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Obwohl die Handlung von „Die Tribute von Panem“ in einer Welt spielt, in der es offenbar keine Religion gibt, spielen religiöse Motive immer wieder eine zentrale Rolle. So werden verschiedene Formen der Nächstenliebe bis hin zur Selbstaufopferung gezeigt. Auch finden sich in vielen Szenen Anklänge an die „Werke der Barmherzigkeit“, zum Beispiel „Hungrige speisen“, „Gefangene besuchen“ und „Tote bestatten“. Darüber hinaus fungiert Katniss Everdeen als eine Art Erlöserfigur, von der sich viele Menschen Befreiung von der Unterdrückung durch das Capitol erhoffen.

67 Unterricht

In dem vorliegenden Ablauf der Projektwoche geht es jedoch weniger um die theologischen Bezüge, als vielmehr um die ethischen Handlungsgrundlagen der Protagonisten. Dies korrespondiert mit der Lebensfrage 3 des Rahmenlehrplans, in der es um ein „gelingendes Miteinander“ geht, wobei ein thematischer Schwerpunkt lautet

„Wie handeln? – Von Vorbildern lernen“. Als verbindlicher Inhalt für die Jahrgangsstufen 7­10 wird dazu formuliert: „Man muss auch Nein sagen können – ethisches Lernen zu Fragen der Verantwortungsübernahme“.

Die „Tribute von Panem“ eignen sich zur Veranschaulichung dieser Schwerpunkte in besonderer Weise, weil das Nein­Sagen ­ angesichts einer Übermacht ­ von Jugendlichen ausgeht und nicht von Erwachsenen, wie z.B. bei Martin Luther oder Martin Luther King. Damit werden für die Schüler*innen direktere Identifikationsmöglichkeiten geschaffen. Zudem werden die Schüler*innen dazu befähigt, eigene Wertentscheidungen mithilfe von Filmen aus ihrer Lebenswelt zu reflektieren. Weiterhin spricht dafür, dass der Wettbewerbscharakter der „Hungerspiele“ Assoziationen zur gegenwärtigen Medienwelt bei den Schüler*innen hervorruft, so dass sich diese Filmreihe auch für die Medienbildung (vgl. Basiscurriculum Medienbildung im Teil B) der Schüler*innen eignet. Bei der Verwendung der Filmreihe im Religionsunterricht kann aber auch verstärkt auf die oben genannten religiösen Bezüge eingegangen werden.

Im Folgenden wird der Ablauf einer Projektwoche beschrieben, die an einem brandenburgischen Gymnasium durchgeführt wurde. Neben der inhaltlichen Erarbeitung sollte nach einer Einführung (Tag 1, 12.00­13.30 Uhr) innerhalb von vier Projekttagen (Tag 2­5, 8.00­

12.00 Uhr) auch eine praktische Arbeit entstehen, die zum Schulfest (Tag 6) präsentiert werden sollte.

Die vorgestellten Elemente können aber auch im Einzelnen für eine Einheit im Religionsunterricht abgewandelt werden.

Tag 1

Am ersten Tag standen zur Einführung ins Thema 90 Minuten zur Verfügung. Da es sich um ein Schulprojekt handelte, an dem Schüler*innen aus der 7. und 8. Jahrgangsstufe teilnahmen, sollte der Einstieg ins Thema auch gleich dem Kennenlernen dienen. Hierfür

wurden die Namen der Jungen und Mädchen auf zwei verschieden farbige Zettel geschrieben. Nacheinander wurden ein Mädchen­

und ein Jungenname gezogen, die untereinander folgende Fragen besprechen sollten:

• Welche Bücher von „Tribute von Panem“ hast du gelesen und welche Filme hast du gesehen?

• Mit welchem Charakter würdest du dich gerne unterhalten und worüber?

• Welche Eigenschaft (Aussehen/Charakter) von einer Filmfigur hättest du gerne?

Bei der Auswertung im Plenum haben die Schüler*innen anhand dieser Fragen ihren jeweiligen Partner vorgestellt.

Anschließend sollten die Schüler*innen eine Pyramide zu Werten gestalten, die ihnen im Leben wichtig sind. Dazu erhielten sie verschiedene Werte als Vorlage, konnten aber auch noch eigene Werte ergänzen (vgl. M1). Diese sollten sie als Pyramide anordnen und auf ein A3­Blatt kleben, wobei der für sie wichtigste Wert an die Spitze sollte. Namen mussten nicht darauf geschrieben werden, denn diese Blätter wurden eingesammelt und am nächsten Tag ausgewertet.

Tag 2

Als Einstieg wurde die Wertepyramide vom Vortag ausgewertet.

