• Keine Ergebnisse gefunden

Differenzierte Analyse von Körperbewegungen (Laborumgebung)

Im Dokument 3 Erfassung von Ist-Zeiten (Seite 152-157)

6 Evaluation

6.2 Anwendungsbeispiele

6.2.1 Differenzierte Analyse von Körperbewegungen (Laborumgebung)

Als Evaluationsbeispiel für die differenzierte Analyse von Körperbewegungen wurde eine Montage von Getrieben in einer Laborumgebung untersucht. Die zu montierenden Getriebe bestehen dabei aus je 2 Gehäuseteilen und 16 weiteren Einzelteilen. Der Aufbau des Arbeits-platzes ist in Abbildung 6-1 dargestellt. Er besteht aus drei Arbeitsstationen, an denen der Mitarbeiter jeweils Teile der Arbeitsaufgabe durchführen musste. Die Aufnahme dauerte 14 Minuten und 48 Sekunden. Der Mitarbeiter hat in dieser Zeit 8 Getriebe montiert.

Szenario Erfassungsrate (ERAn)

Nr. Umgebung Analyseart Anzahl Aufnahmen

mittlere Dauer

einfache Analyse

differenzierte Analyse

1 Labor

Arm 8 12 min 100,0 % 95,3 %

Körper 3 15 min 100,0 % 85,2 %

2 Industrie Körper 1 25 min 100,0 % 33,3 %

3 Industrie Arm 3 35 min 48,6 % 26,6 %

4 Industrie

Arm 2 23 min 39,8 % 9,8 %

Körper 1 18 min 100,0 % 11,4 %

5 Industrie Körper 3 30 min 100,0 % 36,3 %

6 Industrie Körper 5 17 min 100,0 % 22,5 %

13513

Abbildung 6-1 Aufbau des Arbeitsplatzes (Anwendungsbeispiel 1)

Ermittlung von Ist- und Plan-Zeiten

Im ersten Anwendungsbeispiel wurden bei der Erfassung der Ist-Zeiten die vorgeschlagenen Richtwerte für die Zustandserkennung (vgl. Abschnitt 3.4.3.2) und für die Zusammenfas-sung der Zustände (vgl. Abschnitt 3.5) angewendet. Ergebnis der Ist-ZeiterfasZusammenfas-sung ist der in Tabelle 6-2 dargestellte Ablauf mit den ermittelten Distanzen und Ist-Zeiten. Die gesamte mittlere Ist-Dauer eines Ablaufs beträgt somit 111,6 Sekunden. Dabei legt der Mitarbeiter im Schnitt 5,63 Meter zurück.

Tabelle 6-2 Ergebnis der Ermittlung von Ist- und Plan-Zeiten (Anwendungsbeispiel 1)

Die Soll-Zeiten für die ermittelten Ablaufschritte wurden mit dem vereinfachtem MTM-1-Verfahren für die Bewegungen (vgl. Abschnitt 4.3) und mit Hilfe der Modal-Werte für die Stillstände (vgl. Abschnitt 4.4) bestimmt. Das Ergebnis dieses Schrittes ist ebenfalls in Ta-belle 6-2 dargestellt. Die ermittelte Soll-Dauer des Arbeitsablaufs beträgt 104,0 Sekunden.

Damit ist der Ist-Ablauf 7,6 Sekunden langsamer als der Soll-Ablauf.

Mitarbeiter

13514

Arbeitsweg

Arbeits-station 2

Arbeits-station 3

Arbeits-station 1

Ablauf-schritt Bezeichnung der Zustandsgruppe g Distanz Dg,m[cm]

Ist-Zeit Zg,m[s]

Soll-Zeit Zg,Soll[s]

1 Stehen bei AS 1 - 34,2 30,2

2 Gehen + Körperdrehung von AS 1 zu AS 2 125 2,4 1,8

3 Setzen bei AS 2 16 0,9 0,7

4 Sitzen bei AS 2 - 35,7 35,0

5 Aufrichten vom Setzen bei AS 2 21 0,7 0,7

6 Gehen + Körperdrehung von AS 2 zu AS 3 178 2,8 2,4

7 Stehen bei AS 3 - 29,7 28,2

8 Körperdrehung bei AS 3 7 0,7 0,6

9 Bücken/Knien bei AS 3 38 1,0 0,8

10 Aufrichten vom Bücken/Knien + Körperdrehung bei AS 3 33 1,0 1,4

11 Gehen + Körperdrehung von AS 3 zu AS 1 145 2,5 2,2

Summe 563 111,6 104,0

13515

Die Auflistung der Ablaufschritte in Tabelle 6-2 zeigt auf, dass der Mitarbeiter an Arbeits-station 1 und 3 stehend gearbeitet, während er sich an ArbeitsArbeits-station 2 zur Durchführung der Arbeitsaufgabe hinsetzt. Zudem zeigt die Tabelle, dass er sich am Ende des Ablaufs hinkniet beziehungsweise bückt. Das liegt daran, dass er die fertigen Getriebe in einem tiefliegenden Regalfach platzieren muss.

Analyse der Produktivität (Aufwandsartenanalyse)

Bei der Aufwandsartenanalyse wurden in diesem Anwendungsfall alle Zustandsgruppen des erkannten Ablaufs als nicht-tertiär festgelegt. Alle anderen Zustandsgruppen wurden somit als Tertiäraufwand eingestuft. Des Weiteren wurde zur Bestimmung der Sekundäraufwände die Mindestbewegungslänge manuell festgelegt, da eine automatisierte Ermittlung in Anleh-nung an die klassische PSA nicht möglich war (vgl. Abschnitt 5.2.3). Da die verwendeten Arbeitsstationen sehr flexibel sind, kann man alle Bewegungen mit relativ wenig Aufwand auf die kürzeste Distanz zwischen zwei Arbeitsstationen reduzieren (vgl. Tabelle 6-2, Ab-laufschritt 2).

