• Keine Ergebnisse gefunden

Die HMGA-Proteine sind architektonische Transkriptionsfaktoren, die eine entscheidende Rolle bei der neoplastischen Transformation, Progression und Metastasierung von Tumoren spielen. Eine Überexpression des embryonalen HMGA2-Proteins bzw. des HMGA2-Gens konnte bei einer Reihe maligner Tumoren detektiert werden, darunter das Mammakarzinom (Rogalla et al., 1997), das Pankreaskarzinom (Abe et al., 2003b) und das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom (Rogalla et al., 1998). Zu Beginn dieser Arbeit im Jahre 2002 waren keinerlei quantitative Untersuchungen zur HMGA2-Expression bei malignen Tumoren erhältlich. Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine quantitative Real-time RT-PCR (qRT-PCR) zur Quantifizierung der HMGA2-Expression in malignen Neoplasien, u.a. bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen (NSCLC), etabliert. In der Studie von Meyer et al. (2006) wurde korrespondierendes tumorfreies Lungengewebe von 17 Patienten mit Adenokarzinom (AC) und 17 Patienten mit Plattenepithelkarzinom (SCC) untersucht (Meyer et al., 2006b). Es konnte mittels qRT-PCR gezeigt werden, dass HMGA2 sowohl in allen Tumorproben als auch im nicht-neoplastischen Lungengewebe nachweisbar exprimiert wird. Verglichen mit den entsprechenden tumorfreien Lungengeweben ergab die absolute Quantifizierung der Expression eine statistisch hoch signifikante Überexpression des HMGA2-Gens sowohl für die untersuchten AC- als auch die SCC-Proben. Im Mittel war bei den AC- bzw. den SCC-Proben eine 159-fache bzw. 336-fache HMGA2-Überexpression zu verzeichnen, mit einer signifikant höheren Expressionssteigerung bei den SCC-Proben. In einer zusätzlichen Untersuchung eines Teils der Gewebeproben mittels Immunhistochemie (IHC) konnte in sechs der sieben höchstexprimierenden Fälle ebenfalls eine HMGA2-Expression nachgewiesen werden, was die Ergebnisse der qRT-PCR bestätigt. Ein Vergleich der beiden Detektionsmethoden zeigt, dass die PCR-basierte Methode um ein Vielfaches sensitiver ist als die IHC. Während mittels qRT-PCR 289 Kopien in 250 ng Gesamt-RNA detektierbar waren, konnte ein positives IHC-Ergebnis nur in Proben mit einer Expression von mindestens 1,3·106 HMGA2-Transkripten nachgewiesen werden. Eine Korrelationsanalyse zwischen HMGA2-Transkriptmengen und histopathologischen Parametern der Tumoren, wie TNM, Grading und Staging, ergab keinen signifikanten Zusammenhang, jedoch ist

auffällig, dass die höchste HMGA2-Transkriptmenge unter den AC-Proben bei der einzigen Neoplasie mit T4-Klassifizierung detektiert wurde.

In früheren Untersuchungen wurden chromosomale Rearrangierungen des HMGA2-Gens bei chondroiden Hamartomen der Lunge festgestellt (Fletcher et al., 1995;

Kazmierczak et al., 1995). Zudem konnten Rogalla et al. (1998) eine Reexpression von HMGA2 in Proben mittels konventioneller RT-PCR in 14 von 19 NSCLC-Proben nachweisen, während in keinem der untersuchten Umgebungsgewebe Transkripte detektierbar waren (Rogalla et al., 1998). Der in dieser Arbeit erstmals erbrachte Nachweis von HMGA2-Transkripten auch im histologisch tumorfreien Gewebe verdeutlicht die höhere Sensitivität der qRT-PCR gegenüber der herkömmlichen RT-PCR. Übereinstimmend konnte in neueren Studien mittels qRT-PCR eine HMGA2-Expression auch in gesundem Myometrium (Gross et al., 2003) bzw. in normalen Keratinozyten der Mundhöhle (Miyazawa et al., 2004) detektiert werden, was auf eine Basalexpression von HMGA2 in gesundem Gewebe hinweist.

Bemerkenswert sind die starken Schwankungen der HMGA2-Expression um das 1820-fache im nicht-neoplastischen Gewebe. Die Entwicklung von Lungentumoren ist ein multifaktorieller Prozess, bei dem prämaligne Läsionen an verschiedenen Stellen innerhalb des bronchoalveolären Epithels entstehen. Diese sind gekenn-zeichnet durch genetische Veränderungen, welche auch im Bronchialkarzinom vorhanden sind (Park et al., 1999; Wistuba et al., 1999). Demnach könnten die erhöhten HMGA2-Transkriptmengen, die in einigen der nachweislich tumorfreien Gewebeproben gefunden wurden, Folge bzw. Kennzeichen dieser charakteristischen prämalignen Veränderungen sein. Diese Annahme wird durch neueste Untersuchungen an malignen und prämalignen Läsionen der Lunge gestützt (Sarhadi et al., 2006). In der betreffenden Arbeit wurden Gewebe-Mikroarrays mit 152 Lungenkarzinomen und Gewebeschnitte von 17 Patienten mit Hyperplasie, Metaplasie und Dysplasie des Bronchienepithels immunhistochemisch auf ihre HMGA2-Expression untersucht. Neben 90% der Karzinome waren auch einzelne Zellen bzw. Areale des normalen Bronchienepithels HMGA2-positiv. Zudem war eine schwache HMGA2-Expression in den untersuchten Metaplasien und eine höhere Expression in den meisten Dysplasien zu verzeichnen. Statistische Analysen mittels Log-Rank Test ergaben für die untersuchten AC-Proben eine signifikante Korrelation der HMGA2-Expression mit einer schlechten Überlebensrate. Die zusätzlich von Sarhadi et al. (2006) durchgeführte relative Quantifizierung der HMGA2-Expression

