelnes Twistkonformer gefunden wurde (Tabelle 21). Um ein Modell für das Konformer zu erhalten, das infolge des in Lösung beobachteten δ⇔λ-Gleichgewichts durch eine Ringinversion aus der Festkörperkonformation hervorgeht, wird die Kristallstruktur invertiert. Dann wird durch Vertauschen der beiden exocyclischen Substituenten (H3, HO) am

asymmetrischen Kohlenstoffatom die ursprüngliche Konfiguration wieder hergestellt.

Schließlich werden die beiden zueinander diastereomeren Strukturen noch in ihr jeweiliges Enantiomer überführt, woraus sich für die Konformere keine Konsequenzen in Bezug auf die betrachteten physikalischen Parameter der interatomaren Abstände und Energien ergeben, wodurch aber eine einheitliche Darstellung der Eigenschaften des Komplexes 14 innerhalb der Reihe der Verbindungen 1316 gewährleistet wird. Das in den Tabellen (Tabelle 42, Tabelle 62, Tabelle 63) mit λ bezeichnete Konformer entspricht somit dem Enantiomer der Festkörperstruktur, aus dem das mit δ bezeichnete Konformer durch die beschriebenen Operationen hervorgeht.

Der Vergleich der NMR-spektroskopisch bestimmten Protonenpaarabstände mit den für die beiden Modellstrukturen berechneten Distanzen (Tabelle 62; Spalte RSA) unterstützt die anhand der qualitativen NMR-Daten getroffene Zuordnung des Hauptisomers von 14 zur λ-Twistkonformation. Die RMS-Werte für die beiden Distanzsätze bestehend aus allen 73 messbaren Abständen sowie der Untermenge der 51 konformativ relevanten Distanzen betragen für das λ-Twistkonformer jeweils nur etwa 0.4 – 0.5 Å, während für das δ -Twist-konformer Werte von 0.8 – 0.9 Å erhalten werden (Tabelle 42, Spalte RSA). Die stärkste Diskriminierung ergibt sich wie erwartet für die sieben Distanzen ausgehend vom Methinproton H3, die in der λ-Twistform mit einer RMS-Abweichung von nur 0.25 Å wiedergegeben werden, während für die δ-Twistform ein RMS-Wert von 0.87 Å ermittelt wird (Tabelle 42).

Die Verwendung der für das Hauptisomer von 14 erhaltenen Protonenpaarabstände als Restraints in den Distanzgeometrierechnungen führt abhängig von der verwendeten Startstruktur erneut zu unterschiedlichen Strukturensembles, die auch in Bezug auf die Fähigkeit zur Wiedergabe der DG-Restraints klar differenziert sind. Für das ausgehend von der δ-Twistform erhaltene Ensemble gibt die DG-Fehlerfunktion eine Abweichung von 2.3 Å an, während für das auf der Basis der λ-Twistform generierte Ensemble ein deutlich kleinerer DG-RMS-Wert von 0.5 Å erhalten wird. In beiden Ensembles ist die Twistform der Startstruktur jeweils erhalten geblieben, sodass auch die DG-Rechnungen eindeutig die λ-Twistkonformation des Hauptisomers belegen. Das DGII-Protokoll erzeugt in beiden Ensembles eine große Anzahl identischer Strukturen, worin die konformative Rigidität des Komplexes 14 zum Ausdruck kommt. In einem Ensemble verteilen sich die Strukturen auf zwei Konformationen, die als δ-Twistformen mit unterschiedlichem Verzerrungsgrad beschrieben werden können. Im anderen Ensemble tritt für die 100 Strukturen nur noch eine einzige Konformation auf, die einer idealen λ-Twistform entspricht.

Abb. 104 zeigt die 100 λ-Twistkonformere des letztgenannten Ensembles in einer Überlagerung, aus der die identische Konformation der Strukturen hervorgeht. Der sterische Anspruch der Mesitylringe in Verbindung mit der fixierten Geometrie der DBP-Gruppe führt zu einer starken Einschränkung der konformativen Flexibilität des Komplexes, sodass im Fall der λ-Twistform nur noch eine einzige Konformation mit den beobachteten NOE-Kontakten vereinbar ist.

Die für diese λ-Twistkonformation berechneten RMS-Abweichungen der einzelnen Distanzsätze bestehend aus allen (0.38 Å), den konformativ relevanten (0.44 Å) und den die Konformation des Chelatringes betreffenden Abständen (0.25 Å) sind jeweils identisch mit den für die λ-Twistform der Festkörperstruktur erhaltenen (Tabelle 42).

Die Minimierung der beiden aus der λ-Twist- bzw. δ-Twist-Startstruktur erhaltenen DG-Strukturensembles für das Hauptisomer von 14 mit dem esff-Kraftfeld führt zu identischen Konformationen für alle Mitglieder eines Ensembles. Die beiden Minima unterscheiden sich erwartungsgemäß in der Twistkonformation des Chelatsechsringes.

Aufgrund des sterischen Anspruchs der Mesitylringe, deren Anordnung dem typischen face/edge-Muster entspricht, und der fixierten Geometrie der DBP-Gruppe, deren Phenyleinheiten wegen der Verknüpfung über die ortho-Positionen in einer face /face-Stellung vorliegen müssen, besteht sowohl in der λ-Twist- als auch in der δ-Twistform keinerlei konformative Flexibilität mehr.

