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III. Quantitative Netzwerkanalyse

5. Der Einfluss des persönlichen Netzwerks und der unternehmensrelevanten Ressourcen auf

5.2. Forschungsmodell und Hypothesen der quantitativen Studie

5.2.2. Einfluss persönlicher Netzwerke auf Unternehmenserfolg

84 Genderbezogene Homophilie

Homophilie, d. h. die Ähnlichkeit der alteri im Netzwerk zu ego, kann sich auf verschiedene Eigen-schaften beziehen, etwa Gender, Beruf, Alter, Branche oder beruflichen Status von ego und den al-teri im Netzwerk (McPherson et al. 1992). Da diese Forschungsarbeit einen Schwerpunkt auf Gender setzt, wird die Homophilie im Weiteren auf Gender bezogen. Das bedeutet, dass bei Frauen (also Gründerinnen und Unternehmerinnen) ein Netzwerk als homophil gilt, wenn viele alteri weiblich sind, während Netzwerke von Männern (also Gründern und Unternehmern) als heterophil gelten, wenn viele alteri weiblich sind. Frauen sind unter allen Selbstständigen in der Unterzahl, bei techno-logieorientierten Gründungen ist die Differenz noch mal größer (Metzger et al. 2008). Es ist daher davon auszugehen, dass es weniger Frauen in gründungsrelevanten Netzwerken gibt – was bedeutet, dass Gründerinnen eher heterophile und Gründer eher homophile Netzwerke besitzen.

H1d: Die persönlichen Netzwerke von Gründerinnen und Unternehmerinnen sind heterophi-ler als die persönlichen Netzwerke von Gründern und Unternehmern.

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wird sich das positiv auf den Unternehmenserfolg auswirken (Sullivan/Marvel 2011). Zeitgleich kön-nen Investitiokön-nen in Aufbau und Pflege eines großen persönlichen Netzwerks dermaßen aufwändig sein, dass die Kapazitäten egos gebunden werden und so dem Unternehmenserfolg entgegen stehen (Witt et al. 2008). Diese widersprüchlichen Annahmen zeigen die Notwendigkeit für eine nähere Un-tersuchung des Zusammenhangs von Netzwerkgröße und Unternehmenserfolg. Da empirisch häufi-ger ein positiver Einfluss der Netzwerkgröße auf Erfolg gefunden wurde, wird auch hier ein solcher Zusammenhang erwartet:

H2: Je größer das persönliche Netzwerk ist, desto größer ist der Unternehmenserfolg.

Netzwerkdichte

Die Ergebnisse zum Einfluss der Netzwerkdichte auf den Unternehmenserfolg sind ambivalent. Einige Studien zeigen, dass eine hohe Netzwerkdichte zu größerem unternehmerischen Erfolg führt (Pryke et al. 2011, Bhagavatula et al. 2010), gleichzeitig führt eine hohe Netzwerkdichte zu Redundanz und als Folge zu geringeren Chancen, unternehmerische Gelegenheiten zu erkennen (Bhagavatula et al.

2010; McEvily/Zaheer 1999). Der größere Teil der Studien konnte keinen Effekt der Netzwerkdichte nachweisen (Chiesi 2007; Zhang/Fung 2006; Jenssen/Greve 2002). So untersuchen Jenssen/Greve (2002) norwegische Unternehmensgründungen und können nicht feststellen, dass Netzwerkdichte bzw. die daraus resultierende Redundanz den Unternehmenserfolg schmälert. Eher gegenteilig stel-len sie fest, dass ego in redundanten Netzwerken leichter Informationen und emotionale Unterstüt-zung erhalten.

