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2. ZUSAMMENFASSUNG DER VERÖFFENTLICHUNG

2.4 DISKUSSION

Die Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQOL: health related quality of life) bei Kindern mit chronischen Lebererkrankungen war bereits Gegenstand verschiedener Studien.

Diese Studien sind in der Regel auf Patienten mit Gallengangsatresie fokussiert, die entweder noch mit ihrer nativen Leber leben oder lebertransplantiert wurden [17,18].

Howard et al. maßen 2001 die gesundheitsbezogene Lebensqualität bei 25 japanischen und 21 englischen Patienten mit Gallengangsatresie, wobei sie den SF-36 Fragebogen nutzten [19]. In diese Studie wurden hauptsächlich erwachsene Langzeitüberlebende mit Gallengangsatresie aufgenommen. Die Autoren stellten fest, dass die japanischen Patienten sowohl im Hinblick auf den allgemeinen Gesundheitszustand als auch in ihrer emotionalen und physischen Funktionsfähigkeit im Vergleich zur Normbevölkerung unterdurchschnittlich abschnitten.

Insgesamt betrachtet, gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den japanischen und englischen Patienten mit Ausnahme geringfügiger Unterschiede in der allgemeinen Gesundheit und Vitalität. Das Interessante an der Studie war, dass die englischen Patienten keinen signifikanten Unterschied zu der gesunden Vergleichsgruppe in der gesundheitsbezogenen Lebensqualitätsstudie zeigten. Die englischen Patienten übertrafen die englische Normbevölkerung im Fragebogen-Unterpunkt "Vitalität" des Bereichs "Wohlbefinden" deutlich.

Diese Ergebnisse stimmen mit den Ergebnissen einer weiteren Studie zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Erwachsenen mit Gallengangsatresie überein [18]. Lind et al. untersuchten den Gesundheitsstatus und die gesundheitsbezogene Lebensqualität von 25 erwachsenen Patienten mit Gallengangsatresie, die als Kinder einer Kasai-Hepatoporto-Enterostomie zugeführt wurden und auch weiterhin mit ihrer nativen Leber lebten und verglichen sie mit der gesunden Population.

Das wahrgenommene Niveau des allgemeinen Gesundheitszustandes der untersuchten Gruppe war niedriger im Vergleich zur Referenzgruppe. Es wurde jedoch im sozialen Bereich eine höhere Punktzahl durch den Fragebogen erhoben. Die Gesamtpunktzahl der gesundheitsbezogenen Lebensqualitätserhebung der Erwachsenen mit Gallengangsatresie, welche mit ihrer nativen Leber lebten, entsprach der gesunden Bezugsgruppe. Aber auch in dieser Studie war die Patientenzahl niedrig.

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Eine große Studie mit Bewertung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität von 221 Patienten wurde von Sundaram et al. durchgeführt. Die Gruppe untersuchte die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Patienten mit Gallengangsatresie welche mit ihrer nativen Leber überlebten [20]. Die Ergebnisse wurden mit den Werten der Patienten mit Gallengangsatresie nach Lebertransplantation und der gesunden Bezugsgruppe verglichen. Im Gegensatz zu den Ergebnissen der beiden oben genannten Studien von Howard und Lind, fand Sundaram heraus, dass die gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Patienten mit Gallengangsatresie in allen untersuchten Bereichen signifikant schlechter war als die von gesunden Kindern, insbesondere hinsichtlich der emotionalen und psychosozialen Funktionen. Hingegen fanden sie bei Patienten mit Gallengangsatresie, die mit ihrer nativen Leber lebten, und denen nach Lebertransplantation keine Unterschiede bezüglich der gesundheitsbezogenen Lebensqualitätsbewertung in allen untersuchten Bereichen.

Beim Vergleich der Ergebnisse von Sundaram et al. mit den Ergebnissen unserer Studie fanden wir bei unseren Patienten trotz einer anderen Grunderkrankung ähnliche Ergebnisse. Die PFIC- Patienten, welche in unserer Studie mit ihrer nativen Leber lebten, hatten eine ähnliche gesundheitsbezogene Lebensqualität wie die Patienten mit PFIC nach LTX. In Übereinstimmung mit der zuvor beschriebenen Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen von Kindern nach Lebertransplantation [21] fanden wir in unserer LTX-Gruppe im Vergleich zu gesunden Kindern ebenfalls einen signifikant niedrigeren Mittelwert im Bereich der schulischen Leistungsfähigkeit.

