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4.2 Erörterung der Ergebnisse

4.2.5 Effekt einer Unterbrechung der Enzymsubstitution bei den Spendertieren

Grundsätzlich erhielten alle PL-Tiere, die als Spendertiere für die Gewinnung des Ileumchymus genutzt wurden, zweimal täglich eine Enzymsubstitution (2,49 g Kreon®).

Demnach wurden in den in-vitro-Versuchen die Bedingungen einer therapierten EPI (Situation in der Humanmedizin) nachgestellt. Um die Frage zu klären, ob und in welchem Maße sich die Enzymsubstitution auf die intestinale Mikroflora bzw. Fermentationskapazität von Ileumchymus der PL-Tiere auswirkt, wurde ein weiterer Versuchsansatz durchgeführt, in dem über einen Zeitraum von zehn Tagen keine Enzymsubstitution erfolgte. Dieses Vorgehen wurde gewählt, da bekannt ist, dass der bei EPI oftmals bestehende SIBO durch eine

Diskussion

vorangegangenen Arbeiten dieses Projektes wurden im Ileumchymus von PL-Tieren ohne Enzymsubstitution im Vergleich zu PL-Tieren mit Enzymsubstitution 7 bis 36-fach höhere LPS-Gehalte (Indikator für den Besatz mit gramnegativen Bakterien) ermittelt (TABELING 1998; HELDT 2001; MANDISCHER 2002; KAMMLOTT 2003).

Jeweils am ersten und am zehnten Tag der Phase ohne Enzymsubstitution wurde Ileumchymus von PL-Tieren entnommen und die Fermentationskapazität anhand der in-vitro-Gasbildung überprüft. Die Hypothese, dass die Gasproduktion (Parameter für die mikrobielle Aktivität) am zehnten Tag durch den verstärkten SIBO höher ist als am ersten Tag, bestätigte sich jedoch nicht bei Zusatz von Stärken als Substrat, sondern konnte lediglich bei Inkubation von Ileumchymus ohne Zusatz von Substrat beobachtet werden (siehe Abbildung 49). Entgegen den Erwartungen war die Gasproduktion im Vergleich von Tag 1 zu Tag 10 sogar geringer, sofern die verschiedenen Stärken als Substrat zugesetzt wurde, wobei diese Reduktion in Abhängigkeit vom inkubierten Substrat unterschiedlich stark ausgeprägt war.

In-vitro-Gasproduktion bei Inkubation von Ileumchymus ohne Substratzulage

Bezüglich der Unterschiede in der Gasbildung zwischen Tag 1 und Tag 10 (siehe Abbildung 49) ist erwähnenswert, dass im Ileumchymus eines einzelnen Versuchstieres (Tier 144) am ersten Tag eine ungewöhnlich hohe Gasproduktion von 17,8 ml festgestellt wurde.

Diese vergleichsweise hohe Gasbildung (die gebildeten Gasvolumina der übrigen 3 Versuchstiere variierten zwischen -1,26 ml und 2,26 ml) hatte einen deutlichen Effekt auf den Mittelwert. In anderen Versuchsansätzen (Inkubation von thermisch unbehandelten und thermisch behandelten Stärken als Substrat) war die Gasbildung („Nullwert“) bei diesem Tier deutlich geringer (6,36 ml bzw. 6,30 ml). Sofern man den Wert von 17,8 ml für eine Beispielkalkulation gegen 6,36 ml austauscht, würde der mittlere Nullwert am ersten Tag des Enzymabsatzes im Mittel lediglich 1,77 ml betragen. Somit würde sich im Vergleich zu Tag 10 nach Enzymabsatz eine noch niedrigere Gasproduktion nach 24-stündiger Inkubation ergeben. Die Ursache für die hohe Gasproduktion bei Inkubation des Ileumchymus dieses Tieres kann abschließend nicht geklärt werden. Da jedoch die Nettogasproduktion (Abzug der Nullwerte) für die Berechnung der Mittelwerte herangezogen wird, beeinflusst eine initial

Diskussion

Abbildung 49: Gasproduktion (ml/24h) im Ileumchymus von PL-Tieren (n=4) bei Unterbrechung einer Enzymsubstitution (jeweils am Tag 1 und Tag 10 ohne Zulage von Substrat)

In-vitro-Gasproduktion bei Inkubation von Ileumchymus mit Stärkezulage

Nach Zusatz verschiedener Stärken (RS, AM, KS, ES) zum Inkubationsmedium war die Nettogasproduktion am Tag 10 stets geringer (Ausnahme rAM) als am Tag 1 (siehe Abbildung 50).

Abbildung 50: Relative Gasproduktion (Tag 1 = 100) im Ileumchymus der PL-Tiere am Tag 1 und Tag 10 nach Inkubation mit verschiedenen thermisch unbehandelten Stärken

4,62 7,37

0 3 6 9 12

0 4 8 12 16 20 24

Gasproduktion (ml)

Stunden

1. Tag 10. Tag

100 100 100 100

70,5

109

59,7

83,1

0 20 40 60 80 100 120

rRS rAM rKS rES

%

1. Tag ohne Enzymsubstitution 10. Tag ohne Enzymsubstitution

Diskussion

Die fehlende Enzymsubstitution bedingt eine geringere Verdaulichkeit der aufgenommenen Nährstoffe im Dünndarm der PL-Tiere. Hieraus ergibt sich, aufgrund des gesteigerten Substratangebots, eine forcierte Fermentation. Dabei hat eine höhere Nährstoffdichte im Chymus sowohl qualitative als auch quantitative Veränderungen in der Mikroflora zur Folge.

