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Zum Einfluß meteorologischer und hydrologischer Prozesse auf die sommerliche Meereisverteilung in der Laptewsee

Im Dokument Deutscher Wetterdienst (Seite 180-183)

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Bareiss,J. ,EIC en, H. " e Ig, ., artln, .

1Abt. Klimatologie, Fachbereich Geographie/Geowissenschaften, Universität Trier, 54286 Trier

2jetzige Adresse: Geophysical Institute, University of Alaska Fairbanks, Fairbanks, AK-99775-7320, USA.

3Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, 27515 Bremerhaven

4jetzige Adresse: Institut für Meereskunde, Universität Kiel, 24105 Kiel

2 Datenmaterial und Methodik

Diese Untersuchung basiert auf ausgewählten hydrolo-gischen, meteorologischen und ozeanographischen Grö-ßen des National Snow and!ce Data Center (NSIDC), des

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Die Arktis bildet im klimatischen System der Erde einen wichtigen Bestandteil hinsichtlich der Vielfalt ihrer Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Kryosphäre und Hydrosphäre. Die Laptewsee in der sibirischen Arktis mit ihren komplexen Land/Ozean Wechselwirkungen stellt dabei eine einzigartige Schlüsselregion für das Ver-ständnis von Umweltveränderungen dar.

Die aus passiven Mikrowellendaten (Scanning Multi-channel Microwave Radiometer (SMMR), Special Sensor Microwave/Imager (SSM/I)) abgeleitete sommerliche Meereisbedeckung im Arktischen Ozean und in den an-grenzenden Randmeeren zeigt einen negativen Trend in den letzten 20 Jahren. Vor allem in den 90er Jahren konnten sehr starke negative Abweichungen der sommer-lichen Meereisbedeckung beobachtet werden. Die stärkste Abnahme (0,6% pro Jahr) der sommerlichen Meereisdecke weist der ostsibirische Sektor der Arktis (Laptewsee (Abb. 1),Ostsibirische See) auf (Maslanik et al., 1996). Klimamodelle prognostizieren eine Zunahme des Niederschlages in den hohen Breiten mit einer Zu-nahme der Jahresabflußmenge um fast 300km3ä1(Lins et al., 1991).

Ziel der vorliegenden Studie ist es, den Einfluß hydro-logischer und meteorohydro-logischer Prozesse auf die som-merliche Meereisverteilung in der Laptewsee qualitativ und quantitativ zu untersuchen sowie kausale Zusammen-hänge zwischen den verschiedenen Prozessen zu identifi-zieren.

1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995

Jahr

Abb. 1: Zeitlicher Verlauf (Tagesmittel) der Meereisbedeckung in der Laptewsee von 1979 bis 1995, ferner die lineare Regressionsgerade der sommerlichen minimalen Eisbedeckung.

Russischen Hydrologischen Dienstes. Für die großska-ligen Untersuchungen der atmosphärischen Zirkulation sind die globalen Analysen des National Center for Environmental Prediction (NCEP) in einer Auflösung von 2,5°x 2,5° verwendet worden. Informationen über die re-gionale Meereisverteilung liefern passive Mikrowellen-daten des SMMR auf Nimbus-7 und des SSMII auf ver-schiedenen DMSP-Satelliten (räumliche Auflösung 25 km x 25 km), erhältlich über das NSIDC. Die gesamte Meer-eiskonzentration wird mit Hilfe des NASA-Team Algo-rithmus bestimmt. Zusätzlich werden zur Erfassung küstennaher Meereisprozesse Satellitenbilder des Ad-vanced Very High Resolution Radiometer (AVHRR auf NOAA-Satelliten) verwendet, welche aus dem Satellite Active Archive (SAA) der NOAA stammen.

Zur Durchführung statistischer Analysen werden quali-tative Kennwerte aus den klimatologischen Größen ab-geleitet. Zusätzlich wird versucht, mit Hilfe eines ein-fachen thermodynamischen Modells den Eisrückgang im unmittelbaren Bereich des Lenadeltas zu simulieren. Das Modell basiert hauptsächlich auf der Weiterentwicklung eines Abfluß-Meereis-Modells von Searcy et al. (1996), welches die Wärmebilanzgleichung nach Maykut (1978) beinhaltet. Das Modell wird, ausgehend von einem klima-tologischen Anfangszustand zu Beginn der Oberflächen-schmelze in der südöstlichen Laptewsee (Kalendertag 155), über 70 Tage integriert.

3 Ergebnisse (Auswahl) und Diskussion

Innerjährliche Veränderungen in den Randmeeren sind von einer Reihe von Prozessen wie kontinentaler Süßwas-ser- und Sedimenteintrag, Auftreten küstennaher Polynjas und von regionalklimatischen Besonderheiten bestimmt.

