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Diskussion der identifizierten Proteine und Interaktoren

5  Ergebnisse und Diskussion

5.2.  Identifikation biologischer Interaktoren von fC‐Derivaten mittels DNA‐Sonden

5.2.3.  Diskussion der identifizierten Proteine und Interaktoren

 

Aufgrund der hohen Anzahl der spezifischen Proteine, die in den Untersuchungen in von Cornelia  Spruijt (Prof. Vermeulen, UMC Utrecht) mit mC, hmC, fC und caC gefunden wurden, können in der  Folge nur eine Auswahl diskutiert werden. 

Für  die  mC‐Modifikation  wurden  19  spezifische  Interaktoren  in  mESC‐Extrakten  identifiziert. 

Darunter befinden sich drei Proteine aus der Klf‐Familie: Klf 2, ‐4 und ‐5 wurden als mC‐spezifische  Interaktoren entdeckt.  

Klf4 ist ein Gen welches neben Oct4, Sox2 und cMyc zu den Yamanaka‐Transkriptionsfaktoren gezählt  wird und für deren Entdeckung im Jahr 2012 der Nobelpreis in Medizin verliehen wurde.117‐118 Die  Forscher konnten durch die Einführung der vier oben genannten Gene in somatische Zellen deren  Reprogrammierung in pluripotente Zellen erzielen.  

Die Bedeutung dieser Entdeckung ist im Hinblick auf medizinische Anwendungen bahnbrechend. Mit  dieser Methode könnten aus beinahe jedem Zelltyp eines Patienten pluripotente Zellen erzeugt  werden, welche sich dann in verschiedene differenzierte Zelltypen weiterentwickeln können. Dies ist  ein  hoffnungsvolles  Forschungsgebiet  für  die  regenerative  Medizin,  da  sich  auf  diese  Weise  körpereigene Stammzellen generieren ließen. Diese können dann durch Transplantation in erkrankte,  funktionsgestörte Gewebe oder Organe eine Wiederherstellung der Funktion durch körpereigene  Regenerationsprozesse ermöglichen.  

Interessanterweise wurde eine verringerte DNA‐Methylierung in Klf‐Bindungsbereichen embryonaler  Stammzellen  im  Vergleich  mit  neuronalen  Vorläuferzellen  entdeckt.119  Das  bedeutet  im 

Umkehrschluss, dass die Methylierung bestimmter DNA‐Motive im Verlauf der Zelldifferenzierung  beim Übergang von Stamm‐ zu Vorläuferzelle steigt. Dies impliziert eine wichtige Bedeutung der  Cytidin‐Methylierung  bei  der  zellulären  Reprogrammierung  durch  Klf.  Während  der  Reprogrammierung bindet Klf vermutlich an diese hypermethylierten Genabschnitte und verursacht  so ein stammzell‐typisches Expressionsverhalten. Dies kann dann möglicherweise zur Umkehr der  Zelldifferenzierung beitragen. 

 

Für hmC konnte in den Experimenten eine teilweise Überlappung der Interaktoren mit denen für mC  gezeigt werden. Insgesamt ist die Zahl der hmC‐Binder aber deutlich geringer als die der mC‐ oder  Cytidin‐Interaktoren. Neben den bispezifischen Proteinen wurden zwei DNA‐Glycosylasen (Mpg und  Neil3)  und eine Helicase (RecqI)  als  hmC  spezifische  Binder  identifiziert. Vermutlich  sind  die  Glycosylasen für die aktive Demethylierung von hmC‐DNA über Base Excision Reparatur (BER)  verantwortlich.120,121 Auf diesem Wege können methylierte Basen durch schrittweises Ausschneiden  der Nukleobase und Ersatz durch unmethyliertes Cytosin ausgetauscht werden. 

 

Im Vergleich der Datensätze für Stammzellen und daraus entstehenden neuronalen Vorläuferzellen  wurden geringere Affinitäten der CpG‐Interaktoren Rfxap und Rfxank122 für hmC im Vergleich zu dC  festgestellt. Weiterführende Untersuchungen mit rekombinantem Protein belegen diesen Trend. Sie  zeigen, dass die Oxidation von mC zu hmC eine Umkehr der Protein‐Wechselwirkung zur Folge hat. 

mESC‐Proteine, welche stark an mC binden verlieren in weiter differenzierten Zellen ihre Affinität für  das Oxidationsprodukt. Dies untermauert die These, dass durch die Oxidation von mC zu hmC eine  Demethylierungskaskade in Gang gesetzt werden könnte.  

Insgesamt betrachtet wurde eine dynamische Veränderung der Interaktoren für mC und hmC im  Verlauf  der  Differenzierung  von  Stamm‐zu  Vorläuferzellen  entdeckt.  Dennoch  lassen  die  identifizierten Proteine keine endgültigen Schlüsse auf die Funktion dieser Modifikationen zu, da  einige der gefundenen Interaktoren ebenfalls deren Rolle als Transkriptionsregulatoren nahelegen. 

