• Keine Ergebnisse gefunden

Die Entwicklung der Hausarbeit seit Mitte der 50er Jahre in Europa

3.1 Haushaltswirtschaft

3.1.4 Die Entwicklung der Hausarbeit seit Mitte der 50er Jahre in Europa

Seit Mitte der 50er Jahre geht die Arbeitszeit kontinuierlich zurück, die die Frauen im Haushalt verbringen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie vollzeit-, teilzeit- oder nicht erwerbstätig sind. So ging bei den vollzeitbeschäftigten Frauen innerhalb von 40 Jahren der tägliche Zeitaufwand für die Haus- und Erziehungsarbeit um knapp die Hälfte zurück, und zwar von 6,3 Stunden (1953) auf 3,3 Stunden (1992); bei den teil-zeiterwerbstätigen Frauen verringerte er sich um 40 Prozent von 8,7 auf 5,2 Stunden und bei den nicht-erwerbstätigen Frauen um 42 Prozent von 10,0 auf 5,8 Stunden (vgl. Tab. 3).

Tab. 3: Täglicher Zeitaufwand der Frauen für materielle Hausarbeit und Erziehungsarbeit zwischen 1953 und 1991/92 (in Stunden)

Studie Erhebungs- Erwerbsstatus der Frauen

jahr

Vollzeit-erwerbstätig

Teilzeit-erwerbstätig Nicht-erwerbstätig

Schroth-Pritzel (1958) 1953 6,3 8,7 10,0

Saur-Jaumann (1956) 1952/54 4,8 7,1

Zander (1972) 1968/69 3,2 5,9 7,5

Schulz-Borck (1980) 1976/77 3,5 – 6,6

Krüsselberg (1986) 1984 3,8 5,2 6,4

Schwarz (1996a) 1991/92 3,3 5,2 5,8

Quelle: Lakemann (1984, 51a); Krüsselberg u.a. (1986, 170); Schwarz (1996a, 84); eigene Berechnungen

Interessanterweise vollzog sich die Reduktion der materiellen Haus- und Erziehungs-arbeit vor allem in den 50er und 60er Jahren; seit der zweiten Hälfte der 70er Jahre hat sich der Rückgang weitgehend stabilisiert. Lakemann (1984, 52) erklärt die Ver-ringerung des täglichen Zeitaufwandes für die Haus- und Erziehungsarbeit ab Mitte der 50er Jahre bis etwa Ende der 60er Jahre mit dem angeblich steigenden Hausar-beitsengagement von Kindern und Ehemännern. Dem widerspricht allerdings das nach wie vor geringe Engagement der Männer, so dass erhebliche Zweifel an dieser

These bestehen. Außerdem unterstreichen amerikanische Untersuchungen im Unter-schied zu den deutschen Ergebnissen, dass die und Erziehungsarbeit der Haus-frauen bis Mitte der 60er Jahre nahezu unverändert geblieben ist.

Für den ab Ende der 60er Jahre abnehmenden Zeitaufwand für Hausarbeiten macht Lakemann (1984, 53) den vermehrten Einsatz technischer Haushaltsgeräte, wie z.B.

von Staubsaugern und Waschmaschinen, sowie die veränderte Wohnungsausstattung (pflegeleichte Teppichböden, Vorhänge u.a.m.) verantwortlich.

Dieser These ist partiell zuzustimmen, obwohl nach Kettschau (1982) der Zeitauf-wand für die Hausarbeit eher stagniert bzw. sogar zugenommen hat. Zwar hat die Ausstattung der Haushalte mit langlebigen Gebrauchsgütern in Form von „weißer“

oder „brauner“ Ware in der Vergangenheit zu einer erhöhten Arbeitsproduktivität bei der materiellen Hausarbeit geführt; doch dem steht ein steigendes Anspruchsni-veau, sowohl bei der materiellen Ausstattung und Versorgung als auch bei der Quali-tät der Hausarbeit, gegenüber.

Wartungs- und Reparaturarbeiten, höhere hygienische Ansprüche und steigende Leis-tungsstandards könnten vielfach sogar zu größeren zeitlichen Belastungen bei der materiellen Hausarbeit führen (vgl. u.a. Pfannkuch 1976, 252f.). Daher wird von ein-zelnen Autoren (vgl. Kerber/Prinz 1988) bereits die These vom übertechnisierten Haushalt vertreten, der durch einen unrationellen Technikeinsatz zusätzliche Arbeit verursacht. Empirische Untersuchungsergebnisse liegen hierzu allerdings nicht vor.

