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Entwicklungs- und Produktionszyklen auf Fahrzeug- und Technologieebene

4 Umfeldanalyse

5.1 Szenariendefinition

5.1.3 Entwicklungs- und Produktionszyklen auf Fahrzeug- und Technologieebene

Produktionszyklen der Automobilindustrie. Auf dieser Basis wird eine Empfehlung gegeben, zu welchem Zeitpunkt neue CO2-Ziele mit einer Gültigkeit ab dem Jahr 2025 bzw. 2030 fest-gelegt werden sollten, dass Hersteller rechtzeitig strategische Entscheidungen zur Einfüh-rung neuer Technologien ins Kraftfahrzeug für ihre gesamte Produktpalette treffen können.

5.1.3.1 Entwicklungsprozesse

Fahrzeughersteller von Pkw und LNF steuern die Entwicklung neu einzuführender zeugmodelle oder –varianten anhand eines herstellerspezifischen aber vergleichbaren Fahr-zeugentwicklungsprozesses. Letztlich regelt dieser auch die Zeitschiene der Festlegung stra-tegischer Entscheidungen bzgl. neuer Fahrzeugderivate bzw. des Einsatzes neuer Techno-logien. Die Analyse der Entwicklungsprozesse für die Pkw bzw. LNF-Entwicklung lässt somit Rückschlüsse auf den kritischen Pfad für die Festlegung neuer legislativer CO2-Ziele ab dem Jahr 2025 und 2030 zu, die aus Herstellersicht noch rechtzeitig bei der Einführung neuer Fahrzeugmodelle berücksichtigt werden können.

In der Regel verfügt jeder Hersteller über einen eigenen definierten Fahrzeugentwicklungs-prozess, der sich in seiner zeitlichen Abfolge und Länge von anderen Herstellern unterschei-den kann. Dabei lassen sich jedoch einheitliche Phasen der Fahrzeugentwicklung voneinan-der abgrenzen. Grundsätzlich kann voneinan-der Fahrzeugentwicklungsprozess in die Phasen voneinan-der Produktplanung, Konzeptentwicklung, Serienentwicklung und Serienvorbereitung unterteilt werden, vgl. Abb. 5-4. In der parallel laufenden Vorentwicklung werden Technologien auf einen hinreichenden Reifegrad als Eingabe bzw. Innovation für die Konzeptentwicklung ent-wickelt.

Abb. 5-4: Grundlegende Phasen eines OEM Fahrzeugentwicklungsprozesses

Vorentwicklung

Produkt-planung

Konzept-entwicklung

Serien-entwicklung

Serien-vorbereitung

Serien-produktion

Vorentwicklungsphase

Strategiephase Fahrzeugentwicklungsphase Marktphase

SOP

Der Produktionsstart (SOP) und damit der Übergang zur Serienproduktion markiert das Ende des Produktentstehungsprozesses. Somit bildet die Serienproduktion zusammen mit der Produktplanung einen Rahmen um die eigentliche Fahrzeugentwicklung.

Insgesamt lässt sich in Hinblick auf die Festlegung von CO2-Zielen festhalten, dass für ein spezifisches Großvolumenfahrzeugprodukt das präzise CO2-Ziel mindestens vier bis fünf Jahre vor dem Produktionsstart im Entwicklungsprozess festgelegt wird. Die eigentliche Se-rienentwicklung und Vorbereitung bei Pkw dauert zweieinhalb bis drei Jahre. Abb. 5-5 veran-schaulicht die Zeitschiene zur CO2-Zieldefinition während der Konzeptphase im Fahrzeug-entwicklungsprozess. Zudem stellt Abb. 5-5 den zeitlichen Verlauf der CO2-Zieldefinition ausgewählten Pkw-Zyklusplänen gegenüber. Die hellgrau dargestellten prognostizierten Mei-lensteine der Pkw-Zykluspläne stellen darin eine Fortführung der Produktionszyklen aktueller Fahrzeuggenerationen dar.

Abb. 5-5: Festlegung des CO2-Zielwerts im Entwicklungsprozess bei Pkw

Neben der Festlegung des CO2-Ziels eines Fahrzeugderivats im Fahrzeugentwicklungspro-zess ca. vier bis fünf Jahre vor SOP, werden strategische Entscheidungen zur Einführung neuer Technologien für alle Derivate eines Fahrzeugmodells bereits sechs bis acht Jahre vor dem SOP im Rahmen der Strategiephase der Fahrzeugentwicklung getroffen. Hierbei wird auch der mit einem bestimmten Produktportfolio eines Fahrzeugmodells anvisierte CO2 -Zielwert übergeordnet definiert. Damit Fahrzeughersteller noch rechtzeitig flexibel auf verän-derte legislative Rahmenbedingungen reagieren können, stellt dieser Zeitpunkt den kriti-schen Pfad in Hinblick auf die Festlegung einer neuen CO2-Richtlinie dar.

