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3. Konzepte einer »Solaren Wasserstoffwirt

3.4 Entwürfe und Projekte einer Solaren Wasserstoffwirtschaft

Weyss diskutierte bereits 1974 Vorschläge von fünf Autoren und faßte sie in einen Schaubild zusammen, das die wesentlichen Merkmale der vorgeschlagenen Lösungen veranschaulichen sollte (vgl. Abbildung 5).

Bockris und Justi übernahmen dieses Schaubild und stellten dazu fest: »Vom Stand­

punkt der historischen Akribie und der ‘Zusammenschau’ des ‘Chemical Engineering’

ist die Darstellung von Weyss (...) von hohem Rang« (Bockris und Justi 1980: 57). In einem Schlußkapitel faßte Weyss die wichtigsten Ideen derselben in kurzer Form zu­

sammen (vgl. Weyss 1974: 47 f.).

Von den im Schaubild aufgeführten fünf Autoren stellten Bernhard Eastlund und G.

de Beni lediglich Ideen zur Wasserstoffherstellung durch Kernfusion bzw. thermodyna­

mische Kreisprozesse vor und ließen Transport, Anwendung und Randbedingungen of­

fen. Der Entwurf von Rudolf Schulten sah Wasserstoff lediglich als Medium zur Über­

tragung von Fernwärme aus Hochtemperaturreaktoren vor; auch dabei blieben die Randbedingungen unerwähnt. Somit stellten nach Weyss nur zwei Autoren Ansätze

Abbildung 5

Zusammenfassendes Schema von Weyss

Femwandlung in unbewohnten Gebieten

SekundSre Wandlung

Quelle: Weyss (1974: 5, zitiert aus Bockris und Justi 1980: 57)

Die Tabellen 10 und 11 geben die wichtigsten Vorarbeiten zu einer solaren Wasser­

stoffwirtschaft wieder. Dabei unterscheide ich »große Entwürfe«, die im Prinzip die ge­

samte Energiewirtschaft betreffen und mehr oder weniger detaillierte Utopien be­

schreiben und »konkrete Projekte«, die zum Teil als Vorarbeiten zu diesen Entwürfen konzipiert wurden und deren Anspruch in der Demonstration der technischen oder or­

ganisatorischen Machbarkeit liegt. Ich gebe jeweils einige Stichworte zum Inhalt des Konzeptes an, sowie von den Autoren selbst genannte Begründungen für den Einsatz von Wasserstoff.

Tabelle 10: Große Entwürfe der Solaren Wasserstoffwirtschaft

Vertreter Stichworte Begründungen für Wasserstoffeinsatz

F. Lawaczeck 1921 (nach Weyss 1974)

Nachtstrom-Speicherheizung; Wasserstofferzeugung als Tag-Nacht-Ausgleich; Lokomotivbetrieb; Explosionsmo- tore

Speicherbarkeit; Kongruenz mit Strom; Schwachlastnut­

zung L. W. Jones 1971

(Prof. Physik, Univ. Michigan)

Atomenergie "axiomatisch"; chemischer Energieträger für Verkehrssektor; Flüssigwasserstoff optimal; zunächst Luftverkehr

Atomenergie kommt und braucht chem. Träger; ge­

schlossener Kreislauf; pollution-free "logical replacement for hydrocarbons"

D. P. Gregory 1973

(Inst, of Gas Technology, Chicago)

Trend zur "all-electric economy"; H2 billiger für Verteilung von Energie; Hoffnung auf Brüter als billige Quelle;

Sonne erwähnt; "two obstacles":Wirtschaftlichkeit und Sicherheit; Technik machbar

Enge Verknüpfung mit Elektrizität; geschlossener Kreis­

lauf; Synthese von Brennstoff braucht stets H2 als Durchgangsstoff; Verteilung billig über Pipelines

N. Weyss 1974 (BBC, Mannheim)

Zusammenfassung verschiedener Konzepte; historische Darstellung (vgl. Abbildung 5); Diskussion versch.