Joerges (1983, 1985) erkennt in Anlehnung an Gershuny (1981) in der Kapitalisierung und Technisierung der Haushalte einen unfreiwilligen Professionalisierungsdruck, der sich darin äußert, dass die Konsumenten lernen müssen, mit den kapitalintensiven Sachgütern technisch und wirtschaftlich umzugehen. Andere Autoren (vgl. Fleisch-mann 1983) sehen indes gerade in der Technisierung der privaten Haushalte eine nützliche Ansammlung von Wissen bei den Haushaltsmitgliedern, weil diese sich be-züglich der Bedarfsplanung, der Wareninformationen, des Erwerbs und der Beschaf-fung von Gütern, der Finanzierung und Verwaltung, Bedienung, Wartung und Repa-ratur häuslicher Anlagen ständig weiterqualifizieren.

Was nun die Entwicklung einzelner Aktivitätsfelder im Rahmen der Haushaltswirt-schaft angeht, so lassen sich hier folgende Trendaussagen machen: Der Zeitaufwand für Reinigungsarbeiten hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten deutlich redu-ziert. Während eine Frau 1953 täglich noch ca. 2,5 Stunden für die Reinigung der Wohnung verwendete, benötigte sie 1992 dafür nur noch eine dreiviertel Stunde. E-benso ist der tägliche Aufwand für die Nahrungszubereitung zwischen 1953 und 1992 zurückgegangen, und zwar von gut zwei auf etwas weniger als 1,5 Stunden. Interes-santerweise liegt die Zeit, die für das Einkaufen aufgebracht wird, seit fast zwanzig Jahren bei einer halben Stunde, nachdem die Frauen Anfang der 50er Jahre noch täg-lich eine dreiviertel Stunde hierfür verwendet hatten (vgl. Hegner u.a. 1988, 68f.;

Schwarz 1996a, 73).

Im Unterschied zur materiellen Hausarbeit hat der Zeitaufwand für die Kinder-betreuung in den zurückliegenden vierzig Jahren nicht abgenommen, im Gegenteil:

Bei den erwerbstätigen und nicht-erwerbstätigen Frauen hat sich der tägliche

Zeit-aufwand sogar verdoppelt; die erwerbstätigen Frauen verbrachten nach den Erhebun-gen des Statistischen Bundesamtes in den 90er Jahren täglich 1,5 Stunden mit ihren Kindern, die nicht-erwerbstätigen Frauen 2,6 Stunden.

Daher ist die These, derzufolge sich der zeitliche Aufwand für die gesamte Haus- und Erziehungsarbeit kontinuierlich reduziert hat, zweifelhaft. Vielmehr hat sich eine interne Umverteilung ergeben, d.h., es wird weniger Zeit für materielle Hausarbeiten und mehr Zeit für die Erziehungsarbeit verwendet.

Tab. 4: Zeitaufwand der Frauen für die Kinderbetreuung zwischen 1953 und 1992 nach Erwerbsstatus (in Stunden pro Tag)

Jahr Erwerbsstatus

1953 1965 1972 1976 1984 1992

erwerbstätig 0,6 0,5 0,8 0,7 0,5 1,5

nicht erwerbstätig 1,1 1,0 0,9 1,2 1,2 2,6

Quelle: Hegner u.a. (1988, 71); Schwarz (1996b, 107)

Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Gershuny/Jones in ihrer historischen Rückschau zur Haushaltsproduktion in britischen Familien. Bei den Frauen hat im Zeitraum von 1961 bis 1984 der wöchentliche Zeitaufwand für die materielle Hausarbeit gleichmäßig abgenommen, und zwar von 15,5 auf 13,7 Stunden bei vollbeschäftigten Frauen, von 29,4 auf 23,2 Stunden bei teilzeitbeschäftigten Frauen und von 35,9 auf 26,4 Stunden bei Hausfrauen. Bei den vollzeitbeschäftigten Männern hat sich im Ver-gleich zu den Frauen die materielle Hausarbeit fast verdoppelt, wenn auch auf einer sehr geringen Grundlage: Zwischen 1961 und 1984 ist ihr Zeitbedarf von 1,5 auf 2,8 Stunden gestiegen. Im Unterschied zur Bundesrepublik ist in Großbritannien der Zeitaufwand für die Einkäufe im Betrachtungszeitraum als Folge des Rückgangs loka-ler Einkaufsmöglichkeiten stark gewachsen. Für die Kinderbetreuung wird mittloka-ler- mittler-weile die meiste Zeit verwendet. „Time spent looking after children, or playing with them, more than doubles for full-time employed men and women over the period, and almost doubles for the other two categories“ (Gershuny/Jones 1987, 26).