mittels qRT-PCR an 23 Lungenkarzinomen, darunter je acht AC- und acht SCC-Proben, verglichen mit drei tumorfreien Lungengeweben bestätigen zudem die im Rahmen dieser Promotion festgestellte Überexpression bei NSCLC. Im Unterschied zu den Ergebnissen dieser Arbeit beträgt die Überexpression im Tumor im Schnitt jedoch nur das 6-fache der im tumorfreien Gewebe gemessenen Expression.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die quantitativen Ergebnisse zur Überexpression des HMGA2-Gens die Bedeutung der HMGA2-Expression sowohl als diagnostischer als auch als prognostischer Marker beim NSCLC untermauern.

Da Prostatatumoren bezüglich ihrer Malignität sehr heterogen sind und somit nach genetischen Markern zur verbesserten Klassifikation der Tumoren gesucht wird (Bussemakers et al., 1991), wurde im Rahmen dieser Arbeit in Zusammenarbeit mit S. Winkler die HMGA2-Expression bei caninen Prostatageweben mit unter-schiedlichen histologischen Befunden quantitativ mittels qRT-PCR untersucht (Winkler et al., 2006). In früheren Untersuchungen mittels RNA in situ Hybridisierung (RISH) konnte die Expression des dem HMGA2-Gen verwandten HMGA1-Gens mit der Aggressivität der untersuchten Prostatatumoren korreliert werden (Tamimi et al., 1993; Tamimi et al., 1996). Erst kürzlich wurde die Reexpression von HMGA2 bei Zellen eines anaplastischen Adenokarzinoms der Prostata nachgewiesen (Diana et al., 2005). Der Hund ist neben dem Menschen die einzige Spezies, bei der Prostatatumoren spontan auftreten (Boutemmine et al., 2002). Aufgrund ihres ähnlichen histologischen und biologischen Verhaltens gelten Prostatatumoren des Hundes als anerkannte Modelle für die entsprechenden humanen Neoplasien (MacEwen, 1990; Knapp et al., 1997). Im Rahmen dieser Arbeit konnte mittels qRT-PCR erstmals eine erhebliche Überexpression von HMGA2-mRNA-Transkripten in Tumorgeweben im Vergleich zu gesundem Prostatagewebe nachgewiesen werden.

Entsprechend den untersuchten nicht-neoplastischen Geweben der voran-gegangenen Studie an NSCLC-Patienten wurde eine geringe Expression auch in den Prostatageweben gesunder Hunde detektiert. In benignen Veränderungen der Prostata konnten erhöhte HMGA2-Transkriptmengen nachgewiesen werden, während die stärkste Expression in Adenokarzinomen zu verzeichnen war. Der mit zunehmender Malignität der Prostatatumoren steigende HMGA2-Level zeigt, dass die HMGA2-Expression als prognostischer Marker sowohl beim Menschen als auch beim Hund dienen könnte.

Vorangegangene Untersuchungen mit der konventionellen RT-PCR haben gezeigt, dass auch im Blut von Patienten mit malignen Neoplasien eine Reexpression von HMGA2 detektiert werden kann. In dieser Arbeit sollten erstmals quantitative Analysen an RNA aus peripherem Blut von Patienten mit unterschiedlichen Diagnosen durchgeführt werden.