Betrachtet man die Zeitschiene eines standardisierten LNF Fahrzeugentwicklungsprozesses, so zeigt sich, dass eine Finalisierung der europäischen CO2-Gesetzgebung für 2025 bzw.

2030 früher als bei Pkw abgeschlossen werden muss. Der Standard LNF-Entwicklungspro-zess dauert über die eigentliche Fahrzeugentwicklungsphase hinweg gesehen (Konzept- und

48 47 46 45 44 43 42 41 40 39 38 37 36 35 34 33 32 31 30 29 28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Einführung EU-CO2 -Gesetzgebung Festlegung CO2-Ziel bei SOP 2020, 2025, 2030

Golf VII Golf VIII Golf IX

8. Generation 9. Generation

7. Generation

4. Generation 5. Generation

Polo V Polo VI Polo VII

4. Generation

Prognose gemäß Produktzyklus der zuletzt eingeführten Modellgeneration

Monate

Serienentwicklung, Serienvorbereitung) ca. fünf Jahre. Prinzipiell ist davon auszugehen, dass LNF der Gruppe I eine Entwicklungszeit von ca. vier bis fünf Jahren aufweisen, ähnlich wie Pkw-Projekte, da sie häufig ein Derivat eines Pkw darstellen. Basierend auf dieser Dauer der Produktentwicklung wird das CO2-Ziel eines Fahrzeugderivats entsprechend fünf Jahre bei größeren LNF bzw. vier Jahre bei kleineren LNF vor dem SOP in der Konzeptphase defi-niert, vgl. Abb. 5-6.

Abb. 5-6: Festlegung des CO2-Zielwerts im Entwicklungsprozess bei LNF

Unter Berücksichtigung der strategischen Produktplanung benötigen Fahrzeughersteller nach Möglichkeit einen 8- bis 10-Jahreshorizont, um flexibel auf Änderungen in den gesetzli-chen Rahmenbedingungen reagieren zu können. Folglich sollte die europäische CO2 -Gesetzgebung für 2025 bzw. 2030 frühzeitig vor den Jahren 2015 bzw. 2020 finalisiert wer-den, damit eine Anpassung der Produkt-Zykluspläne aus Herstellersicht noch gewährleistet werden kann.

5.1.3.2 Produktionszyklen und Plattformstrategien

Betrachtet man die historischen Produktionszyklen verschiedener Pkw-Fahrzeugmodelle, so ist ein Trend hin zu einer Verkürzung von Produktzyklen in der Pkw-Automobilindustrie er-kennbar. Abb. 5-7 zeigt repräsentative Beispiele für verschiedene konsolidierte Fahrzeug-segmente bei Pkw.

Insbesondere bei Fahrzeugen im Mittelklasse-Segment, die das größte Marktvolumen in Eu-ropa besitzen, finden Produktwechsel in immer kürzer werdenden zeitlichen Abständen statt.

Im SEG-3 dauert ein durchschnittlicher Produktionszyklus hingegen ca. sieben bis neun Jah-re, wobei Produktaufwertungen i.d.R. nach drei bis vier Jahren eingeführt werden. Die Ursa-chen für eine zunehmende Verkürzung der Pkw-Produktionszyklen liegen vor allem in der zunehmenden Modell- und Variantenvielfalt, aufgrund von individuelleren

Kundenanforde-2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

Einführung EU -CO2 -Gesetzgebung Festlegung CO2-Ziel bei SOP 2020, 2025, 2030

Klasse III Klasse I Konzeptentscheid PVS 0S

Seit 2006

Seit 2008

Modellwechsel T6 basiert auf T5 Neukonstruktion T7

Seit 2008 T5 Seit 2003

Seit 2006 7. Generation 8. Generation

3. Generation

Prognose gemäß Produktzyklus der zuletzt eingeführten Modellgeneration

Beispiel LNF Entwicklungsprozess

Monate

rungen und steigendem Wettbewerb bei einer zunehmender Konzentration der Wettbewer-ber.

Abb. 5-7: Beispiele für die Verkürzung von Produktionszyklen bei ausgewählten Pkw [Datenbasis: Herstellerangaben]

Auch bei der Analyse historischer Produktionszyklen verschiedener LNF-Fahrzeugmodelle mit großem Marktvolumen in Europa (> 25.000 Neuzulassungen/Jahr) zeigt sich bei einigen Fahrzeugmodellen ein Trend zu verkürzten Produktionszyklen, der jedoch weniger stark ausgeprägt ist. Abb. 5-8 veranschaulicht die Produktionszyklen ausgewählter LNF für ver-schiedene LNF Gruppen.

