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Eigentumsschutz bzw Vermögensschutz

B. Eigentum

6. Eigentumsschutz bzw Vermögensschutz

Wie oben gesehen, ist in Österreich für Kryptowerte qua ausschließlicher Beherrschbarkeit trotz ihrer Unkörperlichkeit wohl durchaus Besitz und auch Eigentum ieS anzunehmen. Ein Blick in die Schweiz1029 und nach Deutschland1030 zeigt, dass die hA ein Eigentumsrecht an Bitcoins in der literarischen Auseinandersetzung mangels Körperlichkeit ablehnt. Dies freilich vor dem Hintergrund des sehr engen Sachbegriffs in den beiden Rechtsordnungen. In Deutschland verlangt auch die Rsp die Körperlichkeit einer Sache. Ein absoluter Schutz aus Eigentumsrechten liegt daher fern. Eine Übertragung findet ausschließlich auf schuldrechtlicher Ebene statt. Werte auf einer Blockchain sind keiner dinglichen Rechtsposition zugänglich. Dennoch sieht man zumindest ein „eigentumähnliches Verfügungsrecht“ iS einer ebenfalls absolut geschützten Rechtsposition iSv anderen Rechten gem § 823 BGB.1031

Wer in Österreich eine Differenzierung zu körperlichen Gegenständen aufrecht halten möchte, könnte auch von einer Berechtigung an Kryptowerten sprechen. Diese Erkenntnis hat die Anwendung von zivilrechtlich bewährten Regeln zur Folge. Eine Einzelprüfung der Normen, nicht eine pauschale Anerkennung, scheint dabei angezeigt.1032 Kryptowerten als Gegenständen eines absoluten Rechts einen ebenso absoluten Schutz zuzusprechen, ist vernünftig und wünschenswert.1033 Der Schutz muss dabei korrekterweise der Verwendung der Schlüsselpaare zur Initiierung von Transaktionen zukommen. Damit verfügt der Nutzer über virtuelle Kryptowerte auf der Blockchain. Die Kryptowerte sind nur ein Ausdruck der Transaktionshistorie, keine eigenen gespeicherten Daten. Dieser Schutz ließe sich genauso vom Besitz ableiten, welcher ebenso auf eine tatsächliche Verfügungsgewalt abstellt.1034

a) Eigentumsklage gem § 366 ABGB

Das Eigentum als absolutes Recht an einer Sache berechtigt den Eigentümer, diese Sache von jedem, der sie unbefugterweise in seiner Macht hat, heraus zu verlangen. Die Eigentumsklage, die rei vindicatio des römischen Rechts, ist dazu das Mittel der Wahl.1035 Die Vindikation manifestiert die dem Eigentümer in § 354 ABGB verliehene Ausschließungsmacht gegen jedermann.1036

1029 Vgl für die Schweiz: Eggen, Was ist ein Token? AJP 2018, 562.

1030 Vgl für Deutschland Boehm/Pesch, MMR 2014, 75 (77).

1031 Shmatenko/Möllenkamp, Digitale Zahlungsmittel in einer analog geprägten Rechtsordnung, MMR 2018, 495, 498.

1032 Vonkilch/Knoll, JBl 2019, 139 (142).

1033 Seiler/Seiler, sui-generis 2018, 149 (162).

1034 Shmatenko/Möllenkamp, Digitale Zahlungsmittel in einer analog geprägten Rechtsordnung, MMR 2018, 495, 498.

1035 Holzhammer/Roth, Bürgerliches Recht6 286 ff.

1036 Eccher/Riss in KBB6 § 366 Rz 1.

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Die in § 366 ABGB geregelte rei vindicatio erfasst ihrer ursprünglichen Konzeption nach Sachen wie auch Rechte.1037 Dennoch ist es die hA, dass sich die Eigentumsherausgabeklage für unkörperliche Sachen, wegen deren Ubiquität und mangelnder Sachbeherrschbarkeit, nicht eignet.1038 Beide Argumente sind für Kryptowerte als nicht kopierbare und beherrschbare unkörperliche Gegenstände nicht aufrecht zu erhalten. Der quasi-körperliche Charakter von Kryptowerten macht sie grundsätzlich für eine Anwendung der Eigentumsklage tauglich.

