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Die Existenz sehr kleiner Fhytoplankter ist bereits seit dem Beginn dieses Jahrhunderts bekannt. Bei Studien an Appendicularien fand der Kieler Meeresbiologe Hans Lohmann Innerhalb ihrer Gehäuse zum ersten Male planktische Organismen von wenigen um Größe, die er als "Nannoplankton"

bezeichnete (Lohmann 1908, 1911). Vor allem infolge des Fehlens adäquater Methoden wurden die Organismen des Nanoplanktons lange Zeit außer Acht

gelassen.

In den 1950’igern biB Mitte der 1970'iger befaßte man sich dann intensiver mit dem Vorkommen und der Bedeutung des Nanoplanktons im Meer (Wood & Davis 1956, Yentsch & Ryther 1959, Malone 1971, McCarthy et al. 1974, Durbin et al. 1975, Berman 1975}. Rasch wurde offenbar, daß während der meisten Zeit des Jahres der Hauptteil der Phytoplankton-Biomasse und Produktion durch die Fraktion des Nanoplanktons gestellt wurde. FUr die Kieler Förde wurde dies 1983 durch Moigis nachgewiesen.

Die obere Grenze des Nanoplanktons, welches oft auch als ’Ultraplankton’

bezeichnet wurde, lag je nach der verwendeten Gaze bei 20-65 |im. Um die Terminologie der Größenfraktionen zu vereinheitlichen, stellten Sieburth et al. (1978) ein logarithmisches Größensyatem der Partikel im Meer auf, das sich seither weitestgehend durchsetzen konnte. Die für das Phytoplankton relevanten Größenklassen wurden wie folgt benannt:

0.2 - 2.0 (im - Picoplankton 2.0 - 20 jun - Nanoplankton 20 - 200 im - Mikroplankton.

Das Picoplankton wurde zu dieser Zeit allerdings noch weitgehend als Bakterioplankton, also als überwiegend heterotrophe Komponente des Planktons, verstanden. Zur Gegenüberstellung des nicht durch Netze (20 zurückgehaltenen "kleinen" Planktons mit dem Mikro- oder "Netzplankton"

wurde die Gesamtheit aus Nano- und Picoplankton, mit der man es aus

Durch ihre Eigenschaft als Oberflächenfilter (die Partikel bleiben auf der Filteroberfläche liegen) ermöglichte die Benutzung der Nuclepore-Filter die Entwicklung der Epifluoreszenzmikroskopie zur Quantifizierung kleiner Partikel (Hobbie et al. 1977). Autotrophe Organismen können durch die rote Eigenfluoreszenz des Chlorophylls bei Blaulicht-Anregung auf den Filtern gezählt werden. Diese neue Technik führte unabhängig in zwei Instituten zur Entdeckung der Picocyanobakterien, kleiner coccaler Blaualgen von 0.6-2.5 Hin Durchmesser (Johnsen & Sieburth 1979, Waterbury et al. 1979). Schnell wurde offensichtlich, daß diese Organismen Uber viele Dekaden meereskund- licher Forschung übersehen wurden und in nahezu allen aquatischen Biotopen Vorkommen (Stockner & Antia 1986).

In den folgenden Jahren wurden in allen tropischen und subtropischen Meeresgebieten hohe Abundanzen von Picocyanobakterien entdeckt. Sie sind in der Regel um eine bis zwei Größenordnungen häufiger als autotrophe Pico- plankter (s. Zusammenfassung bei Stockner & Antia 1986, Joint 1986, Pillen 1989). Murphy & Haugen (1985) stellten bei einer Untersuchung im Nord­

atlantik eine Abnahme der Picocyanobakterien-Abundanzen nach Norden hin fest und interpretieren dies als eine Relation zur abnehmenden Temperatur.

Gradinger & Lenz (1989) machten aufgrund von Studien in der Grönlandsee auf die Möglichkeit aufmerksam, daß Picocyanobakterien als Tracer fUr Wasser­

massen aus wärmeren Regionen dienen können.