Abb. 5-8: Beispiele für Produktionszyklen ausgewählter LNF-Fahrzeugmodelle [Datenbasis: Herstellerangaben]

Im Durchschnitt liegt die Dauer des LNF-Produktionszyklus von zuletzt am Markt eingeführ-ten Fahrzeugplattformen bei ca. elf Jahren. In der Regel durchläuft eine LNF-Fahrzeugmodellgeneration dabei mindestens einmal nach fünf bis sieben Jahren eine Pro-duktaufwertung. Im Vergleich zu den Produktzyklen von Pkw weisen LNF somit einen we-sentlich längeren Produktzyklus auf.

In den letzten Jahren haben Fahrzeughersteller von Pkw zunehmend die Entwicklungszeiten ihrer Fahrzeugmodelle reduziert, um eine zunehmende Modell- und Variantenvielfalt anzu-bieten. Damit sollen gestiegene Kundenanforderungen vor dem Hintergrund eines zuneh-menden Wettbewerbs und einer zunehzuneh-menden Konzentration der Wettbewerber adressiert werden. Neben der verstärkten Einführung virtueller Methoden und Prototypen, die reale

70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Versuchsmethoden effizient ergänzen können, beeinflusst insbesondere die Nutzung mo-dellübergreifender Fahrzeugplattformen die Entwicklungs- bzw. Einführungszeit neuer Mo-delle und Varianten.

Dabei kann das Teilen von Fahrzeugplattformen entweder innerhalb des Fahrzeugmodell-portfolios einer Marke selbst oder im Rahmen von Kooperation mit anderen Herstellern erfol-gen. Abb. 5-9 zeigt repräsentative Beispiele der Verwendung modellübergreifender Fahr-zeugplattformen im Pkw-Bereich. Im Jahr 2012 führte Audi mit dem Modell A3 erstmalig ein Fahrzeugmodell basierend auf der neuen Produktionsplattform des VW Konzerns, dem „Mo-dularen Querbaukasten“ (MQB) ein. Der MQB vereinheitlich Technologieabmaße, wie den Abstand zwischen Fahrpedal und der vorderen Radmitte, mit variablen Parametern, wie dem Radstand oder den Spurbreiten, wodurch verschiedene Fahrzeuge auf einer Plattform reali-siert werden können. Eine Übertragung solcher modularen Baukästen aus dem Pkw-Bereich auf LNF-Modelle erscheint dabei insbesondere bei Gruppe I Fahrzeugmodellen aufgrund ähnlicher Fahrzeugmaße wahrscheinlich, vgl. VW Caddy.

Abb. 5-9: Ausgewählte Beispiele modellübergreifender Pkw-Fahrzeugplattformen [Datenbasis: Herstellerangaben]

Grundsätzlich ist im Pkw-Bereich mit Ausnahme des SEG-1 die Verwendung herstellerüber-greifender Fahrzeugplattformen über die Konzerngrenzen hinweg eher selten. Ein wesentli-cher Grund hierfür stellt der starke Wettbewerb und die für den Kunden nach außen sichtba-re Markendiffesichtba-renzierung und Eigenständigkeit dar. Wesentlich ausgeprägter als bei Pkw ist die herstellerübergreifende Nutzung von Fahrzeugplattformen im LNF-Bereich. Ca. 52 % der 2011 in Europa zugelassenen LNF basierten auf insgesamt acht verschiedenen hersteller-übergreifen verwendeten LNF-Fahrzeugplattformen. Abb. 5-10 gibt einen Überblick über die zugehörigen LNF-Fahrzeugmodelle und deren Marktanteil an Neuzulassungen in Europa im Jahr 2011. Fahrzeugmodelle, die eine herstellerübergreifende Plattform nutzen, weisen pa-rallele Entwicklungszeiträume auf und verfügen folglich über einen nah beieinanderliegenden Produktionsstart (SOP). Entsprechend wirkt sich die Einführung neuer Technologien beim Modellwechsel auf alle zugehörigen Fahrzeugmodelle gleichzeitig aus.

L2 Plattf orm Werk: Leipzig [GER], Regensburg [GER]

i-MiEV Plattf orm

Derivatanzahl: 10 Derivatanzahl: ca. 40

Derivatanzahl: 6 Derivatanzahl: 3

Abb. 5-10: Herstellerübergreifende Fahrzeugplattformen und Marktanteile bei LNF in Eu-ropa 2011 [Datenbasis: Herstellerangaben]

5.2 Technologien zur Reduzierung der CO2-Emissionen