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3 Vorschlag zur Weiterentwicklung der bestehenden Redispatch-Regelungen

3.6 Analyse des Redispatch-Potenzials von KWK- und EE-Anlagen

3.7.2 Einbeziehung EE-Anlagen

Im Szenariozweig „Einbeziehung von EE-Anlagen“ wird gezielt die aktuell geltende Vorrangregel für EE-Anlagen aufgehoben (vgl. Abbildung 3.1). Die EE-Anlagen werden somit in die den ÜNB zur Verfügung stehenden Möglich-keiten der Leistungsanpassungen der konventionellen Kraftwerke eingereiht. Dabei ist es entscheidend, mit welchen Kosten eine Abregelung von EE-Anlagen belegt wird. Wie bereits diskutiert, wurde im Rahmen der Studie eine dem Gutachter sinnvoll erscheinende Bandbreite der Abregelungskosten angenommen, die zwischen 0 und 100 €/MWh liegt. Die Einspeisung von wärmegeführten KWK-Anlagen wird für dieses Szenario weiterhin ausschließlich nach-rangig abgeregelt. Ebenso wird die Anforderung von in der Netzreserve befindlichen Kraftwerken nachnach-rangig vorge-nommen. In diesem Szenario wird somit gezielt eine Absenkung der Einspeiseleistung von EE-Anlagen durchge-führt, wenn dadurch die Anforderung der Netzreserve ganz vermieden oder verringert werden kann.

Um der Sonderrolle der Biomasse gerecht zu werden, bei der eine Abregelung der Einspeiseleistung bei einigen Anlagen nachgeholt werden kann, werden die Abregelungskosten gegenüber den sonstigen EE-Anlagen jeweils 30 €/MWh niedriger angesetzt. Somit wird sichergestellt, dass Biomasseanlagen vorrangig zu Wind- und PV-Anla-gen abgeregelt werden. Dieser hier für alle BiomasseanlaPV-Anla-gen pauschal umgesetzte Ansatz über den gesamten Si-mulationszeitraum müsste in der Praxis für jede einzelne Biomasseanlage, ggf. auch in zeitlicher Abhängigkeit, überprüft werden.

3.7.2.1 Redispatch-Volumen

In Abbildung 3.13 sind die sich unter diesen Prämissen ergebenden Redispatch-Volumina aufgeführt. Um die grund-legenden Effekte zu erläutern, werden zunächst die Kosten der Abregelung mit 100 €/MWh angesetzt. Im Anschluss erfolgt eine vergleichende Gegenüberstellung der Simulationsergebnisse, wenn die Abregelungskosten variiert wer-den. Als Referenz sind die sich im Basisszenario ergebenden Redispatch-Volumina unter Berücksichtigung der der-zeit geltenden Vorrangregelungen dargestellt.

Abbildung 3.13: Vergleich der jährlichen Redispatch-Beiträge zwischen dem Basisszenario und dem Szenario „Einbeziehung EE“. Kosten der EE-Abregelung an realen Vergütungssätzen angelehnt und mit 100 €/MWh angenommen.

Durch die Relativierung des Einspeisevorrangs kann das jährliche Redispatch-Volumen aufgrund der im Vergleich hohen Effektivität der EE-Standorte für die Engpassentlastung von insgesamt 12,3 TWh um 13 % auf 10,7 TWh re-duziert werden. Dabei zeigt sich, dass insbesondere die Redispatch-Beiträge von vergleichsweise grenzkostenspe-zifisch teuren Kraftwerken, wie Gas- und Ölkraftwerke, deutlich abnehmen. Dies betrifft insbesondere auch die An-forderung der Netzreservekraftwerke, die im Vergleich zum Basisszenario um 20 % geringer ausfällt.

Gleichzeitig steigt die netzbedingte Leistungsreduktion der EE-Anlagen signifikant um etwa 40 % auf 5,1 TWh an.

Während die Abregelung der Photovoltaikanlagen im Vergleich zum Basisszenario auf demselben Niveau verweilt, werden vermehrt Biomasse- und Windenergieanlagen abgeregelt. Im Hinblick auf diese starke Erhöhung der EE-Abregelung erscheint fraglich, ob die Vorteile des geringeren Redispatch-Volumens und die geringere Anforderung der Netzreserve überwiegen. Diese Diskussion wird insbesondere im Abschnitt 3.9 erneut aufgegriffen.

