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Einflussfaktoren auf die dynamische Fußformveränderung

2. Stand der Forschung

2.3 Bisherige Erkenntnisse der dreidimensionalen Fußformveränderung

2.3.3 Einflussfaktoren auf die dynamische Fußformveränderung

Die menschliche Fußform ist sehr individuell und wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Es ist zu erwarten, dass die dynamischen Eigenschaften der Füße ebenfalls große individuelle Unterschiede aufweisen. Um dennoch Gruppen zueinander abgrenzen zu können, ist die Erkenntnis über den Einfluss verschiedener Faktoren notwendig. Einige wenige Studien haben sich mit den Einflussfaktoren auf die dynamische Fußformveränderung auseinandergesetzt. Im Fokus dieser Betrachtung stehen die möglichen Einflussfaktoren Geschlecht, Körpergewicht, Körpergröße (BMI) und Alter.

Einflussfaktor Geschlecht auf die dynamische Fußform

Geschlechtsspezifische Unterschiede der Fußform blieben viele Jahre weitestgehend unberücksichtigt. So basieren auch heute noch Passformen von Frauenschuhen häufig auf Männerleisten, die lediglich entsprechend auf die Größen der Frauenfüße herunter skaliert werden (Frey, 2000; Krauss, Grau, Mauch, Maiwald & Horstmann, 2008). Untersuchungen der letzten Jahre haben allerdings gezeigt, dass Frauen bei gleicher Fußlänge einen schmaleren Fuß mit geringerem Umfang haben (Anil, Peker, Turgut & Ulukent, 1997;

Krauss, 2007) und einen spezifischen Leisten benötigen (Krauss et al., 2010; Wunderlich &

Cavanagh, 2001). Während diese Ergebnisse zu geschlechtsspezifischen Unterschieden der statischen Fußform auch in der Umsetzung vermehrt an Bedeutung gewinnen, sind Erkenntnisse im Bereich der dynamischen Fußform bisher sehr limitiert. Kenntnisse der vermehrten Laxität der weiblichen Bandstrukturen(Krauss, 2006; Rozzi, Lephart, Gear & Fu, 1999), der geringeren Fußlänge bei gleicher Körpergröße (Wunderlich & Cavanagh, 2001) sowie der dargestellten statischen Unterschiede zwischen männlicher und weiblicher Fußform deuten auf mögliche geschlechtsspezifische Unterschiede der dynamischen Fußgeometrie hin.

Zifchock (2006) weisen eine geringere Steifigkeit im medialen Längsgewölbes bei Frauen nach, während Kouchi et al (2009) auf der Basis von 22 Männer- und 23 Frauenfüßen keine signifikanten Unterschiede in den dynamischen Fußmaßen feststellt. Dabei werden insgesamt neun dynamische Maße erhoben, die sowohl die Fußlängen-, die Fußbreiten- als auch Höhenmaße berücksichtigen (Kouchi et al., 2009). Bei der Bewertung der Ergebnisse sind allerdings die oben beschriebenen messtechnischen Schwächen zu berücksichtigen. Xiong et al. (2009) finden ebenfalls viele übereinstimmende Eigenschaften in der belasteten Fußform zwischen Frauen (n=15) und Männern (n=15), stellen allerdings einen signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschied in dem Zusammenhang zwischen der Fußbreite und dem

Körpergewicht fest. Während das Körpergewicht bei Männern direkt mit der Fußbreite in den unterschiedlichen Belastungssituationen korreliert (r > 0.7), ist dieser Zusammenhang bei Frauen nicht erkennbar. Die Autoren schließen auf einen erforderlichen Mindestgrenzwert des Körpergewichtes, der von einigen Frauen nicht erreicht wird, um die Fußbreite entsprechend zu beeinflussen (Xiong et al., 2009). Murphy et al. (2005) untersuchen die geschlechtsspezifischen Unterschiede in den plantaren Druckverhältnissen während des Gehens und können ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen Männern und Frauen feststellen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die allgemeine Datenlage zur Charakterisierung der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Fußgeometrie während des Gehens unbefriedigend ist. Zudem wurden die wenigen Studien, die Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfüßen anhand von Oberflächenvermessungen in der Dynamik betrachtet haben, ausschließlich an asiatischen Probanden vorgenommen (Kouchi et al., 2009; Xiong et al., 2009). Es ist bekannt, dass verschiedene ethnische Gruppierungen unterschiedliche Fußformen aufweisen und somit nicht direkt miteinander vergleichbar sind (Hawes et al., 1994). Resultierend kann für den Faktor Geschlecht lediglich anhand der guten Datenlage der statischen Fußformen (Krauss et al., 2010; Wunderlich & Cavanagh, 2001) und der Annahme der vermehrten Laxität der weiblichen Bandstrukturen angenommen werden, dass die weibliche Fußgeometrie größere Veränderungen innerhalb der Dynamik zeigt (siehe Hypothese1F4).

Einflussfaktor Körpergewicht auf die dynamische Fußform

Der Einfluss des Körpergewichtes auf die dynamische Fußform wurde bisher vorwiegend durch die Verwendung von plantaren Druckverteilungsmessungen untersucht. Hills et al.

(2001) weisen einen direkten Zusammenhang zwischen dem erhöhten Körpergewicht und signifikant höheren Druckwerten unter den anatomischen Regionen der Ferse, dem Mittelfuß und den Metatarsalköpfchen nach. Während die Autoren keinen Unterschied zwischen der Fußlänge von übergewichtigen Erwachsenen im Vergleich zur normalgewichtigen Kontrollgruppe finden, ist die Fußbreite der übergewichtigen Probanden signifikant größer.

