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Einflüsse auf das Wiedereinsetzen der Ovarfunktionen post partum bzw. das Entstehen von Azyklie und Anöstrie

2.4.1 Einfluss von Fütterung und Körperkondition

Die von STAPLES und THATCHER (1990) untersuchten Milchkühe, die bis zum Tag 60 post partum eine normale zyklische Ovartätigkeit zeigten, hatten nach der Geburt ihre Futteraufnahme schneller gesteigert als Kühe, die zu diesem Zeitpunkt noch keine normalen Eierstocksfunktionen hatten. Diese Kühe nahmen in Relation zu ihrer Körpermasse weniger Futter auf. Die Autoren sehen deshalb einen Zusammenhang zwischen der Trockenmasseaufnahme nach der Kalbung und der Rückkehr zum normalen Zyklus, sowie

eine Koinzidenz von Körpermasseverlust und der damit einhergehenden negativen Energiebilanz während der ersten zwei Wochen post partum und der mangelnden Ovartätigkeit.

Die Körperkondition von Milchkühen zum Zeitpunkt der Abkalbung wird von OPSOMER et al. (2000) nicht als Risikofaktor für das verspätete Einsetzen zyklischer Ovarfunktionen gesehen. Entscheidend ist vielmehr der Gewichtsverlust im Laufe der ersten zwei Wochen post partum. SHRESTHA et al. (2005) und SAMARÜTEL et al. (2008) beobachteten ein verzögertes Einsetzen der zyklischen Ovartätigkeit von Milchkühen, die in den ersten Wochen p.p. eine geringere Körperkondition (Body Condition Score, BCS) hatten oder nach der Abkalbung viel Gewicht verloren.

Die prozentuale Veränderung des Körpergewichts von Milchkühen nach der Kalbung ist negativ korreliert zum Auftreten der ersten Ovulation (STEVENSON u. BRITT 1980).

ZUREK et al. (1995) sehen nicht das Ausmaß des Gewichtsverlustes, sondern die dynamischen Veränderungen in der Energiebilanz als entscheidenden Faktor für den Zeitpunkt der ersten Ovulation post partum. Dies deckt sich mit den Untersuchungen von WHITAKER et al. (1993) und PATTON et al. (2007), die eine positive Korrelation von Energiebilanz und dem Beginn der Lutealaktivität nach der Abkalbung beschrieben.

Bei schwerer Unterernährung oder als Folge einer negativen Energiebilanz kommt es durch eine Hemmung der GnRH-Sekretion zur verminderten Freisetzung von FSH und LH und damit zum verzögerten Wiedereinsetzen der Eierstocksfunktionen (JOLLY et al. 1995;

GOEHRING et al. 1999).

STUMPF et al. (1992) untersuchten die Auswirkungen der Körperkondition von Fleischkühen auf die Länge des postpartalen Intervalls. Kühe in besserer Kondition hatten eine kürzere Dauer des postpartalen Anöstrus im Vergleich zu Kühen mit niedrigerem Body Condition Score.

Bei Fleischkühen in guter Kondition verlängert ein moderater Gewichtsverlust nach der Kalbung das postpartale Intervall nicht (HUMPHREY et al. 1983). RICHARDS et al. (1989) induzierten einen Anöstrus bei Herefordkühen durch restriktive Fütterung. Dabei kam es zu reduzierten LH-Konzentrationen und selteneren LH-Puls-Frequenzen. Bei Steigerung der Futtermenge setzten die Brunstzyklen wieder ein (RICHARDS et al. 1989).

Mit steigenden Futtermengen bei säugenden Fleischkühen sank das Intervall von Kalbung bis zum ersten Östrus post partum. Die unterschiedliche Futteraufnahme hatte allerdings keinen Effekt auf die LH-Freisetzung aus der Hypophyse. Wichtigeren Einfluss hatte die Erhaltung der Körperkondition p.p. unabhängig von der Nährstoffaufnahme. Fleischkühe, die ihr Gewicht nach der Abkalbung hielten, hatten eine kürzere Dauer des postpartalen Anöstrus als Kühe, die nach der Abkalbung Gewicht verloren (RUTTER u. RANDEL 1984).

2.4.2 Einfluss von Laktation/Milchleistung/säugendem Kalb

Die Milchleistung in den ersten 100 Tagen p.p. war bei den von OPSOMER et al. (2000) untersuchten Kühen kein Risikofaktor für verzögerte postpartale Ovartätigkeit. Allerdings fanden die Autoren einen Zusammenhang zwischen dem Proteingehalt der Milch und verspäteten Eierstocksfunktionen und damit zwischen der Energiebilanz nach der Kalbung und der zyklischen Ovartätigkeit.