Auch für boreale Küstengewässer ist die hohe Abundanz von Picocyano­

bakterien vor allem während des Sommers inzwischen gut dokumentiert (Krempln & Sullivan 1981, Joint & Pipe 1984, Glover et al. 1985, Takahashi et al. 1985, El Hag & Fogg 1986, Joint et al. 1986, Waterbury et al. 1986).

Aus der Ostsee wurden Picocyanobakterien-Funde durch SchmalJohann (1984) und Kuosa (1988) berichtet. Ihre Bedeutung für das sommerliche Pelagial der Kieler Bucht wurde in einer früheren Studie nachgewiesen (Jochem 1988).

Durch die Eigenschaft der Nuclepore-Filter als Siebfilter, im Gegensatz zu den Glasfaser- und Membranfiltern als Tiefenfilter, wurde eine reproduzier­

bare Größenfraktionierung des Picoplanktons möglich (Sheldon 1972). Zwar wurden bereits 1965 erhebliche Teile der Primärproduktion in der Größen­

fraktion des Picoplanktons aus dem Indischen Ozean und der Chinesischen See berichtet (Saijo & Takesue 1965), doch blieben diese Beobachtungen unbeach­

tet. Erst 10 Jahre später wies Berman (1975) im Golf von Californien durch den Einsatz von 3 fim Nuclepore-Filtern hohe Anteile der autotrophen Bio­

masse und der Primärproduktion in der Fraktion 0,2-3.0 *im nach. Ähnliche Resultate fand Throndsen (1976, 1979) im Oslo-Fjord. Herbland &

LeBouteiller (1981) berichteten von einer hohen Zahl kleiner chlorophyll­

haltiger Partikel im tropischen Atlantik, deuteten diese aber als photosyn­

thetisch inaktiv. 1985 widerriefen die Autoren diese Interpretation und wiesen Photosynthese in der Fraktion <1 (im nach (Herbland et al. 1985).

Nachfolgende Untersuchungen bestätigten die hohe Bedeutung des autotrophen Picoplanktons in tropischen und subtropischen Ozeanen, wo bis zu 95Z der Phytoplankton-Biomasse und Primärproduktion in dieser Größenklasse gefunden wurden (Stockner & Antia 1986).

Obgleich auch aus der Ostsee frühzeitig hohe Anteile der Primärproduktion im Sommer in der Fraktion des Picoplanktons nachgewiesen wurden (Larsson &

Hagström 1982), untersuchte man boreale KUstengewässer erst recht spät auf die Bedeutung dieser Fraktion (Throndsen & Heimdahl 1976, Throndsen 1978, Furnas 1983, Douglas 1984, Joint et al. 1986, Kuparinen 1987). Alle Unter­

suchungen zeigten, daß das Picoplankton bis zu 20-50Z der Phytoplankton- Biomasse und Aktivität ausmachen kann. Bis heute liegen kaum Jahresgänge fraktionierter Biomasse und Produktion vor. Joint et a l . (1986) gaben einen Jahresgang für die Keltische See und Waterbury et al. (1986) für die Hafen­

gewässer von Woods Hole, Mass. (USA). Für den Bereich der Kieler Bucht liegt eine Studie aus der Wachstumsperiode (April-Oktober) des Jahres 1986 vor (Jochem 1989).

Während Malone (1980) noch davon ausging, daß die Variabilität der Phyto­

plankton-Biomasse und Produktivität im Jahresgang vor allem durch Bestandsänderungen des Mikroplanktons verursacht werde und das Picoplankton kaum jahreszeitlichen Schwankungen unterliege, wiesen die oben genannten Untersuchungen der borealen Küstengewässer deutliche jahreszeitliche Muster in der Abundanz und Bedeutung des autotrophen Picoplanktons auf. Diese ist im Sommer am größten und zeigt damit, wie durch die regionalen Unter­

suchungen von Murphy & Haugen (1985) belegt, eine deutliche Relation zur Wassertemperatur.

