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Vorbemerkune

Grundvoraussetzung für die Interpretation des fossilen organischen Kohlenstoff-Signals (fOC) in marinen Sedimenten ist, daß sich die heutigen klimatischen und ozeanographischen Bedingungen durch Schwankungen im Gehalt und in der Zusammensetzung des organischen Materials (OM) am Meeresboden dokumentieren und deren Abbild fossil in den Sedimenten überliefert wird.

Oreanischer Kohlenstoff in Oberflächensedimenten des Weltmeers und sein fossiles Sienal in elazialen und interelazialen marinen Sedimenten

Insgesamt spiegeln die TOC-Gehalte der ozeanischen Oberflächensedimente mit einem aus-geprägten regionalen Verteilungsmuster großräumig die heutigen klimatischen und ozeano-graphischen Bedingungen wider (Abb. l, Romankevich 1984). Zusammenfassend lassen sich vier Ablagerungsräume (1-4) mit deutlich unterschiedlichen TOC-Gehalten ausgrenzen. Eine besondere Rolle für den globalen Kohlenstoffkreislauf kommt hierbei den relativ schmalen Sehelfgebieten und dem oberen Kontinentalhang (1) zu, wo 80-90 % des in der photischen Zone gebildeten Kohlenstoffs zur Ablagerung gelangt (Emerson & Hedges 1988). Innerhalb dieses Ablagerungsraums nehmen die kleinräumigen küstennahen Auftriebsgebiete (2) in subtropischen Breiten, z.B. vor NW-Afrika und Peru, eine Sonderstellung ein. Hier werden die weltweit höchsten TOC-Gehalte in marinen Oberflächensedimenten gemessen. Ursache für diese außergewöhnliche TOC-Akkumulation an der Sedimentoberfläche ist eine sehr hohe Außrate von autochthonem OM. Aufgrund ihrer einzigartigen Ablagerungsgeschichte müssen Sedimente küstennaher Auftriebsgebiete jedoch als nicht repräsentativ für das Weltmeer verstanden werden. Diesen TOC-reichen Sedimenten stehen TOC-arme Tiefseeablagerungen (3) in den ausgedehnten Beckenbereichen des Ozeans mit durchschnittlich 0,2-0,5 Gew.%

TOC gegenüber (Emerson 1985). Einen Übergang zwischen den pelagischen und kontinentnahen Oberflächensedimenten bilden hemipelagische Ablagerungen ( 4) mit maximal 2 Gew.% TOC (Emerson 1985).

Abb. 1: TOC-Verteilungsmuster an der Sedimentoberfläche (0-5 cm) im Weltmeer.

Angaben in Gew.%, bezogen auf das Trockengewicht (1= < 0,25 %; 2= 0,25-0,5 %; 3=

0,51- 1,00 %; 4= 1,01- 2,00 %; 5= > 2,00 %, nach Romankevicb 1984).

Schwankungen im TOC-Gehalt mariner Sedimente zwischen glazialen und interglazialen Klimaphasen mit erhöhten Werten in kaltzeitlichen und niedrigeren Werten in warmzeitlichen Ablagerungen sind sowohl aus äquatornahen (Samthein et al. 1988, Stein & Littke 1990, Pedersen et al. 1991, Westerhausen 1992) als auch aus subpolaren Breiten beschrieben (Henrich et al. 1989, Henrich 1992, Stein & Littke 1990, Hölemann 1993, Hölemann &

Henrich subm.). Marine Ablagerungen mittlerer Breiten zeigen dagegen weniger ausgeprägte Schwankungen im TOC-Gehalt (Coppedge & Balsam 1992). Als Ursache für die beobach-teten Änderungen in der Akkumulation des TOC wird eine enge Kopplung zwischen den Sedimentationsprozessen und den wechselnden klimatischen und ozeanographischen Bedin-gungen angenommen. Demnach haben unterschiedliche Ablagerungsprozesse zur Entstehung TOC-reicher Sedimente während glazialer Phasen geführt:

-Im äquatorialen Bereich des Panama Beckens und im Auftriebsgebiet vor NW-Afrika führte eine erhöhte Windaktivität während glazialer Klimaphasen zu einem verstärkten Auftrieb im küstennahen Bereich. Die daraus resultierende gesteigerte marine Produktion ist durch eine Zunahme in der Akkumulation von autochthonem OM in den glazialen Serien überliefert (Sarnthein et al. 1988, Samthein & Winn 1990, Pedersen et al. 1991). Entsprechend dieses Modells ist der Eintrag von allochthonem OM in den Auftriebssedimenten zu ver-nachlässigen.

- Demgegenüber weisen Untersuchungen aus der Baffin Bay und dem Europäischen Nordmeer (EN) auf einen anderen klimagesteuerten Eintragsprozeß während glazialer und deglazialer Abschnitte hin, der zu einer Dominanz von allochthonem OM geführt hat (Kaltenback et al. 1984, Henrich et al. 1989, McDonald et al. 1989, Stein & Littke 1990, Henrich 1992, Hölemann 1993, Hölemann & Henrich subm.).

Durch den Aufbau der ausgedehnten Inlandsvergletscherung auf der nördlichen Hemisphäre während glazialer Klimaphasen wurden erhebliche Mengen der anstehenden Gesteine und der Sehelfsedimente an der Basis der vorrückenden Gletscher aufgeno111men und anschließend in die angrenzenden marinen Bereiche durch Eisberge als "Ice Rafted Debris"

(IRD) eingetragen. Hohe Feinkornanteile in den glazialen Sedimenten weisen zusätzlich auf eine intensive Mobilisierung von Suspensionsfracht von den Schelfen in tiefer gelegene Seegebiete. Solche, z.T. durch "surge"-Ereignisse ausgelöste, kurzzeitige Schüttungen in den marinen Ablagerungsraum sind in einer sprunghaft erhöhten Akkumulation von terrestrischem bzw. umgelagertem OM in den glazialen Ablagerungen überliefert.