Zunächst wurde die HMGA2-Expression im Blut von 22 Mammakarzinom-patientinnen, darunter 14 Patientinnen mit Metastasen, vor Therapiebeginn sowie während der Therapie relativ quantifiziert. In früheren Untersuchungen mittels hemi-nested RT-PCR konnte eine HMGA2-Expression in invasiv duktalen Mamma-karzinomen vornehmlich mit hohem histologischen Grading detektiert werden, während in tumorfreien Umgebungsgeweben keine nachweisbare HMGA2-Expression auftrat (Rogalla et al., 1997). Mit derselben Methode konnte eine HMGA2-Expression im Blut von Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom detektiert und mit einer schlechten Prognose bezüglich der Überlebensrate korreliert werden (Sezer et al., 2000; Langelotz et al., 2003). Keine HMGA2-Expression war hingegen im Blut gesunder Spender und bei Patientinnen ohne Metastasen detektierbar (Sezer et al., 2000). In der vorliegenden Arbeit konnte in allen Blutproben der Patientinnen mit Mammakarzinom, darunter hauptsächlich invasiv duktale Tumoren, eine HMGA2-Expression detektiert werden. Bei den 16 verlässlich quantifizierbaren Probenpaaren konnten allerdings keine statistisch signifikanten Expressionsunterschiede zwischen den Proben von Patienten vor und während der Therapie festgestellt werden. Die Ergebnisse von Sezer et al. (2000) und Langelotz et al. (2003) konnten ebenfalls nicht bestätigt werden. Weder ließen sich signifikante Expressionsunterschiede zwischen Patienten mit und ohne Metastasen nachweisen, noch konnte eine Korrelation der HMGA2-Transkriptmengen vor der Therapie zu TNM oder Grading der Tumoren ermittelt werden. Diese Ergebnisse werden im Wesentlichen von parallel zu dieser Arbeit ebenfalls mittels qRT-PCR gemachten Untersuchungen von Fabjani et al. 2005 gestützt. Darin wurde die HMGA2-Expression in Blutproben von Brustkrebspatientinnen verschiedener Histologien mit der Expression gesunder Individuen verglichen. Es wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen gefunden. Darüber hinaus konnten auch keine Zusammenhänge zwischen der Höhe der HMGA2-Expression und jeglichen histopathologischen Daten hergestellt werden (Fabjani et al., 2005). Damit scheint die HMGA2-Expression im peripheren Blut von Patientinnen als Indikator für

Brustkrebs wenig geeignet. Allerdings konnte in derselben Arbeit ein Zusammenhang der HMGA2-Expression mit dem invasiven Wachstum von Mammatumorzelllinien hergestellt werden, was als Hinweis darauf interpretiert wurde, dass HMGA2 bei der Invasion von Tumoren eine Rolle spielt. Dieses Ergebnis passt wiederum zu der eingangs erwähnten Reexpression von HMGA2 in invasivem Mammakarzinom-gewebe (Rogalla et al., 1997).

Zur Klärung der Frage, ob andere Erkrankungen einen Einfluss auf die Expression im peripheren Blut haben, wurde im Rahmen dieser Arbeit die HMGA2-Expression in 36 Blutproben u.a. von Patienten mit diversen Tumoren, mit malignen Erkrankungen des hämatopoetischen bzw. lymphatischen Systems sowie mit verschiedenen Autoimmunerkrankungen quantitativ bestimmt. Als Vergleichskollektiv dienten sieben Proben gesunder Spender. Über die absolute Quantifizierung mittels qRT-PCR konnte in allen untersuchten Proben eine HMGA2-Expression nachgewiesen werden. Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen mittels konventioneller RT-PCR (Rommel et al., 1997; Sezer et al., 2000) waren auch sämtliche Proben gesunder Probanden nachweisbar HMGA2-positiv. Dieses Ergebnis zeigt erneut die um ein Vielfaches höhere Sensitivität der qRT-PCR gegenüber der konventionellen RT-PCR. Die bereits erwähnten Untersuchungen von Fabjani et al. (2005) mittels qRT-PCR bestätigen die Expression von HMGA2-Transkripten auch im Blut gesunder Probanden. Allerdings zeigt die Expression in der betreffenden Arbeit eine Schwankung um das 170-fache, während in der hier vorliegenden Arbeit im Blut gesunder Probanden nur Schwankungen um das zweifache detektiert wurden. Diese vergleichsweise kleine Variation kann zum einen auf die niedrigere Probenzahl der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Studie zurückzuführen sein, zum anderen jedoch auch auf die Verwendung einer RNA-Stabilisierungsreagenz, welche Genexpressionsänderungen, die normalerweise nach der Blutentnahme in vitro stattfinden, verhindert. Im Vergleich der HMGA2-Expression im Blut aller Patienten mit der HMGA2-Expression im Blut der gesunden Probanden konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Einzig die Expression der Probe eines Patienten mit chronisch myeloischer Leukämie (CML) in Akzeleration ist mit dem 27-fachen der durchschnittlichen Expression des Vergleichskollektivs deutlich erhöht. Übereinstimmend dazu haben Rommel et al.

(1997) mit Hilfe der herkömmlichen RT-PCR im Blut von elf CML- und drei AML-Patienten und in CD34-positiven hämatopoetischen Stammzellen eine

Expression detektiert, während im Blut gesunder Probanden keine HMGA2-Expression nachweisbar war (Rommel et al., 1997).

Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurde im Folgenden die HMGA2-Expression in einem Kollektiv aus 53 Patienten mit verschiedenen Erkrankungen des hämatopoetischen und lymphatischen Systems erstmals quantitativ untersucht. Die gemessene HMGA2-Expression zeigt sehr starke Schwankungen um das 2.216-fache. Den niedrigsten Wert weist ein Patient mit hochmalignem Lymphom und den höchsten Wert ein CML-Patient in der Blastenkrise auf. Da unter den elf am höchsten exprimierenden Patienten ausschließlich Leukämiepatienten zu finden sind, wurde diese Gruppe gesondert betrachtet. Ihre Expressionsdaten wurden dafür mit denen der gesunden Probanden aus der vorhergehenden Untersuchung verglichen.

