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3 Material und Methoden

5.2 Einflussfaktoren auf die Ergebnisse

5.2.1 Kollagen

Die Ergebnisse zeigten eine von Kollagenkonzentration abhängige Adhäsion der Thrombozyten. Dabei wurde die Aggregationsfläche mit steigender Konzentration größer.

Die Herkunft des Kollagens nimmt Einfluss auf die Aggregationsfähigkeit von Thrombozyten.

In dieser Arbeit wurde statt humanem, equines Kollagen Typ I verwendet. Eine Verwendung von humanem Kollagen erscheint zunächst physiologischer, allerdings stellt equines Kollagen Typ I den Goldstandard in der Flusskammer-Forschung dar (101). Zudem wird dieses Kollagen auch in der Aggregrometrie, dem Goldstandard-Test der Thrombozyten-Funktion, seit Jahrzehnten genutzt (110). Die Relevanz der Quelle des Kollagens konnte von Favaloro et al. anhand des VWF:KB-Tests (Kollagenbindungsaktivität des VWF) gezeigt werden. Das verwendete Kollagen in dieser Arbeit (vgl. Kapitel 3.1.4) wurde von Favaloro et al. als sehr geeignet bewertet (111). Eine sinnvolle Anwendung in Hämostase-Versuchen ist damit belegt.

In der Literatur existieren viele verschiedene Beschichtungsprotokolle für Flusskammern (103). Die Einflüsse auf die Ergebnisse können groß sein. Raviv et al. betonen die Standardisierung des Kollagen-Beschichtungsprozesses und belegen, dass die Verwendung bspw. von Essigsäure die Tripel-Helix Struktur des Kollagen modifizieren kann (112). Für die Beschichtung der BioFlux® in unserer Arbeit orientierten wir uns an bekannten empfohlenen Beschichtungsprotokollen. Das Kollagen wurde in einem Glukosepuffer aufgelöst, um eine fibrilläre und damit möglichst physiologische Anordnung des Kollagen zu gewährleisten (113).

Die physiologische Anordnung der Kollagen-Fibrillen ist für die Funktion in der primären Hämostase von Bedeutung (114). In unserer Arbeit wurde unlösliches, auf der Glasplatte der Flusskammer fest gebundenes, Kollagen verwendet. Die strukturelle Anordnung der Fibrillen wurde mittels Lichtmikroskop überprüft (vgl. Abb. 9).

54 Einschränkend lässt sich sagen, dass eine genauere Überprüfung mittels bspw. Raster-Elektronenmikroskop möglich wäre.

5.2.2 Scherstress

Der Scherstress nimmt Einfluss auf die primäre Hämostase. Dieser Einfluss konnte in unseren Versuchen belegt werden. Der VWF hat kaum einen Einfluss unter niedrigem Scherstress, aber einen deutlichen unter hohem Scherstress (vgl. Abb. 23). Die Experimente mit dem Blut von VWS-Typ 3-PatientInnen zeigen die Relevanz der hier verwendeten Flusskammer.

Das SSC der ISTH empfiehlt eine genaue in vitro Bestimmung der rheologischen Bedingungen von Flusskammer-Versuchen mit Beachtung bspw. von Peclet-Zahl und Dahmköhler-Zahl (104). Der Vorteil der Bestimmung dieser Faktoren ist die größere Vergleichbarkeit zwischen den unterschiedlichen Flusskammern, trotz unterschiedlicher Größe der Kanäle, da diese Faktoren hiervon unabhängig sind.

Im von uns verwendeten System der BioFlux® werden diese Vorgaben bereits durch die vom Hersteller zur Verfügung gestellte Software berücksichtigt. Sofern das Material (z.B. Vollblut, PRP etc.) korrekt eingestellt wird, verwendet das System die für die gewünschten Scherkräfte erforderlichen Bedingungen präzise und korrekt (105).

Einschränkend ist zu sagen, dass die in dieser Arbeit verwendeten mathematischen Gleichungen theoretische Modelle darstellen, die nur eine Annäherung an die physiologische Situation im Körper darstellen (73). Somit bleibt die Übertragbarkeit der Versuchsaufbauten auf den menschlichen Körper limitiert. So weisen etwa die Gefäße des Körpers keine rektangulären Strukturen auf, wie etwa die verwendete Flusskammer in dieser Arbeit. Zudem fließt das Blut im menschlichen Körper nicht stetig, wie durch den Druckgenerator der BioFlux® simuliert, sondern pulsatil. Die Übertragbarkeit der Versuche bleibt also limitiert.

