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2 G RUNDLAGEN

2.3 G RUNDLAGEN DER A NAEROBTECHNIK

2.3.2 Einflussfaktoren der anaeroben biologischen Vorgänge

Die in Abbildung 2-7 genannten Prozesse der anaeroben Vergärung finden in einer Biogasanlage gleichzeitig statt und werden durch folgende Rahmenparameter im Wesentlichen beeinflusst:

Temperatur

Die meisten Methanbakterien sind den mesophilen Organismen zuzuordnen und erreichen ihre maximale Stoffwechselaktivität bei Temperaturen von etwa 30° bis 40° C [KUNST,S. IN

BISCHOFSBERGER ET AL.,2005]. Für die maximale Versäuerungsrate der Säurebakterien gibt es zwei Temperaturoptima, zum einen im mesophilen Bereich bei 35° C, zum anderen im thermophilen Bereich bei 55° C. Das Maximum im mesophilen Bereich ist stärker ausgeprägt, wodurch der Prozess unanfälliger gegenüber leichten Temperaturschwankungen ist [ZOETEMEYER ET AL., 1982]. Da die meisten Methan produzierenden Bakterienarten dem mesophilen Temperaturbereich zuzuordnen sind, erweist sich die mesophile Betriebsweise eines Faulbehälters robuster und stabiler als die thermophile [SCHMELZ, 2000]. Bei der anaeroben Fermentation entsteht nahezu keine Wärme, so dass das Substrat auf die Gärtemperatur aufgeheizt werden muss [EDELMANN,2001 IN KALTSCHMIDT ET AL.,2001].

pH-Wert

Die ungestörte Entwicklung von Mikroorganismen ist eng mit dem optimalen pH-Wert verbunden. Dieser liegt für Hydrolyse und Acidogenese zwischen 5,2 und 6,3 und für Acetogenese und Methanogenese zwischen 6,7 und 7,5 [WEILAND,2001]. Je nachdem ob der anaerobe Abbau in einem ein- oder zweistufigen Verfahren stattfindet, ist der pH-Wert entsprechend anzupassen, um ein zu starkes Absinken des pH-Wertes und eine einhergehende Hemmung der Methanbakterien zu vermeiden [SCHMELZ,2000].

Durch das beim Abbau freigesetzte Kohlendioxid (CO2) wird der pH-Wert im Normalfall im Neutralbereich gepuffert: Das CO2 ist im Gleichgewicht mit dem Hydrogencarbonat, das in Konzentrationen von 2,5 bis 5 g/ℓ stark puffernd wirkt, Gl. 2.6 [EDELMANN, 2001 IN

KALTSCHMIDT ET AL.,2001].

Carbonat-Puffersystem

CO2 + H2O  H2CO3  HCO3- + H+  CO32- + 2H+

(Gl. 2-6)

Nährstoffversorgung

Den Bakterien im Fermenter dient das zugeführte Substrat als Nahrungsquelle. Hieraus wird die notwendige Energie und auch Zellmaterial gewonnen, um die Stoffwechselprozesse durchzuführen. Somit wird eine maximale Biogasausbeute ermöglicht. Ein ausgewogenes Verhältnis von Kohlenstoff zu Stickstoff (C/N-Verhältnis) des eingesetzten Substrates ist daher wichtig, um eine ausreichende Nährstoffversorgung der Bakterien zu gewährleisten [FNR, 2005]. Umgekehrt kann es bei hohem Stickstoffüberschuss zur Bildung von Ammoniak (NH3) kommen, der hemmend bis toxisch auf die Prozessstabilität wirken kann.

Für einen ungestörten Prozessablauf muss das C/N-Verhältnis daher im Bereich 10-30 liegen [WEILAND,2001].

Klärschlämme aus kommunalen Anlagen und Bioabfälle haben meistens ein ausgewogenes Nährstoffverhältnis und führen selten zu Problemen beim Betrieb einer Biogasanlage [SCHMELZ,2000].

Nitrat, Ammonium, Ammoniak

Grundsätzlich wird die Methanbildung bei Anwesenheit von Nitrat gehemmt. Unter anaeroben Bedingungen wird das Nitrat schnell von den fakultativen Bakterien denitrifiziert und die Hemmung auf den Prozess damit aufgehoben. Ammonium bzw. Ammoniak entstehen aus dem Abbau von stickstoffhaltigen organischen Verbindungen. Durch das Ammoniak-Puffersystem wird bei sinkendem pH-Wert NH3 gebunden und NH4+

und OH- gebildet, solange ausreichend Ammoniak vorhanden ist, vgl. Gl. 2-7.