Bei der Prüfung der Aktivlegitimation des Klägers, der Passivlegitimation des Beklagten und darauf, ob der Beklagte eine Einwendung aus einem Recht zur Innehabung geltend machen kann, ergeben sich keine wesentlichen Unterschiede zu körperlichen Gegenständen.

Denkbar bei Kryptowerten ist eine unbefugte Verwendung des privaten Schlüssels zur Übertragung von Kryptowerten auf eine andere Adresse. Solange der nunmehrige Inhaber nicht gem §§ 367 oder 371 ABGB originär Eigentum und damit das Verfügungsrecht erlangt hat, bleibt der Kläger aktivlegitimiert.1039 Ein Kläger kann aber auch bei Verträgen über Kryptowerte Eigentum dadurch wiedererlangen, dass ein der Übertragung zugrunde liegender Titel mit dinglicher ex tunc Wirkung angefochten wird. Auch darin unterscheiden sie sich nicht von körperlichen Sachen.1040

Die geforderte Individualisierbarkeit der betreffenden Sache gem § 370 ABGB bedarf allerdings genauerer Betrachtung.

Der Kläger hat die Sache anhand bestimmter Merkmale bzw besonderer Kennzeichen derart zu bestimmen, dass sich eine Identität, der in der Gewahrsame des Gegners befindlichen Sache mit der von ihm beanspruchten Sache ergibt. In der Regel sind Kryptowerte als vertretbare Sachen ausgestaltet und nicht anhand bestimmter Merkmale von den Einheiten derselben Gattung unterscheidbar. Der Kläger hat kein Interesse an einem bestimmten Kryptowert.

Kryptowährungen vergleicht man oftmals mit Bargeld. Die Herausgabe von Bargeld scheitert regelmäßig an zwischenzeitlich originärem Erwerb durch Vermengung. Dieser ist, wie oben im Kapitel zum originären Erwerb ausgeführt, bei den meisten Kryptowährungen nicht möglich.1041 Zwar unterscheidet sich ein Kryptowert nicht anhand spezifischer Merkmale von einem anderen derselben Ausgestaltung, doch aufgrund der Nachverfolgbarkeit aller Transaktionen über die gesamte Historie eines Blockchain-Netzwerks ist ein bestimmter Kryptowert anhand seiner zugehörigen UTXOs sehr wohl individualisierbar. Der Kläger kann somit beweisen, dass der

1037 Wendehorst in FS 200 Jahre ABGB 84, mit Verweis auf: Zeiller, Commentar II/1, 130 f.

1038 Hodik, UFITA 95/1993, 93.

1039 Seiler/Seiler, sui-generis 2018, 149 (160).

1040 Buchleitner/Rabl, ecolex 2017, 4 (10).

1041 Siehe Kapitel IV. B. 4. b).

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fragliche Kryptowert vormals seiner Adresse zugewiesen war. Kryptowerte sind somit grundsätzlich individualisierbar und einer Eigentumsklage gem § 366 ABGB zugänglich.

Dies gilt noch mehr für die nicht-fungiblen Kryptowerte.1042 Sie zeichnet aus, dass sie eben individuell bestimmbar und nicht vertretbar sind. Wird ein solcher nicht-fungibler Kryptowert unberechtigt einer neuen Adresse zugeschrieben, hat der aktivlegitimierte bisherige Verfügungsberechtigte ein Interesse, genau diesen Kryptowert vom nunmehrigen passivlegitimierten Besitzer zurückgestellt zu bekommen.

Die Pseudoanonymität hingegen kann zum Verfolgungshindernis werden. Bei der ex tunc Anfechtung eines Vertrages kennt der Kläger idR zwar seinen Geschäftspartner. Der Verfolgung steht die Pseudoanonymität aber dann im Wege, wenn der Kryptowert zwischenzeitlich mehrfach weiter transferiert wurde und die jeweiligen Inhaber nicht kooperieren. Der Kläger kann dann zwar nachverfolgen, welcher Adresse oder welchen Adressen sein beanspruchter Kryptowert mittlerweile zugeschrieben wird, aber keine konkrete Person benennen. Dasselbe gilt bei unbefugtem Verwenden des privaten Schlüssels und der Übertragung auf eine Adresse, die einer konkreten Person, welche dem Kläger idR wohl nicht bekannt sein dürfte, zugewiesen ist.

