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Differentielle Expression von HNK-1 und p75 NTR in olfaktorischen Hüllzellen

4 Differential expression of HNK-1 and p75 NTR in adult canine Schwann cells and

6.1 Differentielle Expression von HNK-1 und p75 NTR in olfaktorischen Hüllzellen

situ aber nicht in vitro

Die zentrale Problematik bei der Bestimmung des regenerativen Potentials von OECs besteht in der mangelnden Verfügbarkeit Zelltyp-spezifischer Marker für OECs und Schwann-Zellen (Harvey und Plant, 2006; Wewetzer und Brandes, 2007; Radtke und Wewetzer, 2009). Zelldissoziate aus der Mukosa und dem Bulbus olfactorius können neben OECs auch Schwann-Zellen in unterschiedlicher Menge enthalten.

Ausschließlich von einem der beiden Zelltypen exprimierte Marker würden Informationen über die genaue zelluläre Zusammensetzung der Kulturen liefern. Die Gewinnung von OECs aus der Nasenschleimhaut stellt gegenüber der Verwendung des Bulbus olfactorius den für den Patienten schonenderen Ansatz dar, beinhaltet jedoch auch die Möglichkeit einer Kontamination mit Schwann-Zellen trigeminaler Afferenzen (Au und Roskams, 2003; Jeffery et al., 2005; Wewetzer und Brandes, 2006). Da zurzeit keine differentiellen Marker verfügbar sind, ist es nicht möglich, die exakte Schwann-Zell-Kontamination gewonnener Zelldissoziate zu bestimmen. Somit lassen sich die regenerativen Effekte solcher in das verletzte Rückenmark implantierter Präparationen nicht eindeutig den OECs zuordnen.

Im Rahmen dieser Studie wurde die Expression von zwei möglichen Zelltyp-spezifischen Markern, die des HNK-1-Antigens und die des Neurotrophinrezeptors p75NTR, in Schwann-Zellen und OECs des jung adulten Hunds in situ untersucht und mit in vitro-Ergebnissen verglichen. In Studien menschlicher Riechschleimhaut-Kulturen wurde kürzlich eine spezifische Expression von HNK-1 in Schwann-Zellen, nicht aber in OECs beobachtet (Bianco et al., 2004). Untersuchungen an primären Zellkulturen des neonatalen Rattenbulbus haben gezeigt, dass lediglich eine zahlenmäßig kleine Subpopulation von OECs p75NTR in situ exprimierte, während die gesamte Population neonataler Schwann-Zellen in situ diesen Rezeptor enthielt (Franceschini und Barnett, 1996; Wewetzer et al., 2005). Kultivierung der neonatalen Ratten-OECs induzierte eine Heraufregulierung von p75NTR in vorher p75NTR

negativen Zellen, wohingegen die p75NTR-Expression neonataler Schwann-Zellen der Ratte in Kultur unverändert bestehen blieb (Wewetzer et al., 2005).

Die Analyse der Expression von HNK-1 und p75NTR in kaninen OECs und Schwann-Zellen in der vorgelegten Studie ergab, dass beide Moleküle differentiell in situ nicht aber in vitro exprimiert werden. Während HNK-1 in situ spezifisch von myelinisierenden Schwann-Zellen und p75NTR von nicht myelinisierenden Schwann-Zellen exprimiert wurde, enthielten OECs in situ keines der beiden Antigene.

Es ist seit längerem aus Studien am Nager bekannt, dass HNK-1 in situ mit verschiedenen Myelinproteinen, wie z.B. P0, PMP-22 oder MAG assoziiert ist (Kruse et al., 1984; Martini und Schachner, 1986; Martini et al., 1988; Quarles, 1997). Dies wird durch die vorgelegten Ergebnisse indirekt bestätigt und auf die Spezies Hund erweitert. Befunde nach denen HNK-1 im Nager spezifisch von mit motorischen, nicht aber mit sensorischen Axonen assoziierten Schwann-Zellen exprimiert wird, konnten in der vorgelegten Studie jedoch nicht bestätigt werden (Martini et al., 1994;

