• Keine Ergebnisse gefunden

Einkommen aus unselbständigem Erwerb

Da nun seit der vierten AHV-Revision die Kinder auch beim Tode der Mutter im allgemeinen eine einfache Waisenrente beanspruchen können,

vom 2. Oktober 1957 «Der Nationalrat hat einem Postulat zugestimmt, wel- wel-ches eine beschleunigte Revision der

1. Einkommen aus unselbständigem Erwerb

Der Inhaber eines Treuhandbüros, der regelmäßig wöchentlich während 3 bis 5 Tagen in einer Firma als Buchhalter und Kor-respondent tätig ist, übt eine nebenberufliche unselbständige Er-werbstätigkeit aus. AHVG Art. 5, Abs. 2.

Als Arbeitnehmer in der AHV können auch Betriebsangehörige gelten, für die keine SUVA-Prämien entrichtet werden müssen.

AHVG Art. 5, Abs. 1.

Eine Firma beschäftigte seit etwa 1946 den Bücherrevisor G. mit Buchhal-tungsarbeiten, französischer Korrespondenz und dem Einkauf ausländischen Holzes. Dieser arbeitete in ihren Geschäftsräumen und zwar durchschnittlich 3 bis 5 Tage wöchentlich. Er bezog einen Stundenlohn und außerdem kam die Firma für sein Bahnabonnement auf. Da G. überdies ein Treuhandbüro führt (in welchem er zeitweise einen Angestellten beschäftigt), hatte dje Firma seit 1953 keine Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Beiträge für ihn entrichtet.

Als die Ausgleichskasse die Firma zur Nachzahlung aufforderte, beschwerte sich dieser; G. beantragte, die Beschwerde zu schützen. Er fügte hei, in dem Jahreseinkommen, von welchem er bisher persönliche Beiträge entrichtet habe, seien die Vergütungen der Firma inbegriffen. Das Eidg. Versicherungs-gericht wies die Berufung mit folgenden Erwägungen ab:

Für die AHV-rechtliche Frage, ob ein bestimmtes Einkommen einer selb-ständigen oder unselbselb-ständigen Erwerbstätigkeit entstamme, fallen Abma-chungen der am Arbeitsverhältnis Beteiligten nicht entscheidend ins Gewicht.

Namentlich darf nicht jeder, der sich zur Zahlung des 4prozentigen persön-lichen AHV-Beitrages bereit findet, einfach deswegen als Selbständigerwer-bender behandelt werden.

Im vorliegenden Fall handelt es sich offensichtlich um unselbständige Erwerbstätigkeit. Die Berufungsklägerin und G. sind in den maßgebenden Jahren einander nicht als praktisch gleichgeordnete Geschäftspartner gegen-übergestanden. Aehnlich einem sonstigen höhern Angestellten ist G. in dem Betrieb als Buchhalter und Korrespondent der Berufungsklägerin tätig ge-wesen. Wirkte er dort auch nicht fortgesetzt ganzwöchig, sondern entspre-chend dem jeweiligen Gang der Geschäfte nur 3 bis 5 Tage in der Woche mit, so war er doch für die Dauer dieser Mitarbeit in den Betrieb der Firma ein-gegliedert. Mindestens in den Jahren 1955 und 1956, während welcher er regel-mäßig 4 bis 5 Tage wöchentlich dort gearbeitet hat, ist seine als Inhaber eines Treuhandbüros ausgeübte - selbständige - Erwerbstätigkeit lediglich eine Nebenbeschäftigung gewesen. Dies erhellt schon daraus, daß er von 1953 bis 395

1956 im Jahresdurchschnitt in der Firma rund 14 000 Franken, als Treu-händer aber nur rund 3 000 Franken verdiente.