Die intestinale Mikroflora stellt ein sehr empfindliches Ökosystem dar, welches bereits auf kleine Veränderungen reagiert. Veränderung der Milieubedingungen führen dazu, dass Bakterien, welche nicht mehr optimal angepasst sind, zurückgedrängt werden, während die Keimzahlen anderer Spezies mengenmäßig ansteigen (LEITCH et al. 2007; LOUIS et al.

2007). Die unerwartet geringere Gasbildung am zehnten Tag nach der Unterbrechung der Enzymtherapie ist daher vermutlich durch eine Veränderung der intestinalen Mikroflora bedingt; es stellt sich die Frage, ob der Schluss erlaubt ist, dass am zehnten Tag die bakteriellen Umsetzungen wirklich geringer waren (wie die geringere Gasbildung vermuten lässt). Interessanterweise wird die Kinetik der Gasbildung durch die Dauer der Unterbrechung der Enzymtherapie beeinflusst: die Zeitdauer, die notwendig war, bis 25%, 50 % bzw. 75 % der maximalen Gasbildung erreicht wurden, war am zehnten Tag deutlich (teils signifikant) geringer. Auch der Kurvenverlauf insgesamt variierte (Ausnahme: AM); der Anstieg erfolgte zwar früher, die Steigung war im späteren Verlauf aber geringer und die Gasbildungsrate in den letzten Stunden relativ moderat. Grundsätzlich finden in der Ileumchymus-Suspension mikrobielle metabolische Interaktionen („metabolic cross feeding“) statt (FLINT 2007).

Hierbei unterliegen Stoffwechselprodukte (FFS, Gase, Laktat) weiteren mikrobiellen Umsetzungen (WOLIN et al. 1997; BARCENILLA et al. 2000; LOUIS et al. 2007). In Abhängigkeit von der Art vorhandener Bakterien unterscheiden sich die Enzymausstattung und damit auch die Stoffwechselwege, auf denen Substrate umgebaut werden können (MACFARLANE et al. 1988; GIBSON u. BARRETT 2010). Auch CO2 und H2 werden mikrobiell genutzt (BREVES u. LEONHARDT MAREK 2009): zum einen auf dem Weg der Acetogenese (4H2 + 2CO2 → CH3COOH + 2H2O) und zum anderen für die Methanogenese (4H2 + CO2 → CH4

+

2H2O).

Die exemplarische Analyse der im Kopfraum des Gas-Production-Sytems enthaltenen Gase nach 24-stündiger Inkubation einer Ileumchymus-Suspension (2 K-Tiere; 2 PL-Tiere) hat

Diskussion

Eine mögliche Erklärung für die reduzierte Gasbildung (trotz vergleichbarer oder sogar gesteigerter mikrobieller Aktivität) am zehnten Tag ist die Förderung von acetogenen Bakterien zu Ungunsten von methanogenen Bakterien (Methanococcus, Methanobacterium);

(FUCHS 2007). Zum momentanen Zeitpunkt kann über die Veränderungen der intestinalen Mikroflora innerhalb von zehn Tagen ohne Enzymsubstitution lediglich spekuliert werden;

der Verdacht liegt aber aufgrund der veränderten pH-Werte und FFS-Muster (s.u.) nahe. Um diese Vermutung zu prüfen, wären kulturelle oder genomische Untersuchungen notwendig.

Flüchtige Fettsäuren und pH-Wert

Die Dauer der Unterbrechung der Enzymsubstitutionstherapie hatte – unabhängig von der als Substrat genutzten Stärke – keinen Einfluss auf die Konzentration (Summe) der FFS. Auch der pH-Wert der Inkubationssuspension wurde hierdurch nicht beeinflusst (Ausnahme: RS;

signifikant geringerer pH-Wert an Tag 10). Einen gewissen Hinweis auf eine Verschiebung innerhalb der Keimflora während der 10-tägigen Phase ohne Enzymtherapie gibt das moderat veränderte FFS-Muster (siehe Tabelle 45). Im Vergleich zum ersten Tag ergab sich ein höherer Butyrat-Anteil und niedrigerer Acetat-Anteil nach 10-tägiger Unterbrechung der Enzymsubstitution (Ausnahme: rKS).

Tabelle 45: Prozentuale Anteile der Acetat (C2), Propionat (C3) und Butyrat (C4)-Gehalte in der Ileumchymus-Suspension von PL-Tieren nach 24-stündiger Inkubation; jeweils am Tag 1 und Tag 10 nach Unterbrechung der Enzymsubstitutionstherapie

1. Tag 10. Tag

C2 C3 C4 C2 C3 C4

Nullwert 67,8 25,8 3,60 66,5 25,4 4,34

Reisstärke 65,6 28,5 4,04 62,0 27,1 7,17

Amaranth-Vollkornmehl 64,7 28,9 4,61 61,0 28,1 7,07

Kartoffelstärke 61,1 24,7 12,3 61,4 25,8 9,83

Erbsenstärke 63,3 27,0 7,38 61,8 26,3 8,45

Diskussion

4.2.6 Effekte einer Adaptation der Spendertiere an das zu testende Substrat