Dennoch bestätigen unsere Ergebnisse den Scherstress-abhängigen Einfluss auf die primäre Hämostase.

5.2.3 Thrombozytenzahl

Der Einfluss der verwendeten Thrombozytenzahl auf die Aggregation in Flusskammern wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Einige Arbeitsgruppen betonten die Relevanz der Anzahl an Thrombozyten, die in die Flusskammer gegeben wird (113, 115, 116). Diese Arbeitsgruppen beschreiben, dass mit steigender Thrombozytenzahl die Adhäsion pro Zeit an das Substrat zunimmt. Neeves et al. sehen allerdings keine Korrelation zwischen

Diskussion

55 Thrombozytenzahl und Aggregationsfläche und argumentieren, dass die Effekte von Thrombozytenzahlen auf die Adhäsion vor allem auf sehr niedrige Thrombozytenzahlen beschränkt sind, wie etwa bei Anämie oder TTP (117, 118)

Um eine Vergleichbarkeit zwischen den hier durchgeführten Versuchen zu garantieren und einen Einfluss der Thrombozytenzahl auf die Versuche zu minimieren, entschieden wir uns, die genutzte Thrombozytenzahl zu standardisieren. Wir verwendeten ein definiertes Fenster von 200 000 bis 300 000 /µL Thrombozyten im PRP (vgl. Kapitel 3.2.4).

5.2.4 Dauer

Die Aggregationsfläche in der Flusskammer nimmt mit der Dauer der Experimente zu. Je nach Scherrate und verfügbarer Probenmenge ist die maximale Experimentdauer limitiert.

Die Dauer der in dieser Arbeit durchgeführten Experimente wurde daher standardisiert. Bei 2 dyn/cm² flossen die Thrombozyten 35 Min.. Bei 10 dyn/cm² flossen die Thrombozyten 9 Min..

So sind innerhalb unseres Systems verschiedene Experimente besser vergleichbar.

5.2.5 Probenart

In dieser Arbeit wurde für die Experimente PRP verwendet (vgl. Kapitel 3.2.2.). Plasma besitzt eine andere Viskosität als Vollblut und die Viskosität nimmt Einfluss auf die rheologischen Bedingungen der Versuchsaufbauten (104). Es ist wichtig, dies in den mathematischen Überlegungen der Versuchsaufbauten zu beachten. Die BioFlux®-Software berücksichtigt diese Gegebenheiten präzise und errechnet den nötigen Druck, um den gewünschten Scherstress zu erreichen.

Viele Arbeitsgruppen bevorzugen die Verwendung von Vollblutproben statt PRP, um den physiologischen Bedingungen möglichst nahe zu kommen. Allerdings ist auch die Verwendung von PRP üblich und die konkreten Auswirkungen auf die Ergebnisse sind, wie Coenen et al. zeigen, marginal (119), sodass wir uns für die Verwendung von PRP entschieden.

5.2.6 Antikoagulation

Einige Autoren beschreiben den Einfluss des genutzten Antikoagulanz auf die Versuche (96). In unseren Versuchen wurde Natrium-Zitrat verwendet, welches der Blutprobe Kalzium entzieht und somit die Gerinnung verhindert. Mann et al. sehen die Verwendung von Kalzium-Chelatoren als Antikoagulanzien kritisch und beschreiben die Veränderung der

56 Gerinnung durch das Zitrat (120). Relevant ist dies, da die Integrine α2β1 und αIIbβ3 kalzium- und magnesiumsensible Proteine sind (121). Allerdings stellt Zitrat das am häufigsten verwendete gut nutzbare Antikoagulanz in der Flusskammerforschung dar (101).

Ein Vorteil von mit Zitrat antikoagulierten Proben ist zudem die vollständige Verhinderung der Fibrinbildung. Dies ist technisch notwendig, da die Probe andernfalls bei Kontakt zum Substrat bereits am Anfang der Kammer im Eingangsreservoir gerinnt und einen Versuchsstart unmöglich macht. Die Verwendung von Zitrat-Antikoagulation stellt also für die BioFlux® eine technische Notwendigkeit dar.

Die Unterdrückung der Fibrinbildung verursacht allerdings weniger physiologische Versuchsbedingungen. Neeves et al. empfehlen daher ein bisher selten genutztes Antikoagulanz, corn trypsin inhibitor (117). Dies könnte in zukünftigen Versuchen verwendet werden.