Wenn die Firma für G. keine SUVA-Prämien entrichten muß, so läßt sich hieraus nicht ableiten, daß dieser kein Arbeitnehmer des Betriebes sei. Er, der für die Firma ausschließlich Büroarbeit verrichtet, kommt offenbar mit den Betriebsgefahren der Fabrik in keine Berührung und kann deswegen von der obligatorischen Unfallversicherung ausgenommen worden sein (vgl. KUVG Art. 60ter in Verbindung mit Art. 6 der Verordnung 1 über die Unfallver-sicherung).

(Eidg.Versicherungsgericht i. Sa. H. K.&Co., vom 5. März 1957, H 233/56.) Kinderzulagen gehören zum maßgebenden Lohn, wenn sie auf Grund eines allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsver-trages von einer auf dem Ausgleichsprinzip aufgebauten Familien-ausgleichskasse entrichtet werden. AHVV Art. 7, lit. b.

Abrechnungs- und Beitragspflicht für die Familienzulagen ob-liegen der Familienausgleichskasse bzw. ihren Rechtsträgern.

AHVG Art. 12, Abs. 1.

1. Nach AHVV Art. 7, lit. b, gehören Kinderzulagen grundsätzlich zum maß-gebenden Lohn; ausgenommen sind, nur solche Zulagen, die in Anwendung eines kantonalen Gesetzes durch Famiiienausgleichskassen ausbezahlt werden.

Die Berufungskläger machen geltend, die Kinderzulagekasse erbringe ihre Leistungen gestützt auf einen allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeits-vertrag; aus diesem Grund seien die Leistungen gleich zu behandeln wie Zu-lagen, die auf Grund eines Gesetzes ausgerichtet würden.

Das Bundesgericht hatte im Jahre 1947 die Frage zu entscheiden, ob ein Kanton durch Gesetz Familienausgleichskassen errichten dürfe. Es kam zum Schluß, der Kanten sei berechtigt, die Ausrichtung von Kinderzulagen und die Erhebung von entsprechenden Beiträgen bei den Arbeitgebern durch das kantonale öffentliche Recht zu ordnen. Entscheidend war die Erwägung, daß durch das statuierte Prinzip des Ausgleichs eine Umformung des Lohnes in eine öffentlich-rechtliche Sozialleistung stattfinde (vgl. BGE 73 1 54 ff.).

Die Ausnahme des AHVV Art. 7, lit. b, wonach Kinderzulagen, die auf Grund eines kantonalen Gesetzes ausgerichtet werden, nicht zum maßgebenden Lohn gehören, knüpft an diese Bundesgerichtspraxis an. Nach der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts sind daher Kincerzulagen, die gemäß einem kantonalen Gesetz bezahlt werden, nur dann zu den beitragsfreien Sozial-leistungen zu zählen, wenn das Prinzip des materiellen Ausgleichs hinreichend gewahrt ist (EVGE 1949, S.46 ff., ZAK 1949, S. 12; EVGE 1952, S. 36 ff., ZAR 1952, S. 189). Eine Beitragsbefreiung nach AHVV Art. 7, lit. b, setzt demnach Zulagen voraus, die auf Grund der kantonalen Gesetzgebung zu öffentlich-rechtlichen Leistungen umgestaltet worden sind und denen des-wegen der Lohncharakter abgeht.

Der Gesamtarbeitsvertrag ist ein Bestandteil des Privatrechtes und bleibt, obwohl er objektive Rechtsnormen setzt, ein privatrechtlicher Vertrag (BGE 74 II 161). Auch die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen ge-hören dem Privatrecht an. Sie sind kein Gesetz, sondern stellen eine staat-liche Ausdehnung des Geltungsbereiches von Normen des Gesamtarbeitsver- 390

trages dar (BGE 65 1 255). Das seit dem 1. Januar 1957 geltende Bundes-gesetz über die Allgemeinverbindlicherklärung bringt dies klar zum Aus-druck: Endigt der Gesamtarbeitsvertrag vor Ablauf der Geltungsdauer der Allgemeinverbindlichkeit, so wird diese mit der Beendigung des Gesamt-arbeitsvertrages außer Kraft gesetzt; ferner hat die zuständige Behörde auf Antrag aller Vertragsparteien die Allgemeinverbindlichkeit außer Kraft zu setzen (Art. 17 und 18 des Bundesgesetzes). Aus dem allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag fließende Ansprüche werden auch nicht von Amtes wegen verwirklicht; vielmehr ist es dem privaten Berechtigten anheimgestellt, ob er sie durchsetzen will; dabei steht der Entscheid dem Zivilrichter zu (vgl.