Wenngleich der Effekt der Netzwerkdichte ebenso oft positiv wie negativ mit Unternehmenserfolg korreliert zu sein scheint und die meisten Studien keinen Effekt finden (s.o.), so lässt sich aus der Theorie doch eher ableiten, dass eine hohe Dichte eher die Effizienz und Effektivität von Netzwerken schmälert (Jansen 2006). So findet Burt (1992), dass Netzwerke hoher Dichte wenige structural Holes enthalten, d.h. wenige unverbundene Akteure, die einander nicht erreichen könnten, wenn nicht ego eine Verbindung herstellen würde. Wenn ego unterschiedliche Bereiche miteinander verbindet, die anderweitig keine (oder nur sehr indirekte, d.h. über viele Personen führende) Berührungspunkte haben, so stehen ihm dadurch besonders vielfältige Ressourcen zur Verfügung8. Diesem Ansatz wi-derspricht Coleman (1988), der Netzwerken hoher Dichte eine größere soziale Verbindlichkeit zu-schreibt. Diese Verbindlichkeit führt dazu, dass Ressourcen leichter mobilisiert werden können. Das Mobilisieren von Ressourcen kann aber immer nur so wertvoll sein, wie die Anzahl und Vielfältigkeit

8 Darüber hinaus befindet sich ego, wenn er viele structural Holes überbrückt, in einer sehr machtvollen Position (Burt 1992). Als Brücke zwischen unterschiedlichen Netzwerksegmenten kann er als Broker fungieren; andere Akteure sind von ihm abhängig um Informationen zu erlangen oder Dritte zu kontaktieren (ebd.). Diese Diskussion um machtvolle Positionen im Netzwerk ist ein wesentlicher Beitrag Burts‘ zu sozialen Netzwerkanalyse. Sie berührt die Fragestellung dieser Dissertati-onsschrift aber nur am Rande und wird in der vorliegenden Arbeit daher nicht vertieft.

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der vorhandenen Ressourcen. In dieser Arbeit wird daher davon ausgegangen, dass die negativen Effekte der Redundanz die positiven Effekte der Zugänglichkeit zu Ressourcen überwiegen. Es ist folglich anzunehmen, dass Netzwerkdichte negativ mit dem Unternehmenserfolg zusammenhängt:

H3: Je geringer die Dichte des persönlichen Netzwerks ist, desto größer ist der Unterneh-menserfolg.

Genderspezifische Netzwerkeffekte von strong Ties

Hinsichtlich des Effekts der Tie-Stärke auf den Unternehmenserfolg sind die Ergebnisse widersprüch-lich. Etwa gleichviele Studien finden jeweils, dass schwache Ties (Chiesi 2007; Fafchamps/Minten 2002; Batjargal 2000; R. P. Singh et al. 1999), dass starke Ties (Ge et al. 2009; Lechner et al. 2006;

Rowley et al. 2000; Brüderl/Preisendörfer 1998; Uzzi 1996), oder dass schwache und starke Ties gleichermaßen (Dossani/Kumar 2011; Pryke et al. 2011; Jones/Jayawarna 2010; Bosma et al. 2004;

Davidsson/Honig 2003; Jenssen/Greve 2002) den Unternehmenserfolg befördern.

Es finden sich also Argumente und Daten, die den Vorteil von weak Ties begründen, ebenso wie Ar-gumente und Daten, die den Vorteil der strong Ties belegen (s.o.). Eine Erklärung für diese abwei-chenden Ergebnisse zu finden, wird unter anderem dadurch erschwert, dass die Operationalisierung der Tie-Stärke sehr unterschiedlich ausgestaltet ist (Jansen 2006). Einige Studien operationalisieren Ties als eine dichotome Variable mit (Ehe-)Partner, Freund/Freundin, Verwandtschaft auf der einen und Geschäftskontakt, Bekannter/Bekannte und Kollege/Kollegin auf der einen Seite (Lechner et al.

2006; Brüderl/Preisendörfer 1998; Uzzi 1996). Andere operationalisieren Tie Strength als eine gradu-elle Variable von ‚Lose Bekanntschaft‘ bis ‚enge Freundschaft‘ (Jenssen/Greve 2002; Batjargal 2000).

Wiederum andere bilden einen Index aus der Kombination von Dauer der Beziehung, persönlicher Nähe und Kontakthäufigkeit (Ge et al. 2009). In manchen Studien wird gar nicht näher erläutert, wie die Unterteilung in weak oder strong Ties umgesetzt wurde (Chiesi 2007; R. P. Singh et al. 1999). Ein Zusammenhang zwischen Operationalisierung von Tie Stärke und Ergebnis kann aus der vorliegenden Literaturanalyse nicht herausgelesen werden.