Interessanterweise zeigte die PEBD-Gruppe keine Beeinträchtigung der schulischen Leistungsfähigkeit, trotz eines ähnlichen Verlaufs der cholestatischen Lebererkrankung. Eine mögliche Erklärung könnte der Einfluss von Calcineurininhibitoren sein, die bekannt dafür sind, die kognitive Funktionsfähigkeit von Kindern nach Lebertransplantation zu beeinflussen [22].

Obwohl beide Studien die gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Patienten mit einer chronischen cholestatischen Lebererkrankung untersuchten, unterscheidet sich die Gallengangsatresie von der progressiven familiären intrahepatischen Cholestase, was die unterschiedlichen Bewertungen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität im Vergleich zu den gesunden Kindern erklären könnte. Abhängig vom genetischen Typ der PFIC und ihrer unterschiedlichen Phänotypen, sind extrahepatische Symptome wie Diarrhoe und Gedeihstörungen häufige Symptome, vor allem bei PFIC1 [3]. Die Vielfalt der klinischen Symptome bei PFIC-Patienten unterscheidet sich von der klinischen Darstellung der Gallengangsatresie, was einen direkten Vergleich zwischen beiden Erkrankungen und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Patienten erschwert. Unsere Ergebnisse stimmen

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jedoch mit denen von Howard et al. [19] überein, die herausfanden, dass Patienten mit Gallengangsatresie die Normbevölkerung in einzelnen Unterpunkten sogar übertrafen.

Eine mögliche Erklärung für die Beeinträchtigung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Patienten mit Gallengangsatresie könnte der in den meisten Fällen auftretende progressivere Leberzellschaden sein. Patienten mit PFIC, die mit ihrer nativen Leber leben, zeigen hingegen häufiger eine nur geringfügigere Verschlechterung der Leberfunktion. Unterstützt wird diese Theorie durch die vergleichbare gesundheitsbezogene Lebensqualität bei PFIC-Patienten, bei Patienten mit Gallengangsatresie nach Lebertransplantation und bei gesunden Kontrollgruppen.

Ein weiteres Argument, das unsere Theorie unterstützt und ein weniger schweres Fortschreiten der Krankheit bei der Mehrheit der PFIC-Patienten impliziert, ist die höhere Überlebensrate mit der nativen Leber bei PFIC-Patienten (> 60%) im Vergleich zu derjenigen von Gallenatresie-Patienten (ca. 25%) im Verlauf der Langzeit-Nachsorge [6,23].

In einer früheren Studie unserer Abteilung hatten wir ein ausgezeichnetes Langzeitergebnis nach PEBD bei Patienten mit PFIC ohne Zirrhosezeichen nachgewiesen, während Patienten mit histologischem Nachweis einer Leberzirrhose zum Zeitpunkt der PEBD eine Langzeit- Versagensquote mit anschließender Lebertransplantation von 100% hatten.

Deshalb bevorzugen wir heute die primäre Lebertransplantation bei PFIC Patienten mit manifester Leberzirrhose und empfehlen die frühzeitige PEBD bei allen anderen Patienten [6].

Nichtsdestotrotz hat die PEBD den Nachteil eines permanenten Stomas. Man könnte vermuten, dass die Notwendigkeit eines permanenten Stomas möglicherweise zu einer Ablehnung der PEBD durch die Patienten oder deren Eltern führt und in einer Beeinträchtigung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, im Vergleich zu den Patienten nach Lebertransplantation oder der gesunden Vergleichsgruppe, zum Ausdruck kommt. Auf die Frage wie sehr sie sich von der Präsenz eines permanenten Stomas gestört fühlen würden, antworteten 20% der Patienten unserer aktuellen Studie, dass sie sich nie von dem Stoma gestört fühlten. Jedoch gaben weitere 20% an sich ständig durch das Stoma gestört zu fühlen. Dies zeigt eine breite Varianz bei der Akzeptanz des Stomas. Unsere untersuchte Kohorte ist jedoch zu klein, um eine allgemeine Aussage zur Stomaakzeptanz treffen zu können. Interessanterweise stehen unsere gegenwärtigen Ergebnisse des PedsQL Fragebogens im Kontrast zu der erwarteten Verschlechterung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Unsere Studie zeigt, dass die gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Patienten mit PFIC nach PEBD mit der der gesunden Kontrollgruppe vergleichbar und die körperliche Gesundheit betreffend sogar etwas besser als in der Gruppe der lebertransplantierten Patienten ist. Dieser neue Aspekt in unserer gegenwärtigen

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Studie impliziert eine generelle Akzeptanz des permanenten Stomas, die unseren ohnehin bestehenden Ansatz von PEBD als Primärtherapie bei PFIC- Patienten ohne Leberzirrhose, unterstützt.