Botschaft zum Entwurf des Bundesgesetzes, Bundesblatt 1954, S. 147 ff.).

c) Die Zulagen, wie sie die Kinderzulagekasse gemäß einem allgemein-verbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag bezahlt, beruhen somit auf einem privatrechtlichen Vertrag, nicht auf dem öffentlichen Recht. Entsprechend können sie nicht den öffentlich-rechtlichen Zulagen gleichgestellt werden, deren Auszahlung auf Grund eines kantonalen Gesetzes erfolgt. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Gesamtarbeitsvertrag das Aus-gleichsprinzip wahrt. Die einzelnen Dienstverträge, die vom allgemeinver-bindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag beherrscht werden, bleiben ihrem Wesen und ihrem Inhalte nach rein privatrechtliche Verträge. Damit sind auch die Kinderzulagen des Gesamtarbeitsvertrages im einzelnen Arbeitsver-hältnis dienstvertraglicher Natur. Der Anspruch auf die Zulagen ist im privat-rechtlichen Arbeitsverhältnis begründet und zwar als Entgelt für geleistete Arbeit im Sinne von AHVG Art. 5, Abs. 2. Der Hinweis der Berufungskläger auf Art. 4, Abs. 2 und 3 des Gesamtarbeitsvertrages vermag hieran nichts zu ändern: auch eine Bezugsberechtigung, die unter Umständen das einzelne Arbeitsverhältnis überdauert, erscheint als eine Nachwirkung des Arbeits-vertrages und, damit als Entgelt für geleistete Arbeit. Die Zahlungen der Kinderzulagekasse gehören folglich zum maßgebenden Lohn der Arbeit-nehmer und fallen unter die Regel des AHVV Art. 7, lit. b; die Ausnahme, die lediglich öffentlichrechtliche Sozialleistungen betrifft, kann keine An-wendung finden.

Das Bundesamt für Sozialversicherung wirft die Frage auf, ob der Kinderzulage nicht deshalb der Charakter vom maßgebenden Lohn abgehe, weil sie nicht vom Arbeitgeber erbracht werde. Es verweist in diesem Zu-sammenhang auf AHVG Art. 5, Abs. 4, wonach die vom Arbeitgeber gewähr-ten Sozialzulagen zum maßgebenden Lohn zu rechnen sind. Der Begriff des Arbeitgebers im AHVG ist jedoch weit gefaßt und nicht ohne weiteres mit dem zivilrechtlichen Arbeitgeberbegriff identisch (EVGE 1950, S. 136, ZAK 1950, S. 487). Außerdem sind die hier fraglichen Kinderzulagen nichts anderes als Arbeitsentgelte, die auf Grund des Vertragsverhältnisses zwischen dem zivilrechtlichen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschuldet werden. Die Leistung der Kinderzulagekasse erfolgt einzig wegen des durch den Gesamt-arbeitsvertrag inhaltlich bestimmten Dienstvertrages; die Auszahlungspflicht der Kasse und das Forderungsrecht des Arbeitnehirs gegen sie bzw. die da-hinter stehenden Verbände sind daher bloß eine vereinbarte Lohnmodalität.

In AHVV Art. 7, lit. b, wird übrigens ausdrücklich gesagt, daß es für die Er-fassung als maßgebenden Lohn gleichgültig sei, ob d)e Kinderzulagen durch den Arbeitgeber oder durch eine andere Stelle ausbezahlt würden.

