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Y. Information der Nachbarstaaten

II. Materielles:

26. Entzug der aufschiebenden Wirkung

In ihrem Gesuch stellt die BKW folgenden Antrag (Antrag II.2):

Allfälligen Beschwerden gegen die Stilllegungsverfügung sei die aufschiebende Wirkung in der Verfü-gung zu entziehen.

Zur Begründung dieses Antrags führt die BKW im Gesuch Folgendes aus:

Es sei vorgesehen, die Freigabeanträge für die Vornahme der VM und für die SP1 mindestens 24 Mo-nate vor der EELB beim ENSI einzureichen. Die Wirksamkeit der entsprechenden Anordnungen in der Stilllegungsverfügung sei die Voraussetzung dafür, dass das ENSI die Freigaben sowohl für die VM als auch für die Arbeiten in der SP1 erteilen könne. Damit die BKW die VM ohne Verzug nach EELB und die eigentlichen Stilllegungsarbeiten ohne Verzug nach EABN vornehmen könne, sei es erforderlich, dass die Anordnungen zu den VM und zu den Arbeiten der SP1 mit Erlass der Stilllegungsverfügung wirksam würden. Aus diesem Grund sei allfälligen Beschwerden gegen die Stilllegungsverfügung die aufschiebende Wirkung durch die verfügende Instanz zu entziehen (Art. 55 Abs. 2 VwVG).

Mit E-Mail vom 19. Juni 2017 forderte das BFE die BKW auf, bis zum 31. August 2017 den im Stillle-gungsgesuch gestellten Verfahrensantrag, es sei allfälligen Beschwerden gegen die Stilllegungsverfü-gung die aufschiebende Wirkung in der VerfüStilllegungsverfü-gung zu entziehen, ausführlicher zu begründen und Gründe darzulegen, weshalb in der Stilllegungsverfügung allfälligen Beschwerden die aufschiebende Wirkung zu entziehen sei. Mit Eingabe vom 20. September 2017 reichte die BKW eine diesbezügliche Begründung dem BFE innert erstreckter Frist ein. Die BKW führte darin unter anderem Folgendes aus:

Der Grund für den Entzug der aufschiebenden Wirkung in der Stilllegungsverfügung liege in den ge-wichtigen Nachteilen, welche eine Verzögerung der VM, deren Anordnung auf die EELB hin beantragt werde, und der Stilllegungsarbeiten der SP1 ab EABN verursachen würde. Für den geordneten und zeitgerechten Ablauf der Stilllegungsarbeiten sei der verzugslose Beginn nach EELB (Ende Dezember 2019) eine zwingende Voraussetzung. Dies gelte insbesondere für alle Arbeiten, die nach EELB zur weiteren Reduktion des Gefährdungspotenzials auf der Anlage dienen würden. Die \/M seien die Vo-raussetzung dazu. Nebst den sicherheitstechnischen und betrieblichen Gründen sei auch der zeitliche

Aspekt zu berücksichtigen. Könnten die vom UVEK auf den Zeitpunkt der EELB angeordneten Mass-nahmen nicht getroffen werden, entstünde eine Verzögerung für die gesamte Stilllegung und ein enor-mer wirtschaftlicher Schaden. So müsste etwa wegen der nicht mehr gegebenen Verfügbarkeit sowohl interner als auch externer Fachressourcen die Planung in wesentlichen Teilen neu aufgesetzt werden.

Beurteilung des UVEK

Das KEG enthält keine Bestimmungen betreffend aufschiebender Wirkung. Gemäss dem subsidiär an-wendbaren VwVG hat eine Beschwerde aufschiebende Wirkung (Art. 55 Abs. 1 VwVG). Aufschiebende Wirkung bedeutet, dass die in der angefochtenen Verfügung angeordnete Rechtsfolge oder Rechtswir-kung vorläufig nicht eintritt, sondern gehemmt wird. Der bestehende Rechtszustand wird für die Dauer des Beschwerdeverfahrens erhalten. Abs. 2 von Art. 55 VwVG legt fest, dass die Vorinstanz in der Verfügung einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entziehen kann, falls die Verfügung nicht eine Geldleistung zum Gegenstand hat. Die aufschiebende Wirkung kann auch bloss teilweise, nur für eine bestimmte Dauer oder unter bestimmten Auflagen entzogen werden, um einer differenzier-ten Interessenlage Rechnung zu tragen.

Das Gesetz enthält keine Kriterien für die Beurteilung, ob die aufschiebende Wirkung zu entziehen sei.

