• Keine Ergebnisse gefunden

Die biotechnologische Großproduktion von Enzymen ermöglicht deren Einsatz in Reaktionen, welche den zwölf Regeln der Grünen Chemie (45) entsprechen und somit deutlich weniger schädlich für die Umwelt sind. Diese zwölf Regeln sind i) die Vermeidung von Abfallprodukten, ii) eine ökonomische Nutzung aller in der Reaktion vorkommenden Atome, iii) die Nutzung von nicht toxischen Substanzen während der Synthese, iv) die Erzeugung von ungiftigen Endprodukten, v) die Vermeidung von Lösungsmitteln, vi) eine Verringerung des Energieeinsatzes, vii) die Nutzung nachwachsender Rohstoffe, viii) die Verringerung der Synthesestufen durch zum Beispiel einer Umgehung von Schutzgruppen, ix) die Nutzung von Katalysatoren, x) die Abbaubarkeit der erzeugten Produkte in der Umwelt, xi) die Echtzeit Analyse der Reaktion, so daß keine toxischen Substanzen während der Reaktion entstehen und xii) die Nutzung von Substanzen in Mengen und Arten, so daß keine Unfälle wie Explosionen, Feuer oder das Austreten giftiger Produkte entstehen können (45).

Des Weiteren ermöglicht die Nutzung von Enzymen Chemo- und Regioselektivitäten in den Produkten, welche mit normalen chemischen Reaktionen entweder überhaupt nicht oder nur unter extremen Aufwand möglich sind (46).

In den folgenden Kapiteln werden die sechs Klassen an Enzymen, welche aufgrund ihres industriellen und/oder wissenschaftlichen Potentials die Grundlage dieser Arbeit bilden dargestellt.

3.1.1 Alkoholdehydrogenasen

Alkoholdehydrogenasen (ADHs) [E.C. 1.1.1.1 und 1.1.1.2] sind eine allgegenwärtige Klasse von kofaktorabhängigen Oxidoreduktasen (47), welche die gegenseitige Umwandlung von Alkoholen und Aldehyden zu Ketonen und vice-versa katalysieren, was eine der meistgenutzten Redoxreaktionen innerhalb der organischen Chemie darstellt (48). Folgende Abbildung zeigt das Reaktionsschema.

Abbildung 1: Genereller Reaktionsmechanismus für primäre (dunkelgrau) und sekundäre (hellgrau) Alkoholdehydrogenasen

Besonderes Interesse gilt hierbei der Produktion von chiralen Sekundäralkoholen mittels asymmetrischer Ketonreduktion (49). ADHs finden Anwendung in der nachhaltigen Produktion von Basiskomponenten für die pharmazeutische und landwirtschaftliche Industrie, für die Nahrungs- und Parfümindustrie, sowie in der Biosensor basierten Diagnostik (30, 50).

3.1.2 Ene-Reduktasen

Ene-Reduktasen katalysieren die asymmetrische Hydrierung von Alkenen zu Alkanen und können hierbei bis zu zwei Stereozentren aufbauen, was eine vielgenutzte Reaktion in der Chemie abbildet (51). Die übergangsmetallbasierte Katalyse hat enorme Fortschritte in der heterogenen cis-Hydrierung erzielt. Jedoch sind nach wie vor homogen katalysierte trans-Hydrierungen bisweilen nicht ausreichend optimiert (52). Folgende Abbildung zeigt ein Reaktionsschema der Hydrierung von Alkenen.

Abbildung 2: Reaktionsschema der Hydrierung von Alkenen durch eine Ene-Reduktase. EZG = Elektronen ziehende Gruppe

Zwei Enzyme welche die Klasse der Ene-Reduktasen darstellen sind die Dihydrodipicolinat Reduktase [E.C. 1.3.1.26 und 1.17.1.8] und die Prephenat Dehydrogenase [E.C. 1.3.1.12].

Die Dihydrodipicolinat Reduktase (DHDPR) hydriert hierbei eine Doppelbindung im Aromaten des komplexen Substrats (S)-2,3-dihydrodipicolinat zu (S)-2,3,4,5-tetrahydropyridin-2,6-dicarboxylat als Teil des Diaminopimelat-Reaktionsmechanismus, welcher unter anderem in mehreren Bakterien zur Lysin-Synthese (53) genutzt wird.

Abbildung 3: Reaktionsschema der Dihydrodipicolinat Reduktase (DHDPR) mit ihrem natürlichen Substrat

Neben dem komplexen nativen Substrat sollte die Bindetasche der DHDPR auch für weniger komplexe, in der Chemie öfter vorkommenden, kleineren Substraten mit ähnlicher Form, wie zum Beispiel dem Citraconsäureanhydrid, zugänglich sein. Somit stellt die DHDPR eine potentiell wichtige Rolle für die stereoselektive Synthese verschiedener aromatischer Chemikalien dar.