Anhand der in Abb. 105 gezeigten Überlagerung ist zu erkennen, dass die bei der Minimierung erhaltene λ-Twistkonformation eine nochmals größere Übereinstimmung mit

Abb. 104 Konformationsensemble für das Hauptisomer des Komplexes 14 erhalten aus der DG-Rechnung ausgehend von der λ-Twistkonformation; für alle über das DGII-Protokoll erzeugten 100 Strukturen ergibt sich dieselbe λ-Twistkonformation; die Abweichungen von den DG-Restraints betragen laut DG -Fehler-funktion einheitlich 0.46 Å.

der Festkörperstruktur aufweist als das distanzgeometrisch optimale Konformer. Dem Vergleich der RMS-Werte für die drei abgebildeten Modellstrukturen ist zu entnehmen, dass sie alle gleichermaßen gut in der Lage sind, die experimentell bestimmten Protonenpaarabstände zu reproduzieren. Je nach betrach-tetem Distanzsatz werden RMS -Abweichungen von 0.2 bis 0.5 Å erhalten (Tabelle 42).

Die Ergebnisse liefern somit den sicheren Nachweis, dass das Hauptisomer des Komplexes 14 in Lösung in der λ-Twistform vor-liegt. Die sich daraus ergebende Schlussfolgerung, dass das Neben-isomer die δ-Twistkonformation einnimmt, ist dagegen mit Hilfe der quantitativen NOE-Daten nicht zweifelsfrei nachzuweisen, da der entsprechende Datensatz einen zu geringen Umfang besitzt. Der Vergleich mit den aus der Festkörperkonformation erzeugten Strukturmodellen (Tabelle 63; Spalte RSA) zeigt, dass sich die Präferenz für die δ-Twistform letztlich nur aus einem einzigen NOE-Kontakt (H3ƍ···H12ƍ) ableiten lässt.

Hauptisomer: λ-Twist Nebenisomer: δ-Twist

RMS [Å] RMS [Å]

NOE-Kontakte Anzahl RSA (λ / δ) DG (λ) FF (λ) Anzah l RSA (δ / λ) DG (δ) FF (δ) alle Hx···Hy 73 0.39 / 0.75 0.38 0.36 14 0.39 / 0.41 0.33 0.36 flexible Hx···Hy 51 0.45 / 0.89 0.44 0.41 6 0.56 / 0.59 0.47 0.51 Methin H3···Hy 7 0.25 / 0.87 0.25 0.22 2 0.20 / 0.59 0.11 0.16 Tabelle 42 Unterscheidung zwischen λ-Twist- und δ-Twistisomeren durch den RMS-Wert zwischen experimentellen und berechneten Abständen für den Komplex 14.

Die DG-Rechnungen mit den NOE-Distanzdaten für das Nebenisomer (Tabelle 62) führen zu wenig aussagekräftigen Ergebnissen. Man erhält Ensembles mit jeweils sichtbar verzerrten Strukturen die sich entweder von der Wannen- oder der δ-Twistkonformation ableiten, die aber keine Minima auf der Potentialhyperfläche der Verbindung darstellen. Gemäß der DG-Fehlerfunktion ergibt die verzerrte δ-Twistkonformation zwar eine bessere

Abb. 105 Überlagerung der verschiedenen λ-Twist-Modell-strukturen für die Konformation des Hauptisomers von 14 in Lösung; gelb: optimale DG-Strukturen, rot: energetisch günstigstes λ-Twistkonformer der Kraftfeldminimierung; blau:

λ-Twistform der Festkörperstruktur.

Übereinstimmung mit den DG-Restraints als die Wannenkonformation (DG-RMS = 0.70 und 1.34 Å), sodass erstere für die Berechnung des nur auf die NOE-Distanzen bezogenen RMS-Wertes berücksichtigt wird (Tabelle 42), dennoch ist aufgrund der nicht regulären Geometrien der Strukturen von einer Interpretation der Werte abzusehen.

Die Energieoptimierung der Strukturen der beiden DG-Ensembles mit dem esff-Kraftfeld führt zu den gleichen Minima, die schon für das Hauptisomer beobachtet wurden. Dies bestätigt nochmals die konformative Rigidität des Komplexes 14. Beim Vergleich der für das resultierende δ-Twistkonformer (Abb. 106) berechneten Abstände mit den experimentellen H···H-Distanzen erhält man ähnliche RMS-Werte wie für das distanzgeometrisch erzeugte Strukturmodell (Tabelle 42), obwohl sich die Konformationen deutlich unterscheiden. Dies ist eine weitere Beleg dafür, dass der Datensatz für das Nebenisomers nicht ausreicht, um eine Zuordnung zu einzelnen Konformationen zu treffen.

In Abb. 106 sind die beiden nach der Minimierung der verschiedenen DG-Strukturensembles verbleibenden Twistkonformere des Komplexes 14 einander gegenübergestellt. Entsprechend den der Kraftfeldoptimierung entnommenen relativen Energien besteht eine minimale Bevorzugung der λ-Twist- gegenüber der δ-Twistform. Damit stimmt die Einordnung der Konformere mit den in Lösung beobachteten Verhältnissen zwar insofern überein, als auch in Lösung eine Bevorzugung des λ-Twistkonformers festgestellt wird, allerdings fällt der experimentell bestimmte Enthalpieunterschied zwischen den beiden Twistkonformationen mit 7.5 kJ·mol–1 (Tabelle 37) deutlich größer aus.

λ-Twist: Erel = 0.0 kJ·mol–1 δ-Twist: Erel = 0.3 kJ·mol–1

Abb. 106 Twistkonformere minimaler Energie nach Minimierung der distanzgeometrisch generierten Konformationsensembles von 14