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3. Der Konformationsraum chiraler Bisphosphan–Rhodium–Komplexe 25

3.5. Die Dynamik der Verbindung 2

NMR–spektroskopische Experimente zeigen, daß auch die Verbindung 2 in L¨osung bei tiefen Temperaturen zwei diastereomere Konformationen einnimmt. Diese werden allerdings nicht durch die axiale Chiralit¨at der Chelatringe (δ, λ), sondern durch eine axiale Chiralit¨at der o-Tolylstellung und durch die konfigurative Chiralit¨at des R¨uckgrats verursacht. Die Unter-suchungen lassen jedoch offen, ob die Konformation des Chelatringes ¨uber den untersuchten Temperaturbereich voll dynamisch oder statisch ist.

Eine molekularmechanische

Abbildung 3.24.: Energie–Kontur–Diagrammτ1‹3der Verbindung 2. Die dargestellten Konformere sind lokale Minima, die in der globalen Konformationsanalyse gefunden werden.

Untersuchung dieses Komplexes sollte den durch NMR–Experi-mente nicht zu kl¨arenden Sachver-halt beantworten k¨onnen. Analog

3 erstellt, die die kon-formative Umwandlung des Che-latringes vollst¨andig beschreiben k¨onnen (siehe Kapitel 3.4). Man erh¨alt die Kontur–Diagrammeτ1’2, τ1’3(Abbildung: 3.24),τ2’3. Die in der Abbildung 3.24 dargestellten Strukturen sind lokale Minima der Verbindung 2, die in der globa-len Konformationsanalyse gefun-den werden (siehe Kapitel 3.3.2). Im Gegensatz zum Kontur–

Diagramm der Verbindung 1 (Ab-bildung: 3.15 auf Seite 40), die zwei ausgepr¨agte Minima der beidenδ– undλ–Konformere aufweist, sind f¨ur die Verbindung 2 f¨unf relativ flache Minima zu erkennen. Wie aus den Ergebnissen der globalen Konformationsanalyse zu erwarten ist, sind die zwei energie¨arm-sten Klassen Sessel (B, G) und Wanne (C, E, D) in den drei tiefenergie¨arm-sten Minima lokalisiert. Die zugeh¨origen Minima der symmetrischen twist–boat Konformationen (A, F) liegen in ¨ Uber-einstimmung mit den Ergebnissen der globalen Konformationsanalyse 10 kJ mol‘ 1 ¨uber den energie¨armsten Minima des Energie–Kontur–Diagramms. Das gesamte Kontur–Diagramm ist im Vergleich zu Verbindung 1 sehr viel flacher und impliziert damit eine gr¨oßere kon-formative Variabilit¨at des Chelatringes. So k¨onnen Reaktionswege f¨ur die Umwandlungen eq-Sessel ”• ax-Sessel, eq-Sessel ”• ax-Wanne, ax-Sessel ”• ax-Wanne und λ”• δ gefun-den wergefun-den, die Aktivierungsbarrieren von nur ungef¨ahr 40kJ mol‘ 1aufweisen. Diese Ak-tivierungsbarrieren beinhalten jedoch nicht eine eventuell notwendige Reorientierung der

3. Der Konformationsraum chiraler Bisphosphan–Rhodium–Komplexe

o-Tolylgruppen am P(o-Tol)2–Donor und aus den Ergebnissen der Verbindung 1 kann ge-schlossen werden, daß die Umwandlungen, die eine Reorientierung der o-Tolyleinheiten voraussetzen, eine Aktivierungsbarriere von mehr als 40 kJ mol‘ 1 haben. Die Bestimmung dieser Aktivierungsbarrieren ist im Gegensatz zu 1 nicht eindeutig zu kl¨aren, weil auf den Reaktionswegen keine Ringkonformationen beobachtet werden, bei denen eine Reorientie-rung der o-Tolyleinheiten aus sterischen Gr¨unden erforderlich ist. Die eq-Sessel”• ax-Wanne Umwandlung ist sogar ohne eine Reorientierung m¨oglich. Dieser Reaktionsweg ist in Abbil-dung 3.25 dargestellt und weist eine Aktivierungsbarriere von 49 kJ mol‘ 1auf. Der Reakti-onsweg in der Abbildung 3.25 hat einen Schnittpunkt bei der Chelatringtorsionτ1– 15Ž und τ3–ž 20Ž . Dieser Schnittpunkt repr¨asentiert zwei energetisch und strukturell verschiedene Konformationen, die durch die nicht aufgetragene Torsionτ2verursacht wird. Da nur Torsi-ons¨anderungen von einem Konformer zum n¨achstfolgenden Konformer zugelassen werden, die ausreichend klein sind, um einer stetigen Torsions¨anderung zu entsprechen, kann eine stetige Ver¨anderung des Torsionswinkelsτ2nur ¨uber den eingezeichneten Reaktionsweg er-folgen.