Leukämien sind maligne Erkrankungen des blutbildenden Systems. Sie sind gekennzeichnet durch eine Infiltration des hämatopoetischen Systems mit atypischen Leukozyten und ihren funktionsuntüchtigen Vorstufen (Blasten). Durch Verdrängung der normalen Blutbestandteile wird die Blutbildung im Knochenmark gestört und es kommt zur Anämie. Je nach klinischem Verlauf und Abstammung der pathologisch veränderten Leukozyten unterscheidet man akute und chronische sowie lymphatische und myeloische Leukämien (Kleihauer et al., 1978). Die Auswertung der quantitativen Analyse im Blut von Leukämiepatienten ergab eine Schwankung der HMGA2-Expression um das 1.616-fache, was einer bei den gesunden Probanden gemessenen Abweichung um das zweifache gegenübersteht. Verglichen mit dem Blut gesunder Probanden zeigen statistische Analysen eine signifikant erhöhte HMGA2-Expression im Blut von Leukämiepatienten. Keine signifikanten Unterschiede konnten hingegen zwischen Patienten nach bzw. während einer Therapie und unbehandelten Patienten festgestellt werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der höchste Wert bei einer CML gemessen wurde, die sich trotz Behandlung in der Blastenkrise befand, so dass davon auszugehen ist, dass in diesem Fall die Therapie keine Wirkung mehr zeigt. Ohne diesen Patienten (B22) liegt die Irrtumswahrscheinlichkeit für den entsprechenden t-Test bei 0,0502, so dass ein signifikantes Ergebnis mit p < 0,05 nur knapp verfehlt wird.

Abgesehen von den Ergebnissen von Rommel et al. (1997) konnten auch in weiteren Untersuchungen eine HMGA2-Reexpression und/oder chromosomale Re-arrangierungen im Bereich des HMGA2-Gens im Blut oder Knochenmark von Patienten mit malignen Erkrankungen des hämatologischen Systems nachgewiesen

werden. Submikroskopische Deletionen wurden in 20 von 78 untersuchten Fällen von akuter lymphatischer Leukämie (ALL) detektiert (Patel et al., 2005).

Verschiedene Rearrangierungen des HMGA2-Gens wurden zudem bei einem Patienten mit chronisch lymphatischer Leukämie (CLL) (Santulli et al., 2000) und einem Patienten mit ALL (Pierantoni et al., 2003) nachgewiesen. Eine Reexpression des HMGA2-Gens war mittels RT-PCR bei zwei Patienten mit Osteomyelofibrose und myeloider Metaplasie mit Translokation im Bereich des HMGA2-Gens und in zehn weiteren Patienten ohne verändertem Karyotyp nachweisbar, während keine Expression bei gesunden Probanden detektiert werden konnte (Andrieux et al., 2004). Trunkierte HMGA2-Transkripte oder aberrante Splicevarianten wurden bei sechs Patienten mit myeloider Leukämie mit Rearrangierungen der chromosomalen Region 12q13-15 (Odero et al., 2005) sowie in zwei Fällen von akuter myeloischer Leukämie (AML) identifiziert (Kottickal et al., 1998). Zudem wurde in der letzteren Studie eine starke Expression eines trunkierten HMGA2-Transkripts unter anderem bei der CML-Zelllinie BV 173 detektiert, welche keine offensichtliche Rearrangierung der chromosomalen Region 12q aufweist (Kottickal et al., 1998).

Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist gekennzeichnet durch die starke und unkontrollierte klonale Vermehrung hauptsächlich der Granulozyten. Während in der chronischen Phase sämtliche Vorstufen der Granulopoese im peripheren Blut nachweisbar sind, kommt es in der Akzeleration bzw. Blastenkrise zu einem Differenzierungsarrest und der Akkumulation undifferenzierter Blasten im peripheren Blut der Patienten (Clarkson et al., 1997; Hehlmann et al., 2005). In 95% der Fälle kommt es durch reziproke Translokation zur Fusion des c-ABL-Gens auf Chromosom 9q34 mit dem BCR-Gen auf Chromosom 22q11 und damit zur Bildung des so genannten Philadelphia-Chromosoms (Nowell et al., 1960; Rowley, 1973), was zur Expression des BCR-ABL-Fusionsproteins führt (Shtivelman et al., 1985; Ben-Neriah et al., 1986). Dieses Fusionsprotein codiert für ein Onkogen, welches im Unterschied zum normalen c-ABL-Gen eine konstitutive Tyrosinkinaseaktivität besitzt und für die Ausprägung des malignen Phänotyps verantwortlich ist (Konopka et al., 1984;

