• Keine Ergebnisse gefunden

Elbdeichrückverlegung bei Lenzen: Wirkungsabschätzung mittels Fernerkundung

Im Dokument Potentialen zur Nutzung (Seite 127-133)

Die Elbdeichrückverlegung bei Lenzen (Brandenburg) konnte Ziele des Hochwasserschutzes mit Zielen des Naturschutzes vereinen. Wie an den meisten europäischen Flüssen wurde auch an der Elbe im Laufe der Zeit Überschwemmungs- und damit wichtige Retentionsflächen durch

Kanalisierung des Flussbettes weitestgehend reduziert. Allein im etwa 250 km langen Elbabschnitt zwischen Schwarzer Elster und Aland gingen bis 1990 86,4 % der Retentionsflächen verloren (Simon, 1994). 2009 wurde bei Lenzen durch die

Deichrückverlegung 420 ha neue Fläche geschaffen und das dort vorher vorherrschende ackerbauliche Grünland soll durch Initialpflanzungen in eine Auenlandschaft verwandelt

128

werden (Damm, 2013). Durch die Schaffung dieser Überschwemmungsflächen konnte neben der Entwicklung einer naturnahen Flusslandschaft und deren periodische Überflutbarkeit auch eine Wasserspiegelabsenkung bei Hochwasser erreicht werden (Schmidt, 2013). Hydronumerische Modellierungen ergaben, dass der Abfall der Hochwasserspiegellage für ein 100-jähriges Hochwasser (Abfluss von 4020 m³/s) maximal 0,35 m am ersten Schlitz des Altdeichs beträgt (Alexy, 2013). Diese Verbesserung des Hochwasserschutzes durch die Deichrückverlegung konnte durch eine Auswertung des Hochwassers von 2013 durch Promny, Hammer und Busch (BfG) bestätigt werden. Mithilfe eines zweidimensionalen hydrodynamischen Modells und anhand von Naturmessungen der Scheitelwasserstände und -abflüsse wurde für Juni 2013 eine wasserstandssenkende Wirkung der Deichrückverlegung von bis zu 0,49 m ermittelt (Promny, Hammer, & Busch, 2014).

Die praktische Umsetzung des Projektes begann 2005 mit dem Baubeginn des Neudeichs und endete im August 2011 mit der Beendigung der Arbeiten an den Schlitzen am Altdeich (Schmidt, 2013). Abbildung 26 zeigt den Elbabschnitt bei Lenzen und den Verlauf des Neudeichs.

Abbildung 26 Verlauf des Neudeichs

Quelle: Faulhaber (2013a)

Um die Auswirkungen des Deichrückbaus im Falle eines Hochwassers zu bewerten, eignen sich besonders die Hochwasser vom April 2006 (vor der Deichrückverlegung) und vom Januar 2011 (nach der Deichrückverlegung). Beide Ereignisse hatten am Pegel Wittenberge einen ähnlichen Durchfluss: 3720 m³/s im Jahr 2006 und 3790 m³/s im Jahr 2011 (Faulhaber, 2013b). Mithilfe der Fernerkundung können besonders im Infrarot-Falschfarbenbild Überschwemmungsflächen gut ermittelt werden. Da die mit 10 m aufgelösten Satellitendaten der Sentinel-2 Missionen von Copernicus noch nicht zur Verfügung standen, wurden die Daten der Landsat-5 bzw. Landsat-8 Missionen mit einer Auflösung von 30 m verwendet. Für das Januarhochwasser 2011 konnten keine Fernerkundungsdaten ermittelt werden, weshalb das Junihochwasser 2013 als

Hochwasser nach der Deichrückverlegung herangezogen wurde. Bei diesem Hochwasser war der Durchfluss am Pegel Wittenberge mit 4200 m³/s jedoch höher als bei den anderen beiden Ereignissen (Schwandt & Hübner, 2019).

Abbildung 27 zeigt das Untersuchungsgebiet bei normalem Wasserstand im September 2018.

Der gelbe Pfeil markiert den südlichen Beginn des neuen Deichs. Abbildung 28 zeigt die Hochwassersituation im April 2006. Flussaufwärts sind deutlich überschwemmte Gebiete zu

129

erkennen, während der alte Deich bei Lenzen das Wasser zurückhält. Man erkennt bereits die Baustelle und den Verlauf des Neudeichs als graubraune Linie.

Abbildung 27 Elbverlauf bei Lenzen im Sentinel-2 Falschfarbenbild (Bänder 8, 4, 3), (19.09.2018)

Quelle: Copernicus Sentinel Daten (2018)

Abbildung 28: Landsat-5 Falschfarbenbild (Bänder 4, 3, 2) der Hochwassersituation bei Lenzen am 15. April 2006

Quelle: Landsat-7 Bild mit freundlicher Genehmigung von U.S. Geological Survey

In der Abbildung 29, die das Hochwasser im Juli 2013 zeigt, wird deutlich, dass das Überschwemmungsbiet nun bis zum Neudeich hin geflutet wird. Der Altdeich, der nicht vollständig beseitigt, sondern mit Schlitzen versehen wurde, ist noch als rote Linie sichtbar.

Auch die eingearbeiteten Schlitze sind erkennbar (gelbe Pfeile). Noch deutlicher sichtbar werden die Schlitze in Abbildung 30, einer deutlich höher aufgelösten Sentinel-2 Szene, einer Hochwassersituation im Februar 2018. Sehr gut erkennt man auch den Verlauf des Neudeichs als hellrote Linie.

