der praktischen Vorhersagbarkeit lokalen Wetters
K. BalzerDeutscher Wetterdienst
PF 600552, D-14405 Potsed-ra_m ___
Windvektor
Abb. 2 Bei der Analyse der Vorhersageleistung (nicht der Genauigkeit!) existiert nicht selten auch ein tl> unterhalb dessen die bloße Persistenz genauere 'Vorhersagen' erlaubt.
.,.. .
Abb. 1 Zeitliches FehlelWachstum von vier Ansätzen zur mit-telfristigenVorhersagedertäglichenMAX-Temperatur.~markiert
für das Jahr1997das Ende der eigentlichen Vorhersagbarkeit.
- 3 0+---r"--r-...,..-or--...,....--,--r---,.~
o 1, 2 3 4 5 6 7 a 9
Folgestunden
Abb. 3 Sowohl automatische als auch herkÖmmliche Punkt-Vorhersagen des Bodenwindvektors weisen erst jenseits des 'Nowcasting' eine Vorhersageleistung auf.
Defmitionen
lokales Wetter: Temperatur, Wind, Sonnenschein-dauer, Niederschlag an einzelnen Orten (punktverifi-kation), im Unterschied etwa zupr~tischirrelevanten nordhemisphärischen Geopotential- oder Vorticityfel-dem.
praktische Vorhersagbarkeit: meint die gegenwärtig erreichte, nicht die theoretisch mögliche Vorhersag-barkeit. Letztlich überzeugend kann sie nur bestimmt werden durch systematischen Vergleich mit einem Zustand ohne (wissenschaftliche) Wettervorhersage, bei dem nur eine 'Persistenz' - oder 'Klima-Strategie' in Frage kommt. Eine wirkliche Vorhersagbarkeit liegt dann und nur dann vor, wenn - unter Beachtung statistischer Signifikanz! - die Güte(Leistung, skill)
>
0, mithin Fehler(Vorhersagen)
< Fehler(persistenz-und
Klimavorhersage). Siehe Abb. 1.Langzeittrends: beruhen hier zum Teil aufErgebnissen einer mehr als 25jährigen, unveränderten VerifIka-tionsroutine im MD/DWD.
Aktueller Stand
Berechnet und vergleicht man die oben definierte Güte unterschiedlichster Vorhersagen, so stellt man nicht nur die selbstverständliche Existenz 'von
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(Abb. 2) fest, sondern zuweilen auch die von t1,d.h. das "spin-up "-Problem beschränkt sich nicht nur auf die Numerische Wettervorhersage (NWV). Als Beispiel:Abb. 3. Vor allem die für die Praxis der Wettervor-hersage wichtige Größe
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gibt· in stringenter Weise Auskunft über die Fortschritte unserer Wissenschaft.Darüber hinaus hängt
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entscheidend ab von: Element, Ort, Jahreszeit, Wetterlage'und, vor allem, vom scale der vorherzusagenden meteorologischen Größe E, insbesondere der (klimatologischen) Grundwahrschein-lichkeit p(E) ihres Auftretens: Mit abnehmendem p(E), drastischer Abfall der Vorhersagbarkeit von E. Abb 4 -6.
8 9
'#- .t·t:.a,..IIII:.a...JI~~L..-.__..:.L...-~__:_--'...__.IIIh_~7,1
~..s
.2).L..---...
Abb.IO Leistungsvergleich SYN und DMO(EM) in der kurzfristigen Vorhersage versch iedener Wetterelemente!.ereignisse. DWD, 1997 3 0 . - - - = - - - ,
Abb. 9 Leistungs-Vergleich der automatischen AFREG-Vorhersagen der Niederschlagswahrscheinlichkeit p(RR>0mm/d) rur Potsdam im Jahre 1979 und 1997.
3O-r---.,
.12-\---'--'1--.---.-..--,.--,--r--1
0 2 3 4 5 6
Tage im voraus
Abb. 11 Leistungsvergleich SYN und AFREG·MIX in der Mitrelfristvorhersage. DWD, 1997.