technischer und wirtschaftliche Vorschläge; Atomenergie und Sonne langfristig einzige Quellen; Großer Optimis­

mus bei Hochtemperaturreaktoren

"Zehn Tatsachen" sprechen für globales H2 -Konzept;

vor allem Speicherung und Transport; ungiftig und um­

weltfreundlich; vielseitiger Rohstoff

C. Isting und B. Thier 1975 (Chem. Werke Hüls, Marl)

Pipeline-Netz-Erfahrung; ungefährlicher Betrieb; Che­

mierohstoff; Japanisches Energiemodell (Atomenergie und H2-Netz)

Umweltfreundlich; speicherbar; billiger Transport; direkt und indirekt nutzbar; chemische und metallurgische Pro­

zesse; höchster Energiegehalt pro kg E. M. Dickson et al. 1977

(Stanford Research Institute)

Untersuchung dreier Szenarien auf Folgen für Wirtschaft und Technik (TA); H2 bis 2000 keine Alternative; Investi­

tion bestehender Anlagen größtes Hindernis; langfristig Übergang denkbar; Vorteile für Umwelt bei Verbrauch, Nachteile bei Herstellung

Bewertung dreier Szenarien im Vordergrund; Umwandel­

barkeit in Strom; Umwelt

N. Getoff 1977 Fusion und Sonne langfristige Quellen; ausführl. Dis­ Sechs Gründe aus dem Katalog; vier Probleme: Kosten/

Tabelle 10 (fortgesetzt)

Vertreter Stichworte Begründungen für Wasserstoffeinsatz

J. O'M. Bockris und E. Justi 1980 (Univ. Texas / Braunschweig)

Entwurf Mitte 50er Jahre; Atomenergie unbegrenzt;

schwim m ende G roßkraftw erke (W ärm edissipation);

Trinkwasserherstellung durch Brennstoffzellen; Luftfahrt;

Deuterium Nebenprodukt der Elektrolyse; ohne Sonne

Billigerer Transport als Strom; Speicherbarkeit; unbe­

grenzte Energiemengen als Grundlage für wirtschaftli­

chen Überfluß; Umwelt

C. A. McAuliffe 1980 (Dept. Chemistry, Univ of Manchester)

Wasserstoff besser als Strom; Kohle als Brücke zur Soiar- Ära; Atomenergie ausführlich diskutiert, aber uner­

wünscht (Fusionsreaktor Sonne ist verfügbar); prinzi­

pielle Verfahren (Chemie)

Speicherbarkeit; Ressourcenerschöpfung; Verlänge­

rung ders. durch Verflüssigung/Vergasung

L. 0 . Williams 1980

(Aerospace Corp., Maryland)

"a kind of storable, portable electricity"; Verkehrssektor;

Atomenergie und erneuerbare Quellen; breite Diskus­

sion der Eigenschaften und Herstellmöglichkeiten; alle thermodynam. Verfahren zur Wasserspaltung

Speicherbarkeit; Ressourcenerschöpfung; Infrastruktur (Gasnetz) nutzbar; 02-Prod. für Umweltschutz

R. Dahlberg 1982, 1986 (AEG, Heilbronn)

Sonnenenergie; nur Photovoltaik; Plantagenkonzept;

Systemaufbau durch Selbstreproduktion

Speicherbarkeit und billiger Transport; Ergänzung zur Photovoltaik; saubere Verbrennung

G. Kaske und G. Ruckelshauß 1983 (Chem. Werke Hüls, Marl)

Idealer Träger für Atomenergie und Sonnenenergie;

Spitzenstromerzeugung; zukünftig wichtige Rolle

Unbegrenzte Rohstoffbasis; praktisch keine ökolog.

Probleme; billiger Transport W. Peschka 1984

(DLR, Stuttgart)

Flüssiger Wasserstoff; Technik und Verbreitung; Raum­

fahrtentwicklung; Verkehrstreibstoff; Atomforschung;

Deuterium-Darstellung; Handhabung; physikal.-techn.