Ammoniak-Puffersystem

NH3 + H2O  NH4+ + OH-

(Gl. 2-7)

Abbildung 2-8 zeigt den Zusammenhang zwischen pH-Wert und Ammoniumkonzentration sowie deren Auswirkung auf die Hemmung des anaeroben Abbauprozesses.

Abb. 2-8 Zulässige NH4-N Konzentration in Abhängigkeit von pH-Wert und Temperatur im Reaktor (KROISS,1986)

Feststoffgehalt

Der Feststoffgehalt wird als Trockensubstanzgehalt TS in g/ℓ angegeben. Mit zunehmendem TS wird das Substrat dickflüssiger, was bei der Dimensionierung von Pumpen, Rohrdurchmessern und Rührwerken berücksichtigt werden muss. Zusätzlich steigt die Raumbelastung des Reaktors. Eine nicht ausreichende Durchmischung kann in dem Fall dazu führen, dass die angestrebten Abbaugrade nicht erreicht werden, da in Konsequenz die Bakterien nicht ausreichend mit Substrat versorgt werden [SCHMELZ,2000].Feststoffgehalte von bis zu 10 % in üblichen Faulbehältern haben keinen Einfluss auf die spezifische Gasproduktion[KAPP,1984].

Organische Säuren

Eine Anreicherung von organischen Säuren im Anaerobreaktor kann auf ein Überangebot in der Substratzufuhr oder auf eine Hemmung der methanogenen Bakterien zurückzuführen sein, wobei vorwiegend die undissoziierten Anteile toxisch wirken. Das Gleichgewicht zwischen dissoziiertem und undissoziiertem Anteil ist stark vom pH-Wert abhängig [SCHMELZ,2000].

Schwefelverbindungen

Schwefelverbindungen sind Bestandteil vieler Abwässer und können auch durch den Abbau von organischer Substanz zu Schwefelwasserstoff reduziert werden. Das durch die Sulfatreduktion entstehende Sulfid H2S kann sowohl in gasförmiger, gelöster als auch in dissoziierter Form vorliegen.

Schwefelwasserstoff-Gleichgewicht

H2S(g) ↔ H2S(aq) ↔ HS- + H+ (Gl. 2-8)

Toxisch wirkt hierbei nur der undissoziierte Schwefelwasserstoff. Bereits bei einem pH = 6,5 liegen über 70 % des Gesamtsulfids als H2S vor, mit steigendem pH-Wert sinkt der Anteil an H2S und damit das Toxizitätspotential [KUNST,S. IN BISCHOFSBERGER ET AL.,2005].

Weiterhin können bei erhöhten Schwefelgehalten die sulfatreduzierenden Bakterien stärker anwachsen und mit den Methanbakterien in Konkurrenz treten, wodurch diese dann eine ungewünschte Symbiose mit den acetogenen Bakterien eingehen. In Abhängigkeit vom abbaubaren CSB (CSBred) zu reduzierbaren Schwefel (Sred) kann die Toxizität abgelesen werden. Für die praktische Anwendung werden in den Arbeiten von KROISS,1986 folgende Empfehlungen gegeben:

CSBred / Sred > 100 Es sind keine Probleme durch H2S zu erwarten

15 < CSBred / Sred < 100 Anaerobe Behandlung ist möglich, H2S-Probleme müssen berücksichtigt werden

CSBred / Sred < 15 Methanproduktion nur mit speziell angepassten Verfahren möglich

Schwermetalle

Klärschlämme und andere biologische Substanzen können je nach Herkunft Gehalte an Schwermetallen aufweisen. Deren Toxizität ist abhängig von der jeweiligen Konzentration in der Flüssigphase. Schwermetallionen wirken auf bestimmte Enzyme und können so den Stoffwechsel von Bakterien beeinflussen bzw. hemmen [SCHMELZ,2000].

Bei einer Konditionierung des Gärrests und möglicher Verwendung in der Landwirtschaft ist auf einen tolerierbaren Schwermetallgehalt vergleichbar mit Komposten zu achten.