Die in die Laptewsee entwässernden sibirischen Flüsse (Lena, Jana, Anabar, Olenjok und Khatanga) weisen ein nival geprägtes Abflußregime auf. Nach dem Einsetzen der Schneeschmelze im mittelsibirischen Bergland (Mitte Mai) beginnt der Flußeisaufbruch am Pegel Kiusiur im Mittel (1961-1987) am Kalendertag 149 (29. Mai). Das Maximum der Prühjahrshochwasserwelle erreicht im Mittel (1979-1990) am Kalendertag 158 (7. Juni) mit einem mittleren Durchfluß von 134x 103nfs-1Kiusiur. Der Jahresabfluß der in die Laptewsee entwässernden Flüsse beträgt im langjährigen Mittel (1954-1987) ca. 700 km3.

Davon entfallen alleine 75% auf die Lena (Abb. 2).

Beinahe 90% des kontinentalen Festlandabflusses

er-Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Ocl Nov Dec Monat

Abb. 2: Mittlerer rronatlicher Abfluß (1%1-1587) sibirischer Aüsse.

Zeitintervall 1979-1990 fällt ein leichter Rückgang des Abflusses an allen Flüssen auf. Der Abfluß der Lena zeigt im Mai dagegen einen positiven Trend, in den Monaten Juni bis August negative Trends.

Die statistischen Auswertungen, Modellergebnisse sowie die Auswertung der Fernerkundungsdaten zeigen, daß das Frühjahrshochwasser und der Wiuerungsverlauf allein für den großskaligen Rückgang der Meereisdecke innerhalb der Laptewsee unbedeutend sind. Lediglich Gebiete im unmittelbaren Bereich der Ausflußzonen der Flüsse (v.a.

vor dem nordöstlichen Lenadelta) lassen oben auf-geführte Wechselwirkungen erkennen. Die von der Schmelzhochwasserwelle überfluteten Gebiete erstrecken sich ca. über 2500 bis 3000km2(Abb. 5).

0% 25% 50% 75% 100%

Abb. 4: Räumliche Verteilung der gesamten Meereiskonzentration (ein-und rrehrjähriges Eis) in der Laptewseeanausgewählten Tagen1979.Die schwarzen Linien kennzeichnen die20mund200mIsobathen

im Mikrowellenbereich verursacht. Ein weiterer Grund, daß dieses erste Schmelzsignal ein Artefakt ist, belegt die räumliche Auswertung der Fernerkundungsdaten (Abb.

4). Die Abnahme der Meereiskonzentrationen ereignet sich auch an flußfreien Küstenabschnitten oder in Ge-bieten der zentralen Laptewsee, wo definitiv keine Über-flutungen der Meereisdecke durch kontinentale Fluß-wasser möglich sind.

Die Meereisbeckung in der Laptewsee weist einen sehr stark saisonal geprägten Jahresgang auf (Abb. 3). Dabei beginnt der Aufbruch des Festeises in der Laptewsee im Mittel (1979-1990) am Kalendertag 163 (12. Juni), ein erstes Minimum wird ungefahr 14 Tage später erreicht.

Im Mittel steigt die Meereisbedeckung bis zum Tag 185 (4. Juli) erneut bis auf 80% an. Das Minimum der sommerlichen Meereisbedeckung wird am Tag 251 (8.

September) erreicht.

Die meteorologischen Bedingungen werden sehr stark durch das kontinentale Klima Asiens geprägt. Positive Lufttemperaturen setzen sich in der südöstlichen Laptew-see im Mittel ab dem Kalendertag 142 (22. Mai) durch.

Die positiven Tagesgradsummen während der Ablation-sphase (Mai-Juli) an der Station Tiksi (71.6N, 128.9E) erreichen im Mittel (1979-1990) 312,6 °C (cr

=

85,9 °C).

In Zentral- und Nordsibirien ist ein positiver Trend des Jahresmittels der Lufttemperaturen zu verzeichnen. Diese Erwärmung könnte durch die Abnahme der Schneebe-deckung in Sibirien und damit einer Senkung der Ober-flächenalbedo verursacht sein.

Kalendertag

Abb.3:Zeitlicher VerlaufderMeereisbedeckunginder Laptewsee in den Jahren1979und1990.

Für die statistischen Auswertungen ist zu beachten, daß dieses erste in den passiven Mikrowellendaten beobach-tete Schmelzsignal nicht auf Überflutungen des Küsten-festeises oder ähnliche Prozesse durch Flußwasser zu-rückzuführen ist, sondern auf Schmelzprozesse und das Ansteigen des Flüssigwassergehaltes innerhalb der dem Meereis auflagernden Schneedecke. Dadurch kommt es zu einer drastischen Verringerung des Emissionsver-mögens und damit zu einer fälschlicherweise zu niedrig

bere~hnetenMeereiskonzentration. An der Schnee/ Meer-eis-Grenzfläche kommt es vermutlich durch erneutes Gefrieren des hindurchsickernden Schmelzwassers zur Bildung einer dünnen Eiskruste ("superimposed ice"), welche wiederum eine Zunahme der emittierten Strahlung 448

Dagegen wird der frühsommerliche Meereisrückgang weitgehend durch das Auftreten von Polynjas und damit Veränderungen im regionalen Strahlungs- und Energie-haushalt innerhalb der zentralen Laptewsee (u.a. "West-Neusibirische Polynja") bestimmt. Entlang der Küste kann durch Advektion wärmerer kontinentaler Luft-massen aus Nord- und Zentralsibirien der Rückgang der Meereisdecke beschleunigt werden.