397

2. Zu prüfen bleibt die vom Bundesamt für Sozialversicherung ebenfalls aufgeworfene Frage, wem die Abrechnungs- und Beitragspflicht für die Kinderzulagen obliegt. Als beitragspflichtiger Arbeitgeber gilt nach AHVG Art. 12, Abs. 1, «wer obligatorisch versicherten Personen Arbeitsentgelte nach Art. 5, Abs. 2, entrichtet». Im Urteil vom 21. Juni 1950 i. Sa. Stadtgemeinde C.

(EVGE 1950, S. 136 f., ZAK 1950, S. 487) hat das Eidg. Versicherungsgericht gefunden, dieser Bestimmung könne kein anderer Sinn beigelegt werden als der, daß als beitragspflichtiger Arbeitgeber gelte, wer dem versicherten Un-selbständigerwerbenden zum maßgebenden Lohn gehörende Arbeitsentgelte ausrichte, ohne Rücksicht darauf, ob zum Leistungsempfänger ein irgendwie geartetes Dienstverhältnis bestehe oder nicht; die Bestimmung stehe im Ein-klang mit dem fundamentalen Grundsatz der Quellenerhebung der Beiträge vom Lohneinkommen anläßlich jeder Auszahlung an den Versicherten (EVGE 1949, S. 179, ZAK 1949, S. 412). Damit wurde der beitragspflichtige Arbeit-geber dem Lohnzahler gleichgestellt. Diese Praxis bedarf einer Präzisierung.

In den Urteilen vom 13. August 1952 i. Sa. Schweiz. Verein von D. (EVGE 1952, S. 178) und vom 28. Dezember 1956 i. Sa. Gemeinde L. (ZAK 1957, S.252) wurde nicht der Auszahlende (Altersfonds oder Pensionskasse), sondern der Arbeitgeber im Sinne des Zivilrechtes bzw. des öffentlichen Rechts als ab-rechnungs- und beitragspflichtig erachtet. Dies geschah richtigerweise des-halb, weil de Leistungen des Auszahlenden aus rechtlichen Gründen für ihn nicht Lohn, sondern Altersrente bzw. Pension waren. Entsprechend dem Sy-stem der Quellenabgabe ist also der Auszahlende ohne Rücksicht darauf, ob er der Dienstherr des Leistungsempfängers sei, dann abrechnungs- und beitrags-pflichtig, wenn seine Zahlung auch nach dem für ihn geltenden Rechtsgrund Arbeitsentgelt darstellt. Im vorliegenden Fall richtet die Kinderzulagekasse ihre Leistungen auf Grund eines Gesamtarbeitsvertrages aus. Die Zahlung hat ihren Rechtsgrund, im Dienstvertragsrecht und bildet auch vom Standpunkt der Kasse aus Arbeitsentgelt. Unter diesen Umständen obliegt die Abrech-nungs- und Beitragspflicht der Kasse bzw. ihren Rechtsträgern.

(Eidg. Versicherungsgericht i. Sa. S. C., vom 8. Mai 1957, H 2/57.) Das Wartegeld (indennitä di residenza), das eine Gemeinde dem

«medico condotto» zahlt, sowie die Honorare, die er in seiner Stellung als medico condotto von den Patienten direkt erhält, gehören zum maßgebenden Lohn. AHVG Art. 5, Abs. 2

Zum Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit zählen die Ho-norare, die er für die Tätigkeit erhält, die außerhalb seines Pflichten-kreises als «medico condotto» liegt. AIIVV Art. 17

Gemäß Erlaß über die «condotte mediche», vom 11. Juni 1918, ist im Kanton Tessin eine Regelung der öffentlichen Krankenpflege getroffen worden, die in allen Gemeinden Anwendung findet, wo kein allgemeiner Gesundheitsdienst, wie z. B. durch Errichtung öffentlicher Krankenkassen, besteht. Der Gesund-heitsdienst der sog. «condotte mediche» ist in Bezirke aufgeteilt, die je nach Bevölkerungsdichte mehrere Gemeinden umfassen können. Der medico con-dotte wird von den Einwohnern jedes Bezirkes für die Dauer von vier Jahren gewählt und ist verpflichtet, alle Kranken seines Bezirkes zu behandeln, aus-genommen Operationen der höheren Chirurgie und Geburtshilfe. Ferner ist 398