Kloetzer et al., 1985). Die HMGA2-Expression im peripheren Blut aller im Rahmen dieser Arbeit mittels qRT-PCR untersuchten CML-Patienten zeigte eine Schwankung um das 1448-fache (Meyer et al., 2006a). Die niedrigsten Transkriptmengen finden sich bei Patienten mit CML in chronischer Phase oder in Remission, stark erhöhte Werte finden sich bei zwei Patienten in Akzeleration, der höchste Wert bei einem

Patienten mit CML in der Blastenkrise. Es konnte erstmals gezeigt werden, dass die Leukozytenzahl im Blut der Patienten zum Zeitpunkt der Blutabnahme mit dem HMGA2-Expressionslevel signifikant korreliert. Der Anstieg der HMGA2-Expression ist jedoch weit höher als der Anstieg der Leukozytenzahlen, was auf eine Hochregulierung des HMGA2-Gens in den leukämischen Zellen schließen lässt.

Grund für den überproportionalen Anstieg der HMGA2-Expression könnte die Akkumulation undifferenzierter Blasten bei Progression der CML in Akzelerations-phase und Blastenkrise sein. Da diese Blasten unreife Zellen mesenchymalen Ursprungs sind, die sich unkontrolliert vermehren, stimmt dieses Ergebnis mit früheren Untersuchungen überein, wonach HMGA2 vornehmlich in undifferenzierten und proliferierenden mesenchymalen Zellen und Geweben exprimiert wird (Manfioletti et al., 1991; Rogalla et al., 1996; Zhou et al., 1996; Hirning-Folz et al., 1998).

Die größte Gruppe der im Rahmen dieser Studie untersuchten Leukämiepatienten stellen die AML-Patienten dar. Die AML umfasst eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, die u.a. anhand der Morphologie der proliferierenden Blasten gemäß der FAB-Klassifikation in die Subtypen M0 bis M7 untergliedert wird (Bennett et al., 1985). Die Daten der Expressionsanalyse bei AML-Patienten zeigen keine Korrelation der HMGA2-Transkriptmengen zur Leukozytenzahl, was auf eine unterschiedlich starke Expression in diesen Zellen bei den verschiedenen Probanden hinweist. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass AML-Patienten allgemein eine statistisch signifikant höhere HMGA2-Expression aufweisen als die gesunden Probanden. Eventuell auch aufgrund der begrenzten Probenzahl war ein Zusammenhang zwischen Subtyp und HMGA2-Transkriptmenge nicht nachweisbar.

Zusätzlich wurden im Durchflusszytometer (FACS) angereicherte mononukleäre Zellen aus dem peripheren Blut oder Knochenmark von fünf AML-Patienten mit unterschiedlichen Anteilen an CD33- und CD34-positiven Zellen und zwei APL- (akute Promyelozyten Leukämie) bzw. AML-Zelllinien quantitativ auf ihre HMGA2-Expression untersucht. Sowohl in vier der fünf untersuchten Zellpopulationen als auch in den beiden Zelllinien konnte im Vergleich zum Kontrollblut eine stark erhöhte HMGA2-Expression nachgewiesen werden. CD33-Antigene werden von myeloiden Progenitorzellen exprimiert und treten bei ca. 80-90% aller AMLs auf (Peiper et al., 1988), während CD34-Antigene Marker der pluripotenten hämatopoetischen Stammzellen sind und bei AML-Patienten u.a. abhängig vom jeweiligen Subtyp sehr

unterschiedlich häufig exprimiert werden (Katz et al., 1985; Kanda et al., 2000). Da schon in der Untersuchung von Rommel et (1997) eine Expression des HMGA2-Gens in CD34+ hämatopoetischen Stammzellen gesunder Spender nachgewiesen wurde, müssen weitere vergleichende Studien zeigen, ob die erhöhten HMGA2-Werte einiger AML-Patienten auf die Anreicherung von Stammzellen im peripheren Blut zurückzuführen sind oder ob es zur Hochregulierung des HMGA2-Gens in den leukämischen Zellen kommt. Weiterhin stellt sich die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen HMGA2-Expression und Verlauf der Erkrankung besteht und die Höhe der Expression damit Rückschlüsse auf die Prognose der Patienten erlaubt. Die CD34-Expression wurde als prognostischer Faktor für das Ansprechen auf eine Therapie vielfach untersucht und ist nach wie vor umstritten (Kanda et al., 2000; Junghanss et al., 2005). Eine Ausweitung der Studie zur quantitativen Analyse der HMGA2-Expression muss in der Zukunft zeigen, ob sich die Ergebnisse in einem größeren Probenumfang ähnlich verhalten. Aufgrund der Heterogenität der unter dem Begriff AML zusammengefassten Subtypen M0 bis M7 sollten speziell Blutproben aus größeren Patientenkollektiven jeder dieser Gruppen vor und während einer Therapie untersucht werden.