In der Studie von STAPLES und THATCHER (1990) hatten Kühe, die bis 60 Tage p. p.

keinen Zyklus hatten, eine niedrigere Milchleistung als Kühe, deren Ovarfunktionen schon früher wieder einsetzten. Deshalb folgerten die Autoren, dass der Energiestatus nach der Abkalbung wichtiger sei als die Milchleistung in Bezug auf das Einsetzen der Ovarfunktionen. Anöstrische Kühe hatten eine atypische Laktationskurve mit schnellem Anstieg, Peak in der zweiten Woche und schnellem Abfall. Diese Tiere bauten außerdem mehr Körpermasse ab, um die Milch zu produzieren.

SMOLDERS et al. (1996) berichten hingegen von einer höheren Milchleistung (2,65 kg

„fettkorrigierte“ Milch (fat corrected milk, FCM) mehr pro Tag als der Durchschnitt) anöstrischer Kühe im Vergleich zu Tieren, die bis zum 50. Tag post partum zyklische Ovartätigkeit wiedererlangt hatten.

Bei den Untersuchungen von STEVENSON und BRITT (1980) zeigte sich nur ein geringer Einfluss von Energieaufnahme und Milchleistung während der ersten zwei Wochen post partum auf die Ovaraktivität. Die Autoren schließen aber die Gesamtlaktationsleistung als Einflussfaktor auf die Eierstocksfunktionen nach der Abkalbung nicht aus.

Kühe, die gemolken werden, zeigen im allgemeinen schneller wieder zyklische Ovaraktivität als Tiere, die ein Kalb säugen. Dabei verzögert sich die Ovartätigkeit umso länger, je stärker die Saugaktivität ist (LAMMING et al. 1981).

Einige Autoren beschreiben einen inhibitorischen Effekt des Säugens auf die Aktivität des Hypothalamus, indem die pulsatile GnRH-Freisetzung und damit die LH-Freisetzung gehemmt wird. Dies verzögert das Einsetzen des Zyklus nach der Kalbung (LAMMING et al.

1981; WALTERS et al. 1982; HUMPHREY et al. 1983).

So haben Milchkühe mit ca. 24 Tagen eine kürzere azyklische Phase post partum als säugende Kühe (ca. 57 Tage) (PETERS 1984).

Die LH-Konzentration im Blut steigt bei Mutterkühen mit säugendem Kalb kurze Zeit nach dem Absetzen an. Auch die Frequenz der LH-Peaks im Blut war nach dem Absetzen der Kälber höher als bei säugenden Kühen, während die Kortisonspiegel in beiden Gruppen nahezu gleich blieben. Deshalb vermuten WHISNANT et al. (1985) keinen inhibitorischen Effekt von Serumkortison auf die LH-Sekretion bei säugenden Mutterkühen.

2.4.3 Einfluss von Krankheiten

Das Auftreten von Krankheiten (Stoffwechselstörungen, klinische Mastitis, Lahmheit) in den ersten vier Wochen post partum ist ein Risikofaktor für das verzögerte Einsetzen der zyklischen Ovartätigkeit. Dabei gehen OPSOMER et al. (2000) davon aus, dass es während der Krankheit zu verminderter Futteraufnahme und damit zu einer negativen Energiebilanz kommt.

Demgegenüber fanden STAPLES und THATCHER (1990) bei den von ihnen untersuchten hochleistenden Milchkühen keinen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Krankheiten und verzögerter Ovarfunktion.

Kühe mit gestörter Geburts- und Puerperalphase zeigen den ersten deutlichen Progesteronanstieg ca. fünf Tage später als Kühe ohne Komplikationen. Bei Tieren ohne Endometritis puerperalis begann die Ovarfunktion post partum ungefähr neun Tage früher als bei Kühen mit Endometritis (BOSTEDT et al. 1985).

DE KRUIF (1977) fand keinen Zusammenhang zwischen dem Verlauf von Geburt und Puerperium und dem Auftreten von Suböstrus und Azyklie.

 

2.4.4 Einfluss der Jahreszeit

Das Intervall bis zur ersten Lutealaktivität post partum ist bei im Herbst gekalbten Milchkühen mit ungefähr 23 Tagen kürzer als zu jeder anderen Jahreszeit und am längsten im Frühjahr (ca. 28 Tage) (DARWASH et al. 1997).