Zum Zeitpunkt der Erstellung des Studiendesigns war unsere primäre Intention die vergleichende Untersuchung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität zwischen PFIC Patienten nach LTX und nach PEBD. Ziel der Studie war es aufzuzeigen, ob ein Unterschied in der Lebensqualität der PEBD Patienten im Vergleich zu den LTX Patienten besteht und falls kein Unterschied bestanden hätte, die PEBD als weniger invasiven operativen Eingriff zu empfehlen.

Erst nach Abschluss der Fragebogenerhebung, im Verlauf der statistischen Analyse, entschieden wir als weitere Vergleichsgruppe eine gesunde Population heranzuziehen. Da nach den Analysen feststand, dass keine signifikanten Unterschiede zwischen LTX und PEBD bestanden, interessierte uns, ob es etwa einen Unterschied zur gesunden Population gäbe. Zu diesem Zeitpunkt war die Phase der Fragebogenerhebung jedoch bereits abgeschlossen und vom Ethikkomitee in dieser, bereits beantragten, Form genehmigt.

In unserer Abteilung werden in den Ambulanzen hauptsächlich erkrankte Kinder behandelt. Eine gesunde Kohorte zu mobilisieren wäre aus dem Einzugsgebiet der MHH in unseren Ambulanzen nicht möglich gewesen. Als mögliche Alternative blieb der Bezug bereits erhobener PedsQL-Daten aus der Literatur, wie sie von Varni et al. mit der Entwicklung des PedsQL 4.0 zur Verfügung gestellt werden [15,16]. Der Vergleich der eigenen Patientengruppe mit den Patientendaten von Varni et al. wurde auch von Autoren anderer Studien so durchgeführt [20,55, 61,62], weshalb wir uns ebenfalls für dieses Vorgehen entschieden.

Ein weiterer Aspekt der gesundheitsbezogenen Lebensqualität ist die Fertilität und sexuelle Gesundheit von pädiatrischen Lebertransplantatempfängern. Obwohl es Studien gibt, die gute Ergebnisse bezüglich der sexuellen Gesundheit und Familienplanung bei diesen Patienten zeigen, gab es bisher noch keine Untersuchungen ausschließlich bei PFIC-Patienten nach LTX oder PEBD [24]. In unserer Studie waren die meisten unserer Patienten zum Zeitpunkt der Fragebogenerhebung jedoch zu jung, um schlüssige Aussagen zu diesem Thema erheben zu können, insbesondere wurde das Vorhandensein eigener Kinder nicht abgefragt.

In verschiedenen HRQOL-Studien bei chronischen Erkrankungen, wurde der Einfluss des Geschlechts, Alters, sozioökonomischen Status, Familienstandes der Eltern, Bildungsgrad der Mutter, längere Krankenhausaufenthalte innerhalb des letzten Jahres vor der Befragung sowie der kulturelle Hintergrund der Befragten, auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Kindern untersucht. Teilweise wurden diese Einflussfaktoren als Prädiktoren für eine gute oder

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schlechtere HRQOL der Kinder nachgewiesen oder zeigten eine signifikante Korrelation mit der aktuellen HRQOL der Kinder [54-56, 65].

Bucuvalas et al. wiesen in einer Studie zur Erhebung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei lebertransplantierten Kindern nach, dass diese Kinder in einer Follow-Up Periode von circa 6 Jahren eine bessere Lebensqualität hatten, je mehr Zeit seit der Transplantation vergangen war, insbesondere die physische Gesundheit betreffend [55]. In unserer Studie zeigten die LTX Patienten im Bereich der physischen Gesundheit keine signifikant besseren Ergebnisse als die beiden anderen Gruppen. Jedoch zeigte sich eine signifikante positive Korrelation zwischen der Zeit, die seit der Transplantation vergangen war und den höheren PedsQL Ergebnissen im sozialen Bereich, im emotionalen Bereich und in der psychosozialen Gesundheit der LTX Gruppe in deren Selbstbeurteilung.