RV In 27 Jahren:
MIN[I<]
RV in 27 Jahren:
l'O-t-'o-...,...,,-,-..,...,-....,...,..--...,...~.....,...,...,...~.....,...,~
n n B n n ~ ~ M V ~ ~ ~.~ W JaIv 19.
Abb. 7 Langzeit-Trend des mittleren Fehlers (rmse) Potsdamer Kurzfristvorhersagen für den Folgetag 12 UTC und RV-Gewinn innerhalb von 27 Jahren.
Abb. 8 Fortschritte (RV in 14 Jahren) in der kurzfristigen Wettervorhersage (DWD, Prognostilcer, 4/84 - 12/97).
B=Bedeckungsgrad; N.O,N.S=Niederschlag/12 Stunden mit Schwelle 0 bzw. O.5mm (hier TSS-Differenzen!)
DWD
~Tageim voraus
45-W1ndD6an>12m'l:,JA.NElN~ tO.9
40
30 35
50-,---...,
Abb. 5 Die Güte TSS der Vorhersage 12stündiger Niederschlagsmengen RR durch das EM.
Mit sinkender klimatologischer Grundwahrscheinlichkeit (RR-Schwellenwert höher oder/und f.tkleiner) nimmt auch die Vorhersagbarkeitsgrenze t2ab.
Abb. 4 Die praktische Vorhersagbarkeitt,erreichte im Jahr 1997 bei Punkt·Verifikation(!} je nach Wetterelementl
·ereignis 5 bis 11 Tage.
Trends
Bei aller kritischen Würdigung von teilweise nicht befriedigenden Vorhersageleistungen gewährt doch gerade der vergleichende Blick zurück unserer Wissenschaft eine erhebliche Aufmunterung (Abb. 7).
Aber auch hier zeigen sich auffällige Unterschiede im Grad des Fortschritts, der, was die Vorhersagezeit t betrifft, große Ähnlichkeit mit der Abb. 2 aufweist:
maximale Fortschritte in der Mittelfrist (t = +3 ...
+6 Tage), fast keine für t < 0.5 (Kürzestfrist) und t > 10 Tage (Langfrist).
Bezüglich der Standard-Kurzfrist-Vorhersagen und des bei verschiedenen Prediktanden außerordentlich divergierenden Leistungsfortschritts siehe Abb. 8.
Die Gründe für den allgemeinen, beeindruckenden Fortschritt in der (praktischen) Wettervorhersage -dem letztlich entscheidenden Qualitätstest unserer Wis-senschaft - sind unstrittig zu finden in der Weiterent-wicklung der NWV in ihrer Einheit von Beobach-tungsdaten, Analyse, Parametrisierung, Physik, Nu merik, Computer einerseits und Fortschritte im statistischen Post-Processing andererseits (Abb. 9).
Infolge dieser stets erwünschten Entwicklung ergaben sich aber, vor allem in den letzten 5 - 10 Jahren, zum Teil dramatische ÄnderungenimAnteil und Gewicht von 'Mensch' und 'Maschine' in der täglichen Erzeugung der Vorhersagen (Abb. 10 - 11).
Selbst in der Experten-Domäne "Flugwettervorher-sage " gibt es (nun auch in Deutschland) Beispiele sehr attraktiver 'Maschinen' -Produkte.
~ (1)25 (I)
t-Zieht man ein Fazit des 'state-of-the-art', so sind nach 20
wie vor die gleichen zwei Defizit-Felder auszumachen: 15
• die (kurzfristigen) Vorhersagen seltener, 10 gefährlicher Wetterereignisse und
• die Langfristvorhersagen über den 10. Tag o-!-,---,---,---,--~..,...-.,--~
hinaus die bedauerlicherweise und zu unrecht 0 1 2 :3 4 5 ;; 7
• ' . , Stunden im voraus
deutlich weruger AufmerksamkeIt der ForschendenAbb. 6 Im Extremfall mit f.t=1 Stunde wirdt,nicht erst
auf sich ziehen. in Tagen, sondern schon in 6\6 Stunden erreicht!
