• Keine Ergebnisse gefunden

In dieser Arbeit konnte erstmals ein protektiver Einfluss von Vitamin D 3 auf die proangiogenetischen Eigenschaften von endothelialen Vorläuferzellen nachgewiesen werden.

Im in vitroAngiogeneseassay mit ECFC zeigte sich durch eine Vitamin D 3- Behandlung eine um 27% verbesserte Bildung von kapillarähnlichen Strukturen. Außerdem konnten wir eine verkürzte Proliferationsverdopplungszeit der mit Vitamin D 3 behandelten ECFC nachweisen.

Durch unsere Ergebnisse konnten wir belegen, dass Vitamin D 3 die Gefäßbildung von ECFC anregt, welche eine essentielle Funktion in der Vaskulogenese darstellt. Cardus et al. zeigten in glatten Gefäßmuskelzellen, dass der VDR als Transkriptionsfaktor an Regionen des

Promotorgens von VEGF bindet und somit die Expression von VEGF steigert (101, 102). VEGF stellt den wichtigsten Wachstums- und Differenzierungsfaktor für Endothelzellen dar und spielt eine entscheidende Rolle in der Vaskulogenese. Ein Ausfall der VEGF-Hochregulation im ersten Trimester der Schwangerschaft dient als prädiktiver Marker für die spätere

Entwicklung einer Präeklampsie (103). Bei der quantitativen Real-Time PCR (Polymerase Chain Reaction) führte eine Behandlung der ECFC mit Vitamin D 3 zu einer signifikanten Steigerung der Expression von VEGF mRNA. Dies lässt vermuten, dass die gesteigerte Vaskulogenese der ECFC, die mit Vitamin D 3 behandelt wurden, durch eine gesteigerte Expression von VEGF vermittelt wird.

ProMMP-2 ist ein aktives Proenzym der MMP 2 und ist während der Vaskulogenese vor allem für die Proteolyse der extrazellulären Matrix wichtig, was eine adäquate Zellmigration ermöglicht (9). Wir konnten zeigen, dass Vitamin D 3 die Aktivität von proMMP-2 in ECFC erhöht.

Die Vaskulogenese beschreibt die Gefäßneubildung aus endothelialen Vorläuferzellen, während man unter Angiogenese die Gefäßbildung aus schon vorhandenen

Kapillarendothelzellen durch Sprossung versteht. Bei beiden Vorgängen bestehen komplexe Interaktionen zwischen reifen Endothelzellen sowie deren Vorläuferzellen, der extrazellulären Matrix sowie Bestandteilen des Blutes. Sowohl bei der Vaskulogenese als auch bei der

Angiogenese sind Prozesse wie Endothelzellaktivierung, Zellmigration und -proliferation sowie die Proteolyse der extrazellulären Matrix von entscheidender Bedeutung (104). Die Funktion der Endothelzellen und die Bildung von neuen Gefäßen sind bei vielen

Erkrankungen mit endothelialer Dysfunktion wie z.B. der Präeklampsie gestört. Daher könnte ein gezieltes Eingreifen im Sinne einer Förderung der Zellproliferation und Gefäßbildung von entscheidender therapeutischer Bedeutung sein. Vitamin D3 ist in der Lage, die Funktion von

18

ECFC in vitro zu verbessern. Inwiefern sich unsere Ergebnisse auf die in vivo Situation übertragen lassen, sollte in weiteren Arbeiten erforscht werden. Eine Hypothese hierbei wäre, dass eine gesteigerte Vitamin D 3-Zufuhr in vivo die Angiogenese in der Plazenta verbessert und somit Komplikationen wie die plazentare Hypoxie und die Ausschüttung von plazentaren Faktoren wie sFLT-1 vermindern könnte.

Vitamin D3 hat jedoch auch gegensätzliche Wirkungen. In Arbeiten über Tumore und deren Invasion und Metastasierung wurde gezeigt, dass Vitamin D 3 in diesem Zusammenhang die Gefäßneubildung hemmt und dementsprechend die Durchblutung von Tumoren und deren Metastasen herabsetzt (105-107). Jedoch wurde dieser Effekt nicht bei gesunden Zellen mit physiologischem Zellzyklus gesehen (101, 102). Es ist daher zu vermuten, dass der Signalweg von Vitamin D 3 vom Gewebe- und Zelltyp abhängig ist. Interessant wäre daher, die

unterschiedlichen molekularphysiologischen Wirkmechanismen von Vitamin D 3 in gesunden und pathologischen Zellen zu vergleichen, um diese Unterschiede erklären zu können.

In der vaskulären Homöostase spielt VEGF als einer der wichtigsten Angiogenesefaktoren eine entscheidende Rolle. VEGF hat eine protektive Wirkung auf Endothelzellen, was bei präeklamptischen Frauen mit einer verminderten Serumkonzentration an VEGF u.a. zur endothelialen Dysfunktion beiträgt (8). Eine gesteigerte Expression von VEGF durch Vitamin D3 in vivo könnte zu einer verbesserten Endothelfunktion führen und somit das niedrigere Präeklampsierisiko unter Vitamin D3-Einnahme erklären (70).