er verpflichtet, in seinem Bezirk zu wohnen, wofür ihm ein Wartegeld (inden-nitä di residenza) zusteht, das mit den zum Bezirk gehörenden Gemeinden vertraglich festgesetzt wird und mindestens Fr. 3 000.— jährlich betragen muß. Ferner darf er für jede Behandlung ein im regierungsrätlichen Erlaß tarifmäßig festgesetztes Honorar vom Patienten und, falls dieser nicht zahlt, von der zuständigen Gemeinde verlangen.

In der Gemeinde B. praktiziert seit Jahren als «medico condotto» Doktor G. Eine im Sommer 1955 von der kantonalen Ausgleichskasse durchgeführte Arbeitgeberkontrolle stellte fest, daß die Gemeinde B. de Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge nur auf einem Einkommensbetrag von total Fran-ken 54 550.— bezahlt hatte. Die Ausgleichskasse forderte mit Verfügung von der Gemeinde die Zahlung der Beiträge auf den restlichen Fr. 20 450.—.

Gegen diese Verfügung erhob die Gemeinde B. Beschwerde, da sie sich nur ver-pflichtet hielt, die Beiträge auf den dem Arzt ausbezahlten Wartegeldern zu entrichten. Die Gemeinde betrachtete die anderen Einkünfte des Arztes als

Ein-kommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Die Rekurskommission hieß die Beschwerde teilweise gut, unter anderem mit der Begründung, das jährliche Fixum des Arztes sei Lohn, die Honorare für die Behandlung der Patienten aus der «condotta» bzw. «condotta privata» seien dagegen Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit.

Durch Berufung an das Eidg. Versicherungsgericht macht Doktor G. nun geltend, daß seine Nettoeinnahmen als «medico condotto» Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit bilden. Das Eidg. Versicherungsgericht hieß die Berufung aus folgenden Erwägungen gut:

Der Berufungskläger ist verpflichtet, alle kranken Einwohner in der Gemeinde B. zu behandeln, welche ihn verlangen. Für seine Tätigkeit als

«medico condotto» zugunsten der Gemeinde, hat der Berufungskläger daher das Recht auf ein Fixum und auf veränderliche Entschädigungen (Honorare).

Seine Tätigkeit bildet ein unzertrennliches Ganzes und man kann sie nicht in zwei Teile trennen, wie es die Vorinstanz tun möchte, d. h. in eine unselb-ständige Tätigkeit, die von der Gemeinde mit einem Fixum, irnd in eine selbständige Tätigkeit, die von den Patienten entlöhnt wird. Es stellt sich nur die Frage, ob das g e s a m t e Einkommen, das Doktor G. in seiner Eigen-schaft als «medico condotto» bezieht, maßgebender Lohn gemäß AHVG Art. 5 :)der Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gemäß AHVG Art. 9 sei.

Der kantonale Erlaß regelt die Einzelheiten der Berufsausübung des Arztes derart, daß man zwangsweise zum Schluß kommt, seine Stellung als

«medico condotto» habe den Charakter einer öffentlichen Funktion des Gesundheitsdienstes für die Gemeinde B., die ihn ernennt, seine Tätig-keit beaufsichtigt und ihm ein angemessenes Fixum gewährleistet. Seine Tä-tigkeit im Wirkungskreis der «condotta» gleicht derjenigen eines Gemeinde-beamten des Gesundheitsdienstes. Bezüglich der AHV richtet sich seine An-stellung nach einem Statut, das nicht wesentlich verschieden ist von dem-jenigen gewisser Richter erster Instanz, die einige Kantone mit einem Fixum sowie mit Gerichtsgebühren und Sporteln entlöhnen. Eine solche Entschä-digung wird im ganzen als maßgebender Lohn betrachtet (EVGE 1954). Gleich wie jene Richter wird der «medico condotto» für eine bestimmte Dauer ge-wählt, er muß seinen Auftrag zugunsten eines bestimmten Personenkreises