Die im Rahmen dieser Arbeit gefundene signifikante Überexpression von HMGA2 im Blut von Leukämiepatienten, in Prostatakarzinomen des Hundes sowie bei NSCLC zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen HMGA2-Überexpression und malignem Phänotyp. Übereinstimmende Ergebnisse wurden u.a. auch bei Pankreas-karzinomen und PlattenepithelPankreas-karzinomen festgestellt (Abe et al., 2003b; Miyazawa et al., 2004), so dass HMGA2 als Target für mögliche kausale Krebstherapien über Inhibierung des Proteins diskutiert wird. Berlingieri et al. (1995) haben gezeigt, dass durch Inhibierung der HMGA2-Proteinsynthese über Antisense-Konstrukte die neoplastische Transformation von Schilddrüsenzellen der Ratte verhindert werden kann (Berlingieri et al., 1995). Neben gentherapeutischen Strategien über Antisense-Konstrukte oder RNA-Interferenz (RNAi), ist auch der Einsatz so genannter „small molecules“ denkbar, welche in die Zelle eindringen und Proteine gezielt blockieren können.

Ein anderer klinisch relevanter Aspekt der HMGA2-Überexpression wurde von Boo et al. (2005) beschrieben. Demnach besteht bei Brustkrebszellen eine Korrelation zwischen erhöhter HMGA2-Expression und einer gesteigerten Sensitivität gegenüber

dem Anthracyclin Doxorubizin und anderen DNA-Doppelstrangbruch-induzierenden Zytostatika (Boo et al., 2005). Dieser Effekt ist offenbar eine Folge der gestörten DNA-Reparaturmechanismen, welche in HMGA2-exprimierenden Zellen beobachtet wurde und könnte für die Therapie der stark HMGA2-exprimierenden Neoplasien eine wichtige Rolle spielen. Entsprechend konnte gezeigt werden, dass sowohl natives HMGA2 als auch trunkierte HMGA2-Varianten die Promotoraktivität des DNA-Reparatur-Gens ERCC1 stark herunterregulieren (Borrmann et al., 2003). Die so erhöhte genomische Instabilität könnte ursächlich mit der Tumorentstehung zusammen hängen.

Es bleibt die Frage, wie es zur Hochregulierung der HMGA2-Expression in den untersuchten malignen Neoplasien kommen kann. Bei vielen gutartigen zumeist mesenchymalen Tumoren ist die HMGA2-Reexpression auf Aberrationen in der entsprechenden chromosomalen Region 12q13-15 zurückzuführen (Schoenmakers et al., 1995; Kazmierczak et al., 1996; Dal Cin et al., 1997; Kazmierczak et al., 1998;

Kazmierczak et al., 1999b). Diese Chromosomenveränderungen können entweder zur Reaktivierung der Expression oder zur Expression aberranter Transkripte des HMGA2-Gens führen (Kazmierczak et al., 1995; Petit et al., 1996). Neueste Ergebnisse belegen, dass weder die Trunkierung der HMGA2-Transkripte noch die Fusion zu ektopischen Sequenzen für die neoplastische Transformation von mesenchymalen Zellen nötig sind. Ausschlaggebend für die Tumorgenese von benignen mesenchymalen Tumoren scheint vielmehr die Überexpression des HMGA2-Gens an sich zu sein, unabhängig von der Beschaffenheit des exprimierten HMGA2-Transkripts (Zaidi et al., 2006). Die Tatsache, dass bei malignen Tumoren im Allgemeinen keine wiederkehrenden Translokationen der 12q13-15 Region festzustellen sind, lässt darauf schließen, dass hier andere Mechanismen der Genaktivierung zur Reexpression führen. Eine starke Induktion der HMGA2-Expression kann u.a. durch die PI-3 Kinase bzw. Ras/MAP Kinase Signalkaskaden sowie über Signalwege des oxidativen Stresses vermittelt werden (Li et al., 1997;

Ayoubi et al., 1999; Zentner et al., 2001). Geht man von einem mehrstufigen Prozess der Krebsentstehung aus, könnte die Hochregulierung der HMGA2-Expression Folge der Reaktivierung des Gens durch frühere Ereignisse in der Tumorgenese sein.

Das HMGB1-Protein wird im Gegensatz zu den HMGA-Proteinen auch in vielen adulten nicht-neoplastischen Geweben deutlich messbar exprimiert. Die Höhe der

HMGB1-Expression unterliegt jedoch einer gezielten Regulation und nimmt mit zunehmender Differenzierung der Gewebe ab (Muller et al., 2004). In malignen Neoplasien wurde eine Überexpression des HMGB1-Gens u.a. in Leberzell-karzinomen (Kawahara et al., 1996), beim Magen- und kolorektalen Adenokarzinom (Xiang et al., 1997), beim Mammakarzinom (Brezniceanu et al., 2003) und in leukämischen Zellen (Cabart et al., 1995) gefunden.