Anders sieht es bei anonymen Kryptowerten aus. Deren Charakteristik verhindert eine Verfolgung der Transaktionen über mehrere Stationen. Der Kläger kennt zwar seinen Vertragspartner, kann aber nicht konkrete Kryptowerte anhand der UTXOs eindeutig bestimmen.

ME ist trotz der Unkörperlichkeit von Kryptowerten kein Grund ersichtlich, weshalb die Herausgabeklage von vornherein ausgeschlossen sein sollte. Eine möglicherweise erschwerte Durchsetzung der Rückstellung der Sache selbst ist dabei weder rechtlich relevant noch ausschließlich bei unkörperlichen Sachen vorzufinden. Einwendungen des Beklagten aus einem Recht zur Innehabung wie auch Gegenansprüche des herausgabeverpflichteten Inhabers sind ebenso wie bei körperlichen Sachen zu prüfen.1043

b) Eigentumsfreiheitsklage gem § 523 ABGB

Der besitzende Eigentümer kann mit der Eigentumsfreiheitsklage, der actio negatoria des römischen Rechts, von jedem die Unterlassung der Störung in seinem Eigentum verlangen.1044 Dabei kann die Eigentumsfreiheitsklage auch publizianisch entsprechend § 372 ABGB erhoben werden.1045

1042 Siehe Kapitel III. F. 2. c).

1043 Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht6 439.

1044 Holzhammer/Roth, Bürgerliches Recht6 291; Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht6 440.

1045 Eccher/Riss in KBB6 § 372 Rz 2.

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Eine Störung wird bei Kryptowerten durch die absolute Beherrschbarkeit und Ausschließungsmacht des Inhabers in der Praxis wohl kein zentrales Problem darstellen. Der Verfügungsberechtigte kann sich, solange er über den privaten Schlüssel verfügt, gut gegen Eingriffe schützen. Eine Störung kommt am ehesten durch eine Überlassung von Kryptowerten im Rahmen von Leih- oder Überlassungsverträgen mit deren Umsetzung mittels Smart Contracts vor. Die Smart-Contracts-Problematik bleibt anderen Arbeiten überlassen. Insgesamt ist die grundsätzliche Möglichkeit einer Eigentumsfreiheitsklage auch bei den quasi-körperlichen Kryptowerten aber zu bejahen.

c) Exszindierungsklage gem § 37 EO

Mit der Exszindierungs- oder Widerspruchsklage wehrt sich ein Eigentümer gegen die Einbeziehung seiner Sache, die sich bei einem Dritten befindet, in die gegen den Dritten geführte Exekution. Sie richtet sich gegen den Gläubiger, der ein Exekutionsverfahren gegen diesen Dritten anstrengt. Nach erfolgreicher Klage wird die Sache aus dem Exekutionsverfahren ausgeschieden.1046 Kann ein Kläger sein Eigentum bzw seine Verfügungsberechtigung nachweisen, liegt mE kein Grund vor, diese Klage nicht auch für Kryptowerte, welche unstrittig Sachen im Rechtssinne sind, zuzulassen.

d) Aussonderungsanspruch gem § 44 IO

Der immanente Zweck des Insolvenzrechts ist die Befriedigung der Gläubiger des Schuldners aus dessen Vermögen. Vermögenswerte, die dem Schuldner nicht gehören, sind dafür nicht heranzuziehen. Dem Vermögen und somit der Insolvenzmasse sind alle beweglichen und unbeweglichen Sachen, auch Forderungen zuzurechnen. Kryptowerte sind durch den weiten Sachbegriff in Österreich jedenfalls mit umfasst, ohne dass man die Quasi-Körperlichkeit bemühen müsste.1047

In § 44 IO finden sich Ausnahmetatbestände für Sachen, die nicht in der Insolvenzmasse verbleiben sollen. Das Gesetz sieht für solche Sachen ein Aussonderungsrecht vor. Es ist ausschließlich nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu beurteilen, ob dem Gläubiger unabhängig vom Insolvenzverfahren ein dingliches oder persönliches Recht daran zusteht.1048 Ein Aussonderungsrecht sollte auch gelten, wenn der Schuldner über solche Vermögenswerte alleine verfügen kann.1049 Ist dem Aufbewahrer der private Schlüssel bekannt, hat er geteilte oder

1046 Geroldinger/Holzner in Deixler-Hübner (Hrsg), Exekutionsordnung § 37 Rz 9.

1047 Wiederum nicht so etwa in der Schweiz. Vgl hinsichtlich einhergehender Schwierigkeiten mangels

Sacheigenschaft Meisser/Meisser/Kogens, Verfügungsmacht und Verfügungsrecht an Bitcoins im Konkurs, Jusletter IT 24. Mai 2018, Rz 23, 24.

