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Einordnung der Rastzahlen und jahreszeitlicher Verlauf

2.3 Gastvögel

2.3.2.2 Einordnung der Rastzahlen und jahreszeitlicher Verlauf

Ein Vergleich der Rastzahlen des Gewerbegebiets mit den Zahlen des Kompensationsflächenpools der Luneplate ist nur bedingt möglich, da die Erfassungen aus unterschiedlichen Jahren stammen: für die östliche Erweiterung der Luneplate liegen Zahlen vom Gastvogeljahr 2017/18 vor (ACHILLES 2019b).

Die aktuellen Rastzahlen der Fläche des Gewerbegebiets sind ein Jahr später erhoben, sodass mögli-che Unterschiede zwismögli-chen beiden Gebieten nicht nur von der Flämögli-chenqualität abhängen, sondern auch von witterungsbedingten Unterschieden zwischen den Erfassungsjahren. Dennoch kann hier die Aus-sage getroffen werden, dass das Aufkommen der Wasser- und Watvögel der östlichen Erweiterungsflä-che im Jahr 2017/18 mit einem Mittelwert von 2.250 Gastvögeln erheblich über dem des Gewerbege-biets der Luneplate ein Jahr danach mit lediglich 715 Vögeln, also etwa einem Drittel der Zahlen der östlichen Erweiterungsfläche, lag. Die östliche Erweiterungsfläche ist seit 2017 sehr attraktiv für Gast-vögel, dort gibt es zahlreiche große und kleine Flachwasserbereiche, den etwas tieferen Speichergra-ben und attraktive Biotopstrukturen, die auf Wasser- und Watvogelarten als Gastvögel eine große An-ziehungskraft ausüben. Die Flächen des zukünftigen Gewerbegebietes hingegen wurden nicht speziell für die Bedürfnisse der Wasser- und Watvögel hergerichtet. Es verfügt über ausgedehnte Grünlandflä-chen mit Gräben dazwisGrünlandflä-chen, sowie über Gewässer (Pütten), die im Zuge des Deichbaus entstanden sind. Diese Gewässer haben eher steile Ufer, teilweise mit Röhrichtbewuchs. Flache Ufer und insge-samt flache Gewässer fehlen hier jedoch größtenteils, wodurch es für Watvögel deutlich weniger attrak-tiv ist als die östliche Erweiterungsfläche der Luneplate. Entsprechend ist der Anteil der Watvögel an Arten- und Individuenzahlen erheblich geringer als auf der östlichen Erweiterungsfläche. Die Sperlings-vögel nehmen dafür einen größeren Anteil ein, sie bevorzugen etwas trockenere Habitate.

Sowohl im Gewerbegebiet, als auch in der östlichen Erweiterung ist die Weißwangengans die dominie-rende Art. Sie ernährt sich hauptsächlich von Grünlandvegetation und findet auf beiden Flächen Nah-rung. Auch als Rastplatz sind beide Flächen geeignet, da sie weiträumig überschaubar sind. An zweiter und dritter Stelle folgen auf der östlichen Erweiterung die Pfeifente und der Kiebitz. Diese beiden Arten bevorzugen Grünland mit flach überstauten Bereichen, die im Gewerbegebiet nicht zu finden sind. Dort liegt die Löffelente an zweiter Stelle, die sich gern zum Rasten auf großen offenen Wasserflächen auf-hält, wie sie sie bei den Pütten vorfindet. Auch zur Nahrungssuche wurden die Pütten von der Löffelente genutzt.

Abb. 23 zeigt die Phänologie der Entenarten auf der Fläche des Gewerbegebiets im Jahreslauf 2018/19.

Die Zugzeiten im Frühjahr und Herbst sind bei den Entenvögeln durch mehr oder weniger gleichmäßige hohe Aufkommen gekennzeichnet, so dass ein ausgeprägter zweigipfeliger Verlauf der Rastzahlen er-kennbar ist. Aufgrund des eher unregelmäßigen Vorkommens von Watvögeln wurde bei ihnen auf eine entsprechende Darstellung verzichtet.

Zeitachse: Anfangsbuchstaben der Monate von Juli bis Juni mit Kennzeichnung des 1. und 2. Zähltermins pro Monat

Abb. 23: Jahreszeitliches Auftreten der Gesamtheit der Entenvögel als Gastvögel auf der Fläche des Gewerbegebiets im Gastvogeljahr 2018/19.

Die Gastvögel nutzten die Flächen als Ruhe- und Schlafplatz, aber auch als Nahrungsraum. Tauchen-ten, Lappentaucher und Blässhühner finden in den Pütten (Angelteichen) optimale Bedingungen vor.

Durch die vegetationsreichen Ufer sind sie auch für Gründelenten attraktiv. Einige fischfressende Gast-vogelarten wie Kormoran, Gänse- und Zwergsäger sowie Flussseeschwalben finden hier gute Nah-rungsbedingungen vor. Das Grünland dient nicht nur der Weißwangengans, sondern auch der Grau-gans, die mit den Individuenzahlen an dritter Stelle rangiert, als Nahrungsquelle und Rastplatz.