Dies wird von SAVIO et al. (1990) bestätigt, die bei im Herbst gekalbten Milchkühen signifikant früher einen dominanten Follikel fanden als bei Tieren, die im Frühjahr kalbten.

(ca. sieben Tage p.p. im Herbst gegenüber ca. 20 Tagen p.p. im Frühling). Allerdings gab es in beiden Gruppen keinen signifikanten Unterschied im Zeitpunkt der ersten Ovulation post partum (SAVIO et al. 1990a).

Auch CHOI et al. (1977) vermutet einen Einfluss der Jahreszeit auf die Länge des postpartalen Intervalls (PPI), da bei Untersuchungen an gemolkenen Fleckviehkühen im Sommer die erste Brunst post partum früher auftrat als bei Untersuchungen auf dem gleichen Betrieb im Winter.

Milchkühe, die im Winter abkalben, zeigen häufiger ein verzögertes Einsetzen der zyklischen Ovartätigkeit als Kühe, die während der Weidesaison abkalben (OPSOMER et al. 2000).

2.4.5 Einfluss der Anzahl der Abkalbungen

Zu diesem Thema gibt es in der Literatur sehr unterschiedliche Ergebnisse.

Bei den von STAPLES und THATCHER (1990) untersuchten multiparen hochleistenden Milchkühen zeigte sich kein Zusammenhang zwischen dem Alter der Tiere und der Zeit bis zum Wiedereinsetzen der Ovartätigkeit post partum.

Demgegenüber beschreiben DARWASH et al. (1997), dass das Intervall bis zum Beginn der Lutealaktivität bei den von ihnen untersuchten Milchkühen (erste bis zwölfte Laktation) mit der Anzahl der Abkalbungen länger wird.

Im Gegensatz dazu zeigte sich in einer weiteren Untersuchung an Milchkühen bei den Färsen ein erster Anstieg der Progesteronkonzentration ca. 45 Tage nach der Kalbung, bei zweitkalbigen Tieren schon ca. 28 Tage post partum und ca. 39 Tage nach der Abkalbung bei Mehrkalbskühen (BOSTEDT et al. 1985). TANAKA et al. (2008) fanden bei ihren Studien eine negative Korrelation zwischen der Anzahl der Abkalbungen von Milchkühen und der Länge der Dauer bis zur ersten Ovulation post partum.

2.4.6 Einfluss der Trockenstehzeit

Milchkühe, die nicht trockengestellt wurden und durchgehend mit hohen Mengen an Energie versorgt wurden, zeigten schneller Follikelwachstum und eine kürzere Zeit bis zur

ersten Ovulation post partum (ca. 13 Tage) im Vergleich zu Kühen, die 28 oder 56 Tage trockengestellt wurden und während dieser Zeit weniger energiereiches Futter aufnahmen (GÜMEN et al. 2005).

OPSOMER et al. (2000) fanden bei Untersuchungen an hochleistenden Milchkühen heraus, dass eine Trockenstehzeit von über 77 Tagen das Intervall bis zum Einsetzen der zyklischen Ovartätigkeit nach der Abkalbung verlängert.

2.4.7 Einfluss sonstiger Faktoren

Weitere Faktoren, die die Länge des postpartalen Intervalls beeinflussen, werden von verschiedenen Autoren beschrieben.

STUMPF et al. (1992) schlussfolgern, dass Fleischkühe in durchschnittlicher Körperkondition zum Zeitpunkt der Abkalbung auf die Anwesenheit eines Bullen in der Herde mit einem verkürzten postpartalen Anöstrus reagieren. Kühe mit niedrigerem Körpergewicht werden stärker von der Präsenz eines Bullen beeinflusst als Tiere mit einer besseren Körperkondition.

Die Autoren vermuten eine Stimulation der GnRH-Sekretion und damit die Beeinflussung der Ovartätigkeit durch den Bullen.

Ursache für die Differenzen in der Länge der postpartalen Intervalle bei einzelnen Tieren können laut DARWASH et al. (1997) vererbbare Unterschiede in der Sensitivität von Hypophyse und Ovar auf GnRH-Signale sein. Die Autoren vermuten, dass eine genetische Selektion auf kürzere Intervalle bis zur Lutealaktivität nach der Abkalbung möglich sei.

OPSOMER und DE KRUIF (1999) beschreiben den Zusammenhang zwischen der Uterusinvolution nach der Abkalbung und dem Einsetzen der ovariellen Aktivität. Dabei verhindert vom Endometrium produziertes und sezerniertes PGF2α das Wiedereinsetzen der Ovartätigkeit.