Allerdings scheinen die Ergebnisse mit der untersuchten Zielgruppe zu variieren. So lassen sich durchaus Hinweise finden, dass in den verschiedenen Studien tatsächlich verschiedene Zusammen-hänge beobachtet wurden, die mit der jeweiligen Gruppe der Befragten variieren (Pryke et al. 2011).

Zuwarimwe/Kirsten (2010) finden in einer qualitativen Untersuchung unterschiedliche Zusammen-hänge zwischen Netzwerk und Gründungserfolg bei Frauen und Männern. Während Gründerinnen von starken Bindungen in ihrem persönlichen Netzwerk profitieren, sind Gründer erfolgreicher, wenn ihr Netzwerk aus vielen schwachen Bindungen besteht (ebd.). Dieses Ergebnis geht mit den theoreti-schen und empiritheoreti-schen Erkenntnissen von Burt (1998) einher, die sich auf die persönlichen

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Netzwerke von Managerinnen und Manager beziehen. Er stellt fest, dass männliche Manager, welche die Mehrheit in Führungsebenen von Firmen bilden, am erfolgreichsten sind, wenn sie viele weak Ties besitzen: lose Bindungen bringen ihnen besonders vielfältige Kontakte und versetzen sie in eine machtvolle Position, weil sie auch in weiter entfernte Führungsebenen und Firmenbereiche hinein-reichen (ebd.). Managerinnen hingegen stellen eine Minderheit in den Führungsebenen dar und be-nötigen daher eine gewichtige Unterstützung, um die eigenen Interessen durchsetzen zu können.

Eine solche Unterstützung erhalten sie durch strong Ties, da nur alteri, mit denen sie eine enge Be-ziehung verbindet, persönlichen Einsatz zeigen, der zur Fortentwicklung der Karriere beiträgt (ebd.).

Es wird daher davon ausgegangen, dass Gender als ein Moderator wirkt, der den Zusammenhang zwischen dem Anteil der strong Ties im persönlichen Netzwerk und dem Unternehmenserfolg um-dreht. Es ist aber unklar, an welcher Stelle dieser Moderationseffekt von Gender ansetzt. Wie weiter unten beschrieben wird, wird angenommen, dass Ressourcen als Mediator zwischen Netzwerk und Unternehmenserfolg fungieren. Der Moderationseffekt von Gender könnte also entweder auf den Zusammenhang zwischen Tie-Stärke und Ressourcen einwirken, oder – so vorhanden – auf den direk-ten Zusammenhang zwischen Tie-Stärke und Unternehmenserfolg9:

H4a: Je höher der Anteil an strong Ties im persönlichen Netzwerk von Frauen ist, desto mehr Ressourcen werden mobilisiert bzw. desto größer ist der Unternehmenserfolg.

H4b: Je geringer der Anteil an strong Ties im persönlichen Netzwerk von Männern ist, desto mehr Ressourcen werden mobilisiert bzw. desto größer ist der Unternehmenserfolg.

Tie-Stärke und Unterschiede der Unternehmensphase

Die Wirkung der Tie-Stärke scheint auch mit der Unternehmensphase zu variieren (Pryke et al. 2011).

Gründerinnen und Gründer, deren Unternehmen erst seit wenigen Jahren existiert, können eher starke Bindungen für eine erfolgreiche Gründung einsetzen, während etablierte Unternehmerinnen und Unternehmer von vielen schwachen Bindungen profitieren (ebd.). Auch für diesen Effekt findet sich eine Analogie in der Karriereforschung. Denn ebenso wie Frauen stellen jüngere Manager (wobei mit jünger hier gemeint ist, dass sie erst seit Kürzerem in ihrem Beruf tätig sind) eine Minderheit im Management der Firmen dar (Burt 1998, Burt 1992). Um Erfolg zu haben, benötigen sie einen starken Förderer, mit dem sie eine starke Bindung haben und der somit bereit ist, sich für die einzusetzen.