Die Prephenat-Dehydrogenase stellt eine abstraktere Variante einer potentiellen Ene-Reduktase dar. Die native Reaktion der Prephenat-Dehydrogenase ist die oxidative Decarboxylierung von Prephenat zu 4-Hydroxyphenylpyruvat, welche im weiteren Verlauf durch eine aromatische Aminotransferase zu Tyrosin umgesetzt wird (54). Folgende Abbildung zeigt das Reaktionsschema der Prephenat Dehydrogenase:

Abbildung 4: Reaktionsschema der Prephenat Dehydrogenase

Für dieses Enzym ist ein gutes Verständnis der einzelnen Aminosäurereste im aktiven Zentrum für die Reaktion vorhanden (54). Aus diesem Grund ist auch hier die Umsetzung eines nicht nativen, aromatischen Substrats von industriellem Interesse.

3.1.3 Proteasen

Proteasen katalysieren die Hydrolyse der Peptidbindung von Proteinen in wäßrigem Medium.

Ein Beispiel für häufig genutzte Proteasen ist die Untergruppe der Serinproteasen [E.C.

3.4.21.1], bei welchen innerhalb der katalytischen Triade die Aminosäure Serin vertreten ist (55). Folgende Abbildung zeigt den Reaktionsmechanismus von Serin-Proteasen:

Abbildung 5: Genereller Reaktionsmechanismus für Serin-Proteasen

Im Gegensatz zu den anderen beschriebenen Enzymen werden Proteasen direkt für die Anwendung in Waschmitteln, in Nahrungsmitteln, in der Pharmaziebranche, in der Lederbearbeitung und -verarbeitung, in der medizinischen Diagnose, der Müllaufbereitung und Silbergewinnung verwendet und bilden somit etwa 40% aller verkauften Enzyme (55).

Wie für nahezu alle Enzyme wird durch die Veränderung der Reaktionsbedingungen das katalytische Gleichgewicht in die entgegengesetzte Richtung verschoben. Mit der Folge, daß Proteasen in wasserfreiem Medium, wie zum Beispiel in organischen Lösungsmittel, in der Lage sind, Peptide zu synthetisieren (56). Der Einsatz von Proteasen zur Peptidsynthese ist mit einer erhebliche Vereinfachung und daraus folgenden Kostenersparnis zu derzeitigen Methoden verbunden, was zu einem weiteren Aspekt ihres hohen industriellen Nutzen und Wertes führt.

3.1.4 β-Galaktosidasen

Die Klasse der ß-Galaktosidasen [E.C. 3.2.1.23] stellt Enzyme dar, welche endständige Zuckerreste von galaktosidischen Biomolekülen abbauen. Dies sind Biomoleküle, welche Glykoside, bestehend aus Galaktose, enthalten, wie folgende Abbildung zeigt.

Abbildung 6: Reaktionsschema der ß-Galaktosidase

Die Klasse der ß-Galaktosidasen wird innerhalb der Mikrobiologie und Biochemie als Modellenzym zur Untersuchung der Genexpression sowie Genregulation genutzt, aufgrund der Katalyse von zwei verschiedenen Farbreaktionen (57). Die erste dieser Farbreaktionen ist der Umsatz von 5-Brom-4-chlor-3-indoxyl-β-D-Galaktopyranosid (X-Gal) zu einem blauen Indigofarbstoff (5,5-Dibrom-4,4-dichlor-indigo), wie folgende Abbildung zeigt.

Abbildung 7: Umsatz von X-Gal (chlor-3-indoxyl-β-D-Galaktopyranosid) mittels ß-Galaktosidase zu 5-Brom-4-chloindoxyl welches nach Oxidation an der Luft und Dimerisierung den blauen Farbstoff 5,5-Dibrom-4,4-dichlor-indigo ergibt

Eine weitere wichtige Farbreaktion, katalysiert bei der Klasse der ß-Galaktosidasen ist der Umsatz von o-Nitrophenyl-β-D-Galaktopyranosid (ONPG) zu dem gelben Farbstoff o-Nitrophenol, dargestellt in der folgenden Abbildung.

Abbildung 8: Umsatz von ONPG (o-Nitrophenyl-β-D-Galaktopyranosid) mittel ß-Galaktosidase zum gelben Farbstoff o-Nitrophenol

Für die vorliegende Arbeit wurde eine halophile ß-Galaktosidase untersucht, welche im Gegensatz zu den anderen Genen nicht aus den RSBP stammt, sondern aus dem moderat halophilen Organismus Haloferax lucentense (58) (bgaH).