399

ausüben und wird teilweise durch öffentliche Mittel und teilweise durch Pri-vate entlöhnt. Genau wie jene Richter, die neben ihren öffentlichen Funktionen eine selbständige Tätigkeit als Anwalt ausüben dürfen (EVGE 1954, S. 99), darf der Berufungskläger neben seiner Tätigkeit als «medico condotto» als freierwerbender Arzt die Patienten der nahen Gemeinde C. sowie die Patienten der SUVA und der Militärversicherung in B. samt Umgebung behandeln (KUVG Art. 73, Abs. 1, in Verbindung mit Art. 15, Abs. 1; MVG Art. 17, Abs. 2). In der Ausübung seiner Verpflichtungen als «medico condotto» aber befindet sich Doktor G. als Gemeindefunktionär in einem öffentlichen Anstel-lungsverhältnis; seine feste Entschädigung für die ihm auferlegte Verpflich-tung, in der Gemeinde Wohnsitz zu nehmen (indennitß di residenza) wie auch die Honorare, die ihm von den Patienten ausgerichtet werden, weisen gleicher-maßen Lohncharakter auf (AHVG Art. 5 und AHVV Art. 7, lit. k).

(Eidg. Versicherungsgericht i. Sa. A. G., vom 21. Dezember 1956, H 116/56.) Die zwei Aerzte einer Gemeinde gelten für das Wartegeld und die pro Krankheitsfall variablen Entschädigungen, die sie für vertraglich geregelte Leistungen im Dienste der Gemeindekrankenkasse bezie-hen, als Arbeitnehmer ihrer Kasse, auch wenn die Patienten ein Viertel dieser Arztkosten selbst tragen müssen. AHVG Art. 5, Abs. 2 Bei der von der Gemeindeverwaltung G. gegründeten Krankenkasse, sind alle Gemeindeeinwohner obligatorisch versichert, sofern sie nicht einer an-dern Krankenkasse angehören und verpflichtet, mit Ausnahme besonderer Fälle, sich bei den Krankenkassen-Aerzten behandeln zu lassen. Bei jeder Untersuchung muß sich der versicherte Patient die vom Arzt vorgenommene Konsultation bescheinigen lassen. Die Krankenkasse übernimmt drei Viertel der Arzt- und Apothekerkosten. Seit 1947 wirken Doktor B. und Doktor G.

als Krankenkassenärzte der Gemeinde und sind gemäß vertraglicher Ver-pflichtung in G. wohnhaft, dafür erhalten sie ein jährliches Wartegeld und für jede Konsultation ein tarifmäßig festgesetztes Honorar. Der Vertrag ent-hält weitere Bestimmungen über die Einrichtung und den Unterhalt der Praxisräumlichkeiten, die Ferienordnung, die Kündigung usw. Die Ausübung ihres Berufes außerhalb der Gemeinde ist beiden Aerzten gestattet.

Für die Periode 1949-1953 hat die Krankenkasse der Gemeinde G. weder auf dem Wartegeld, noch auf den Honoraren der beiden Aerzte Beiträge ent-richtet. Mit Verfügung vom 16. Juli 1954 forderte die Ausgleichskasse die Be-zahlung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Beiträge für die während fünf Jahren den beiden Aerzten ausgerichteten Gesamt-Entschädigungen, unter Ge-währung eines Abzuges von 20 Prozent. Die Krankenkasse machte in ihrer gegen diese Verfügung erhobenen Beschwerde geltend, daß die beiden Aerzte als Freierwerbende ihren Beruf ausüben, andernfalls sollte sich die Abrech-nungspflicht nur auf die zu Lasten der Krankenkasse fallenden Entschädi-gungen beschränken und sich nicht auch auf den vom versicherten Patienten zu zahlenden Viertel erstrecken. Da die Krankenkasse im Jahre 1953 eine Verlustrechnung von Fr. 2 960.— aufweist, ersuchte sie um Erlaß der all-fällig geschuldeten Beiträge.