Unsere Follow-Up Periode über beide Gruppen hinweg betrug ca. 11 Jahre und es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der wahrgenommenen Lebensqualität zwischen der LTX und PEBD Gruppe. Dies könnte, unter Beachtung der Einschränkungen unserer Studie, die

Vermutung implizieren, dass sich die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten im Verlauf der Jahre unabhängig von der Art der chirurgischen Intervention, zwischen den beiden Gruppen nivellieren könnte, auch, wenn es in den initialen postoperativen Jahren

gegebenenfalls sehr wohl signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen geben könnte.

In einer kürzlich veröffentlichten Studie von Hager et al. wurde die gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Kindern 10 Jahre nach Lebertransplantation untersucht, wobei die Kinder zum Transplantationszeitpunkt im Durchschnitt 1,4 Jahre alt waren und durchschnittlich 11,6 Jahre alt zum Zeitpunkt der Fragebogenerhebung waren. Über einen Zeitraum von 4 Jahren wurde regelmäßig die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Kinder erhoben. Hier zeigte sich, dass sich die Wahrnehmung der Lebensqualität im Verlauf der 4 Jahre weder bei den Eltern noch den Kindern signifikant änderte, auch wenn diese insgesamt deutlich unter der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der gesunden Bevölkerung lag. Die Autoren führen dies auf das junge Alter der Patienten zum Transplantationszeitpunkt zurück, da diese im Verlauf der 10 Jahre Copingmechanismen gefunden haben könnten, die eine vergleichsweise gute

Lebensqualität ermöglichten [65]. Diese Ergebnisse wurden durch weitere Studien bestätigt [55,66].

Die zitierten Studien könnten Hinweise auf die Zusammenhänge unserer Studienergebnisse liefern da unsere Patienten zum Zeitpunkt der OP ebenfalls recht jung waren (im Durchschnitt

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7.8±3.8 Jahre nach LTX und im Durchschnitt 4.1±3.9 Jahre nach PEBD), was implizieren könnte, dass diese im Verlauf der langen Follow-Up Phase von ca. 11 Jahren bessere Copingmechanismen entwickelt haben könnten und insgesamt besser an die Krankheit adaptiert waren als zu einem früheren postoperativen Zeitpunkt eventuell der Fall gewesen wäre.

Dieser Aspekt ist beispielsweise bei den PEBD Patienten mit Stoma-Beutel ersichtlich. Im Mittel gaben die 10 PEBD Patienten auf unsere Frage wie oft sie sich von dem Gallestoma gestört fühlten, den Wert zwei an (=manchmal). Dennoch scheint das Gallestoma sie nicht so sehr in ihrer Lebensqualität zu beeinflussen, wie man es vermuten könnte. Dies legt nahe, dass sich die Patienten im Verlauf kognitive Strategien zugelegt haben, die ein Auskommen mit dem Stoma und dem damit einhergehenden veränderten Körperbild, einfacher machen, sodass der Impact auf die Lebensqualität unter Umständen kein allzu großer ist, was sich in der Selbstbeurteilung der PedsQL- Ergebnisse widerspiegelt.

Zu beachten ist, dass diese Vergleichsdaten und Schlüsse lediglich aus Studien zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Patienten nach Lebertransplantation stammen.

Studien, die die Lebensqualität bei Patienten nach PEBD untersuchen, gibt es bisher keine.

Weiters ist bei der Interpretation von HRQOL Daten und daraus resultierenden therapeutischen Konsequenzen auch stets deren klinische Relevanz mit zu bedenken. Auch, wenn sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den beiden OP-Gruppen aus unseren Daten ableiten ließen, können in den individuellen PedsQL-Ergebnissen klinisch relevante Unterschiede bestehen, die sich nicht in einer statistischen Signifikanz manifestieren. So kann ein lebertransplantierter Patient, der sich mittlerweile gut an die Transplantation adaptiert hat, die Selbstbeurteilung seiner körperlichen Gesundheit anders bewerten als ein PEBD Patient, der ebenfalls eine gute körperliche Gesundheit aufweist, jedoch ein als störend empfundenes Gallestoma als stark hinderlich empfindet bei der Ausübung des Schulsportes und damit seine körperliche Fitness als beeinträchtigt wahrnimmt. Für das klinische Patientenmanagement würde dies bedeuten, dass dem Patienten beispielsweise adäquate sporttaugliche Stomabeutel oder Stomagürtel verschrieben werden müssten.