Contains modified Copernicus Sentinel data [2018]

130

Abbildung 29: Landsat-8 Falschfarbenbild (Bänder 5 ,4, 3) der Hochwassersituation bei Lenzen am 7. Juli 2013

Quelle: Landsat-7 Bild mit freundlicher Genehmigung von U.S. Geological Survey

Abbildung 30: Sentinel-2 Falschfarbenbild (Bänder 8, 4, 3) der Hochwassersituation bei Lenzen am 6. Februar 2018

Quelle: Copernicus Sentinel Daten (2018)

Neben der überschwemmten Fläche lässt sich mithilfe der Fernerkundung auch die durch die Deichrückverlegung veränderte Landbedeckung beobachten.

Der Copernicus Riparian Zones Layer beschreibt die Landbedeckung der Auenlandschaften entlang der Flusssysteme in Europa. Neben der Darstellung der tatsächlichen, also auch beobachtbaren Aue und der potentiellen, also maximalen Aue ohne anthropogenen Einfluss, wird die Landbedeckung / -nutzung für große und mittlere europäische Flüsse innerhalb einer Pufferzone mit einer minimalen Kartierfläche von 0,5 ha und 80 thematischen Klassen

abgebildet (EC, 2017). Da viele flussnahe Bereiche inzwischen versiegelt sind oder als Ackerbauflächen und Grünland landwirtschaftlich genutzt werden, machen diese Landnutzungstypen oft einen großen Teil der kartierten Zonen aus.

Die Erstellung des Layers erfolgte im Zeitraum 2011 - 2013. Da das Bauprojekt der Deichrückverlegung bei Lenzen im August 2011 fertiggestellt wurde, kann angenommen

Contains modified Copernicus Sentinel data [2018]

131

werden, dass bereits natürliche Landbedeckungstypen im Bereich der neu geschaffenen Überschwemmungsflächen erfasst wurden. Abbildung 31 zeigt die Landbedeckung entsprechend der Riparian Zones Daten. Während Grünland in der gesamten Karte

vorherrschend ist, sind zwischen Alt- und Neudeich Flächen als natürliches Grünland und Wald gekennzeichnet. Darüber hinaus finden sich Wasserflächen und ein versumpftes Gebiet. Zum Vergleich sei auf Abbildung 2 verwiesen.

Abbildung 31: Landbedeckung/-nutzung des Riparian Zones Layers von Copernicus

Quelle: Copernicus Land Monitoring Service (2019)

Im Vergleich zu Riparian Zones zeigt der Corine Land Cover (CLC) Datensatz die flächenhafte Landbedeckung / -nutzung für Europa mit einer minimalen Kartierfläche von 5 ha und 44 Klassen. Der Datensatz wird seit 1990 erhoben und regelmäßig aktualisiert. Abbildung 32 zeigt den CLC-Datensatz für das Jahr 2006 für das Gebiet der Deichrückverlegung bei Lenzen. Die Landbedeckung wird ausschließlich mit Grünland angegeben. In Abbildung 33 hingegen, die den CLC-Datensatz für dasselbe Gebiet, für das Jahr 2012 zeigt, ist die Fläche zwischen den beiden Deichen als natürliches Grünland und Grünland klassifiziert. Die in Abbildung 27 ersichtlichen Gehölze werden in CLC 2012 nicht berücksichtigt.

Abbildung 34 zeigt den CLC-Datensatz für 2018. Es werden dieselben Flächen als natürliches Grünland ausgewiesen wie im CLC2012, d.h. es sind auch keine weiteren dazugekommen.

132

Abbildung 32: CLC2006 für das Gebiet der Deichrückverlegung bei Lenzen

Quelle: Copernicus Land Monitoring Service (2019)

Abbildung 33: CLC2012 für das Gebiet der Deichrückverlegung bei Lenzen

Quelle: Copernicus Land Monitoring Service (2019)

133

Abbildung 34: CLC2018 für das Gebiet der Deichrückverlegung bei Lenzen

Quelle: Copernicus Land Monitoring Service (2019)

Die Effekte der Deichrückverlegung bei Lenzen sind einerseits die Verringerung der Wassertiefe im Hochwasserfall und die Flutung der neu geschaffenen Überschwemmungsfächen,

andererseits die dadurch und durch Initialpflanzungen hervorgerufene Veränderung der Landbedeckung. Die Verringerung der Wassertiefe im Hochwasserfall lässt sich alleine aus Fernerkundungsdaten nur schwer beobachten, vor allem bei den modellierten Verringerungen von ca. 30 cm. Grundsätzlich wäre dafür ein sehr hochaufgelöstes Digitales Geländemodell nötig.

Die Überflutung der neu geschaffenen Retentionsflächen lässt sich jedoch bereits visuell deutlich erkennen. Für Untersuchungen der Landbedeckung / -nutzung und deren Veränderungen stellt Copernicus mit CLC und Riparian Zones verschiedene Produkte zur Verfügung. Bei kleinen Untersuchungsgebieten wie in Lenzen, stellt der Riparian Zones Layer mit seinem größeren Maßstab die geeignetere Datengrundlage zur Verfügung. Mit CLC+ wird zukünftig ein

Landbedeckungsdatensatz zur Verfügung gestellt werden, der noch häufiger aktualisiert wird.

Während für detaillierte Planungsarbeiten und Überwachung der Bauarbeiten sehr

hochaufgelöste Orthophotos erforderlich sind, lässt sich selbst mit Sentinel-2 Daten, mit einer räumlichen Auflösung von 10 Metern, die erfolgreiche Umsetzung des Deichrückbaus erfassen.

Wie in Kapitel 4.3 beschrieben, reicht die Auflösung von Sentinel-2-Daten zur Erfassung solcher großen Eingriffe bzw. Anlagen aus. Somit können sie zur Erstellung der Hochwasserrisikokarten beitragen, indem große Anlagen mit diesen Daten erfasst werden und in die Karten integriert werden können.

Im Dokument Potentialen zur Nutzung (Seite 127-133)