Beide Aerzte erklärten sich mit der Verfügung der Ausgleichskasse ein-verstanden. Die Rekurskommission entschied, daß das jährliche Fixum Warte- 400

geld oder Aerztelohn sei, die Honorare aus der Behandlung der Patienten dagegen Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Das Gesuch uni Erlaß wurde abgewiesen. Mit Berufung an das Eidg. Versicherungsgericht verlangt Doktor B. nun, daß alle ihm von der Krankenkasse ausbezahlten Entschädigungen als Lohn zu betrachten seien, ohne Unterschied zwischen festen und veränderlichen Entgelten, so wie auch der vom Patienten zu zah-lende Viertel.

Die Ausgleichskasse beharrt auf ihrem Standpunkt und die Kranken-kasse behauptet, nur auf dem festen Wartegeld beitragspflichtig zu sein.

Das Bundesamt ist der Ansicht, daß die Krankenkasse die Arbeitgeber-und Arbeitnehmerbeiträge auf der festen Entschädigung (Wartegeld) zu zah-len habe. Im übrigen stützt es sich auf KUVG Art. 16 und ist der Auffas-sung, daß der freiwillige Beitritt der Aerzte zu den Krankenkassen mit Sitz in der Ebene (was nicht der Fall ist bei Krankenkassen in dünn bevölkerten Gebirgsgegenden), ferner die Unmöglichkeit, dem Arzte (seitens der Kran-kenkasse) eine bestimmte Anzahl Behandlungen zu sichern, sowie die freie Wahl des Arztes seitens der Versicherten, Elemente seien, die dem Arzt kein Minimal-Einkommen garantierten. Das wirtschaftliche Risiko gehe daher größtenteils zu Lasten des Arztes. Aus diesen Gründen biete das veränderliche Einkommen, nicht wie beim «medico condotto», eine von der «condotta medica»

abhängige und sichere Einnahme, sondern ein vom Arzt als Freierwerbender erzieltes Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit.

Das Eidg. Versicherungsgericht hieß die Berufung aus folgenden Er-wägungen gut:

Die Begründung des Bundesamtes in diesem Falle zwingt das Gericht festzustellen, daß es sich hier nicht darum handelt, die Entschädigungen der Krankenkassenärzte, die in der Ebene ihren Beruf ausüben, allgemein juri-stisch zu qualifizieren, sondern einzig den Charakter der von Doktor B. (und ebenso von Doktor G.) in der Periode 1949-1953 für die Krankenkasse in G.

ausgeübten Erwerbstätigkeit abzuklären. In jenem Zeitabschnitt sind Doktor B. und G. die einzigen Aerzte gewesen, die auf Grund eines Vertrages im Sinne von KUVG Art. 16 an die Krankenkasse der Gemeinde G. gebunden waren.

Kraft Bundesrecht wäre jedem andern Arzt, der seit mindestens einem Jahre in G. seinen Beruf regelmäßig ausgeübt hätte, die Möglichkeit gegeben, einem solchen Vertrage beizutreten (KUVG Art. 16, Abs. 1). Dies tat aber kein anderer Arzt und von 1949 bis 1953 konnten die versicherten Kranken nur zwischen Doktor G. und Doktor B. wählen. In diesem Sinne kann man wohl sagen, daß beide Aerzte ihren Beruf in einer Monopolstellung ausgeübt haben.

Im vorliegenden Verfahren braucht die Frage nicht geprüft zu werden, wel-che Folgen im Hinblick auf das AHVG der Beitritt eines dritten oder eventuell vierten Arztes zum Vertrage der Krankenkasse in G. verursacht hätte.

Im vorliegenden Verfahren braucht die Frage nicht geprüft zu werden, wel-che Folgen im Hinblick auf das AHVG der Beitritt eines dritten oder eventuell vierten Arztes zum Vertrage der Krankenkasse in G. verursacht hätte.