In Abbildung 3.14 ist eine Gegenüberstellung der Simulationsergebnisse bei Variation der angenommenen Kosten der Leistungsanpassung von EE-Anlagen angenommen.

-10 -5 0 5 10 15

Abbildung 3.14: Vergleich der jährlichen Redispatch-Volumina zwischen dem Basisszenario und Szenarien mit der Einbeziehung von EE-Anlagen in Abhängigkeit von den angenommenen Kosten der Abregelung.

Es zeigt sich, dass bei der hier untersuchten Bandbreite der angenommenen volkswirtschaftlichen Kosten der EE-Abregelung das verbleibende notwendige Redispatch-Volumen auf demselben Niveau von etwa 10,7 TWh liegt. Er-wartungsgemäß steigt allerdings das Volumen der EE-Abregelung mit sinkenden Kosten an. Während die Differenz zwischen dem Szenario mit einer Bepreisung der EE-Abregelung anhand der durchschnittlichen Vergütung und so-mit so-mit 100 €/MWh sowie dem Szenario so-mit 60 €/MWh, bei denen die Kosten in Anlehnung an die Vergütungssätze heute in Betrieb genommener Anlagen gewählt wurden, bei lediglich 0,1 TWh liegt, steigt das Volumen der Abrege-lung im Szenario mit einer Bepreisung der AbregeAbrege-lung der betrachteten EE-Anlagen von 0 €/MWh deutlich an. Dies liegt insbesondere an der signifikanten Zunahme der Abregelung von Biomasseanlagen, deren Leistungsanpassung in diesem Szenario – aufgrund des möglichen Nachholens der Einspeisung und somit keinem direkten Verlust von EE-Strom (vgl. Abschnitt 3.6) – pauschal mit -30 €/MWh angenommen ist und somit mit zum Teil geringeren Kosten verbunden ist als konventionelle Kraftwerke mit vergleichsweise günstigen variablen Kosten. In der Folge findet in diesem Szenario vorrangig ein Abtausch zwischen der Einsenkung konventioneller Anlagen und der Biomasseanla-gen statt. Das Redispatch-Volumen kann durch diesen Abtausch allerdings nicht weiter verringert werden.

Losgelöst von den angenommenen volkswirtschaftlichen Kosten der EE-Abregelung wird aufgrund der weiterhin bestehenden nachrangigen Anforderung der Netzreserve deren Einsatz in allen Szenarien minimiert und somit eine Abregelung von EE-Anlagen vorgenommen, wenn hierdurch die Netzreserveanforderung verringert werden kann.

Entsprechend liegt die verbleibende notwendige Netzreserveanforderung in allen Szenarien mit Einbeziehung der EE-Anlagen in den Redispatch auf demselben Niveau. Gegenüber dem Basisszenario nimmt diese um etwa 20 % ab.

3.7.2.2 Volkswirtschaftliche Kosten

Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Implikationen auf die volkswirtschaftlichen Kosten bestehen können, wenn der heute bestehende Einspeisevorrang der EE-Anlagen aufgehoben wird. Die genaue Höhe der

volkswirtschaftli--15 -10 -5 0 5 10 15

Basis

EE 100€

EE 60€

EE 0€

konv.

NR EE

TWh Hochfahren

Einsenken

chen Kosten zur Engpassbeseitigung wird dabei maßgeblich von den Annahmen zu den volkswirtschaftlichen Kos-ten der EE-Abregelung bestimmt, die in der zuvor beschriebenen Bandbreite zwischen 0 €/MWh, der mittleren Ver-gütung von Neuanlagen (ca. 60 €/MWh) und der mittleren tatsächlichen VerVer-gütung (ca. 100 €/MWh) variiert wurden.

Um einen Vergleich der Änderungen der volkswirtschaftlichen Kosten mit der Praxis vornehmen zu können, ist es für jeden Ansatz notwendig, auch im Basisszenario die angenommenen Kosten für die abgeregelte EE-Menge zur Bewertung anzusetzen, die auch in der Sensitivität angesetzt wurden.

In Abbildung 3.15 sind im Vergleich die sich unter dieser Prämisse ergebenden volkswirtschaftlichen Kosten des Basisszenarios und des Szenarios bei angesetzten Kosten der EE-Abregelung in Höhe der mittleren tatsächlichen Vergütung (ca. 100 €/MWh) dargestellt.