1048 Schulyok in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 44 KO Rz 2.

1049 Meisser/Meisser/Kogens, Verfügungsmacht und Verfügungsrecht an Bitcoins im Konkurs, Jusletter IT 24. Mai 2018, Rz 23, 24.

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sogar alleinige Verfügungsgewalt, was im Insolvenzfall eine weitgehende Kooperation erfordert.

Doch wird dadurch nach außen kein Eindruck erweckt, die aufbewahrten Kryptowerte würden dem Aufbewahrer gehören, müsste er doch aktives Tun in Form einer Transaktion zeigen, um die Verfügungsgewalt zu demonstrieren. Die Gefahr für die Gläubiger, ihm das Vermögen fälschlicherweise zuzuordnen, ist demnach geringer als bei körperlichen Sachen, was jedenfalls für die Aussonderungsmöglichkeit spräche.

Sollte es sich jedoch nicht um einen Aufbewahrer handeln, sondern um eine insolvente Kryptobörse, tut sich ein Hindernis auf. Wie im Kapitel zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs beleuchtet, finden Käufe von Kryptowerten bei Börsen mehrheitlich off-chain statt. Der Börsenbetreiber räumt dem Erwerber ein Forderungsrecht an einem Teil der von ihm bereits gehaltenen Kryptowerten ein. Der Erwerber erfährt den privaten Schlüssel nicht, da die Kryptowerte solange einer Adresse des Betreibers zugeordnet bleiben, bis der Erwerber diese herausverlangt, sprich die erworbenen Kryptowerte auf eine ihm selbst zugehörige Adresse transferiert bekommt. Zwar ist auch eine reine Forderung an den Kryptowerten Gegenstand eines Aussonderungsanspruchs gem § 44 IO, doch in diesem Falle ist es sehr wahrscheinlich, dass die Gläubiger die entsprechenden Kryptowerte dem Haftungsfonds des Schuldners zuordnen. Nicht nur aus diesem Grund ist jeder Käufer gut beraten, umgehend nach dem Kauf von Kryptowerten den Transfer auf eine von ihm kontrollierte Adresse zu verlangen. Nochmals sei an den Spruch

„not your keys, not your coins“ erinnert, wenngleich sich dieser lediglich auf die Verfügungsgewalt, nicht das Verfügungsrecht beziehen kann.

Ein typischer Anwendungsfall des § 44 IO ist die Klage des Vorbehaltseigentümers nach Rücktritt vom Vertrag nach § 918 ABGB. Es ist durchaus möglich, bei Kryptowerten einen Eigentumsvorbehalt zu vereinbaren. Idealerweise verwendet der Veräußerer eine 2 von 2 Multi-Signatur, um zumindest Mitgewahrsame zu behalten. Überhaupt ist in allen Rückabwicklungs- und Zurückstellungsangelegenheiten einem Multi-Signatur-Verfahren, eventuell mit einer unabhängigen Partei als dritten Mitinhaber, in der Praxis der Vorzug zu geben. Der Schuldner kann die Kryptowerte nicht ohne das Zutun des Gläubigers, welcher (Mit-)Gewahrsame ausübt, weitergeben. Das verschafft ihm hinsichtlich der Durchsetzung seines Anspruchs eine starke Position.

Der Anspruch des Gläubigers auf Aussonderung besteht aber selbstredend unabhängig von der Gewahrsame. Dieser beruht auf einem dinglichen oder persönlichen Recht, nicht der faktischen Beherrschbarkeit. Insofern ist mE der Ansicht Völkels, der im Falle eines Titelmangels beim derivativen Erwerb die Kenntnis des privaten Schlüssels als entscheidend ansieht, nicht zu folgen.1050 Liegt keine vertragliche Grundlage vor, hat der Veräußerer sein Eigentum nicht verloren

1050 Völkel in Piska/Völkel (Hrsg), Blockchain rules Rz 3.56.

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und ihm steht der Aussonderungsanspruch zu, ganz unabhängig davon, wer sonst noch Kenntnis vom privaten Schlüssel hat.

