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Bildungsangebote chancengleichheitsfördernd weiterentwickeln

Bildung erweist sich im Lebensverlauf als nachhaltiger Schutz vor Armut. Der hohe Anteil von Personen in der Sozialhilfe von Basel-Landschaft wie auch in anderen Kantonen, die keine berufliche Ausbildung vorweisen, verdeutlicht das erhöhte Armutsrisiko, welches von misslungener Arbeitsmarktintegration aufgrund fehlender Bildung ausgeht. Auch die jüngst veröffentlichten Daten zur Armut des Bundesamtes für Statistik (2014a) zeigen gesamtschweizerisch, dass Personen mit geringer Bildung langfristig höheren Risiken im Erwerbsleben ausgesetzt sind.

Im Sinne präventiver Überlegungen ist bereits im frühkindlichen Alter auf chancengleichheitsfördende unterstützende Massnahmen für Kinder mit Bildungsdefiziten zu achten. Gerade weil Bildungserfolg von sozialer Herkunft und Geschlechtervorstellungen geprägt ist, sind die Unterstützung und der Zugang zu den Angeboten der frühen Bildung, Betreuung und Erziehung für Kinder aus Haushalten mit geringeren ökonomischen und bildungsspezifischen Ressourcen besonders wichtig.

Die Unterstützung dieser jungen Menschen ist auch während der (Schul-)Ausbildung zielgerichtet und geschlechtersensibel zu gewährleisten und insbesondere auch in die Übergangsphasen zu legen und zu sichern, d.h. bei den Übergängen von der Schule in die Ausbildung und von der Schule bzw.

Ausbildung in den Beruf. Als Schutz gegen Armut erweisen sich zudem Möglichkeiten, schulische und berufliche Qualifizierungen nachzuholen sowie Weiterbildungen, insbesondere auch für gering qualifizierte Frauen und Männer.

Erschwinglichen Wohnraum und bezahlbare Mietpreise gewährleisten, Datenlage zum Wohnen und zu Mietzinsbeiträgen verbessern

Hohe Wohnkosten können für finanzschwache Haushalte ein Armutsrisiko darstellen. Menschen, die einen grossen Teil ihres Einkommens für Miete ausgeben, droht bei unvorhergesehenen Einkommensbussen oder hohen Ausgaben der Weg in die Armut. Diese Bedrohung hat insofern geschlechtergeprägte Konsequenzen, als ein Wohnortswechsel, insbesondere von Frauen, als häufigster Grund zur Beendigung der örtlichen Sozialhilfeabhängigkeit angegeben wird. Wenngleich erschwinglicher Wohnraum und entsprechende Mietpreise wichtige Aspekte der Armutsbekämpfung darstellen, ist zu konstatieren, dass die gegenwärtig vorhandenen statistischen Grundlagen für eine abschliessende Beurteilung der Wohnsituation in Basel-Landschaft zu wenig Evidenz ermöglichen.

Beibehaltung der hohen Integration in den ersten Arbeitsmarkt

Der Baselbieter Arbeitsmarkt weist eine hohe Aufnahmefähigkeit aus. Die Zahl der Beschäftigten ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Die Arbeitslosenquote befindet sich seit Jahren auf einem vergleichsweise tiefen Niveau und fällt insbesondere auch günstiger als im gesamtschweizerischen Durchschnitt aus. Die im Vergleich zur Schweiz tiefere Betroffenheit von Arbeitslosigkeit im Kanton Basel-Landschaft ist das Resultat der besseren arbeitsmarktlichen Integration der ausländischen Erwerbsbevölkerung. Auch die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit zeigt keine Anzeichen einer Verfestigung. Im positiven Konjunkturumfeld bildet sie sich jeweils wieder rasch und deutlich zurück, so geschehen auch zuletzt im Nachgang an die Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009.

Eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit kommt den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zu. Ihre Zielsetzung liegt in der Integration von stellensuchenden Personen in den ersten Arbeitsmarkt.

Negative Erwerbsanreize vermeiden, Armut trotz Erwerbstätigkeit verhindern

In die Diskussion rund um die Sozialhilfe fallen Fragen darüber, wie negative Erwerbsanreize etwa durch bestehende Schwelleneffekte vermieden werden können. Ebenso ist zu untersuchen, wie die

17 Die nachfolgenden Empfehlungen sind in enger Zusammenarbeit zwischen den Verfassern und der Arbeitsgruppe Armutsbericht Kanton Basel-Landschaft entstanden.

Integration von Personen gelingt, für die der erste Arbeitsmarkt nicht in Frage kommt. Beiden Aspekten konnte im vorliegenden Bericht nicht genauer nachgegangen werden, wären jedoch prüfenswert.