Das HMGB1-Protein bindet mit hoher Affinität an Cisplatin-DNA-Addukte (Pil et al., 1992). Cisplatin ist eine anorganische Verbindung, welche als Zytostatikum weite Verbreitung in der Behandlung maligner Neoplasien findet. Die Wirkung von Cisplatin beruht in erster Linie auf der Bildung von DNA-Intrastrang-Quervernetzungen, welche eine Biegung der DNA-Struktur bewirken und sowohl die DNA-Replikation als auch die Transkription beeinträchtigen (Pinto et al., 1985; Mello et al., 1995). Die Bindung von HMGB1 an diese deformierten DNA-Strukturen hat Einfluss auf die Sensibilität der Zelle gegenüber Cisplatin. Es wurde gezeigt, dass HMGB1 in vitro die Reparatur von DNA-Addukten durch „nucleotide excision repair“-Mechanismen verhindert (Huang et al., 1994; Zamble et al., 1996). Zudem führt eine durch Steroidhormone induzierte Überexpression von HMGB1 bei humanen Brustkrebszellen zur Sensibilisierung der Zellen gegenüber Cisplatin (He et al., 2000). Auf der anderen Seite wird HMGB1 in resistenten Zelllinien und in bestimmten Cisplatin-behandelten Geweben überexprimiert (Nagatani et al., 2001; Li et al., 2006). Da Cisplatin auch vielfach bei der adjuvanten Chemotherapie des Hundes Verwendung findet (Vail et al., 2002), sollte im Rahmen dieser Arbeit die Expression des HMGB1-Gens bei Osteosarkomen des Hundes untersucht werden. Als Voraussetzung für derartige Untersuchungen an Geweben des Hundes wurden zunächst die cDNA-Sequenz, die genomische Struktur und die chromosomale Lokalisation des caninen HMGB1-Gens bestimmt. Zudem wurde mittels Northern Blot-Analyse die Expression der beiden vom Menschen bekannten 1,4 und 2,4 kb Splicevarianten des caninen HMGB1-Gens in Milz-, Herz-, Lungen- und glattem Muskelgewebe, jedoch nicht in der Niere, des Hundes nachgewiesen (Murua Escobar et al., 2003). Anschließend wurde die HMGB1-Expression in fünf caninen Osteosarkomen, einem Fibrosarkom und einem Leiyomyosarkom mittels Northern Blot-Analyse und semi-quantitativer RT-PCR untersucht (Meyer et al., 2004a). Beide Methoden zeigten deutliche Schwankungen der HMGB1-Expressionslevel in den caninen Sarkomen. Vergleich-bare Ergebnisse wurden bei humanen Mammakarzinomen dokumentiert (Flohr et al.,

2001; Brezniceanu et al., 2003). Die deutliche intertumorale Varianz der HMGB1-Expression könnte künftig für die Chemotherapie von caninen Osteosarkomen mit Cisplatin von Bedeutung sein: zum einen könnten Behandlungserfolge mit Cisplatin besser abgeschätzt, zum anderen könnte die Höhe der Cisplatingabe an die entsprechende HMGB1-Expression angepasst werden, um Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten. Da beim Hund viele Krankheiten große Ähnlichkeiten zu den entsprechenden humanen Erkrankungen aufweisen, bietet sich das Hundemodell für zukünftige Studien über die Bedeutung der HMGB1-Expressionshöhe auf die Wirkung einer Cisplatintherapie an. Darüber hinaus zeigt die gute Korrelation der Northern Blot-Ergebnisse mit der semi-quantitativen RT-PCR, dass letztere Methode eine schnelle und kostengünstige Alternative für die Bestimmung der HMGB1-Expression darstellt. Im Gegensatz zum HMGA2-Gen sind für das HMGB1-Gen Retropseudogene sowohl im humanen (Stros et al., 1993;

Rogalla et al., 2000; Strichman-Almashanu et al., 2003) als auch im caninen Genom (persönliche Mitteilung von H. Murua Escobar) identifiziert worden und können eine Quantifizierung der HMGB1-Expression über qRT-PCR verfälschen. Die qRT-PCR ist aufgrund ihrer hohen Sensitivität besonders empfindlich gegenüber Verunreinigun-gen mit Verunreinigun-genomischer DNA (Bustin, 2002). Da durch Standardaufreinigungsmethoden eine DNA-Kontamination der isolierten RNA kaum zu vermeiden ist, werden gegenwärtig verschiedene Methoden zur Beseitigung dieses Problems getestet, um zukünftig entsprechende Untersuchungen zur HMGB1-Expression bei einem größeren Kollektiv an Sarkomen mittels qRT-PCR durchführen zu können.

Neben der nukleären Funktion des HMGB1-Proteins als architektonischer Transkriptionsfaktor spielt extrazelluläres HMGB1 eine wichtige Rolle als Mediator von Entzündungsprozessen und bei der Tumormetastasierung (Muller et al., 2001).