Hierfür wurde eine Präsentation gezeigt, aus der hervorgeht, welche Werte die Schüler*innen genannt haben und welche für sie besonders wichtig sind (vgl. M2). Auffällig war, dass Frieden und Gesundheit bei den meisten Schüler*innen an oberster Stelle stand.

Anschließend wurde der erste Teil von „Tribute von Panem“

geschaut. Als Beobachtungsaufgabe wurden Lose mit den folgenden Begriffen vorbereitet: Liebe; Erlösung/Befreiung; Hoffnung; Ehrgeiz;

Gerechtigkeit; Glück; Freiheit; Anerkennung/Ruhm; Freundschaft.

Jeweils zwei Schüler*innen zogen den gleichen Begriff und sollten bei dem Film darauf achten, wann und wo dieses Motiv vorkommt.

Nach dem Film wurde der Filminhalt zunächst wiederholt, indem jede*r Schüler*in der Reihe nach einen Satz dazu sagte, bis der ganze Filminhalt nacherzählt wurde. Auf diese Weise konnte sichergestellt werden, dass alle Filminhalte präsent waren und verstanden wurden.

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Offen gebliebene Fragen wurden so meist durch die Schüler*innen selbst geklärt.

Daraufhin stellten sich die Begriffepartner ihre Beobachtungen zum Film gegenseitig vor, um dann im Plenum anhand einer Beispielsszene zu erklären, auf welche Art und Weise dieses Motiv im Film vorkommt.

Tag 3

Der Filminhalt von Teil 1 wurde wiederholt, indem die Schüler*innen eine Wertepyramide für zentrale Figuren des Films (Katniss, Präsident Snow, Peeta, Cato, Haymitch) erstellt haben und diskutierten, welcher Wert bei der jeweiligen Figur an erster Stelle steht.

Anschließend wurde Teil 2 der „Tribute von Panem“ geschaut. Bei der Auswertung wurde der Filminhalt anhand der folgenden Begriffe wiederholt: Überzeugung; Lüge; Wut; Vertrauen; Opfer; Rebellion;

Überraschung; Spiel. Die Schüler*innen sollten jeweils einen Satz formulieren, in dem der Begriff vorkommt und gleichzeitig den Inhalt des Films wiedergibt.

Tag 4

Die Schüler*innen sollten zu Beginn die Motive von Tag 3 in Partnerarbeit in zum Film passenden Gesten darstellen. Diese wurden anschließend im Plenum präsentiert und besprochen.

Daraufhin wurde auf die Wertpyramiden der Schüler*innen vom ersten und zweiten Projekttag verwiesen und auf deren Grundlage die Frage diskutiert, welche Werte es braucht, um in der Arena der Hungerspiele bestehen zu können. Diese sollten dann von den Schüler*innen auf A4­Blätter geschrieben werden, z.B. wurden Ehrgeiz, Mut, Brutalität aufgeschrieben. Im nächsten Schritt wurden im Stuhlkreis diese Werte den Figuren Katniss und Cato zugeordnet.

Werte, die für Katniss stehen, wurden auf eine Seite gelegt, Werte für Cato auf die andere Seite und Werte, die für beide gelten, wurden in die Mitte gelegt. In der Auswertung fiel auf, dass ein Großteil der Werte für beide gelten kann. Daraufhin kam die Frage auf, was die beiden Figuren, die vom Charakter so unterschiedlich sind, nun tatsächlich voneinander unterscheidet. Die Antwort darauf lag für die Schüler*innen darin, dass die persönliche Motivation entscheidend ist:

Katniss will in der Arena überleben, um weiterhin ihre Mutter und ihre Schwester versorgen zu können. Cato hingegen geht es um den eigenen Ruhm und Wohlstand.

Im Anschluss daran wurde die Frage debattiert, wozu die Hungerspiele in „Tribute von Panem“ offiziell dienen (um das Land zusammen zu halten und eine erneute Rebellion der Distrikte zu verhindern) und warum dies nicht gelingt (weil die Spiele das Land nicht vereinen, sondern noch mehr Leid schaffen). Damit verbunden wurde die Frage, wie Spiele beschaffen sein müssten, um Gemeinschaft zu stiften. Dies war zugleich die Überleitung zur Verteilung der Aufgaben für die Projektpräsentation beim Schulfest.

Die Gruppe wurde in zwei Teile geteilt. Ein Teil entwickelte eine Fotostory mit der Aufgabe, ein alternatives Ende für einen oder einzelne Handlungsabläufe der Geschichte der Tribute von Panem zu gestalten. Der andere Teil hatte die Aufgabe, für das Schulfest Spiele zu entwickeln, die Gemeinschaft stiften.