Hinsichtlich des Zeitaufwandes für die Haushaltswirtschaft lassen sich insgesamt nur geringe Veränderungen feststellen. Während die vollzeitbeschäftigten Frauen 1984 noch genauso viel im Haushalt arbeiteten wie 1961, ist der zeitliche Input bei den teilzeitbeschäftigten Frauen zwischen 1961 und 1984 um 4,6 Prozent und bei den nicht-erwerbstätigen Frauen um 10,5 Prozent zurückgegangen. Bezieht man die ma-terielle Hausarbeit auf die gesamte Haushaltswirtschaft, so scheinen sich in den briti-schen Haushalten interne zeitliche Umschichtungen ergeben zu haben: Der Rück-gang der materiellen Hausarbeit wird durch den erhöhten Aufwand bei der Kinder-betreuung, für Einkäufe und sonstige Haushaltsarbeiten fast ausgeglichen.

Bezogen auf einzelne Phasen des Familienzyklus’ stellen Gershuny/Jones (1987, 30) fest, dass bei vollzeitbeschäftigten Frauen mit kleinen Kindern (unter 5 Jahren) zwi-schen 1961 und 1984 der größte Rückgang bei der materiellen Hausarbeit zu

ver-zeichnen ist. Die Autoren begründen dies – ähnlich wie Lakemann (1989) – mit der Einführung neuer Haushaltstechnologien. Bei den Hausfrauen vollzog sich der zeitli-che Rückgang in der materiellen Hausarbeit weitgehend kontinuierlich. Demgegen-über stieg innerhalb der mehr als zwanzig Jahre der Zeitaufwand für die Betreuung von Kleinkindern unter 5 Jahren beträchtlich an. Der Betreuungsaufwand für die älteren Kindern hat sich zwischen 1961 und 1984/5 nur wenig verändert.

Zu ähnlich gelagerten Ergebnissen gelangt auch Robinson (1988) in seinem Vergleich dreier Umfragen zum Zeitbedarf der Amerikaner, die in den Jahren 1965, 1975 und 1985 durchgeführt worden sind. Die Haushaltswirtschaft wird in der Studie in acht Kategorien unterteilt: Vier davon werden als frauen-dominiert, zwei als männer-dominiert und zwei als zwischen den Partnern aufgeteilt angesehen. Die frauenspezi-fischen Aktivitäten entsprechen der materiellen Hausarbeit; zu ihnen zählen also Nahrungszubereitung, Geschirr reinigen und aufräumen, Wohnungsreinigung sowie Wäsche waschen, bügeln und in den Schrank einräumen. Die männerdominierten Tätigkeiten umfassen Reparaturen in und außerhalb des Haushalts. Die von beiden Partnern gleichermaßen verantworteten Aktivitäten sind Gartenarbeiten, Tierpflege und organisatorische Arbeiten. Zwischen 1965 und 1985 hat sich der zeitliche Auf-wand pro Woche für die amerikanischen Frauen in ihren vier Bereichen um 33,7 Prozent reduziert, und zwar von 24,3 auf 16,1 Stunden. Im gleichen Zeitraum ist die Bereitschaft der Männer stetig gewachsen, Hausarbeiten zu übernehmen. Die größten Veränderungen ergaben sich dabei in den letzten zehn Jahren: Während deren wö-chentliche Arbeitszeit im Haushalt von 1965 bis 1975 nur um 9,5 Prozent stieg, ver-änderte sie sich bis 1985 um 78,3 Prozent. Trotzdem dürfen diese Zahlen nicht über-bewertet werden. Immer noch übernahmen die Männer 1985 nur 25 Prozent der von den Frauen geleisteten materiellen Hausarbeit. Was die männerspezifischen und die geteilten Aktivitäten angeht, so ist der Zeitaufwand der Frauen nur um 25,9 Prozent gestiegen, während er sich bei den Männern mehr als verdoppelte.

Im Vergleich zu Großbritannien scheint in den USA der zeitliche Aufwand der Frau-en für die Haushaltswirtschaft klar rückläufig zu sein, währFrau-end er bei dFrau-en Männern eindeutig zugenommen hat. Freilich – und das gilt es hervorzuheben – fehlen in der Zeitbudgeterhebung von Robinson (1988) Angaben zum zeitlichen Aufwand für Einkäufe und zum Umfang der weiblichen Erwerbstätigkeit.

Gershuny (1996) berichtet in seiner Längsschnittanalyse von Umfragewellen des Bri-tish Household Panel Survey (BHPS) und des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) aus den 80er Jahren, dass Frauen, die einer vollen Erwerbstätigkeit nachgehen, ihre Hausarbeitszeit um wöchentlich 10 bis 12 Stunden reduzieren. Im Gegenzug weiten die Männer ihre Hausarbeitszeit aus, wenn auch nur in begrenztem Maße.