Auch psychologische Faktoren, wie beispielsweise die Beeinträchtigung des Familienlebens durch die Erkrankung, Vorhandensein von psychologischer Unterstützung für die Patienten und deren Eltern oder das Fehlen in der Schule/Arbeit aufgrund der Erkrankung kann für den Patienten individuell relevant sein und sich ebenso in einer klinischen Relevanz für das Patientenmanagement bzw. für die Behandlung manifestieren. So können behandelnde Zentren den entsprechenden Patienten speziell auf ihre Erkrankung fokussierte psychologische Betreuung

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anbieten und Verlaufskontroll-Termine auch nachmittags nach der Schule/Arbeit angeboten werden. All diese Zusammenhänge zeigen sich nicht in einer statistischen Signifikanz unserer ausgewerteten Daten, können aber implizit im Hintergrund der Beurteilung der Lebensqualität durch die Patienten stehen und müssen bei deren Behandlung mit beachtet werden.

2.4.1 Einschränkungen

Eine genetische Mutationsanalyse wird heute routinemäßig bei allen Patienten mit PFIC in unserer Klinik durchgeführt. Einige Patienten wurden bereits zu einer Zeit diagnostiziert und behandelt, in der nicht alle genetischen Mutationen bekannt waren, die mit einem der PFIC-Typen in Verbindung stehen. Außerdem wurde bei einigen der ersten Patienten keine genetische Mutationsanalyse durchgeführt. Deshalb ist es nicht möglich eine Korrelation der jeweiligen Phänotypen mit dem Ergebnis der gesundheitsbezogenen Lebensqualitätsbewertung herzustellen. Diese Unterscheidung wäre aber bei der teilweise recht unterschiedlichen klinischen Manifestation der jeweiligen PFIC Subytypen mit unterschiedlichem Impact auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität (z.B. extrahepatische Symptome bei der PFIC1 oder Intensität des Pruritus je nach Subtyp) eine wichtige Zusatzinformation unserer Studie gewesen.

Eine weitere Einschränkung ist, dass der PedsQL Fragebogen nicht explizit für Patienten mit PFIC validiert wurde. Einige wichtige medizinische Aspekte, wie das Stoma oder Narben sowie alltägliche Aspekte wie die Fähigkeit bestimmten Hobbies (z.B. Schwimmen) nachzugehen werden in der Umfrage nicht beachtet. Aufgrund dieses Nachteils der Umfrage konnten wir die verschiedenen Lebensqualitäten auch nur in Bezug auf die in der Umfrage vorhandenen Elemente vergleichen.

Des Weiteren wird eine statistische Analyse durch die geringe Anzahl an Patienten in unserer Studie erschwert und beeinträchtigt die Aussagekraft. Auch die unterschiedliche Verteilung der Stichprobengröße (LTX 22 Patienten vs. PEBD 10 Patienten) führt möglicherweise zu Verzerrungen in den Ergebnissen.

Eine weitere Limitation in der Aussagekraft unserer Studie besteht in der unterschiedlichen Altersverteilung der miteinander verglichenen Gruppen. So ergaben statistische Analysen mit dem Eta-Koeffizienten und der punktbiserialen Korrelation in Hinblick auf die Korrelation zwischen Geschlecht und HRQOL-Ergebnissen keine signifikante Korrelation in den beiden Gruppen. Diese Ergebnisse sind aber durch die unterschiedliche Altersverteilung der Stichproben in der

LTX-21

Gruppe (mehr ältere weibliche Patientinnen, für die es keine Elternbewertung gab, weil sie über 25 Jahre waren) stark verzerrt und somit eventuell nicht aussagekräftig genug, weshalb bei der geringen Anzahl der Patienten kaum auf die Grundgesamtheit geschlossen werden kann.

Die statistische Power unserer Studie ist bei der geringen Stichprobenanzahl insgesamt gering.