Die Analyse der Produktivität hat ergeben, dass während der Aufnahme die folgenden Auf-wände entstanden sind:

- Primäraufwand:

- Sekundäraufwand:

- Geschwindigkeitsverlust:

- Tertiäraufwand:

92,3 % 0,9 % 6,8 % 0,0 %

Auffällig ist der fehlende Tertiäraufwand. Das liegt daran, dass der Mitarbeiter in der Be-obachtungszeit die Arbeitsaufgabe ohne Unterbrechungen durchgeführt hat. Der ermittelte Sekundäraufwand ist ebenfalls relativ gering. Damit ist das Potenzial einer Änderung des Layouts nicht besonders hoch. Der größte Verlust bei dem Anwendungsbeispiel entsteht durch eine geringe Geschwindigkeit. Diese kann dadurch begründet sein, dass der Mitarbei-ter nicht ausreichend geübt war. Den mit Abstand größten Anteil der Arbeitszeit macht den-noch der Primäraufwand aus.

Um die nicht-tertiären Aufwandsarten detaillierter zu betrachten, eignet sich besonders die Darstellung des ermittelten Ablaufs im Vektordiagramm (vgl. Abbildung 6-2). Es wird klar, dass die Stillstände (Ablaufschritte 1, 4, 7) besonders hohen Primäraufwand erzeugen. Dies kommt durch die hohen Montagezeiten im Vergleich zu den Bewegungsdauern zustande.

Die Stillstände erzeugen zudem den größten Anteil des Geschwindigkeitsverlusts. Eine Sta-bilisierung und Reduzierung der Montagezeiten würde demnach den Gesamtaufwand des Ablaufs positiv beeinflussen. Für die systematische Untersuchung der Montagezeiten eignet sich beispielsweise eine Analyse von Armbewegungen an den einzelnen Arbeitsstationen.

Abbildung 6-2 Vektordarstellung des ermittelten Ablaufs (Anwendungsbeispiel 1)

Die Darstellung des Ablaufs im Vektordiagramm zeigt weiterhin auf, dass die Stillstände einen höheren Anteil an der Gesamtzeit haben als die Bewegungen. Die Bewegungen sind dennoch nicht-wertschöpfende Zeitanteile, die man oft mit einfachen Maßnahmen vermei-den kann. Zur Verdeutlichung stellt Abbildung 6-3 die Bewegungen des Mitarbeiters zwi-schen den einzelnen Arbeitsstationen dar. Man kann hier gut erkennen, dass die längste Be-wegung der Weg zwischen den Arbeitsstationen 2 und 3 ist. Eine Anpassung des Layouts zur Kürzung dieser Strecke resultiert demnach am ehesten in einer Reduzierung des Sekun-däraufwands. Die Abbildung stellt dar, wieviel Strecke ein Mitarbeiter bei dieser Arbeitsauf-gabe insgesamt zurücklegen muss. In dem Beispiel legt er 4,6 m pro Durchgang und 35,5 m während der gesamten Beobachtungszeit zurück.

Abbildung 6-3 Strecken zwischen den Arbeitsstationen (Anwendungsbeispiel 1)

Gesamtaufwand [s]

Abbildung 6-4 zeigt analog die Verweildauern an den einzelnen Arbeitsstationen. Das um-fasst an dieser Stelle nicht nur die Stillstände, sondern auch Bewegungen, bei denen der Mitarbeiter an der Arbeitsstation verbleibt. Dazu gehören beispielsweise das Hinsetzen auf den Stuhl oder das Bücken zum Regalfach. Man kann in der Abbildung erkennen, dass der Mitarbeiter am meisten Zeit an Arbeitsstation 2 verbringt. Eine detaillierte Betrachtung der Vorgänge an dieser Station birgt somit das größte Potenzial. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Arbeitsstationen sind dennoch relativ klein, sodass auch die Betrachtung der an-deren Stationen sinnvoll ist.

Abbildung 6-4 Verweildauern an den Arbeitsstationen (Anwendungsbeispiel 1)

Fazit

Mit der entwickelten Methodik war es bei diesem Anwendungsbeispiel möglich, die Arbeits-vorgänge detailliert zu erfassen. Eine wichtige Voraussetzung war die hohe Erfassungsgüte, die in der Laborumgebung sichergestellt werden konnte. Die Analyse hat gezeigt, dass ins-besondere die Stillstände an den Arbeitsstationen hohen Aufwand erzeugen. Eine Schluss-folgerung wäre daher eine detaillierte Untersuchung der Vorgänge an den Stationen mit einer Analyse von Armbewegungen. Zudem hat die Untersuchung aufgedeckt, dass der Mitarbei-ter ungeübt ist und dass das Arbeitsplatzlayout noch nicht optimal ist. Mit diesen Erkennt-nissen hat die Analyse eine gute Grundlage für zielgerichtete Verbesserungen der Arbeitsab-läufe geschaffen.

13518

y-Koordinate [m]

Stillstand

Zeit-dauer Zg,m[s]

Häufig-keit Hg[-]

Gesamt-dauer

[s]

AS 1 34,2 8 273,3

AS 2 37,3 8 298,4

AS 3 32,4 7 227,0

Summe 103,9 - 798,7

1,0 2,0 3,0 4,0

-1,0 0,0 1,0

x-Koordinate [m]

Arbeitsstation 3 (AS 3)

AS2

AS1

6.2.2 Einfache Analyse von Körperbewegungen (Industrieumgebung)

Im Dokument 3 Erfassung von Ist-Zeiten (Seite 152-157)