Der Wärmeeintrag (Mai bis Ende Juni) durch die wie-derkehrende Polynja zwischen dem Lenadelta und den Neusibirischen Inseln beträgt nach Zakharov (1966) im langjährigen Mittel 1,49 x 1016 kJ. Diese Energiezufuhr reicht aus, ca. 128km3Eis bzw. eine Fläche von ca. 64000 km2 einer 2 m dicken Festeisdecke abzusc,hmelzen. Der maximale Wärmeeintrag durch das Flußwasser vor dem nordöstlichen Lenadelta im Zeitraum 1979-1990 beträgt

lediglich 13,6% des mittleren Energiegewinns durch die West-Neusibirische Polynya.

Abb. 5: AVHRR-Bild (Kanal 1) des Lenadeltas am 12.Juni 1997. Die Aufnahme zeigt das küstennahe überflutete Festeis vor den Ausflußzonen der Deltakanäle (Bildausscbnitt: 495 km x 495 km).

Synoptische Analysen der bodennahen Luftdruckver-teilung im Zeitraum 1979 bis 1990 zeigen die enge Kopp-lung des Meereisrückgangs (Beginn der Oberflächen-schmelze, Eisdrift) mit der atmosphärischen Zirkulation und dem regionalen Windfeld. Beispielsweise ist der ne-gative lineare Trend der sommerlichen Meereisbeckung mit einem vermehrten Durchzug von Tiefdruckgebieten in die sibirische Arktis, und damit vorherrschenden Winden aus südlichen Richtungen, verbunden (Abb. 6).

Abb. 6: Mittlerer täglicher Luftdruck auf Meeresniveau (SLP) über der Arktisfürden Zeitraum 10. bis 14.Juni1979. Abstand der Isobaren 2 hPa.

4 Schlußfolgerungen

Untersuchungen im Bereich der Laptewsee zeigen, daß der Einfluß sibirischer Flüsse auf die frühsommerliche und sommerliche Meereisbedeckung regional begrenzt ist, obwohl beispielsweise die Lena mit einem durch-schnittlichen Jahresabfluß von 523 km3 zu den größten

Die frühsommerlichen Schmelzhochwasser der Lena sind v.a. für die Deltaregion und Teile der südöstlichen Laptewsee von Bedeutung. Das Auftreten und' die Größe der Polynyas innerhalb der Laptewsee sowie der Meer-eisimport aus dem Arktischen Ozean und den an-grenzenden Randmeeren sowie der Export dorthin be-stimmen dagegen die sommerliche Meereisverteilung weitaus stärker. Es ist bei den Interpretationen der Zeit-reihen und der Modellergebnisse zu berücksichtigen, daß die Dynamik des Meereises nur unzureichend erfaßt ist.

Dynamische Prozesse führen zur windgetriebenen Eis-drift, sowie zur Deformation von Eisfeldern, was bei In-terpretationen von Anomalien in der Eisausdehnung be-rücksichtigt werden muß. Hier bieten neue Verfahren in der Interpolation von Fernerkundungsdaten im Fre-quenzbereich von 85 GHz, (räumliche Auflösung 12,5 km x 12,5 km), Möglichkeiten, die Eisdynamik bei der klima-tologischen Analyse von Langzeitdaten weitaus stärker zu erfassen.

5 Danksagung

Die Arbeit wurde mit Unterstützung des Bundesministe-rium für Forschung und Technologie (BMBF) durchge-führt. Wir danken Prof. V. Vuglinski (Staatlicher Rus-sischer Hydrologischer Dienst) für die Bereitstellung rus-sischer hydrologischer Daten.

6 Literaturauswahl

Bareiss, 1., Eicken, H., Helbig, A., Martin, T. (1998, in Vorbereitung): Impact of river discharge and regional climatology on the decay of sea ice in the Laptev Sea during spring and early summer.

Lins, H.F., Shiklomanov, LA., Stakhiv, E.Z. (1991):

Impacts on hydrological and water resources, In: Jäger, 1., Ferguson, H.L. (eds.), Climate change: Science, im-pacts, policy, Cambridge University Press, Cambridge, 87-97.

Maslanik, J.A., Serreze, M.C., Barry, R.G. (1996):

Recent decreases in Arctic summer ice cover and linkages to atmospheric circulation anomalies, Geophys.

Res. LeU., 23 (13), 1677-1680.

Searcy, C., Dean, K., Stringer, W. (1996): A river-coastal sea ice interaction model: Mackenzie River delta, 1. Geophys, Res., 101, (C4), 8885-8894.

Zakharov, V.F. (1966): The role of flaw leads off the edge of fast ice in the hydrological and ice regime of the Laptev Sea, Academy of Sciences of the USSR, 6 (1), 815-821.

SODAR-Messungen zur Charakterisierung der arktischen, planetaren

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