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2. Ergebnisse und Diskussion

2.5. Ultrakleine bis kleine cSi-NPs aus nanokristallinen Pulvern

2.5.4. Entstehung

Um auszuschließen, dass die Bildung von cSi-NPs während Eintopfreaktionen in irgend einer Weise durch Interaktionen mit dem Wandmetall des Autoklaven katalysiert ist, wurden HWR-(Si)O, HF und 1-Octen in einer Quarzkühlfalle unter Kühlung mit flüssigem Stickstoff zusammen gegeben. Das auf-tauende Gemisch wurde anschließend in einen von allen Seiten mit Teflon ummantelten Reaktionsraum verbracht und umgesetzt (Probe I des HWR-(Si)-octyl in Tabelle 8, S. 41). Diese abweichende Reakti-onsführung nahm durch Sauerstoffkontakt negativen Einfluss auf die Modifikationseffizienz, entstande-ne cSi-NPs unterschieden sich jedoch nicht von den übrigen cHWR-(Si)-octyl. Somit gibt es keientstande-nen Metallkontakt-abhängigen Prozess der Bildung.

Die Entstehung der cSi-NPs ist also eine Folge des Zusammenspiels der (Si)O-Partikel, des HF und des Alkens. Vor einer mechanistischen Überlegung muss das Folgende festgehalten werden:

1. Während HWR- und MWR-(Si)O sich signifikant in ihrer Größe unterscheiden (HWR: 50 – 300 nm, MWR: 5 - 10 nm, vgl. 2.2. ), sind korrespondierende cSi-NPs nach TEM und nach größen-abhängigen PL-Merkmalen in ihrer räumlichen Ausdehnung unabhängig vom Startmaterial gleich (vgl. 2.5.2. und 2.5.3. ). Als kleinster gesicherter Größenbereich können 2-3 nm angenommen wer-den, auch auf die Präsenz ultrakleiner Si-NPs ≤1 nm existieren PL-Hinweise.

2. Die Zusammensetzung der Oberfläche von HWR- und MWR-cSi-NPs ist nach FTIR gleich (vgl. 2.5.1. ), obwohl die oxidischen und hydridischen Pulverspezies starke Unterschiede zeigen (vgl. 2.4.2. ). Hydridische Oberflächenspezies existieren nicht mehr; stattdessen finden sich FSi-CH-Signale. Beide Merkmale sind nur bei cSi-NPs anzutreffen.

3. Die Entstehung ist auf Eintopfreaktionen begrenzt. Wird nach der Hydrierung Vakuum angelegt und anschließend alkyliert, entstehen keine cSi-NPs, zumindest nicht im Rahmen der Detektions-grenzen.

4. Der konventionelle Weg der Darstellung kleiner bis ultrakleiner cSi-NPs, der von einer größe-ren Siliciumstruktur ausgeht, besteht aus der ultraschallunterstützen Umsetzung eines Wafers mit H2O2 und Flusssäure [38]. Es besteht die Indikation, dass auch in hier beschriebenen Eintopfreaktio-nen H2O2 vorliegt, ein in situ-Spaltprodukt einer SiO-Spezies (vgl. 2.4.5. ). Auch Wasser liegt vor, wenngleich in geringer Menge.

Die Größenabnahme vom (Si)O zu den cSi-NPs ist an sich in Gegenwart von H2O2, H2O und HF nicht überraschend, die Schrumpfung ist offensichtlich Folge einer Abfolge von Oxidations- und Hydrie-rungszyklen an einzelnen Partikeln. Erstaunlich ist, dass die Produkte dieser Prozesse unabhängig von der Primärpartikelgröße in diskreten Größenbereichen vorliegen und die Prozesse demnach auf diskre-ten Stufen zum Erliegen kommen. Stabilitätsmaxima für einige wenige diskrete Größenklassen von H-terminierten Partikeln sind auch für den Darstellungsprozess aus dem Wafer bekannt [38]. In Umset-zung mit H2O2 und Flusssäure werden hydridische Partikel mit diskreten Größen von ~1,0; 1,67; 2,15;

2,9; und 3,7 nm erhalten. Gewisse Anzahlen von Atomen liefern Inseln der Stabilität; ein Cluster in der Größe von 1,0 nm enthält 29, der nächstgrößere (1,67 nm) 123 Si-Atome. Für clusterliefernde Prozesse (wie z.B. Ionensputtern) ist das Auftreten diskreter, „magischer“ Atomzahlen in den Produkten nicht unüblich und eine Folge von dichtester Packung und möglichst großer direkter

Nachbar-Nachbar-Abbildung 67: Mechanistische Betrachtung der Entstehung von F-Si-CH an cSi-NPs und SiH am Pulver.