Für das Einwandern von Endothelzellen in das Gebiet der Gefäßerneuerung ist die Proteolyse der extrazellulären Matrix ein wichtiger Schritt. Dabei spielen sogenannte Kollagenasen wie die MMP-2 und ihr aktives Proenzym proMMP-2 eine entscheidende Rolle. Eine gesteigerte Aktivität von proMMP-2 durch Vitamin D 3 könnte eine gesteigerte Zellmigration ermöglichen und somit die Vaskulogenese verbessern. Schnaper et al. zeigten, dass die Hemmung von proMMP-2 zu einer verminderten Bildung von kapillarähnlichen Strukturen führt. Zudem bewirkte eine Zugabe von rekombinantem proMMP-2 bei reifen Endothelzellen aus der Nabelschnurvene (Human UmbilicalVeinEndothelial Cells, HUVEC) eine gesteigerte in vitro Angiogenese(9). MMP-2 beeinflusst außerdem die Vasomodulation von Gefäßen, indem es die thrombinabhängige Vasodilatation stimuliert (108). Jedoch wurde in einer weiteren in vitro Studie gezeigt, dass die Hemmung von MMP-2 aus Plasma von Patientinnen mit Präeklampsie einen verbesserten Muskeltonus sowie die Relaxation von

19

Mesenterialarterien von weiblichen Mäusen bewirkt (109). Die Tatsache, dass MMP-2 im Plasma von präeklamptischen Frauen erhöht ist (110) und das Plasma von präeklamptischen Frauen zu einer Erhöhung der Bildung (Nitricoxide, Stickstoffmonoxid) und

NO-Synthetase-Aktivität führt (111), könnte eine kompensatorische MMP-2-Erhöhung vermuten lassen. Ebenfalls ist bekannt, dass VEGF ein signifikanter Aktivator von MMP-2 ist, indem es die Freisetzung von MMP-2 aus Endothelzellen stimuliert und somit die Gefäßfunktion fördert (112). Eine stärkere Aktivität von pro-MMP-2 durch Vitamin D 3-Gabe würde diesen protektiven Effekt verstärken.

Seit der Entdeckung der EPC als proangiogenetische Zellen bei der Neovaskularisierung im Jahre 1997 (40) wurden EPC in vielen Studien zur Erforschung der vaskulären Homöostase eingesetzt. EPC spielen in der Organdurchblutung eine entscheidende Rolle, indem sie die Kapillardichte steigern und an der Bildung von neuen Gefäßen beteiligt sind (39). Sowohl eine verminderte Anzahl als auch eine gestörte Funktion von endothelialen Vorläuferzellen ist mit einer Reihe von Erkrankungen assoziiert (50-56). Die Anzahl endothelialer Vorläuferzellen bei Patientinnen mit Präeklampsie ist im Vergleich zu gesunden Schwangeren reduziert und kann als eine Verminderung der endothelialen Reparaturfähigkeit angesehen werden (4, 56). In unseren Arbeiten verwendeten wir ECFC. Diese hochproliferative Subgruppe der EPC, die wir aus Nabelschnurblut isolierten, hat eine hohe Proliferationsrate sowie Kapazität zur Gefäßneubildung und erwies sich somit für unser in vitro Angiogenesemodell als vorteilhaft

(39). Im Rahmen der fetalen Hämatopoese werden endotheliale Vorläuferzellen in der Plazenta produziert, die mittels Migration, Proliferation und Differenzierung zu reifen Endothelzellen an der Vaskulogenese in der Plazenta beteiligt sind (113). Es ist zu erwähnen, dass das Verständnis unserer Ergebnisse auf diese Zellgruppe limitiert ist. Daher sind weitere gleichartige Studien mit anderen Zellgruppen, wie z.B. reifen Endothelzellen von großem Interesse.

Außer der Entbindung gibt es bis heute keine kausale Therapie der Präeklampsie. Mit einer in der internationalen Literatur angegebenen Inzidenz von 2-8% aller Schwangerschaften ist die Präeklampsie eine der häufigsten und schwerwiegendsten schwangerschaftsassoziierten Erkrankungen (66). Daher ist es von besonderer Wichtigkeit, eine adäquate Therapie bzw.

Prophylaxe für diese Erkrankung zu entwickeln. Haugen et al. zeigten in einer

epidemiologischen Studie, dass die Einnahme von 10-15µg/Tag Vitamin D3 zu einer 27%igen Reduktion des Präeklampsierisikos führt (70), was Perspektiven für eine zukünftige Prophylaxe

20

bzw. Therapie eröffnen könnte. Aufgrund der nicht einheitlichen Richtwerte ist es schwierig festzustellen, welche Vitamin D3-Menge Frauen während Schwangerschaft und der Stillzeit einnehmen sollten. Brooke et al. zeigten, dass bei Frauen, die täglich 1000 IU (International Units) Vitamin D3 während der Schwangerschaft eingenommen haben, die Inzidenz von Wachstumsretardierung im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle geringer ist (36). Dies zeigt, dass der Vitamin D3-Status einen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes haben kann.

Laut Hollis et al. verbessert die tägliche Einnahme von 4000 IU Vitamin D ₃(= 100µg) den Vitamin D3-Status der Mutter und des Neugeborenen (gemessen an der Konzentration von 25(OH) Vitamin D3) und ist somit eine sichere und effiziente Dosis (114).

Zusammenfassend konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass Vitamin D 3 die Gefäßbildung von ECFC in vitro stimuliert. Außerdem konnten wir nachweisen, dass ein möglicher Mechanismus dieses Effekts eine gesteigerte VEGF Expression sowie eine erhöhte proMMP-2 Aktivität ist. Die Daten dieser Arbeit bilden die Basis für weitere Studien, mit deren Hilfe die Pathophysiologie der Präeklampsie besser verstanden werden kann.

Aufbauend darauf sind weitere in vivo Experimente sowie klinische Studien zu planen, um den Effekt von Vitamin D3 auf Plazentaebene und bei Risikopatientinnen zu untersuchen.

21