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Eigenschaften der Hauptphasen im Zementstein

2.1 Zusammensetzung, Porensystem und Hauptphasen zementgebundener Baustoffe

2.1.3 Eigenschaften der Hauptphasen im Zementstein

C-S-H-Phasen sind mit etwa 50 - 60 Vol.-% Hauptbestandteil eines Portlandzementsteins [92]

[94]. Sie weisen nur eine räumlich sehr eng begrenzte Periodizität auf und sind daher weit-gehend röntgenamorph. Die chemische Zusammensetzung und die Struktur der C-S-H-Phasen hängen wesentlich von der Temperatur, dem w/z-Wert, der Mahlfeinheit und Korn-verteilung sowie der chemischen Zusammensetzung des Zements ab. Allgemeine Hydratationsgleichungen können wie folgt angegeben werden [65]:

𝐶3𝑆 + (3 − 𝑥 + 𝑦) ∙ 𝐻 → 𝐶𝑥𝑆𝐻𝑦 + (3 − 𝑥) ∙ 𝐶𝐻 (2-4)

𝐶2𝑆 + (2 − 𝑥 + 𝑦) ∙ 𝐻 → 𝐶𝑥𝑆𝐻𝑦 + (2 − 𝑥) ∙ 𝐶𝐻 (2-5) Zur durchschnittlichen Zusammensetzung für normalerhärteten Zement gibt es in der Litera-tur unterschiedliche Angaben ([127]: C3S2H4, [92]: C3S2H3, [94]: C3S2H8). Um das chemische und mechanische Verhalten von Zementstein zu erklären, wurde auf vielfältige Weise ver-sucht, den C-S-H-Phasen eine Stöchiometrie und Kristallstruktur anzupassen. Das molare Verhältnis von Calcium zu Silizium ist dabei ein wichtiges Kriterium und wird als

C/S-24 2.1 Zusammensetzung, Porensystem und Hauptphasen zementgebundener Baustoffe

Verhältnis bezeichnet. In Abhängigkeit vom C/S-Verhältnis wird auch die Zusammensetzung der Porenlösung und somit das Lösungsverhalten beschrieben.

Taylor [129] untersuchte die kristallografischen Eigenschaften der C-S-H-Phasen im Zement-stein und entwickelte daraufhin ein erstes Modell, dargestellt in Tabelle 2-5. Er berücksichtigte zwei Typen von C-S-H-Phasen. C-S-H (I) orientiert sich dabei an der mineralo-gischen Phase des 1,4-nm Tobermorit und konnte bis zu einem C/S-Verhältnis von etwa 1,4 nachgewiesen werden. Bei steigendem C/S-Verhältnis trat vermehrt C-S-H (II) auf, das eine Ähnlichkeit mit der mineralogischen Phase Jennit aufweist.

Tabelle 2-5: C-S-H-Phasen-Modell nach Taylor [129]

Bezeichnung Stöchiometrische Formel C/S-Verhältnis C-S-H (I) – 1,4-nm Tobermorit 5 CaO · 6 SiO2 · 9 H2O < 1,4

C-S-H (II) – Jennit 9 CaO · 6 SiO2 · 11 H2O > 1,4

Laut Glasser et al. [55] entspricht die strikte Unterteilung in C-S-H (I) und C-S-H (II) nicht der Realität. Sie gehen aufgrund der teilweise amorphen Struktur von C-S-H-Phasen bei C/S-Verhältnissen < 0,8 davon aus, dass eine Mischung von C-S-H (I) und amorphem Siliziumdi-oxid vorliegt. Calciumreiche C-S-H-Phasen dagegen sollen CalciumhydrSiliziumdi-oxid-Kristalle beinhalten.

Kulik und Kersten [79] entwickelten auf Basis beider Ansätze ihr eigenes Mischphasenmo-dell, dargestellt in Tabelle 2-6. Das Modell umfasst C/S-Verhältnisse im Bereich von 0,5 - 1,67. Bei geringen C/S-Verhältnissen setzen sich die C-S-H-Phasen zur Mischphase C-S-H (I) aus amorphem Siliziumdioxid und einer Tobermorit-ähnlichen C-S-H-Phase zusam-men. Bei hohen C/S-Verhältnissen kommt es dagegen zur Bildung der Mischphase C-S-H (II) aus einer Tobermorit-ähnlichen C-S-H-Phase und einer Jennit-ähnlichen C-S-H-Phase. Das Modell weist eine gute Übereinstimmung mit experimentellen Löslichkeitsdaten auf und steht nicht im Widerspruch zu den anderen Ansätzen. Inzwischen findet es eine breite An-wendung und kommt insbesondere in Simulationsmodellen zum Einsatz (z.B. Transreac). Das beschriebene Modell wurde inzwischen von Kulik [78] modifiziert und weiter ausgebaut.