Nicht Meinungen und Wünsche, sondern nur eine systematische Verifikation können dabei helfen, den optimalen methodischen Ansatz in der Vorhersage des Wetters immer wieder neu zu bestimmen.
"Spin down" versus "Fill in" - zur Abschätzung des Effektes reibungsbedingter Sekundärzirkulationen
K Bemhardt Leibniz-Sozietät e.V.
Postfach 34 12563 Berlin
Reibungsbedingte Sekundärzirkulationen sind die Folge einer Störung des in einer freien Strömung herrschenden Kräftegleichgewichtes durch das Hinzutreten von Reibungskräften in der Nachbar-schaft von Begrenzungsflächen. Beispielsweise wird ein in reibungsfreier Strömung bestehendes Gleichgewicht zwischen Druckgradient-, Coriolis- und/oder Zentrifugalkraft (geostrophischer, Gra-dient- oder zyklostrophischer Wind) durch reibungsbedingte Verminderung der Geschwindigkeit nahe der Erdoberfläche modifiziert, so daß "sekundäre", darunter isobarenquere Strömungskompo-nenten in der Grenzschicht auftreten.
Die Vergenzen der zusätzlichen reibungsinduzierten Strömungskomponenten bewirken eine Sekun-därzirkulation senkrecht zum primären Stromfeld, die mit diesem in Wechselwirkung tritt und über die Modifikation der Massen- und Energiebilanz, der Wirbelgröße und weiterer Parameter der Grundströmung den Einfluß der Reibung weit über deren unmittelbaren Wirkungsbereich - die Grenzschicht - hinaus zur Geltung bringt.
Reibungsbedingte Sekundärzirkulationen sind ein weitverbreitetes Phänomen der geophysikalischen Hydrodynamik und zum Beispiel in der fluvialen Morphologie :fiir die Seitenerosion der Flußbetten, die Entstehung von Gleit- und Prallhängen sowiefiir Mäanderbildung und -verlagerung verantwort-lich (WEBER 1967, S.76 ff; vgl. auch EINSTEIN 1926, 1953). In der atmosphärischen Dynamik wurde der destruierende Effekt der Bodenreibung auf die Druckgebilde in Gestalt der "ausfiillenden", zum tiefen Druck gerichteten Luftbewegungen in der Bodenreibungsschicht (hier als ":fi11in" bezeich-net) bereits von EXNER (1917, 1925) und seither in vielen synoptischen Darstellungen qualitativ diskutiert, in quantitativer Weise aber nur vereinzelt, so in allgemeiner Form von BERNHARDT (1970) undfiir eine ausgewählte synoptische Situation von NIELINGER et al. (1996) behandelt.
Dagegen wird der Vorticityabbau oberhalb der bodennahen Reibungskonvergen:zJdivergenz, der sich infolge des Effektes der aus Kontinuitätsgründen zu erwartenden Divergenz/Konvergenz in der frei-en Atmosphäre abspielt, imAnschluß an CHARNEY, ELIASSEN (1949) in den meisten modemen Lehrbüchern der physikalischen, dynamischen oder synoptischen Meteorologie beschrieben und einer Abschätzung der Wirbel-Abklingzeit ("spin down") zugrunde gelegt, obgleich diese Betrachtungs-weise imGegensatz zu dem allgemeineren ":fi11in"-Konzept nur unter der zusätzlichen Annahme ei-ner barotropen Atmosphäre oder zumindest eines zum geostrophischen parallelen thermischen Win-des sinnvoll erscheint.