Eine gemischte Aufbewahrung von Kryptowerten, sprich Vermengung beim Schuldner, könnte eher Probleme bereiten. Die Anwendung der Regelungskomplexe der §§ 371 und 415 ABGB ist, wie oben gesehen, kontrovers. Unstrittig ist zumindest, dass eine Vermengung beim Schuldner keinesfalls zum Erlöschen des Vorbehaltseigentums führt.1051 Zudem greift § 371 ABGB (nur der 1. Fall ist für die Vermengung relevant) bei Kryptowerten ohnehin eher selten. Das Problem der Vermengung besteht gerade bei Bargeld, mit dem man Kryptowährungen gerne vergleicht. Der OGH legt hier aber wenig strenge Maßstäbe an und lässt eine Individualisierbarkeit sogar bei Buchgeld zu,1052 was in der Lit jedoch durchaus kritisch gesehen wird.1053 Wie ausgeführt sind pseudoanonyme Kryptowährungen (wie auch Kryptowertrechte) jedenfalls über die vollständige Transaktionshistorie individualisierbar. Einzig an anonymen Kryptowährungen ist, da sie eben nicht individualisierbar sind, überhaupt der Erwerb von Alleineigentum nach § 371 1. Fall ABGB möglich.1054

Gelingt bei letzterem aber wieder der Anteilsnachweis, ist nicht von Alleineigentum, sondern von Quantitätseigentum auszugehen. Zur Erinnerung: Der Anteilsnachweis gelingt, solange der Schuldner die Einheiten nicht an Dritte transferiert hat, bei individualisierbaren Kryptowerten immer. Dies gilt, solange sich überhaupt noch ein Bestand beim Schuldner befindet, auch für anonyme Kryptowerte. Der nachgewiesene Anteil lässt sich nach den Regeln der §§ 414 ff ABGB vindizieren oder gem § 44 IO aussondern.1055

Durch die Nachverfolgbarkeit der gesamten Transaktionshistorie bzw den leicht zu erbringenden Anteilsnachweis gilt für Kryptowerte ein ausreichend abgesichertes Aussonderungsrecht.1056 e) Absonderungsansprüche gem § 48 IO

Absonderungsansprüche sind dingliche Rechte an bestimmten Sachen aus dem Vermögen des Schuldners. In der Praxis betrifft dies Pfandrechte, Zurückbehaltungsrechte, das Sicherungseigentum sowie verpfändete Buchforderungen. Da sie im Vermögen des Schuldners stehen, sind sie eine innerhalb der Insolvenzmasse liegende Sondermasse. Es besteht Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus diesen Sachen. Sie werden abgesondert versteigert. Der Erlös

1051 Harnoncourt/ Spitzer, Eigentumsvorbehalt, Vermengung und Individualisierbarkeit, ÖJZ 2014, 488 (490).

1052 OGH 10. 7. 2008, 8 Ob 131/07h.

1053 Etwa Rabl, Die Aussonderung von Buchgeld, ÖBA 2008, 575.

1054 Siehe Kapitel IV. B. 4. b).

1055 Wagner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 425 Rz 47; Harnoncourt/ Spitzer, ÖJZ 2014, 488 (491).

1056 Weber, Blockchain als rechtliche Herausforderung, Jusletter IT 18. Mai 2017.

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wird dem Absonderungsberechtigten zur vorrangigen Befriedigung zugesprochen. Wie unten noch auszuführen sein wird, sind Kryptowerte taugliche Gegenstände für die in Frage kommenden Rechte. Insbesondere das Pfandrecht,1057 aber auch das Zurückhaltungsrecht gem § 10 Abs 2 IO, das Sicherungseigentum gem 10 Abs 2 IO und Buchforderungen gem § 10 Abs 3 IO sind an Kryptowerten grundsätzlich möglich.1058 Es gilt zu prüfen, ob eines dieser gesetzlich bestimmten Rechte an Kryptowerten begründet wird. Ist dies der Fall, können sie auch abgesondert werden.