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beurteilt sich aufgrund einer Interessenabwägung, ob der Suspensiveffekt zu belassen oder zu entziehen ist. Es ist zu prüfen, ob die Gründe, welche für die sofortige Vollstreckbarkeit der Verfügung sprechen, gewichtiger sind als jene, die für die gegenteilige Lösung sprechen; dabei steht der zuständigen Behörde ein erheblicher Ermessensspielraum zu (BGE 129 II 286, E. 3). Da das Gesetz die aufschiebende Wirkung als Grundsatz festlegt, müssen überzeu-gende Gründe von einer gewissen sachlichen und zeitlichen Dringlichkeit vorliegen, welche den Entzug der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen. Der Grundsatz der aufschiebenden Wirkung bedeutet jedoch nicht, dass nur ganz aussergewöhnliche Gründe den Entzug rechtfertigen könnten (BGE 129 II 286, E.

3.2). Zu berücksichtigen sind nur diejenigen Gründe, die mit dem Zweck der einschlägigen Gesetzge-bung im Einklang stehen. Sodann ist eine Abwägung zwischen den massgebenden Gründen vorzuneh-men. Es ist abzuwägen, wem der durch den Schwebezustand verursachte Nachteil am ehesten zuge-mutet werden kann. Dabei sind die Schwere der drohenden Nachteile wie auch die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens zu würdigen. Soweit möglich sind irreparable Nachteile und präjudizierende Wirkungen zu vermeiden. Durch den Entscheid über die aufschiebende Wirkung soll der durch den Sachentscheid zu regelnde Zustand weder verunmöglicht noch unwiderruflich zementiert werden (BGE 130 II 149, E.

2.2). Nach dem Grundsatz, wonach die aufschiebende Wirkung nicht dazu führen soll, dass jemand unberechtigten Nutzen aus dem blossen Umstand der Beschwerdeführung ziehen soll, ist in die Interes-senabwägung namentlich einzubeziehen, ob eher die Konsequenzen der aufschiebenden Wirkung oder eher diejenigen des Entzugs nachträglich rückgängig gemacht werden können bzw. ob allenfalls dafür nachträglich eine finanzielle Schadloshaltung erfolgen kann oder eine Nachteilminimierung oder Wie-dergutmachung durch Sicherstellungen oder andere Auflagen während des hängigen Beschwerdever-fahrens gewährleistet werden kann. Vor allem wenn mit einer längeren VerBeschwerdever-fahrensdauer zu rechnen ist, ist nach diesen Kriterien eine möglichst ausgewogene Lösung zu suchen (Urteil des BGer 1A.302/2005 vom 29. März 2006, E. 3). Bei der Interessenabwägung geht es in der Regel um private und öffentliche Interessen, die sich gegenüberstehen. Die einander entgegenstehenden Interessen können aber auch lediglich privater Natur sein oder es können sich verschiedene öffentliche Interessen gegenüberstehen (BGE 129 II 286, E. 3.3 ff.). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann auch der vermutliche Ausgang des Verfahrens in der Sache selber in der Interessenwägung berücksichtigt werden, sofern die Prozessaussichten eindeutig sind (BGE 130 II 149, E. 2.2).

Die BKW beantragt in ihrem Stilllegungsgesuch, es sei allfälligen Beschwerden gegen die Stilllegungs-verfügung die aufschiebende Wirkung in der Verfügung zu entziehen. Diese Formulierung erweckt den Eindruck, dass die BKW den Entzug der aufschiebenden Wirkung betreffend allen mit dieser Verfügung angeordneten Stilllegungsarbeiten verlangt. Aus der mit der Eingabe vom 20. September 2017 einge-reichten Begründung zu diesem Antrag wird jedoch deutlich, dass die BKW lediglich um Entzug der aufschiebenden Wirkung betreffend die VM und die in der SP1 geplanten Arbeiten ersucht.

Hinsichtlich der in der SP1 geplanten Arbeiten ist festzuhalten, dass die SP1 neben der Aufrechterhal-tung des technischen Nachbetriebs unter anderem Demontagen von aktivierten Bauteilen und von nicht mehr benötigten Einrichtungen umfasst. Der Vollzug dieser Stilllegungs- bzw. Rückbauarbeiten kann in aller Regel nicht rückgängig gemacht werden und ist somit präjudizierend. Zudem liegt keine zeitliche Dringlichkeit vor, welche den Entzug der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich dieser Arbeiten rechtfer-tigen würde, zumal die in der SP1 geplanten Arbeiten gemäss Zeitplan frühestens ab September 2020 durchgeführt werden sollen. Zu diesem Zeitpunkt dürfte das Bundesverwaltungsgericht, für den Fall, dass gegen die vorliegende Verfügung Beschwerde erhoben wurde, seinen Entscheid in der Sache ohnehin bereits gefällt haben, wodurch auch ein in dieser Verfügung angeordneter Entzug der aufschie-benden Wirkung durch den Beschwerdeentscheid ersetzt worden wäre. Überdies ist festzuhalten, dass man den mit der Beschwerdeerhebung beantragten Rechtsschutz illusorisch machen würde, falls in der Stilllegungsverfügung allfälligen Beschwerden betreffend den in der SP1 geplanten Arbeiten die auf-schiebende Wirkung entzogen würde. Das UVEK kommt somit nach Durchführung einer Interessenab-wägung zum Schluss, dass allfälligen Beschwerden die aufschiebende Wirkung entgegen dem Antrag der BKW hinsichtlich der in der SP1 geplanten Arbeiten nicht zu entziehen ist. Da die BKW in ihren Eingaben ihren Antrag auf Entzug der aufschiebenden Wirkung betreffend diesen Arbeiten kaum be-gründet hat, erübrigen sich weitere Ausführungen dazu.