In der noch zur Verfügung stehenden Zeit entwickelten die Schüler*innen erste Ideen zur Fotostory und zu den Spielen.

Tag 5

An diesem Tag arbeiteten die Schüler*innen selbständig an ihren Projektaufgaben.

Bei der Fotostory bestand die Alternative darin, dass Katniss nicht für ihre Schwester Prim in die Arena geht, sondern dass diese ihr Schicksal akzeptiert, in die Arena geht und dort auch gewinnt.

Bei den Spielen wurde eine Ralley durch das Schulhaus entwickelt.

Deren Grundidee bestand darin, dass man nur „gewinnen“ kann, wenn man sich möglichst viel mit anderen austauscht und um Hilfe bittet. Die Idee des Spiels war, dass es keinen Sieger gibt, sondern dass man an ein Ziel gelangt: Einen Raum, in dem es zur Belohnung Zuckerwatte gab, die von den Schüler*innen selbst hergestellt wurde.

Tag 6

Der abschließende Tag diente der Vorbereitung und Durchführung der Projektpräsentation in der Schule. Alle Schüler*innen der Schule konnten die Projektarbeiten der anderen sehen und ausprobieren.

Literatur:

PTI der Nordkirche, Unterrichtsideen für den Religionsunterricht zu Die Tribute von Panem ab Klasse 7, Hamburg 2015

Julia Schimming ist Religionslehrerin in Erkner und Strausberg, Dr. Jens Kramer war bis Januar 2018 Studienleiter für Religionspädagogik im AKD Berlin und ist seit Februar 2018 Pfarrer in Rüdersdorf.

69 Unterricht Unterrichtsschema

Fachbezogene (Formale) Kompetenzen Die SuS können

Wahrnehmen und deuten

religiöse Phänomene aus der Lebenswelt zu religiösen Traditionen in Beziehung setzen (E)

Erzählen und darstellen

religiöse/biblische Erzählungen in einen aktuellen oder verfremdenden Kontext übertragen (F)

existenzielle Erfahrungen darstellen und zu religiösen Motiven und Traditionen in Beziehung setzen (G)

Urteilen und kommunizieren

in religiösen und ethischen Fragen begründet urteilen (F) Teilhaben und gestalten

differenzierte Formen religiöser Praxis erkennen und deuten (F)

Inhalte

• eigene Wertepyramide erstellen

• Teil 1 und 2 von „Tribute von Panem“

• Gesten des Widerstands

Bezüge zu Teil A und B

Sprachbildung

Sachverhalte und Abläufe veranschaulichen, erklären und interpretieren (G) Medienbildung

die Medienlandschaft aus ihrer Lebenswelt heraus in Grundzügen beschreiben (D)

exemplarisch die Komplexität und Dynamik der Mediengesellschaft beschreiben (G)

die Verwendung medialer Symbole und Zeichensysteme untersuchen und ihre Auswirkungen auf Aussage und Botschaft von Medienangeboten bewerten (G)

Methoden der Filmanalyse anwenden und das Medium Film regelmäßig als wichtiges Kulturgut nutzen (G)

Verbindung zu anderen Fächern und übergreifenden Themen

Diversity

Demokratiebildung Gewaltprävention Gender Mainstreaming Inhaltsbezogene Kompetenzen

Die SuS können

• eigene Wertvorstellungen reflektieren und darüber in einen Diskurs treten

• religiöse Motive und Handlungsmuster in einem nicht­religiösen Kontext benennen

• Gesten des Widerstands benennen, deuten und entwickeln

• Elemente entwickeln, die Gemeinschaft stiften

Jahrgangsstufe: Lebensfrage Dauer:

Inhalt: Thema:

7/8 3: nach einem gelingenden Miteinander Projektwoche

Man muss auch Nein sagen können Tribute von Panem

70 Unterricht M1: Wertepyramide

Gerechtigkeit

Gerechtigkeit Gerechtigkeit

Anerkennung

Anerkennung Anerkennung

Glaube

Glaube

Glaube

Frieden

Frieden

Frieden

eiheit Fr

eiheit Fr

Freiheit

Liebe

Liebe Liebe

Erfolg

Erfolg Erfolg

Gesundheit

Gesundheit

Gesundheit

Glück

Glück

Glück

Familie

Familie

Familie

Wohl stand

Wohlstand Wohl

stand

Zufriedenheit

Zufriedenheit

Zufriedenheit

71 Unterricht M2: Auswertung

16 14 12 10 8 6 4 2 0