Mit diesen Ergebnissen kann das in31P-NMR –Untersuchungen gefundene dynamische Ver-halten folgendermaßen erkl¨art werden: bei 213 K sind die Rotationen der Tolylgruppen ein-gefroren; die Methylgruppe des einen Tolylrestes zeigt vom Rhodiumatom aus nach hinten und die des anderen nach vorne (siehe B, C, D und F in Abbildung 3.24) oder aber die spie-gelbildliche Stellung liegt vor (siehe G in Abbildung 3.24). Die Chelatringkonformationen sind statisch und k¨onnen die beiden Sesselkonformationen oder die ax-Wannenkonformation annehmen, ohne die Phosphorresonanzen signifikant zu beeinflussen. Es werden zwei kom-plette Signals¨atze, jeweils zwei Dublett von Dubletts, beobachtet. Temperaturerh¨ohung f¨uhrt zu dynamischen Umwandlungen der Ringkonformationen unter Erhalt der beiden spiegel-bildlichen Stellungen der o-Tolyleinheiten. Bei 273 K ist diese Umwandlung gerade so schnell, daß in der Zeitskala des Experimentes mehrere Konformationen der Chelatringe be-obachtet werden, was zu einer Verbreiterung der Signale f¨uhrt. Zwischen 298 K und 328 K wird ein Dublett von Dublett–Signal beobachtet, so daß eines der Phosphoratome bei diesen Temperaturen keine ¨Anderung der chemischen Umgebung erf¨ahrt. Das zweite Phosphoratom ist bei 313 K vollst¨andig in den Untergrund verbreitert. In diesem Temperaturbereich liegen die Chelatringkonformationen (Sessel und Wanne) in einem dynamischen Gleichgewicht vor.

Die o-Tolylgruppen am P(o-Tol)2–Donor nehmen bei der jeweiligen Ringkonformation nur eine Orientierung ein. Bei 388 K k¨onnen die o-Tolyleinheiten ohne Ringinversion weitge-hend frei rotieren, und man beobachtet einen gemittelten Signalsatz aus zwei Dubletts von Dublett–Resonanzen.

Die Verbindung 3 hat im Vergleich zu der Verbindung 2 statt des P(Ph)2–Donors eine P(DBP)–Gruppe. Im Kristall nehmen die Chelatringe der Verbindungen 2 und 3 eine Sessel-konformation ein und die Stellungen der Tolylgruppen ist in beiden Systemen gleich. Auch das31P-NMR –Spektrum der Verbindung 3 zeigt ein dynamisches Verhalten. Im Hochtem-peraturbereich (Ÿ 298 K) wird ein zur Verbindung 2 analoges Verhalten beobachtet. Bei 185 K erh¨alt man allerdings im Gegensatz zu 2 lediglich den Signalsatz einer Spezies.

−24

−48 0 24 48

48 24 0

−24

−48 72

−72 72

−72 6

14 10 18 22 26 34 30 40 44 48

Erel

[kJ mol−1]

PSfrag replacements

τ3[]

τ1[]

Abbildung 3.25.: Energie–Kontur–Diagrammτ1‹3 der Verbindung 2. Die schwarze Linie repr¨asentiert einen Reaktionsweg der eq-Sessel ax-Wanne Umwandlung. Der Schnittpunkt dieses Reaktionsweges repr¨asentiert zwei unabh¨angige Konformationen, die sich im nicht aufgetragenen Torsionswinkelτ2unterscheiden. Die dar-gestellten Konformere sind ausgew¨ahlte Strukturen dieser Chelatring–Umwandlung

.

Mit den Ergebnissen der globalen Konformationsanalyse aus den Kapiteln 3.3.2 und 3.3.3 und der oben beschriebenen Dynamik der Verbindung 2 kann geschlossen werden, daß auch die Ringkonformationen der Verbindung 3 bei Raumtemperatur in einem dynami-schen Gleichgewicht vorliegen, und die o-Tolylgruppen nur ausgezeichnete Orientierungen einnehmen k¨onnen. Erst bei Temperaturen ¨uber 388 K ist eine weitgehend freie Rotation der o-Tolylgruppen am P(o-Tol)2–Donor auch ohne ¨Anderung der Ringkonformation m¨oglich.