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Der Diskussionsteil der vorliegenden Arbeit erfolgt literaturgestützt. Das Ziel der Arbeit war es, herauszufinden, inwiefern sich der Einsatz von Musik und Musiktherapie auf das krankheitsbedingte Verhalten demenziell erkrankter Menschen in Langzeitpflegeeinrichtungen auswirkt. Die Ergebnisse zeigen großteils positive Effekte hinsichtlich Agitation, Depression, Aggression, Angst und Lebensqualität sowie eine Entlastung des Pflegepersonals.

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4.1 Langzeiteffekte

Der Großteil der positiven Effekte von Musik auf das Problemverhalten dementer Menschen war in fast allen inkludierten Studien dieser Arbeit von kurzer Dauer. In nur einer der zehn Studien (Sakamoto et al. 2013) wird explizit auf die Erforschung der Langzeiteffekte einer Musikintervention bei demenziell erkrankten Menschen eingegangen und auch in dieser Studie wurden Effekte der musikbasierten Therapie lediglich bis drei Wochen nach Ablauf der Interventionen gemessen. Das Fehlen von Langzeitergebnissen wird in sechs der zehn inkludierten Studien als Limitation erwähnt, bei van der Vleuten et al. (2012) wird dies in Zusammenhang mit der Messung der Lebensqualität gesetzt, da man ohne Langzeitergebnisse nicht daraus schließen kann, ob sich solche Interventionen positiv auf die Lebensqualität der betroffenen Personen auswirken. Auch bei den Ergebnissen von Shibazaki & Marshall (2015) ist unklar, ob die positiven Effekte auf die TeilnehmerInnen von kurzweiliger Natur waren, da die Interviews direkt nach der Intervention stattgefunden haben und so keine Zeit aufkommen konnte, dass sich Langzeiteffekte entwickeln konnten.

4.2 Studien aus dem asiatischen Raum

Auffallend ist, dass sechs der zehn in dieses Literaturreview eingeschlossenen Studien aus dem asiatischen Raum stammen - wiederum drei davon stammen aus Taiwan.

Sung et al. (2012) beschreiben in ihrer Studie, dass geistige Erkrankungen in der asiatischen und insbesondere in der taiwanesischen Kultur nach wie vor stark stigmatisiert werden. Laut Taiwan Alzheimer’s Disease Association (TADA) werden demenzielle Erkrankungen in Taiwan nach wie vor primär pharmakologisch behandelt.

Die Organisation hat es sich zum Ziel gesetzt, die Lebensqualität von demenziell erkrankten Menschen und ihren Betreuungspersonen zu optimieren. Ein weiteres ihrer neun Ziele beinhaltet, künftig mehr Forschung zu diesem Thema in Taiwan zu ermöglichen und durchzuführen (TADA 2012).

4.3 Schweregrade der Demenz

In den inkludierten Studien kommen alle Schweregrade der Demenz vor, jedoch beschreiben nur die Live-Konzert-Studien von van der Vleuten et al. (2012) sowie Shibazaki & Marshall (2015) die Effekte der Musikintervention auf die unterschiedlichen Demenzstadien im direkten Vergleich miteinander. So zeigen beide Studien auf, dass die gesetzten Interventionen einen größeren Effekt auf die Gruppen

Seite 37 der leicht bis mittelschwer dementen Menschen haben als auf die der schweren Demenz.

Sung et al. (2012) geben nicht explizit an, welche Schweregrade der Demenz den Einschlusskriterien zur Teilnahme an der Studie entsprechen, allerdings durften nur demente Menschen teilnehmen, die noch in der Lage waren, einfachen Anordnungen Folge zu leisten sowie leichte Aktivitäten zu verstehen und durchführen zu können – dies lässt Raum zur Spekulation, ob dies für Menschen mit schwerer Demenz noch möglich ist.

Die Studien von Sakamoto et al. (2013) sowie Götell et al. (2009) schlossen nur Personen mit schwerer Demenz ein, wohingegen diese Gruppe bei Guétin et al. (2009) sowie Tang et al. (2018) ausgeschlossen wurde.