Nachfolgend ist zu prüfen, ob entsprechend dem Antrag der BKW allfälligen Beschwerden die aufschie-bende Wirkung bezüglich der VM zu entziehen ist. Diese Arbeiten umfassen die Demontage der gros-sen Einzelkomponenten im Maschinenhaus und die dortige Einrichtung von Behandlungseinrichtungen (vgl. dazu vorne Ziff. 11.1). Ziel der VM ist es, die Voraussetzungen für den zeitverzugslosen Beginn der sicheren und effizienten Stilllegung der Anlage zu schaffen. Diese Arbeiten sollen gemäss Zeitplan ab EELB, d.h. ab Ende Dezember 2019, durchgeführt werden.

Folgende Gründe sprechen für einen Entzug der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich dieser Arbeiten:

- Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse, dass die VM sofort ab EELB durchgeführt werden können, da dies die Voraussetzung dafür ist, dass das KKM zeitnah zurückgebaut wer-den kann. Ein zeitnaher Rückbau des KKM ist aus wer-den folgenwer-den Grünwer-den im öffentlichen Inte-resse:

o Die potentielle Gefährdung für die Allgemeinheit, die vom endgültig ausser Betrieb ge-nommenen KKM nach wie vor ausgeht, kann auf diese Weise so schnell wie möglich reduziert werden.

o Ohne einen zeitnahen Rückbau besteht die Gefahr, dass sich der Rückbau weiter ver-zögert, da unter Umständen wegen Abwanderung von Arbeitskräften nicht mehr genü-gend qualifizierte Experten für die Durchführung des Rückbaus vor Ort sind. Diese müssten zuerst wieder gesucht und neu angestellt bzw. beauftragt werden.

- Die BKW hat zudem ein erhebliches privates Interesse daran, sofort ab EELB die VM durchfüh-ren zu können, da eine Verlängerung der Dauer der Stilllegung des KKM die BKW viel Geld kostet.

Gegen einen Entzug der aufschiebenden Wirkung betreffend die VM spricht hingegen das Interesse allfälliger Beschwerdeführer, dass die in der Stilllegungsverfügung angeordneten Stilllegungs- bzw.

Rückbauarbeiten nicht ausgeführt werden, bevor die Rechtmässigkeit der Stilllegungsverfügung gericht-lich überprüft wurde. Diesbezüggericht-lich ist jedoch festzuhalten, dass die VM lediggericht-lich untergeordnete Still-legungsarbeiten betreffen und die Arbeiten auf das Maschinenhaus beschränkt sind. Nach Ansicht des ENSI wird durch die räumliche Trennung zum Reaktorgebäude sowie weitere technische und organisa-torische Massnahmen sichergestellt, dass die VM keinen negativen Einfluss auf die sicherheitstech-nisch notwendigen Strukturen, Systeme und Komponenten haben. Die VM werden auf Antrag des ENSI in der vorliegenden Verfügung der Freigabepflicht unterstellt. Das ENSI wird daher im Rahmen dieses Freigabeverfahrens im Detail prüfen, ob die VM rückwirkungsfrei umgesetzt werden können.

Im Weiteren ist festzuhalten, dass eine gewisse zeitliche Dringlichkeit gegeben ist, welche den Entzug der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der VM rechtfertigt, zumal die VM gemäss Zeitplan bereits ab Ende 2019 durchgeführt werden sollen. Es ist fraglich, ob das Bundesverwaltungsgericht zu diesem Zeitpunkt seinen Entscheid in der Sache bereits gefällt hätte, falls gegen die vorliegende Verfügung Beschwerde erhoben würde.

Das UVEK kommt nach Durchführung einer umfassenden Interessenabwägung zum Schluss, dass die öffentlichen und privaten Interessen an einem Entzug der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der VM die entgegenstehenden Interessen überwiegen. Entsprechend dem Antrag der BKW wird daher allfälli-gen Beschwerden die aufschiebende Wirkung betreffend die VM entzoallfälli-gen (vgl. Ziff. 7 des Dispositivs).