Abbildung 3.15: Vergleich der volkswirtschaftlichen Kostenänderungen, aufgeschlüsselt auf Primärenergieträger zwischen dem Basissze-nario und dem SzeBasissze-nario „Einbeziehung EE“. Kosten der EE-Abregelung in beiden Szenarien an mittleren realen Vergütungssätzen ange-lehnt und mit 100 €/MWh angenommen.

Durch die Einbeziehung der EE-Anlagen in den Redispatch-Prozess können die Kosten für die konventionellen Kraftwerke inklusive der Netzreserve in Summe um 10 % auf 510 Mio. € gesenkt werden. Die Kosten für die Anfor-derung der Netzreservekraftwerke, die im Rahmen der Studie aufgrund nicht öffentlich zugänglicher Vertragsdaten mit 150 €/MWh abgeschätzt wurden, gehen um rund 20 % zurück.

Gleichzeitig zeigt sich, dass die Kosten für die EE-Abregelung gegenüber dem Basisszenario deutlich zunehmen und somit letztlich auch die gesamten volkswirtschaftlichen Kosten höher sind als im Basisszenario. Dies ist

insbe--200 0 200 400 600 800 1.000 1.200

Basis

sondere auf Situationen zurückzuführen, in denen durch die EE-Abregelung gezielt die Anforderung von Netzre-serve vermieden oder zumindest reduziert werden kann. Da die Anforderung von NetzreNetzre-serve unter den in diesem Szenario festgelegten Randbedingungen (nachrangiger Netzreserveeinsatz) auf jeden Fall minimiert werden soll, werden hierzu auch gezielt EE-Anlagen abgeregelt. Dies führt in einigen Situationen zu einer deutlichen Kostenzu-nahme im Vergleich zum Basisszenario.

Es ist somit fraglich, ob eine Relativierung des EE-Vorrangs in der Praxis zu ökonomisch anzustrebenden Ergebnis-sen führt, wenn gleichzeitig die Netzreserveanforderung unter allen Umständen minimiert wird und hierdurch sowohl die Kosten als auch die EE-Abregelungsmengen gegenüber der aktuellen Praxis deutlich zunehmen.

Diese Aussage ändert sich nicht grundlegend, wenn die Annahmen zu den volkswirtschaftlichen Kosten der EE-Abregelung – sowohl bei der Auswahl der Redispatch-Maßnahmen als auch deren Kostenauswertung – variiert wer-den. In Abbildung 3.16 sind volkwirtschaftliche Kosten in Abhängigkeit von den Kostenannahmen der EE-Abrege-lung dargestellt. Um einen fairen Vergleich mit dem Basisszenario vornehmen zu können, ist es notwendig, jeweils auch im Basisszenario die Kosten der EE-Abregelung entsprechend der Szenarioannahmen mit Relativierung der EE-Vorrangregel zu bewerten. Da im Basisszenario die Abregelung von EE-Anlagen nach Möglichkeit vollständig vermieden wird – unabhängig von den angenommenen volkswirtschaftlichen Kosten der Abregelung – ist der Ver-gleich jeweils zulässig.

Abbildung 3.16: Vergleich der volkswirtschaftlichen Kostenänderungen zwischen dem Basisszenario und den Szenarien „Einbeziehung EE“ in Abhängigkeit von angenommenen Kosten der EE-Abregelung.

Werden EE-Abregelungskosten deutlich niedriger angesetzt, können die Kosten für konventionelle Kraftwerke inklu-sive der Netzreserve weiter leicht reduziert werden. Am niedrigsten fallen diese mit 527 Mio. € aus, wenn bei der Auswahl von Redispatch-Maßnahmen die EE-Abregelung nicht mit Kosten belegt wird (0 € MWh). Zwar steigen die EE-Abregelungsmengen im Vergleich zum Basisszenario signifikant an, da dies aber gemäß der Szenarioannah-men die volkswirtschaftlichen Kosten nicht erhöht, liegen die volkswirtschaftlichen Kosten unter denen des Ba-sisszenarios. Mit lediglich 50 Mio. € ist die mögliche Kostenreduktion allerdings vergleichsweise niedrig.