Kopplungsglied zwischen planetarer Grenzschicht (PGS) und freier Atmosphäre ist für beide Kon-zepte die reibungsbedingte Vertikalgeschwindigkeit w4inder Höhe h der PGS-Obergrenze, die sich mit dem Vektor der Schubspannungsgeschwindigkeit
\t =
cg(.v:cosa+ 1&~sina)
aus dem Rotor der SchubspannungT
an der Erdoberfläche zuW~/V~ = c; 1L\ '1"(.5 1
-.ALan", ~Vt )UJ5~+t~1MtoL] 'J61"
(1)ergibt, wenn die Variabilität der Luftdichte innerhalb der PGS sowie die Breitenabhängigkeit des
(2) Coriolisparameters vernachlässigt werden, ~g die relative geostrophische Vorticity bedeutet und sich die natürlichen Koordinaten~,
l\>
auf die Richtung des geostrophischen Windes bzw. der Bodeniso-baren beziehen; die Funktionen a, b bringen die Abhängigkeit der Produkte cg2cosa, cg2sina von der geostrophischen Windgeschwindigkeit zum Ausdruck und können in erster Näherung = 1 gesetzt werden (BERNHARDT 1970, 1992).Gleichung (1) gehtfiir die Ekmanspirale mit fiir z~O verschwindender Windgeschwindigkeit in den aus der Literatur bekannten Ausdruck Wh
=
~2rt
~gf1lfl
("Ekman pumping") über. Demgegenüber ermöglicht Formel (1) ohne unrealistische Annahmen (wie K=
const.) den Anschluß an die reich-haltigen Ergebnisse theoretischer, halbempirischer und experimenteller Untersuchungen zur Abhän-gigkeit des geostrophischen Spannungskoeffizienten cg und des Ablenkungswinkels a von den Schichtungs- und Untergrundverhältnissen; sie widerspiegelt ferner zusätzliche Vertikalbewegungs-bzw. Sekundärzirkulationseffekte speziell der Scherungsvorticity und der Geschwindigkeitsdivergenz des geostrophischen Bodenwindfeldes."Fill in" und "spin down" können unter den einander ausschließenden(!) Voraussetzungen fehlender bzw. die PGS-Vergenzen voll kompensierender Vergenzen in der freien Atmosphäre durch die aus (1) zu berechnende Größe Wh ausgedrückt werden, wobei die Druckstörung nach einer um etwa eine Größenordnung kürzeren Zeitskala als die relative Vorticity abklingt. Eine von diesem Widerspruch freie Abschätzung des Effektes reibungsbedingter Sekundärzirkulationen unter quasigeostrophischer Anpassung der Druck- und Vorticityänderungsfelder, wozu ein charakteristischer horizontaler Maß-stab 4 eingefiihrt wird, fiihrt zu auch aus der barotropen Vorticitygleichung ableitbaren konsisten-ten Ausdrückenfiir den reibungsinduzierten Abbau der relativen Vorticity und der Luftdruck- bzw.
Geopotentialstörung in der Gestalt
!l.. 4~' =- _ -1 ~
.f 4t //+ t';t; H~
mit der Skalenhöhe
Hh
= RTh/g fiir z = h und dem Quadrat L2 = RT/f2 der Rossbyschen Länge L (auch Rossbyscher Deformationsradius genannt).Mit (1) folgt bei Beschränkung auf den rechtsseitigen ~g-Termein hyperbolisches Abklingverhalten fiir relative Vorticity bzw. Geopotentialstörung mit einer Zeit 'tn = (n-1)(1+42/L2)Hlvgocg2cosa, nach der die Störung von der anfänglichen geostrophischen Windgeschwindigkeit vgO reibungs-bedingt auf den n-ten Teil ihrer Anfangsamplitude abgeklungen ist. Mit cg2cosa ~ 10-3 als Richtwert ist die Abklingzeit von der Größenordnung 106...107 s, im Gegensatz zu den in der Lehrbuchliteratur angegebenen Formeln aber vom räumlichen Scale der Störung und explizit von den Reibungsparame-tern cgund a abhängig, die den Einfluß der Bodenrauhigkeit sowie der thermischen Schichtung zum Ausdruck bringen und die ihrerseits aus Grenzschichtmodellen bzw. -experimenten entnommen oder mittels der Widerstandsgesetze parametrisiert werden können.
Literatur
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