Eine Vorabberechnung der mindestens benötigten Studienteilnehmer, um vorhandene statistisch signifikante Unterschiede zwischen den beiden PFIC Gruppen nachzuweisen, wäre zwar sinnhaft gewesen, jedoch ist die PFIC eine sehr seltene hereditäre Erkrankung und wir haben alle operativ behandelten und noch lebenden Patienten, die in einem Verlauf von 22 Jahren in unserer Klinik behandelt wurden, in die Studie eingeschlossen (mit Ausnahme eines lebertransplantierten Patienten, der den Fragebogen nicht beantwortete). In Anbetracht dieser Tatsache wäre es ohnehin nicht möglich gewesen an unserer Klinik mehr PFIC Patienten zu rekrutieren. Als Alternative hätten wir uns mit anderen Zentren, die PFIC Patienten behandeln, zusammenschließen und deren Patientendaten mitauswerten können. Allerdings wäre dies aus datenschutzrechtlichen Gründen insgesamt sehr herausfordernd gewesen und hätte den Rahmen unserer Studie gesprengt.

Wie in der Diskussion beschrieben, haben viele Studien zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Kindern wichtige Faktoren, wie den soziökonomischen Status, Familienstand der Eltern, längere Krankenhausaufenthalte vor der Befragung, Komorbiditäten, Medikamenteneinnahme und den kulturellen Hintergrund der Befragten mit in die Analysen einbezogen. In unserer Studie wurden diese Einflussfaktoren jedoch nicht abgefragt, weshalb ihr Einfluss auf die ausgewerteten Daten und Schlussfolgerungen unklar bleibt. Dennoch könnte ihr Einfluss, wie in anderen Studien bestätigt [54-56, 65], so stark auf die Wahrnehmung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Eltern- und Kinderbeurteilungen sein, dass sie sogar stärker ins Gewicht fallen als die Art der chirurgischen Intervention selbst. Das Unterlassen der Untersuchung dieser Zusammenhänge ist eine starke Limitation unserer Studienergebnisse und ihrer Aussagekraft.

Da der Fokus unserer Studie hauptsächlich in dem Vergleich der chirurgischen Intervention zwischen LTX und PEBD bestand, war der Vergleich zur gesunden Population nur zweitrangig.

Dennoch stellt dieser Vergleich mit Daten aus der Literatur von Varni et al. eine weitere starke Limitation dar. Der Bezug einer eigens gematchten gesunden Kohorte von Kindern aus dem Einzugsgebiet der MHH mit ähnlichen soziodemographischen Hintergründen wie unsere

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Studiengruppen wäre von großem Vorteil gewesen. Unterschiede der herangezogenen Literaturpopulation bestehen zum einen darin, dass die Vergleichsgruppe aus unterschiedlichen Ethnien in den USA stammt (weiße, afroamerikanische, spanische, vietnamesische, koreanische und chinesische Familien) und ein Großteil dieser Familien einen niedrigeren sozioökonomischen Status hatten [16]. Ein weiterer markanter Unterschied besteht in der unterschiedlichen Altersstruktur der verglichenen Gruppen mit einem durchschnittlichen Alter von 7,9±4,0 in der gesunden Vergleichspopulation von Varni et al., durchschnittlich 18,9±7,5 Jahren in unserer LTX Gruppe und 15,3±6,5 Jahren in unserer PEBD Gruppe. Wie in unserer LTX Gruppe und auch in zahlreichen anderen Studien nachgewiesen [61,63-64], kann das Alter der Patienten einen signifikanten Einfluss auf die wahrgenommene Lebensqualität haben, weshalb der Vergleich mit der gesunden Population schon aus diesem Grund recht verzerrt und in der Aussagekraft limitiert ist. In verschiedenen Studien, die sowohl andere chronische Erkrankungen als auch lebertransplantierte Patienten untersuchten, konnten in, nach Alter gematchten Gruppe, sehr wohl signifikante Unterschiede in der gesundheitsbezogenen Lebensqualität zwischen gesunden und erkrankten Kindern nachgewiesen werden [55,61-62, 64].

Auch die unterschiedlichen Zeitpunkte der Befragung der gesunden Kohorte von Varni im Jahre 2001 und unserer Patientengruppe im Jahre 2010 stellt eine Limitation des Vergleichs dieser Gruppen dar, da sich in den 10 Jahren sozioökonomische, gesellschaftliche und medizinische Veränderungen zugetragen haben, deren Einfluss auf die Lebensqualität der befragten Kinder nicht eindeutig abzuschätzen sind.

Aufgrund all dieser genannten Einschränkungen sind größere multizentrische Studien mit einer

Aufgrund all dieser genannten Einschränkungen sind größere multizentrische Studien mit einer