Saito et al., 2005; Loers und Schachner, 2007). Trigeminale Afferenzen der Riechschleimhaut zeigten genauso wie präganglionäre Fasern des sympathischen Grenzstrangs und des N. ischiadicus eine positive Reaktion mittels Anti-HNK-1-Antikörpern. Weitere Untersuchungen müssen zeigen, inwiefern diese Beobachtung nur für die Spezies Hund zutrifft, oder ob, wie in biochemischen Studien gezeigt, generell größere Säugetiere ein höheres Expressionsniveau von HNK-1 ohne Unterschiede zwischen mit motorischen und sensorischen Axonen assoziierten Schwann-Zellen besitzen (O’Shannessy et al., 1985).

P75NTR ist ein etablierter Marker für den nicht-myelisierenden Schwann-Zell-Phänotyp (Jessen et al., 1990; Jessen und Mirsky, 1991). Zu Beginn der postnatalen Entwicklung exprimieren zunächst alle Schwann-Zellen des peripheren Nervs p75NTR bevor der Rezeptor in den sich entwickelnden myelinisierenden Schwann-Zellen sukzessive herunterreguliert wird (Franceschini und Barnett, 1996). Im adulten Stadium halten nicht-myelinisierende Schwann-Zellen die Expression des Rezeptors, wenn auch auf einem im Vergleich zum neonatalen Status niedrigeren Niveau, aufrecht (Jessen und Mirsky, 1991, 2004). Verschiedene Studien der adulten Ratte zeigen, dass OECs im Gegensatz zu Schwann-Zellen die Expression von p75NTR in

situ vollständig einstellen (Gong et al., 1994; Lim und Brunjes, 1999). Im adulten Stadium findet sich p75NTR spezifisch in den Glomerula des Bulbus olfactorius, nicht aber in OECs des Bulbus olfactorius oder der Riechnerven (Gong et al., 1994; Lim und Brunjes, 1999). Die erhobenen Befunde der vorgelegten Arbeit decken sich größtenteils mit den Daten des Nagermodells. Adulte Hunde exprimierten p75NTR in situ in nicht-myelinisierenden Schwann-Zellen, wie am Beispiel der sympathischen postganglionären Axone gezeigt, nicht aber in den Riechnerven und im Bulbus olfactorius.

In den durchgeführten in vitro Studien konnten kanine Schwann-Zellen und OECs mittels Antikörpern gegen p75NTR und HNK-1 markiert werden. Die genauere zeitliche und räumliche Untersuchung dieser Immunreaktivität zeigte jedoch, dass die Immunreaktivität für p75NTR, nicht aber die für HNK-1 auf zelleigener Synthese beruhte. OECs und Schwann-Zellen der ersten Passage konnten vital und nach Fixierung und Permeabilisierung mit Anti-p75NTR-Antikörpern markiert werden.

Zusammen mit der Beobachtung, dass in beiden Fällen die Zellen vollständig angefärbt waren, spricht dies dafür, dass OECs und Schwann-Zellen in vitro p75NTR exprimieren. Die Kultivierung von OECs führt demnach, wie bereits für die neonatale Ratte gezeigt, zu einer Heraufregulierung von p75NTR (Franceschini und Barnett, 1996; Wewetzer et al., 2005). Dies könnte darauf hindeuten, dass olfaktorische Rezeptorneurone unter normalen Bedingungen über bislang unbekannte Signale die p75NTR-Expression von OECs in situ inhibieren und ist darüber hinaus Beleg dafür, dass sich OECs der Ratte und des Hundes in diesem Punkt gleich verhalten (Wewetzer und Brandes, 2006).