2.3.2.3 Naturschutzfachliche Bewertung

Für das Gewerbegebiet liegen mit den aktuellen Untersuchungen zum zweiten Mal Ergebnisse aus einer Gastvogelzählung vor (s.a. KÜFOG 2011). Nach den Kriterien für die Bewertung von Gastvogellebensräumen nach KRÜGER et al. (2013) sollten für eine Bewertung Daten aus möglichst 5 aufeinander folgenden Jahren vorliegen. Der Grenzwert für die artspezifischen Bedeutungsstufen muss dann in der Mehrzahl der Jahre überschritten sein, um eben diese Bedeutung für die Art als Gastvogellebensraum zu erlangen. Aufgrund der Datenlage, die nur auf einem Untersuchungsjahr basiert, kann die entsprechende im Folgenden vorgenommene Bewertung aktuell grundsätzlich nur als Hinweis auf die tatsächliche Bedeutung dienen.

Tab. 6: Bedeutende Gastvogelarten (nach KRÜGER et al. 2013) im Gewerbegebiet für das Unter-suchungsjahr 2018/19.

Art Bedeutung nach

KRÜGER et al. (2013) Kriterienwert

Weißwangengans international 4200

Nach der in Tab. 6 für das aktuelle Untersuchungsjahr vorgenommenen Bewertung ist die Fläche des Gewerbegebiets als international bedeutender Gastvogellebensraum zu werten. Wertgebende Art ist die Weißwangengans (Abb. 24), deren Rastzahl den Kriterienwert wie schon 2010/11 (KÜFOG 2011) klar übertraf. Weitere bedeutende Arten sind aktuell mit nationaler Bedeutung die Löffelente sowie mit landesweiter Bedeutung der Zwergsäger und der Silberreiher. Mit 10 Arten ist die Anzahl der nach KRÜGER et al. (2013) bedeutenden Gastvogelarten im Gebiet hoch.

Insgesamt kamen im Untersuchungszeitraum 9 Gastvogelarten vor, die im Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie als europaweit in besonderen Schutzgebieten zu schützende Arten genannt sind:

Weißwangengans, Zwergsäger, Silberreiher, Rohrweihe, Schwarzmilan, Seeadler, Säbelschnäbler, Goldregenpfeifer und Flussseeschwalbe. Das ist eine vergleichsweise große Anzahl von Arten des Anh. I und zeigt die Bedeutung des Untersuchungsraumes als Gastvogellebensraum auch im Kontext des europäischen Netzwerkes Natura 2000. Die Bedeutung der Fläche wird zudem durch die große Funktionsvielfalt für die unterschiedlichen Gastvogelarten unterstrichen (s.o.).

7 der im Untersuchungsgebiet registrierten Arten stehen auf der Roten Liste der wandernden Vogelarten (HÜPPOP et al. 2013) und weitere 9 Arten auf der Vorwarnliste. Streng geschützt nach der Bundesartenschutzverordnung sind 10 der Gastvogelarten, und nach der entsprechenden EG-Verordnung weitere 8 Arten.

Abb. 24: Im Grünland rastende Weißwangengänse, die wertgebende Gastvogelart im Gebiet.

2.3.3 Zusammenfassende Betrachtung

 Im 135 ha großen Untersuchungsraum kamen im Gastvogeljahr 2018/19 insgesamt 73 Gast-vogelarten mit einem mittleren Aufkommen von 715 Wasser- und Watvögeln pro Zählung vor.

 78% der Gastvogelzahlen machen die Entenvögel aus, nur 3% Watvögel.

 4 der 5 zahlreichsten Gastvogelarten kommen aus der Ordnung der Entenvögel (Weißwangen-gans, Löffelente, Graugans und Reiherente). Die Lachmöwe kommt dazu.

 Die am meisten von Gastvögeln genutzten und auch naturschutzfachlich wertvolleren Bereiche sind die die nördlichen Pütten sowie das Grünland.

 Nach den Kriterien von KRÜGER et al. (2013) wird das Untersuchungsgebiet als international bedeutender Gastvogellebensraum eingeschätzt. Wertgebende Art ist die Weißwangengans.

Für die Löffelente wird das Gebiet als national bedeutend eingestuft.

 Insgesamt kommen 7 Arten nach der Roten Liste für wandernde Vogelarten (HÜPPOP et al.

2013) im Untersuchungsraum vor, wodurch er als Gastvogellebensraum nach der Handlungs-anleitung zur Anwendung der Eingriffsregelung für Bremen (ILN 2004) von besonderer Bedeu-tung ist.

 Von den in Anh. I der EU-VSR genannten europaweit in besonderen Schutzgebieten zu schützenden Vogelarten kommen 9 Arten im zukünftigen Gewerbegebiet als Gastvögel vor.

 9 der im Gebiet vorkommenden Brutvogelarten sind nach der Bundesartenschutzverordnung und 8 weitere nach der entsprechenden EG-Verordnung streng geschützt.

 Im Hinblick auf die Eingriffsregelung und den Besonderen Artenschutz (§§44, 45 BNatSchG) werden vor allem Kompensationsmaßnahmen für Wasservögel und im Grünland rastende En-ten- und Watvogelarten erforderlich.