Die in der vorliegenden Studie durchgeführten Untersuchungen zur Verbrei­

tung, Zusammensetzung und Bedeutung des autotrophen Ultraplanktons in der Kieler Bucht schließen direkt an die Studie des Jahres 1986 (Jochem 1987) an.

Einen Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung bildete der Übergang vor.

der Frühjahrs- zur Frühsommer-Situation (Smetacek et al. 1984), der 1986 nicht mit hinreichender zeitlicher Auflösung untersucht werden konnte, Neben der Entwicklung der Größenstruktur des Phytoplanktons und der

Abundanz des autotrophen Picoplanktons stand vor allem die Blüte des Nanoflagellaten Dictyocha speculum (syn. Distephanus speculum. Moestrup &

Thomsen, im Druck) im Mittelpunkt des Interesses. Der Verlauf der Blüte dieses Silicoflagellaten, der hier ohne sein Skelett auftritt, sollte verfolgt und Ursachen für diese Blüte hergeleitet werden.

Auch während des Hochsommers wies die Studie 1986 eine schlechte zeitliche Auflösung auf. Daher sollte im Sommer 1989 die Struktur und Dynamik der Ultraplanktongemeinschaft mit Schwerpunkt des autotrophen Picoplanktons im Zusammenhang mit der hydrographisch-chemischen Situation in der Kieler Förde und Kieler Bucht untersucht werden. Obgleich die Verwendung von Membranfiltern zur Größenfraktionierung 1986 eine Unterschätzung des Pico­

planktons erwarten ließ, zeigte eich bereits damals, daß diese Fraktion auch in diesem Gebiet nicht vernachläßigt werden darf (Jochem 1987). Durch den Einsatz adäquater Fraktionierungsmethoden (Filtrationsgestell, Nuclepore-Filter) sollte nun die Bedeutung des Picoplanktons während des Sommers verifiziert werden. Dabei wurde auch die trophodynamische Bedeutung dieser Organismen studiert. Die Ergebnisse der Kieler Bucht wurden mit Stationen aus der Westlichen Ostsee (Kattegat bis Arkona See) verglichen, um ihre Repräsentativität für den Bereich der gesamten Westlichen Ostsee abschätzen zu können.

Die Struktur und Dynamik autotropher Ultraplanktongemeinschaften unter besonderer Berücksichtigung des Picoplanktons in Relation zu den hydro­

graphisch-chemischen Bedingungen stand auch im Mittelpunkt der Unter­

suchungen in der Arabischen See (’Meteor’ Expedition MET5/3, MINDIK 1987) und dem zentralen Atlantik (’Meteor’ Expedition MET 10/1, JGOFS Pilot­

studie). Dabei sollte erarbeitet werden, ob sich unterschiedliche SyBtem- zustände des tropischen und subtropischen Pelagials auch in der Größen­

struktur des Phytoplanktons widerspiegeln, wie es in der Kieler Bucht augenscheinlich wurde (Jochem 1989). Die ’Meteor' Expedition MET5/3 führte während der Zwischenmonsunzeit in zwei Schelfgebiete und in ein oligo­

trophes, ozeanisches Gebiet der Arabischen See. Die Untersuchungsgebiete der Expedition METlO/1 lagen in den Tropen und Subtropen des Nordatlantiks.

Letztlich sollte versucht werden, gemeinsame Strukturen der Phytoplank­

tonentwicklung und -Struktur in den untersuchten Warmwasser-Ökosystemen (tropische und subtropische Ozeane und sommerliches neritisches Pelagial der gemäßigten Breiten) aufzuzeigen bzw. Gegensätze deutlich zu machen.

Insbesondere sollte der Frage nachgegangen werden, ob in den verschiedenen Wartnwasser-ökosystemen ähnliche Mechanismen die Dynamik pelagischer

Prozesse steuern. Charakteristische Systemzustände des Pelagials der Warm- w a s8ersphaere des Heeres sollten anhand der Struktur und Dynamik des auto-

trophen Nano- und Picoplanktons differenziert werden.

2. Material und Methoden