Der vorliegende Armutsbericht verweist auf eine weitere Problematik. Die Ergebnisse zu den "Working Poor" zeigen, dass Erwerbstätigkeit nicht per se vor Armut schützt. Rund 3.5% der Erwerbstätigen leben in Basel-Landschaft unterhalb des sozialen Existenzminimums und 7.5% gelten als armutsgefährdet. Entsprechend der Komplexität des Phänomens sind unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche, d.h. Wirtschaft, Politik und Bevölkerung und die verschiedenen Staatsebenen, d.h. Bund, Kanton und Gemeinden gefragt, die Ursachen der Working-Poor-Problematik genauer zu untersuchen und darauf aufbauend adäquate Lösungen (weiter) zu entwickeln.

Möglichkeiten der Wiedereingliederung trotz Krankheit erweitern und wirksam gestalten

Im Vergleich zur Gesamtschweiz benötigen zwar weniger Menschen zusätzliche Ergänzungsleistungen zur Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und zur Invalidenversicherung (IV), um gemäss ihrer Intention wichtige Lebenskosten zu decken. Dennoch ist die Anzahl der Bezüger und Bezügerinnen von EL insbesondere zur IV deutlich gestiegen. Ein solcher Anstieg wirft Fragen nach Präventionsmassnahmen auf, z.B. auch am Arbeitsplatz im Kontext von Stress und Überforderung. Der Erfolg bisheriger Wiedereingliederungen im Rahmen der IV und Erweiterungsmöglichkeiten erscheinen ebenfalls prüfenswert.

Angebote nach Risikogruppen ausrichten

Der vorliegende Armutsbericht bestätigt einmal mehr, dass Armutsrisiken in der Gesellschaft nicht gleich verteilt sind. Neben Personen mit geringer Schulbildung oder geringer beruflicher Ausbildung erweisen sich alleinerziehende Frauen und Männer sowie Personen und Haushalte, bei denen beide Elternteile eine Staatsangehörigkeit ausserhalb der Schweiz und ausserhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union besitzen als besonders stark armutsgefährdet. Ein erhöhtes Armutsrisiko trifft zudem auf einen Teil der Haushalte zu, in denen viele Kinder leben. Kommen die Merkmale alleinerziehender Haushalt, kinderreiche Familie und der genannte Migrationshintergrund sowie geringe Bildung zusammen, so erhöht sich den Erkenntnissen der Fachliteratur zufolge nochmals das Armutsrisiko dieser Haushalte. Versorgende wie präventive Unterstützung sind entsprechend den genannten Risikogruppen auszurichten.

Angebote und Massnahmen in eine kantonale Strategie zur Bekämpfung von Armut integrieren Wenngleich weitere vertiefte Untersuchungen notwendig sind, weist der vorliegende Bericht auf die hohe Komplexität von Armutslagen hin. Vor diesem Hintergrund erscheint es grundsätzlich ratsam, eine insbesondere auch geschlechtersensible und Chancengleichheit fördernde kantonale Strategie zur Bekämpfung von Armut zu entwickeln und dabei die bisherigen monetären Leistungen wie auch die sozialintegrativen Angebote aufeinander abzustimmen. Dies betrifft nicht nur kantonale Bedarfsleistungen, sondern auch die Koordinierung und Optimierung von kantonalen Bedarfsleistungen mit Massnahmen, die in den Gemeinden und von unterschiedlichen Trägern (Hilfswerke, Stiftungen, Sozialversicherungen) erbracht und angeboten werden.

Für die Entwicklung eines abgestimmten Systems von Angeboten und Leistungen können sozialplanerische Konzepte ebenso unterstützend sein, wie die aktuellen strategischen Überlegungen des Bundes zur Armutsbekämpfung.

Armutsmonitoring entwickeln

Die Armutslage im Kanton Basel-Landschaft ist aufgrund der derzeitigen Datengrundlage eingeschränkt darstellbar. Sofern sich die kantonale Armutsberichterstattung etablieren möchte, ist ein entsprechendes Monitoring zu entwickeln und höhere Investitionen in die Datengrundlagen wären notwendig. So ist in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Statistik überlegenswert, unter welchen Bedingungen und Kosten die Umfragedaten des SILC um eine repräsentative Stichprobe des Kantons Basel-Landschaft erweitert werden können. Zudem sind methodische Überlegungen notwendig, inwieweit Hochrechnungen von Stichproben basierten Umfragen auf die Grundgesamtheit möglich sind, die mit Blick auf die Aussagekraft der Ergebnisse eine höhere Präzision und geringere Fehleranfälligkeit als bislang aufweisen.

Mit Blick auf vollständigere Beschreibung von Armutslagen, erbrachte Leistungen und entsprechende Bedarfsermittlungen ist grundsätzlich über eine erweiterte kantonale Armutsberichterstattung nachzudenken, die Gemeinden und private Organisationen stärker miteinbezieht.

6 Anhang