Bianco et al. (2004) berichteten kürzlich über eine spezifische Expression von HNK-1 in kultivierten Schwann-Zellen des Menschen und schlugen vor, diesen Marker zur spezifischen Visualisierung von Schwann-Zell-Kontaminationen zu nutzen. Die Autoren fanden HNK-1 in einer perinukleären, mit vesikulären Strukturen assoziierten Lokalisation in Schwann-Zellen, nicht aber in OECs der menschlichen Riechschleimhaut (Bianco et al., 2004). Die Befunde zu kaninen OECs und Schwann-Zellen zeigen lediglich eine partielle Übereinstimmung mit diesen Ergebnissen und führen zu deutlich unterschiedlichen Schlussfolgerungen. So wurde

in der vorgelegten Arbeit zwar in vitro ein ähnliches subzelluläres Verteilungsmuster der HNK-1 Immunreaktivität gefunden, doch zeigten neben Schwann-Zellen des Nervus maxillaris auch OECs des Bulbus olfactorius die beschriebene HNK-1-Immunreaktivität. Darüber hinaus fand sich diese nur lediglich zu Beginn der Kultivierung und nur nach Fixierung und Permeabilisierung der Zellen. Zusammen mit der Beobachtung, dass HNK-1 und das basische Myelinprotein (MBP) in OECs und Schwann-Zellen kolokalisiert waren, spricht dies dafür, dass OECs und Schwann-Zellen in vitro HNK-1-positives Material phagozytieren und in Lysosomen einlagern. Dies wiederum legt den Schluss nahe, dass beide Zellpopulationen in vitro HNK-1-positives Material aufnehmen, nicht aber selbst synthetisieren. Die Tatsache, dass die Expression von Myelinproteinen bei Verlust des axonalen Kontaktes stark herunterreguliert wird, erklärt die Beobachtung, dass HNK-1-Immunreaktivität nur zu Beginn der Kultivierung beobachtet wurde und nicht in passagierten sekundären Kulturen (Lemke und Chao, 1988).

Die Beobachtungen einer gleichartigen Expression und Regulation von p75NTR und HNK-1 in kaninen OECs und Schwann-Zellen sprechen gegen den Einsatz beider Antigene als Zelltyp-spezifische Marker beim Hund. Inwiefern diese Beobachtungen auf Kulturen des Menschen übertragbar sind, bleibt zukünftigen Untersuchungen zur Klärung vorbehalten. Die Tatsache, dass sich OECs und Schwann-Zellen hinsichtlich ihres molekularen Phänotyps in situ, nicht aber in vitro unterscheiden, unterstreicht zum einen die potentielle Bedeutung axonaler Signale für die phänotypische Determinierung beider Zelltypen. Zum anderen ergibt sich daraus ein Ansatz für die sequentielle, Antikörper-gestützte Reinigung gewonnener kaniner Zellpräparationen.

In einem zweistufigen Reinigungsverfahren könnten mittels magnetischer Partikel (magnet activated cell sorting, MACS) zunächst beide Schwann-Zell-Phänotypen mit Anti-HNK-1- und Anti-p75NTR-Antikörpern aus Primärdissoziaten der kaninen Riechschleimhaut depletiert werden. Nach anschließender Kultivierung der nicht-gebundenen Zellen und erfolgter Heraufregulierung von p75NTR in OECs können dann mit dem gleichen Verfahren p75NTR-positive OECs in reiner Form dargestellt werden. Somit wäre es zum ersten Mal möglich, zuverlässig Schwann-Zell-freie

OEC-Präparationen zu Transplantationszwecken herzustellen, anhand derer sich das tatsächliche regenerative Potential von OECs überprüfen ließe.

Folglich handelt es sich bei p75NTR und HNK-1 nicht um zelltypspezifische Markermoleküle für kultivierte kanine OECs bzw. Schwann-Zellen. Die gewonnenen Erkenntnisse bezüglich ihres in situ und in vitro unterschiedlichen antigenen Phänotyps bilden jedoch die Grundlage für die Etablierung eines Antikörper-gestützten Reinigungsverfahrens für aus der Riechschleimhaut oder aus dem Bulbus olfactorius gewonnene Zellpräparationen.

6.2 Morphologische und molekulare Heterogenität