Die zwei vorgestellten Modelle belegen eine hohe Signifikanz des fossilen TOC-Signals für paläo-ozeanographische und paläoklimatische Fragestellungen. Die Entwicklung eines Sedimentationsmodells für höhere Breiten wurde jedoch hauptsächlich durch organisch-geochemische und sedimentologische Untersuchungen an Probenmaterial des DSDP- und ODP-Bohrprogramms entwickelt. Aufgrund der geringen zeitlichen Auflösung dieser Bearbeitungen zeichnen sich Verschiebungen einzelner organischer und sedimentologischer Parameter als Reaktion auf längerfristige klimatische und ozeanographische Veränderungen

des Untersuchungsraums als Trend im fossilen Signal deutlich ab. Hinzu kommt, daß ein Großteil der untersuchten Proben durch mittlere bis hohe TOC-Gehalte gekennzeichnet ist, so daß analytische Schwierigkeiten bei der Bestimmung des organischen Charakters der Sedimente von untergeordneter Bedeutung sind.

In Ergänzung zu den bisherigen Untersuchungen am OM im EN (siehe auch Abschnitt 3.5) soll mit dieser Arbeit überprüft werden, ob auch in den TOC-armen (< 1,0 Gew.%), spät-pleistozänen und holozänen Sedimenten klimatische und ozeanographische Veränderungen im Wechsel zwischen Glazialen und Interglazialen durch Variationen in der Menge und Zusammensetzung des OM nachvollzogen werden können. Aus diesem Grund wurden die zwei letzten Glazial/Interglazial-Übergänge (lsotopenstadien 5-6 und 2-1) für detaillierte organisch-geochemische und -petrologische Untersuchungen an einem zeitlich hoch-auflösenden Probensatz ausgewählt. Zu folgenden Einzelfragen soll im Rahmen dieser Arbeit ein Beitrag geleistet werden:

- Können die klimatischen und ozeanographischen Veränderungen der letzten zwei Glazial/Interglazial-Übergänge durch Variationen in der Menge und der Art des OM im Detail nachvollzogen und in ein organisches Faziesmodell eingebunden werden?

- Sind die Gradienten im TOC-Signal, bedingt durch Änderungen der Zusammensetzung des OM als Abbild ehemaliger Umwelt- und Ablagerungsbedingungen in TOC-armen Sedimen-ten des EN deutlich genug überliefert, um sie analytisch zu erfassen?

- In welchem Maß ist das TOC-Signal an sedimentologische und lithologische Wechsel gekoppelt?

- Welchen Einfluß haben frühdiagenetische Effekte sowie erosive und lateraladvektive Prozesse auf das OM im Sediment?

-Liefern eistransportierte TOC-reiche Sedimentklasten (Kohle, Schwarzschiefer) in glazialen Sedimenten (Diamikten) einen Tracer zur Rekonstruktion der Eisdriftrichtung?

Diesen Fragestellungen soll mit Hilfe der räumlichen und zeitlichen Verteilungsmuster des OM am Beispiel der beiden letzten Glazial/Interglazial-Übergänge (Sauerstoffisotopenstadien 6-5 und 2-1) nachgegangen werden. Kernabschnitte gleicher organischer Charakteristik werden als organische Fazieseinheiten ausgegliedert und mit der von Hamich (1991), Söding (1991) und Henrich (1992) am selben Kernmaterial erarbeiteten Lithofazieseinteilung verglichen.

Die Untersuchungen wurden an sieben Sedimentkernen entlang von zwei Ost-West-Kern-traversen (67°-70° N und 76° N) durchgeführt (Tab.1 und Abb. 5). Die Festlegung der Kernstationen erfolgte so, daß sie von einem möglichst breiten Spektrum der rezenten Ober-flächenströme im EN beeinflußt werden, um so den lateral wechselnden Einfluß des klima-relevanten Norwegenstroms im Verlauf eines Glazial/Interglazial-Wechsels nachzeichnen zu können. Die Auswahl der letzten zwei Klimaübergänge ermöglicht einen Vergleich organi-scher Parameter am gleichen Sedimentkern, die eine ähnliche klimatische Veränderung dokumentieren. Zusätzlich bietet sich die Möglichkeit, die stärker frühdiagenetisch über-prägte Probensequenz der Isotopenstadien 6 und 5 mit der weniger stark modifizierten Probensequenz der Isotopenstadien 2 und 1 am gleichen Sedimentkem gegenüberzustellen.

Kern Position Wassertiefe Seegebiet

GIK-Nr. (m)

23071 67°05.lO'N 1308 Außeres

02°54.50'E V 0ring-Plateau

23065 68°29.70'N 2802

Jan-Mayen-00°49.lO'E Bruchzone

23352 70°00.40'N 1822 Nördliches

Island-12°25.80'W Plateau

23342 71°38.20'N 1974 Südliches

Grönlan4-08°26.70'W Becken

17728 76°31.20'N 2473 Westliches

Boreas-03°57.50'E Becken

21911 75°03.88'N 2375 Südöstliche

Grönland-02°57.31'E Bruchzone

21906 76°50.18'N 2939 Nordwestliche

Grönland-02°09.19'W Bruchzone

Tab.1: Position, Wassertiefe und Seegebiet der untersuchten Sedimentkerne.