Tabelle 2-6: C-S-H-Phasen-Modell nach Kulik und Kersten [79]

Mischphase Name Stöchiometrische Formel C/S-Verhältnis

CSH (I)

Amorphes Siliziumdioxid SiO2 0,0

Tobermorit-ähnliche C-S-H-Phase

2 Ca(OH)2 · 2,4 SiO2 · 2 H2O

= 2 CaO · 2,4 SiO2 · 4 H2O 0,83

CSH (II)

Tobermorit-ähnliche C-S-H-Phase

0,83 Ca(OH)2 · 1 SiO2 · 0,83 H2O

= 0,83 CaO · 1 SiO2 · 1,66 H2O 0,83 Jennit-ähnliche

C-S-H-Phase

1,667 Ca(OH)2 · 1 SiO2 · 1 H2O

= 1,667 CaO · 1 SiO2 · 2,667 H2O 1,67

Unter Verwendung des Environmental Scanning Electron Microscope (ESEM) konnten Möser und Stark [126] [127] die spitznadelige, faserartige Struktur der C-S-H-Phasen abbilden, de-ren Spitzen sich ineinander verzahnen. Wie in Abschnitt 2.1.2 beschrieben, bestehen die Nadeln aus kleinen Struktureinheiten mit Querschnittsabmessungen von wenigen Nanome-tern. In Abbildung 2-6 sind beispielhaft zwei ESEM-Aufnahmen dargestellt. Die Fasern können je nach Randbedingungen Längen zwischen 0,1 - 1,5 µm erreichen und weisen dabei geringe Durchmesser unterhalb von 50 nm auf. Der Durchmesser der Spitzen liegt bei etwa 5 - 10 nm. Es ist sowohl ein Kapillarporenraum als auch ein Gelporenraum zwischen den einzelnen Fasern zu erkennen. Dolado und Breugel [37] geben einen ähnlichen Bereich von 0,1 2,0 µm an. Auch die Beobachtung von Mehta und Monteiro [92], dass C-S-H-Phasen in Ag-glomerationen von etwa 0,7 - 2,0 µm vorliegen, zeigt damit eine gute Übereinstimmung.

Abbildung 2-6: ESEM-Aufnahmen von C-S-H-Phasen (links: 6000 x, rechts: 20.000 x) aus Stark und Wicht [127]

Neben den C-S-H-Phasen macht Portlandit mit etwa 20 - 25 Vol.-% einen großen Anteil am Portlandzementstein aus [92] [94]. Portlandit weist eine feste chemische Zusammensetzung auf und liegt im Zementstein weitgehend in kristalliner Form vor. Dabei bildet es deutlich größere Strukturen als die C-S-H-Phasen. Es entsteht dort, wo Freiräume zur Verfügung ste-hen, besonders in der Kontaktzone zur Gesteinskörnung. Im Fall einer Begrenzung des Freiraums stoppt das Kristallwachstum oder ändert seine Richtung. Wenn ein Calcium-hydroxid-Kristall auf ein hydratisiertes Zementkorn stößt, wächst es ggf. darum herum [94].

Laut Stark und Wicht [127] handelt es sich hauptsächlich um pseudohexagonale Platten mit Dicken bis zu 10 µm und Basisflächen mit Durchmessern bis zu 120 µm, die zu größeren Agglomeraten zusammenwachsen können. Dolado und Breugel [37] berichten von Größen bis zu 100 µm. Laut Gallé et al. [48] verfügen die Portlandit-Kristalle im Zementstein über Durchmesser von etwa 1 - 100 µm. Mehta und Monteiro [92] berichten von deutlich kleine-ren Portlandit-Kristallen mit Größen von etwa 0,7 - 2,0 µm. Laut Mindess et al. [94] variiert die Morphologie des Calciumhydroxids aber auch stark, so dass sich neben pseudohexagona-len Platten auch lange dünne Kristalle bilden können. Teilweise kann das Portlandit auch eng mit den C-S-H-Phasen verwachsen sein [66].

Ettringit macht gemeinsam mit den AFm-Phasen etwa 10 - 20 Vol.-% des Zementsteins aus [92] [94]. In Abhängigkeit von den vorliegenden Randbedingungen wie Temperatur,

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Wert und chemischer Zusammensetzung des Zements, können ihre Anteile stark variieren.

Ettringit sowie Monosulfat können Aluminium und Eisen in unterschiedlichen Anteilen ent-halten. Für die Bildung von Ettringit ist die Sulfat-Ionenkonzentration während der Hydratation entscheidend. Geht die Sulfat-Ionenkonzentration vor dem Hydratationsende von Aluminat gegen null, kommt es in der Regel zur Umwandlung in Monosulfat. Auch wenn die Sulfat-Ionenkonzentration zu hoch ist, wird direkt Monosulfat gebildet.

Ettringit entsteht besonders im Bereich der Kontaktzone zur Gesteinskörnung. Es bildet lan-ge, schlanke, prismatische Kristalle [94] [127]. Laut Mindess et al. [94] liegt ihr Durchmesser bei etwa 0,5 µm und ihre Länge bei bis zu 10 µm. Dolado und Breugel [37] berichten von Durchmessern von etwa 2 - 3 µm und Längen bis zu 120 µm. Stark und Wicht [127] geben einen großen Bereich für den Durchmesser von etwa 0,06 - 1 µm an. Weiterhin gehen sie je nach Bildungsbedingungen von sehr unterschiedlichen Längen aus. Die Morphologie ist ab-hängig vom vorhandenen Freiraum sowie von der Verfügbarkeit der Ionen.

Bei Monosulfat handelt es sich um die häufigste AFm-Phase im Zementstein. Sie tritt meist in dünnen, plättchenförmigen Kristallstrukturen mit hexagonaler Basisfläche von bis zu 50 µm Durchmesser und einer Dicke bis zu 1 µm auf. Im Falle einer geringen Kristallisation kann es zu einer engen Verwachsung mit den C-S-H-Phasen kommen. Weiterhin ist eine Mischpha-senbildung innerhalb der AFm-Phasen möglich, bei der die Kristalle im Nanometerbereich intensiv miteinander verwachsen sind. [94] [127]