In den Studien von Tuckett et al. (2015), Sung et al. (2011) sowie Chang et al. (2010) wird keine genaue Auskunft darüber gegeben, welche Schweregrade der Demenz in die Arbeiten eingeschlossen wurden, wobei die Studien von Tuckett et al. (2015) und Sung et al. (2011) nicht demente Menschen selbst als TeilnehmerInnen hatten, sondern deren Pflegepersonal und Familienangehörige.

4.4 Limitationen der Studien

Als häufigste Limitation der eingeschlossenen Studien wird eine sehr kleine Stichprobengröße angegeben, sechs der zehn Studien geben dies an. Laut Sung et al. (2012) sind die kleinen Stichprobengrößen möglicherweise der Tatsache geschuldet, dass die TeilnehmerInnen in sechs der zehn Studien aus nur einer Langzeitpflegeeinrichtung rekrutiert wurden anstatt aus mehreren unterschiedlichen Langzeit-Institutionen.

Wie unter Punkt 4.1 bereits beschrieben, wird als weitere häufige Limitation angegeben, dass es den Studien an der Erhebung der Langzeiteffekte der Musikinterventionen fehlt und kritisiert, dass Messungen direkt nach den Interventionen durchgeführt werden. Auch hier handelt es sich um sechs der zehn Studien.

Sung et al. (2011) geben als einzige an, dass es einen Mangel an umfassend ausgereiften Messinstrumenten zur Erhebung von Angst und Agitation bei Demenz gibt, die wirklich verlässlich und valide sind und dass in diesem Bereich noch Entwicklungs- und Verfeinerungsbedarf besteht.

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4.5 Wahl der Tageszeit

Auch die Wahl der geeignetsten Tageszeit für die Durchführung von Musikinterventionen ist ein Thema, das viel Diskussionsspielraum birgt. Die Ergebnisse der Studie von Tuckett et al. (2015) machen deutlich, dass die Meinungen zur optimalen Tageszeit für Musikinterventionen unter den TeilnehmerInnen auseinander gehen. Bei Götell et al. (2009) stellt sich der Einsatz von Musik während der Morgenpflege als hilfreich für die Beziehung zwischen Dementen und deren Pflegepersonen heraus, bei Chang et al. (2010) wurden auch zur Mittagszeit positive Effekte auf das Verhalten der Erkrankten erzielt. Des Weiteren wird häufig argumentiert, dass sich der frühe Nachmittag gut für Interventionen dieser Art eignet, da diese Tageszeit nicht mit dem Arbeitsfluss der Institutionen kollidiert und sich auch die Pflegepersonen dementsprechend besser auf die Therapiesitzungen einlassen und konzentrieren können.

4.6 Stärken und Schwächen der Arbeit

Als eine Stärke der Arbeit kann die Übereinstimmung des Großteils der Ergebnisse der inkludierten Studien in den wesentlichen Punkten genannt werden. Dies lässt darauf schließen, dass die Forschungsfrage adäquat und ausreichend beantwortet wurde. Auch wurde die Literatursuche auf zwei wissenschaftlichen Datenbanken sowie per Handsuche durchgeführt, was zu einer ausreichenden Anzahl an Treffern für den Ergebnisteil führte. Was ebenfalls als Stärke zählt, ist die Vielfalt der unterschiedlichen Teilnehmer-Gruppen, so wurden Ergebnisse für Menschen, die selbst an Demenz erkrankt sind, deren Familienangehöriger und auch des Pflegepersonals berücksichtigt.

Als Limitation muss erwähnt werden, dass die inkludierten Studien nur von der Verfasserin dieser Arbeit kritisch bewertet wurden, was eine gewisse Subjektivität nicht ausschließen lässt. Besser wäre es gewesen, die Studien durch noch eine unabhängige zweite Person bewerten zu lassen. Durch die Limitation, dass die eingeschlossenen Studien nicht älter als zehn Jahre sein durften, wurde die Trefferquote auf beiden Datenbanken erheblich geschmälert – möglicherweise sind dadurch Studien nicht miteinbezogen worden, die für den Ergebnisteil dieser Arbeit relevant gewesen wären.

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