Der Differenzierungsprozesse einer Zelle zielt im Allgemeinen auf die Entwicklung einer funktionalen,  somatischen (adulten) Zelle mit definierten Eigenschaften ab. Im Arbeitskreis Carell wurde das  Expressionslevel von hmC in verschiedenen adulten Geweben verglichen.112 Dabei wurden die  höchsten hmC‐Level im Gehirn festgestellt. Konsequenterweise wurden Zellextrakte aus diesem  Gewebe ebenfalls hinsichtlich der Proteinaffinität für hmC untersucht. Dabei kehrt sich der oben  angedeutete Trend um, welcher aus mESCs und NPCs abgeleitet werden kann. In Hirngewebe finden  sich mehr Interaktoren für hmC als für mC, was auf eine besondere Rolle von hmC im Hirn hinweist.  

 

   

Eine graphische Übersicht einiger identifizierter Proteine in den verschiedenen Geweben für mC und  hmC ist in Abbildung 29 dargestellt.  

 

  Abbildung 29: Venn‐Diagramme veranschaulichen die Protein‐DNA‐Interaktionen mit mC (links) und hmC (rechts) in  mESC, NPC und Hirnzellen. 

 

Im Gegensatz zu hmC rekrutieren die beiden höchst‐oxidierten Cytidin‐Modifikationen eine weitaus  größere Zahl an Proteinen in mESC, darunter einige Glycosylasen und Transkriptionsfaktoren. Dabei  gibt es für fC und caC kaum Überschneidungen bei den interagierenden Proteinen, wobei Tdg hierfür  eine Ausnahme darstellt. Dieses Protein bindet nicht an hmC123 und kann ebenfalls über BER einen  Ersatz der modifizierten Base ermöglichen. Dabei wäre eine DNA‐Demethylierung über eine Tet‐

vermittelte Oxidation von mC zu fC oder caC mit deren anschließendem Austausch durch Cytosin  denkbar. Auf diesem Reaktionsweg wäre Existenz einer Decarboxylase für die DNA‐Demethylierung  nicht erforderlich. 

Ein spezifischer Interaktor für caC ist Dnmt1, eine Methyltransferase für hemi‐methylierte DNA  welche für die de novo Methylierung von Cytidin und folglich für die Stilllegung von Gensequenzen  verantwortlich ist.  

Da für fC und caC keine Datensätze aus variablen Geweben zur Verfügung stehen werden für diese  Basen keine Venn‐Diagramme gezeigt. 

 

Um die Rekrutierung von Proteinen auszuschließen, welche an geschädigte oder abasische DNA‐

Abschnitte binden wurden die eingesetzten DNA‐Sonden mittels Masenspektrometrie validiert. 

Hierfür wurde die Homogenität des Materials vor und nach den Pulldown‐Experimenten erfasst. Die  MALDI‐Spektren in Abbildung 30 zeigen die erwarteten Massen der modifizierten DNA‐Stränge. Diese  Ergebnisse wurden durch eine detaillierte LC‐MS/MS‐Untersuchung des nachträglich restriktions‐

verdauten DNA‐Materials bestätigt, wobei keine signifikant niedrigeren der modifizierten Basen  gefunden wurden.  

 

 

 

Abbildung 30: MALDI‐TOF‐MS der Lysat‐inkubierten DNA. Die Spektren zeigen, dass das Material vor (blau) und nach der  Inkubation (rot) nicht durch Strangspaltung oder Basenexzision geschädigt ist. 

 

Zusammenfassend wurden für fC und caC eine Reihe von DNA‐Reparaturproteinen sowie jeweilige  Transkriptionsfaktoren detektiert. Dabei bestehen nur geringfügige Überschneidungen der beiden  Modifikationen  in  Bezug  auf  die  rekrutierten  Proteine.  Dies  unterstreicht  deren  individuell  verschiedene Funktion im Organismus. Die Ergebnisse weisen außerdem darauf hin, dass fC und caC  bei der DNA‐Demethylierung eine Rolle spielen, indem sie durch BER‐Proteine erkannt werden  können. 

 

Aktuelle Studien methylierter DNA, beschäftigen sich mit der Verteilung der oxidativen Cytidin‐

Modifikationen  bei  der  Embryogenese  in  Wirbeltieren.124  Dabei  konnte  unter  anderem  die  Bedeutung von hmC und mC bei der Entwicklung Wirbeltier‐Morphologie gezeigt werden und die  dynamische (De)Methylierung von CpG‐inseln während der Embryogenese untersucht werden. 

 

Die Bedeutung der oxidativen mC‐Modifikationen ist trotz beträchtlicher Forschungsanstrengungen  in  zahlreichen  biologisch‐chemischen  Gruppen  noch  nicht  hinreichend  verstanden  um  die  biologischen  Konsequenzen  der  (dynamischen)  DNA‐Methylierung  zu  beschreiben.  Ob  Transkriptionsregulation oder Bindungsverstärkung (bzw.‐ reduktion) bei der Zellhomöostase oder  der Einfluss auf Proliferation und Differenzierung letztlich durch die mC‐Derivate hervorgerufen wird,  ist weiterhin Gegenstand intensiver Forschung.