Junge Manager sind daher erfolgreicher, wenn ihr persönliches Karrierenetzwerk von strong Ties geprägt ist. Es wird daher davon ausgegangen, dass die Unternehmensphase als ein Moderator wirkt, der den Zusammenhang zwischen dem Anteil der strong Ties im persönlichen Netzwerk und dem Unternehmenserfolg umdreht. Es ist aber unklar, an welcher Stelle dieser Moderationseffekt der

9 Für eine Erläuterung des Mediations- und Moderationseffekt s. Kapitel 6.4.1.

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Unternehmensphase ansetzt. Wie weiter unten beschrieben wird, wird angenommen, dass Ressour-cen als Mediator zwischen Netzwerk und Unternehmenserfolg fungieren. Der Moderationseffekt der Unternehmensphase könnte also entweder auf den Zusammenhang zwischen Tie-Stärke und Res-sourcen einwirken, oder – so vorhanden – auf den direkten Zusammenhang von Tie-Stärke und Un-ternehmenserfolg10:

H5a: Je höher der Anteil an strong Ties im persönlichen Netzwerk von Gründerinnen und Gründern ist, desto mehr Ressourcen werden mobilisiert bzw. desto größer ist der Un-ternehmenserfolg.

H5b: Je geringer der Anteil an strong Ties im persönlichen Netzwerk von etablierten Unter-nehmerinnen und Unternehmern ist, desto mehr Ressourcen werden mobilisiert bzw.

desto größer ist der Unternehmenserfolg.

Genderbezogene Homophilie

In der Gründungsforschung wird Homophilie eher als hinderlich für den Erfolg identifiziert. Homophi-lie limitiert die Bewegung von Informationen und schränkt die Einstellungen und Handlungsmöglich-keiten von Individuen ein (McPherson et al. 2001). Deshalb existiert ein negativer Einfluss von Homo-philie auf den Erfolg von Unternehmen, dies gilt neben der alters- und ethnizitätsbezogenen Homo-philie auch für genderbezogene Homophilie (ebd.). So stellt Rhodes (2009) fest, dass das aktive Su-chen von heterophilen Bindungen mehr Marketingmöglichkeiten eröffnet und Firmenwachstum be-wirkt. Steffens et al. (2012) untersuchen die Homophilie innerhalb von Gründungsteam und stellen fest, dass homophile Teams zwar schneller zu Erfolg kommen, dass aber langfristig heterophile Teams erfolgreicher sind. Es finden sich jedoch auch Argumente gegen den negativen Einfluss von Homophi-lie auf Unternehmenserfolg. Zwar sind homophile Netzwerke evtl. ärmer an Ressourcen, jedoch er-leichtert Vertrauen in diesen Netzwerken den Austausch von Ressourcen, sodass diese Effekte sich am Ende aufheben und Homophilie für die Erklärung des Unternehmenserfolgs eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint (Berrou/Combarnous 2011).

Homophilie beschreibt im theoretischen Ansatz die Tendenz von ego, ein Netzwerk mit alteri zu bil-den, die ihm ähnlich sind. Worin diese Ähnlichkeit besteht, kann empirisch ganz unterschiedlich auf-gefasst werden. Batjargal (2000) misst Homophilie bzw. Heterophilie in Bezug auf die Branche, also inwieweit die alteri in anderen Branchen als ego tätig sind. Berrou/Combarnous (2011) diversifizieren den Homophilie-Begriff und beziehen ihn in ihrer Untersuchung auf die Dimensionen biologisches Alter, ethnische Zugehörigkeit, Religion und geographische Nähe. Steffens et al. (2012) wählen eben-falls unterschiedliche Dimensionen der Homophilie und beziehen sich hier auf Alter,

10 Für eine Erläuterung des Mediations- und Moderationseffekt s. Kapitel 6.4.1.

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rung und Geschlecht. Bei ihnen bezieht sich die Homophilie allerdings ausschließlich auf das Grün-dungsteam, nicht aber auf soziale Kontakte außerhalb des Gründungsteams, weshalb eine Vergleich-barkeit schwerlich herzustellen ist.

Wenngleich die empirische Basis für den Zusammenhang von Homophilie und Unternehmenserfolg recht dürftig ist, so geben die theoretischen Überlegungen doch ein klareres Bild vor. Es wird daher angenommen, dass Gender-Homophilie sich negativ auf den Unternehmenserfolg auswirkt:

H6: Je geringer die Gender-Homophilie des persönlichen Netzwerks ist, desto größer ist der Unternehmenserfolg.