Daten

Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Entwicklungs­

ländern; Wirtschaftsstruktur bleibt; Mittlerrolle Atomener- gie/regen. Energie; umweltneutral

P. Brennecke 1985

(Institut für Techn. Physik, TU Braunschweig)

Großtechnische Quellen Atom energie und Sonnen­

energie; ausgehend von Sonneneinstrahlung; Elektro­

lyse; Ferntransport (Gibraltar-Karlsruhe als Beispiel); Be­

rufung auf Vorarbeiten von Justi

Ferntransport günstig; Energieversorgung nur mit H2;

Reinwasserherstellung; Umwelt

Tabelle 10: fortgesetzt

Vertreter Stichworte Begründungen für Wasserstoff ei nsatz

H. Kalb und H. J. Vogel 1986, 1987 (+ Schwartz 1988) (Systeminnovation, Karlsruhe)

Vergleich Strom/H2 für Ferntransport; zunächst H2 abge­

lehnt; später Kombination

Nur Kostenvergleich

C. J. Winter und J. Nitsch 1986, 1989 (DLR Studiengruppe Energiesysteme, Stuttgart)

Sammlung techn./naturwiss. Grundlagen; alle regen. En­

ergieformen; H2 erst nach ration. Energieverwendung und direkter Energienutzung; Wüsten-Plantagen; aus­

führliche Systemanalysen

Speicherung; Transport; Umweltvorteile; problemloser Übergang; Chancen für Nord-Süd-Kooperation; Techni­

ken weitgehend entwickelt; Wirtschaftsstruktur bleibt L. Bölkow 1987

(MBB / Bölkow System­

technik, München)

Endlichkeit fossiler Ressourcen und Klimaproblem GO2;

Zyklentheorie; Überblick Sonnenenergie; H2-Anwen- dungen

Ergänzung mit Strom; unbegrenzte Energie; geschlos­

sener Kreislauf mit Wasser; Zeitfaktor

H. Scheer 1987, 1988 (MdB / Eurosolar, Bonn)

Sammlung versch. Konzepte und Entwürfe zum Wasser­

stoff; Programm "Solar 2000"; Verzicht auf Atomenergie;

Anti-Öl-Strategie; Bündnis Kohle und Sonne; Trias ratio­

nelle Energieverwendung / regenerative Energie / regenerativ erzeugter Wasserstoff

Sammlung versch. Begründungen der Autoren

J. Grawe und J. Holzer 1989 (VDEW, Frankfurt)

Atomenergie billigste Quelle; Wasserkraft; "erst in letzter Instanz Sonnenenergie"; W asserstoff zunächst zur Streckung der Vorräte; künftiges nuklear-regeneratives Energiesystem

Speicherbarkeit, gute Ergänzung H2/Strom; zentrale Versorgung vorteilhaft; Arbeitsteilung Atomenergie und Sonnenenergie; billiger Transport; Chemierohstoff; kein CO2

Quelle: Eigene Zusammenstellung. Die Reihenfolge ergibt sich aus dem Jahr der genannten Veröffentlichung (vgl. Bibliographie).

Tabelle 11

0,6 MW Photovoltaik, Betrieb 1992, Simula­

tion, verschiedene Elemente-Tests, erste

genforschung, Systemstudie, erste Phase bis Ende 1989

Solar-Energie- Paket (SEPAK)

Bomin-Solar/Lörrach Kombinierte Anlage zur Erzeugung von Wärme, Kälte und Strom aus Sonnenener­

gie mittels Wasserstoff

‘Politprojekt’* Eurosolar-Vereinigung Politische Initiative zur Lösung des Energie­

problems sowie des Nord-Süd- und Rüstungsproblems

Hot Elly BMFT, Dornier, Hoch­

schulen

Drei Häuser, PKW, BHKW, Windkraftanlage, Elektrolyse

Einfamilienhaus inkl. PKW aus Windenergie (Wasserkraft) und Elektrolyse ver­

sorgt

* Ausführlichere Beschreibung im Text

Quelle: eigene Zusammenstellung (vgl. Bibliographie)

In der Bundesrepublik Deutschland wurden desweiteren projektübergreifende Studien und Veröffentlichungen vom Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT 1988a, b), von der Deutschen Gesellschaft für Chemisches Apparatewesen,

schungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR 1981, 1989) sowie von der Bundesanstalt für Materialprüfung (Walde und Kropp 1985) vorgestellt. Hierauf gehe ich in den Kapiteln 3.6 und 3.7 ein.