Vergleichbare Studien von Gravante et al. (2003) und Birtane und Tuna (2004) weisen im Stand erhöhte Spitzendruckwerte im Vorfußbereich sowie eine größere plantare Kontaktfläche nach. Drerup et al. (2003) untersuchen in diesem Zusammenhang die Veränderung des Spitzendrucks in der Dynamik bei simulierter Gewichtszu- bzw. -abnahme durch zusätzliche Gewichte (+20kg). Während unter der Ferse und unter den Ballen der

Kapitel 2: Stand der Forschung

Druck mit dem Zusatzgewicht signifikant zunimmt, ist dieser Effekt für den Mittelfußbereich nicht eindeutig nachzuweisen. Die Autoren schließen daraus, dass das Körpergewicht alleine keine Aussage über zu erwartende plantare Druckspitzen zulässt (Drerup, Beckmann & Wetz, 2003). Andere Autoren identifizieren das Körpergewicht als einen entscheidenden unabhängigen Prediktor zur Bestimmung von plantaren Druckspitzen und maximalen Bodenreaktionskräften (Menz & Morris, 2006).

Veränderungen in der Fußform durch erhöhtes Körpergewicht wurde bisher vorwiegend an Kinderfüßen untersucht. Mauch et al. (2008) zeigt an annähernd 3000 Kinderfüßen, dass die statische Fußform übergewichtiger Kinder vermehrt einem voluminösen Cluster entspricht und dass das mediale Längsgewölbe häufiger abgeflacht ist. Der Frage, ob diese Effekte durch das höhere Körpergewicht oder durch ein vermehrtes Fettpolster unter den Füßen resultieren, gehen Mickle et al (2006) nach. Dabei wird an Kinderfüßen das plantare Fettgewebe im Mittelfußbereich per Ultraschall vermessen. Obwohl die übergewichtigen Kinder ebenfalls ein stärker abgeflachtes mediales Längsgewölbe aufweisen, ist kein signifikanter Unterschied der Dicke des plantaren Fettgewebes nachweisbar. Xiong et al.

(2009) zeigen in statischen Messungen, wie im oberen Abschnitt dargestellt, einen direkten Zusammenhang der Fußbreite zum Körpergewicht bei männlichen Probanden.

Die Studienergebnisse weisen darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen dem Körpergewicht und der Veränderung der Fußform in der Dynamik nicht abschließend geklärt ist. Aufgrund erhöhter vertikaler Bodenreaktionskräfte, höherer plantarer Druckwerte sowie größerer plantarer Kontaktflächen können jedoch hypothetisch stärkere Breitenzunahmen und ein vermehrtes Abflachen des medialen Längsgewölbes über den Abrollvorgang bei Übergewichtigen angenommen werden (siehe Hypothese2F4)).

Einflussfaktor Alter auf die dynamische Fußform:

Der Einflussfaktor des Alters auf die dynamische Fußform wurde bisher ebenfalls vorwiegend durch die Messung der plantaren Druckverhältnisse untersucht. Dabei wird postuliert, dass die Elastizität der plantaren Weichteilstrukturen im Alter abnimmt (Hsu, Wang, Tsai, Kuo &

Tang, 1998). Scott et al. (2007) untersuchen insgesamt 100 Probanden unterschiedlichen Alters und stellen einen signifikanten Einfluss des Alters auf die Fußeigenschaften und eine geminderte Fußsensibilität fest. Ältere Probanden zeigen ein flacheres Längsgewölbe, einen geringen Bewegungsumfang im Sprunggelenk sowie signifikant geringere Druckwerte unter der Ferse und im Vorfußbereich. Konträr dazu berichten andere Autoren von größeren Druckspitzen im Vorfußbereich bei Älteren, während keine signifikanten altersbedingten

Unterschiede im Fersen und Mittelfußbereich festzustellen sind. Ältere Probanden weisen allerdings eine größere Kontaktfläche auf (Kernozek & LaMott, 1995). Keinen Unterschied stellen Zifchock et al. (2006) in der Fußstruktur bei Älteren hinsichtlich der Gewölbehöhe und der Gewölbesteifigkeit anhand einer umfangreichen Untersuchung von 145 Probanden fest.

Menz und Morris (2006) argumentieren übereinstimmend und schreiben dem Körpergewicht einen deutlich größeren Einfluss auf die dynamischen Fußeigenschaften zu.

Keine der hier genannten Untersuchungen zeigt die dynamische dreidimensionale Fußform anhand optischer Oberflächenvermessung. Es werden lediglich zweidimensionale plantare Druckverhältnisse interpretiert um Aussagen über Form und Funktionalität des gealterten Fußes treffen zu können. Dynamische Messungen der tatsächlichen Fußform können möglicherweise weiteren Aufschluss über den Einfluss des Alters auf die Fußstruktur geben und einen Beitrag zur Klärung der bisher kontroversen Ergebnisse leisten. Es kann für den Faktor Alter zusammengefasst werden, dass zwar tendenziell der Einfluss des Alters nachgewiesen werden konnte, sich dies allerdings nicht in allen beschriebenen Studien bestätigte. Im Rahmen dieser Arbeit wird hypothetisch ein Einfluss des Alters auf die dynamische Fußstruktur angenommen (siehe H3F4)).