0 200 400 600 800 1.000 1.200

Basis 0€

EE 0€

Basis 60€

EE 60€

Basis 100€

EE 100€

Mio. €

Mit steigenden EE-Abregelungskosten nehmen die Kosten für Redispatch-Maßnahmen bei konventionellen Kraft-werken in der Tendenz leicht zu, verbleiben aber grundsätzlich auf demselben Niveau. Allerdings nimmt die gegen-über dem Basisszenario mögliche Kostenreduktion deutlich ab, wenn EE-Abregelungskosten berücksichtigt werden.

Im Szenario mit einer Bepreisung der EE-Abregelung in der Höhe von 60 €/MWh sind die gesamten volkswirtschaft-lichen Kosten nahezu auf dem Niveau des Basisszenarios und unterschreiten dieses nur unwesentlich mit 6 Mio. €.

3.7.2.3 CO2-Emissionen

Die Relativierung des EE-Vorrangs und die hiermit verbundene Zunahme der EE-Abregelung haben Auswirkungen auf die jährlichen redispatchbedingten CO2-Emissionen. In Abbildung 3.17 sind je Primärenergieträger die CO2 -Emissionen im Basisszenario sowie im Szenario mit Relativierung des EE-Vorrangs und angesetzten Abregelungs-kosten von 100 €/MWh dargestellt.

Abbildung 3.17: Vergleich der CO2-Emissionen zwischen dem Basisszenario und dem Szenario „Einbeziehung EE“. Kosten der EE-Abrege-lung an mittleren realen Vergütungssätzen angelehnt und mit 100 €/MWh angenommen.

Die Änderungen in den Redispatch-Volumina spiegeln sich ebenfalls in den durch Redispatch zusätzlichen sowie eingesparten CO2-Emissionen wider. Die Relativierung des EE-Vorrangs führt in erster Linie dazu, dass Kraftwerke mit tendenziell günstiger Stromerzeugung seltener netzbedingt heruntergefahren werden. Da hierzu neben Kern-energiekraftwerken insbesondere Kohlekraftwerke zählen, gehen im Vergleich zum Basisszenario die eingesparten und auf Kohle basierenden CO2-Emissionen um 2,5 Mio. t zurück. Da gleichzeitig die EE-Abregelung keine Emissio-nen einspart, liegen die durch Abregelung konventioneller Kraftwerke eingesparten CO2-Emissionen bei Relativie-rung des EE-Vorrangs 36 % unterhalb des entsprechenden Wertes im Basisszenario. Zwar gehen gleichzeitig auch die zusätzlichen Emissionen um etwa 8,5 % zurück, im Saldo überwiegt aber der Effekt der geringeren eingesparten Emissionen. In Summe nehmen die durch Redispatch verursachten CO2-Emissionen somit um 1,8 Mio. t zu.

Je niedriger die volkswirtschaftlichen Kosten bei der EE-Abregelung angesetzt werden, desto stärker ist dieser Ef-fekt ausgeprägt. In Abbildung 3.18 sind die jährlichen CO2-Emissionen in Abhängigkeit von den angenommenen Kosten der EE-Abregelung dargestellt.

Abbildung 3.18: Vergleich der CO2-Emissionen zwischen dem Basisszenario und den Szenarien „Einbeziehung EE“ in Abhängigkeit von angenommenen Kosten der EE-Abregelung.

Im Vergleich zu dem bereits diskutierten Szenario (EE 100 €) steigen die CO2-Emissionen bei weitergehender Rela-tivierung des Einspeisevorrangs weiter an. Reduziert man die Kosten für die EE-Abregelung auf 60 €/MWh ist der Vergleich zu dem bereits gezeigten Szenario allerdings gering ausgeprägt. Wie bereits schon bei den Redispatch-Volumina liegen die Ergebnisse dieser beiden Szenarien dicht beieinander. Werden keine Kosten bei der EE-Abre-gelung berücksichtigt, steigen die CO2-Emissionen im Vergleich hingegen stärker an. Dieser Effekt ist – wie auch bereits bei der Gegenüberstellung der Redispatch-Volumina beschrieben – auf den Abtausch von Biomasseanlagen und konventionellen Kraftwerken zurückzuführen. Dass bei der Einspeisereduktion von Biomasseanlagen keine CO2-Emissionen eingespart werden, macht sich entsprechend auch beim Saldo der durch Redispatch verursachten Emissionen bemerkbar. In Summe steigen diese etwa auf 4,5 Mio. t im Jahr an.