Bei schnell wachsenden Tumoren kann es durch unzureichende Neovaskularisierung und damit verbundene Hypoxie zur Bildung von nekrotischen Zellarealen kommen, welche zum einen angiogene Wachstumsfaktoren ausschütten, zum anderen Makrophagen anlocken, welche wiederum zahlreiche Wachstumsfaktoren und Zytokine freisetzen (Leek et al., 1999; Harris, 2002). HMGB1 kann sowohl von den nekrotischen Zellen eines Tumors in den extrazellulären Raum entlassen werden (Scaffidi et al., 2002) als auch von aktivierten Makrophagen aktiv sezerniert werden (Wang et al., 1999a; Wang et al., 1999b). Sezerniertes HMGB1 führt wiederum zur

Aktivierung von Makrophagen und somit zur Synthese von verschiedenen Zytokinen (Andersson et al., 2000). Extrazelluläres HMGB1 interagiert mit membranständigen Rezeptoren, darunter RAGE (Receptor for advanced glycation end products). RAGE wird u.a. von Neuronen (Hori et al., 1995; Huttunen et al., 2002), Monozyten (Hou et al., 2004; Rouhiainen et al., 2004), Makrophagen (Kokkola et al., 2005), Endothelzellen (Kuniyasu et al., 2003) und glatten Muskelzellen (Lander et al., 1997) exprimiert. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass die HMGB1/RAGE-Interaktion die Migration und Invasion von Zellen sowie das Tumorwachstum und die Tumormetastasierung induziert (Taguchi et al., 2000; Degryse et al., 2001). Durch Bindung von HMGB1 an RAGE werden über verschiedene Signalkaskaden ERK1/2

und NF-κB aktiviert (Yang et al., 2005), die beide bei der Angiogenese eine Rolle spielen (Eliceiri et al., 1998; Klein et al., 2002). Okamoto et al. (2002) haben gezeigt, dass AGEs (advanced gycation end products), die eigentlichen Liganden von RAGE, Angiogenese induzieren können (Okamoto et al., 2002). Im Rahmen dieser Arbeit konnte in der Untersuchung von Schlueter et al. (2005) eine angiogene Wirkung von HMGB1 bei Endothelzellen nachgewiesen werden (Schlueter et al., 2005). Durch Applikation von rekombinant hergestelltem HMGB1 konnte im dreidimensionalen Spheroidmodell eine dosisabhängige Induktion der Zellmigration und die Ausbildung von neuen kapillarähnlichen Strukturen beobachtet werden. Bestätigt werden diese Ergebnisse durch neuere Untersuchungen von Mitola et al. (2006). Übereinstimmend konnte in vitro durch rekombinantes HMGB1 die Aussprossung von endothelialen Zellen im dreidimensionalen Fibringel induziert werden. Zudem konnte durch HMGB1 in vivo die Neovaskularisierung in der Chorioallantoismembran (CAM) von Hühnerembryonen angeregt werden. Durch eine Blockade von RAGE mit neutralisierenden Antikörpern kommt es zur Inhibition der beobachteten Effekte, was darauf hinweist, dass die HMGB1/RAGE-Interaktion bei der Angiogenese eine wichtige Rolle spielt (Mitola et al., 2006). Diese Ergebnisse stehen im Widerspruch zur Arbeit von Taguchi et al. (2000), in welcher durch sRAGE keine Inhibierung einer mit bFGF (basic fibroblast growth factor) induzierten Kapillaraussprossung in der Hornhaut erreicht werden konnte (Taguchi et al., 2000). Da neben RAGE noch andere Rezeptoren für HMGB1 bekannt sind, welche bei der Angiogenese eine Rolle spielen (Yuan et al., 2004; Frantz et al., 2005), könnte die durch HMGB1 induzierte Angiogenese über verschiedene Signalkaskaden erfolgen. Zu klären ist außerdem, ob HMGB1 die Sekretion angiogener Wachstumsfaktoren in vivo durch direkte

Interaktion mit Endothelzellen und/oder indirekt über die Aktivierung von Makro-phagen induziert.

Zusätzlich zur Quantifizierung der HMGA2- und HMGB1-Expression bei verschie-denen Tumorentitäten und zur funktionellen Analyse des HMGB1-Gens als angiogener Faktor wurde als Voraussetzung für zukünftige Expressionsanalysen das canine HMGA1-Gen charakterisiert und auf den Hundechromosomen lokalisiert (Becker et al., 2003; Murua Escobar et al., 2004; Murua Escobar et al., 2005). Für das HMGA1-Gen konnten beide vom Menschen bekannten Splicevarianten HMGA1a und HMGA1b mit der charakteristischen 33 bp Deletion und die Expression einer 1,8 kb HMGA1 mRNA mittels Northern Blot-Analyse in Milz-, Herz-, Lungen- und glattem Muskelgewebe des Hundes nachgewiesen werden. Die aus den cDNA-Sequenzen abgeleiteten Proteinsequenzen stimmen zu 100% mit den menschlichen überein, was die Relevanz des Hundes als Modell für weiterführende Untersuchungen und Therapiestudien hinsichtlich der HMG-Proteine unterstreicht. Der hohe Grad an Konserviertheit zwischen Hund und Mensch wurde darüber hinaus bei der Charakterisierung des caninen CCND1-Gens bestätigt (Meyer et al., 2004b).