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EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG

Im Dokument Hochschule Wismar (Seite 12-15)

1.1 Problemstellung und Motivation

Der global agierende, börsennotierte Konzern Dräger ist ein international führendes Unternehmen im Bereich der Medizin- und Sicherheitstechnik, das bereits in fünfter Generation durch Familienhand geführt wird. Dräger beschäftigt weltweit ca. 11.000 Mitarbeiter in über 190 Ländern.1

Der Unternehmensbereich Medizintechnik entwickelt innovative Geräte und Lösungen entlang der gesamten Prozesskette der Akutmedizin (Notfall-, Intensiv-, Perioperativ- und Perinatalmedizin). Im Bereich Beatmung und Narkose sowie auch in der Überwachung der Vitaldaten von Patienten ermöglichen die Lösungen von Dräger die höchste Therapiequalität.2

In einigen Medizinprodukten werden wissensbasierte Systeme zur intelligenten Steuerung und adaptiven Überwachung der Therapie genutzt - z.B. zur automatischen Entwöhnung eines Patienten von der Beatmung.3 Das Wissen, das diesen Systemen zu Grunde liegt, wurde bisher mit Hilfe einer kommerziellen Software akquiriert und formalisiert. Seit Ende 2010 wird das semantische Wiki KnowWE (Knowledge Wiki Environment)4 und dessen graphische Notation DiaFlux zu eben diesem Zwecke eingesetzt. Als kollaborative Websoftware ermöglicht ein semantisches Wiki die einfache Zusammenarbeit von Wissensingenieuren und Domänen-Experten und vereinheitlicht formelles und informelles Wissen. Trotz der intuitiven Bedienbarkeit eines Wikis ist die Syntax eines semantischen Wikis gerade für den Domänen-Experten nicht immer einfach umzusetzen. Daher bietet KnowWE die Modellierungssprache DiaFlux, die den komplexen Prozess der Wissensmodellierung stark vereinfacht. DiaFlux dient der Abbildung diagnostischer Wissensflüsse und ist somit in der Lage, klinische Richtlinien in Flussdiagrammen mit wenigen, intuitiven Elementen darzustellen. Dadurch wird das modellierte Wissen leichter verständlich und wartbar.

Während KnowWE kontinuierlich Tests zur Sicherung der Qualität der Wissensbasen unterzogen wird, ist die Qualitätssicherung von DiaFlux erst wenig berührt. Für den industriellen Einsatz ist diese jedoch ein essentieller und unabdingbarer Bestandteil des Knowledge Engineering Prozesses. Nur so kann die höchste Therapiequalität in den automatisierten Systemen gewährleistet werden.

1 Vgl. http://www.draeger.com/DE/de/, 06.02.2011, 17:05 Uhr

2 Vgl. http://www.draeger.com/DE/de/investoren/draeger_auf_einen_blick/medizintechnik/index.jsp, 06.02.2011, 17:05 Uhr 3 Vgl. [MD04], S. 745 ff.

4 Vgl. http://www.is.informatik.uni-wuerzburg.de/forschung/anwendungen/knowwe/, 06.02.2011, 17:25 Uhr

Allerdings können auch in einer graphischen Modellierung Fehler auftreten. Der Fokus dieser Master Thesis liegt in der Identifikation und Analyse von Anomalien, die Symptome möglicher Modellierungsfehler beschreiben. Anomalien in diagnostischen Flüssen sollen durch Recherche in klassischer und aktueller Literatur sowie anhand praktischer Experimente mit DiaFlux erkannt und aufgezeigt werden. Die gefundenen Anomalien werden strukturiert und gegebenenfalls auf DiaFlux übertragen. Die Recherchen bewegen sich im Bereich der Prozess- und Workflow-Modellierung, da mittels DiaFlux Problemdiagnostiken als Flussdiagramme modelliert werden. Die Flussdiagramme bilden diagnostisches Wissen zu Problemlösungsprozessen ab. Dies kann von einfachen Alltagsproblemen bis hin zu medizinischen Therapieszenarien reichen.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit ist die prototypische Implementierung eines Detektionsalgorithmus’ für eine DiaFlux-Anomalie im Rahmen der kontinuierlichen Integrationsumgebung für Tests von KnowWE. Darüber hinaus wird ein Visualisierungskonzept für in einer Modellierung detektierte Anomalien diskutiert.

Die aus der Arbeit resultierenden Qualitätsmethoden werden zukünftig die kontinuierliche Qualitätskontrolle der Wissensbasen in KnowWE ergänzen und den industriellen Einsatz der Modellierung mit DiaFlux unterstützen.