1: Primäres SiH wird durch oxidische Spaltprodukte angegriffen. 2:Insertion von HF führt zur F-Si-H- Spezies und zu SiOH, welches in 3 durch erneuten HF-Angriff abgespalten wird. 4: In Anwesenheit von Alken wird die F-Si-H- Spezies alkyliert. Die Kette verhindert durch sterische Abschirmung einen weiteren Angriff in unmittelbarer Nähe.

5 Ohne Alken kann weiterer Angriff des HF erfolgen, da fluorierte Si Atome positiv polarisiert geladen sind.

Si

Wechselwirkung. Die dadurch erhöhte thermodynamische Stabilität führt wohl auch im vorliegenden Fall zu einem Anhalten des Abbauprozesses des Silicium-Rückgrats durch Oxidation und HF-Angriff.

Für den Abbaumechanismus des Silicium-Rückgrats durch HF am Wafer ist eine Zwischenstufe postu-liert, in welcher am selben Siliciumatom Fluor und hydridi-scher Wasserstoff vorliegen (Abbildung 2c, S. 2). Hydrosi-lylierung durch diese Spezies führt zum Auftreten von F-Si-CH2-Gruppen in den cSi-NPs (Abbildung 67). Die Beschränkung dieser Spezies auf cSi-NP- Oberflächen lie-fert Implikationen für den ablaufenden Prozess. Sobald die Alkylierung des Siliciumatoms erfolgt ist, sind die Atome in direkter Nachbarschaft, sowohl H als auch Si, gegen oxi-dativen Angriff durch Wasser oder H2O2 sterisch abge-schirmt. Ein weiterer Si-Si-Bindungsbruch kann also nur in einem gewissen Abstand, außerhalb des sterischen Ein-flussbereichs der angebundenen Kette, erfolgen. Ohne die Anbindung des Alkens hingegen ist der wei-tere Angriff des HFs an das fluorierte Siliciumatom sogar begünstigt, nach Abspaltung von SiF4 bleibt SiH zurück. Dies ist der Grund, weshalb Zweitopfreaktionen keine cSi-NPs liefern können.

Neben dem Auftreten der F-Si-CH2-Spezies unterscheiden sich cSi-NPs von ihren pulvrigen Analoga durch ihre quantitative Alkylierung. Der sterische Effekt, der an Pulveroberflächen die Alkylierung limitiert, ist außer Kraft gesetzt. Dies ist eine Folge der Veränderung der Winkel, in dem Oberflächenspezies wie SiH und primär angebundener Alkylketten bei abnehmender Kern-größe stehen. Im Fall der Pulveroberflächen ist der sphärische Charakter auf atomarer Ebene schwach ausgeprägt, die Si-Ato-me stehen nahezu waferanalog flach zueinander (Abbildung 68).

Nur so können sich die Unterschiede in den rekonstruierten SiH-Oberflächenspezies (abhängig von der Kristallorientierung) zei-gen. Kleine und ultrakleine Cluster hingegen liegen in sphäri-scher Form vor. Die Kugeloberfläche ist gegenüber dem Pulver stark verkleinert und wird daher von weniger Atomen konstitu-iert. Für die Winkel zwischen den Funktionalitäten bedeutet dies

Abbildung 69: Berechnete Struktur des Si29H24-Clusters nach [38]. Im Partikel-kern bilden 5 Si-Atome einen Tetraeder, die übrigen 24 Si-Atome liegen in der Oberfläche. Die Wasserstoffatome stehen in einem größeren Winkel zueinander als in Abbildung 68.

Abbildung 68: Berechnete Struktur einer mo-nohydridischen, flachen Si-Oberfläche nach [15], verändert. x: Wasserstoffatome, die im Realfall durch Si ersetzt sind. Verbleibende H-Atome stehen parallel zueinander.

eine Aufweitung (Abbildung 69). Primär angebundene Alkylketten stehen somit zu Nachbar-SiH in einem größeren Winkel als beim Pulver und haben daher eine geringere sterisch abschirmende Wir-kung.