1.2 Related Work

Die Modellierung von Wissen in Flussdiagrammen, deren Ausführung zu einer Diagnose führt, kann in den Bereich der Prozessmodellierung und Modellierung von Workflows eingeordnet werden. Im Rahmen der Verifikation von Petri- oder Workflow-Netzen wird in der Literatur auf die Identifikation und Detektion von Anomalien eingegangen. Van der Aalst unterteilt in [Aal00] die Modellierung von Workflows unter anderem in eine Kontrollfluss- und eine Datenfluss-Perspektive. Diese Perspektiven liegen der Master Thesis zu Grunde, da ein DiaFlux-Flussdiagramm in prozeduraler (Fluss) und deklarativer (Daten) Form Wissen darstellt und verarbeitet. Van der Aalst et al. analysieren in [TAS09] Muster in Datenflüssen, die zu Fehlern führen können. Auch Sadiq et al. beschreiben in [SZN05] und [SOSF04]

Validierungsprobleme und Anomalien wie redundante oder inkonsistente Daten innerhalb des Datenflusses von Workflows. Bi und Zhao stellen in [BZ03] eine formale Klassifikation von Prozessanomalien auf, die beispielsweise die falsche Verknüpfung von Knoten in einem Netz und andere Aspekte bezüglich Prozessgraphen beschreiben.

Die Evaluierung gerade wissensbasierter Systeme wird besonders durch Preece et al. in [PS94] und [Pre98] untersucht. Dabei wird auf die Validierung und Verifikation dieser Systeme sowie Probleme wie Redundanzen oder Inkonsistenzen in Wissensbasen eingegangen.

Diese Arbeit aggregiert die angesprochene und weitere Literatur, um die Fehlerquellen der Modellierung und ihrer unterschiedlichen Perspektiven auf die Modellierungsnotation DiaFlux zu übertragen. Dabei erhebt die Arbeit nicht den Anspruch, vollständig alle möglichen Anomalien gefunden zu haben und alle Perspektiven zu betrachten. Sie bildet die

Grundlage für weitere Analysen oder eine Implementierung der vollständigen Erkennung aller Modellierungsanomalien in einem DiaFlux-Flussdiagramm.

1.3 Übersicht über die nachfolgenden Kapitel

Im nächsten Kapitel werden die Grundlagen für das Verständnis der weiteren Inhalte der Master Thesis dargelegt. Dabei wird zunächst auf den Begriff „Wissen“ und die unterschiedlichen Modellierungsmöglichkeiten von Wissen wie Regeln, Ontologien oder semantische Wikis eingegangen. Letztere werden eingehender betrachtet, da es sich bei KnowWE um ein solches Wiki handelt. Anschließend werden KnowWE und die Notation DiaFlux zur graphischen Wissensmodellierung erläutert und die Arbeitsweise von KnowWE und DiaFlux im Zusammenspiel anhand eines Beispiels dargestellt. Im weiteren Verlauf des zweiten Kapitels werden die Perspektiven eines Workflows und verschiedene Arten der Prozess- und Workflow-Modellierung beschrieben, bevor abschließend auf die Verifikation im Kontext von Wissensbasen und deren Modellierung eingegangen wird.

Das dritte Kapitel klassifiziert die nach der Literaturrecherche identifizierten Anomalien der graphischen Modellierung von Prozessen bzw. Workflows. Dabei werden fehlende Daten, Redundanz, Inkonsistenz, Auffälligkeiten und Anomalien im Kontrollfluss – sogenannte Prozessanomalien – unterschieden und ihre Auswirkungen auf eine Wissensmodellierung skizziert.

Mit Hilfe von Experimenten mit KnowWE und DiaFlux und den darin gesammelten Erfahrungen werden im vierten Kapitel die analysierten Anomalien anhand von Beispielmodellierungen auf DiaFlux übertragen. Darüber hinaus werden weitere DiaFlux-spezifische Anomalien betrachtet.

Im fünften Kapitel wird erläutert, wie Detektionsalgorithmen für Anomalien in die Testumgebung von KnowWE integriert werden können. An dieser Stelle wird außerdem auf die Visualisierung der Testergebnisse eingegangen. Ein einfacher Beispielalgorithmus zur Erkennung von Knoten ohne eingehende oder ausgehende Kanten in einem Flussdiagramm rundet das Kapitel ab.

Die Arbeit schließt mit einer zusammenfassenden Übersichtstabelle der Anomalien, Schlussfolgerungen und einem Ausblick.

Im Dokument Hochschule Wismar (Seite 12-15)