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Die Wirkung von Vorsätzen bei der Handlungsinitiierung

2.2 SOZIALPSYCHOLOGISCHE GRUNDLAGEN : SELBSTREGULATION UND

2.2.3 Die Wirkung von Vorsätzen bei der Handlungsinitiierung

Bei der Durchführung von zielgerichtetem Verhalten können willentliche Probleme auftreten. Einige dieser Probleme betreffen schon den Beginn der Handlung, die

Handlungsinitiierung. Aus einer Reihe von verschiedenen Gründen können gute

Gelegenheiten verpasst werden, wodurch die Zielerreichung verzögert oder gar verhindert wird. Oder es wird nicht schnell genug reagiert, sodass eine günstige Gelegenheit ungenutzt verstreicht. Durch das Bilden von Vorsätzen kann diesen Problemen entgegengewirkt werden.

Wahrnehmung und Aufmerksamkeit. Vorsätze können die Wahrnehmung und die Aufmerksamkeit des Handelnden beeinflussen, da sie zu besserer Zugänglichkeit der

situationalen Hinweisreize führen. Deshalb sind Vorsätze besonders hilfreich, wenn Gelegenheiten zum Handeln schwer zu erkennen sind und wenn es schwierig ist, diese Gelegenheiten wahrzunehmen. Planen, das situationale Hinweisreize mit bestimmten, den Zielen dienlichen Verhaltensweisen verbindet, erleichtert die Zielverfolgung, da die kognitive Zugänglichkeit dieser Hinweisreize erhöht wird. Steller (1992) untersuchte dies mit Hilfe des Embedded Figures Test (Gottschaldt, 1926). Dieser besteht aus komplexen geometrischen Figuren (b-Figuren), die eine kleinere Teilfigur (a-Figur) entha lten, die entdeckt werden soll.

Die a-Figur wird nach den Gestaltprinzipien in die b-Figur verborgen und ist deshalb schwer zu entdecken. Versuchsteilnehmer, die einen Vorsatz gebildet hatten, indem sie das Aussehen der a-Figur genau definierten, zeigten eine signifikant höhere Entdeckungsleistung als

Versuchsteilnehmer, die eine Zielintention gebildet hatten oder sehr genau mit der a-Figur vertraut gemacht wurden. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die Stärke der

Verpflichtung gegenüber einem Plan positiv mit der Zugänglichkeit der spezifischen situationalen Hinweisreize verbunden ist, wenn dieser Plan in Vorsätzen formuliert wurde.

Eine günstige Gelegenheit kann verpasst werden, wenn man z.B. auf eine andere Aktivität stark konzentriert ist, stark nachdenkt oder überlegt, von einer intensiven

emotionalen Erfahrung gepackt oder einfach nur erschöpft ist, da sie keine Aufmerksamkeit erregt. Gollwitzer (1996) konnte in einem dichotischen Hörtest-Experiment zeigen, dass ein Vorsatz auch die Aufmerksamkeit des Handelnden beeinflusst. Auf einem Ohr hörten die Versuchsteilnehmer neutrale Wörter, die sie wiederholen sollten. Auf dem anderen Ohr hörten sie neutrale Wörter durchmischt mit kritischen, die mit Hilfe von persönlichen Vorsätzen der Teilnehmer gewonnen worden waren. Die Wörter, die die Teilnehmer auf dem zweiten Ohr hörten, sollten sie ignorieren. In einer zweiten Aufgabe sollten die Versuchsteilnehmer mit einem Schalter ein Licht ausschalten, sobald es aufleuchtete. Es zeigte sich, dass die

kritischen Wörter die konzentrierte Aufmerksamkeit sehr stark unterbrachen. Sie verringerten nicht nur signifikant die Geschwindigkeit beim Licht ausschalten, sondern verschlechterten auch signifikant die Wiederholungsleistung der Wörter, die auf dem ersten Ohr dargeboten wurden. Bei einem Widererkennungstest der Wörter im zweiten Ohr gab es eine signifikant höhere Erkennungsrate für kritische Wörter als für die neutralen, was auf eine

Aufmerksamkeitsverlagerung auf das zweite Ohr schließen lässt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Gelegenheiten für die Initiierung einer zielgerichteten Handlung, die in

Vorsätzen spezifiziert wurden, der Aufmerksamkeit nicht so leicht entgehen, selbst wenn man mit anderen Aufgaben beschäftigt ist.

Verhaltensbereitschaft. Nicht nur die Wahrnehmung und die Aufmerksamkeit in einer für eine Handlungsinitiierung kritischen Situation werden durch Vorsätze beeinflusst, sondern auch das Verhalten in der jeweiligen Situation. Vorsätze spezifizieren nicht nur das Wann und Wo eines zielgerichteten Verhaltens, sondern auch das Wie. Durch ihr „wenn-dann“ Format schaffen Vorsätze eine enge Verbindung zwischen dem situationalen Kontext und dem Verhalten, das zum Ziel führt. Man fühlt sich verpflichtet, die im Vorsatz

spezifizierte Handlung zu initiieren, sobald man auf die situationalen Hinweisreize trifft (Gollwitzer, 1996), d.h. die Handlung erfolgt automatisch und dadurch ohne Anstrengung.

Brandstätter (1992, Studie 1) untersuchte dies in einer Studie, in der die Versuchsteilnehmer die Gegenposition zu einer rassistischen Rede, die auf Video gezeigt wurde, einnehmen sollten. Sie sollten sich alle Stellen notieren, an denen sie Gegenargumente vorbringen

wollten. Die Versuchsteilnehmer der Vorsatzbedingung sollten Vorsätze bilden, die die situationalen Hinweise, d.h. die Stellen, die vorher notiert wurden, mit spezifischen Gegenargumenten verbanden. Es zeigte sich, dass die Versuchsteilnehmer, die Vorsätze formuliert hatten, ihre Gegenargumente in einem engeren Zeitraum um den vorher festgesetzten Zeitpunkt vorbrachten, als die Kontrollgruppe. Gute Gelegenheiten wurden somit von Versuchsteilnehmer mit formuliertem Vorsatz schneller ergriffen. In einer weiteren Studie untersuchte Brandstätter (1992, Studie 2) mit Hilfe einer Doppelaufgabe, ob dieser Effekt mühelos erfolgt, also wenig kognitive Anstrengung erfordert und sich deshalb auch bei den hohen kognitiven Anforderungen der primären Aufgabe noch zeigt. Die

Versuchsteilnehmer sollten gleichzeitig zwei Aufgaben bearbeiten. Diese wurden auf einem Computerbildschirm in zwei unterschiedlichen Fenstern dargeboten. Die Primäraufgabe bestand darin, mit bedeutungslosen Silben zu arbeiten und wurde bei jedem

Versuchsteilnehmer mit einer niedrigen und einer hohen Schwierigkeit getestet. Die

Sekundäraufgabe (Go/Nogo- Aufgabe) bestand darin, die Maustaste so schnell wie möglich zu drücken, wenn im zweiten Fenster Zahlen anstelle von Buchstaben präsentiert wurden. Die Hälfte der Versuchsteilnehmer sollte so schnell wie möglich auf eine bestimmte Zahl reagieren, die andere Hälft, die Kontrollgruppe, sollte sich mit der kritischen Zahl vertraut machen, indem sie sie wiederholt auf einem Blatt Papier aufschrieben. Die Ergebnisse zeigten, dass die Vorsatzgruppe schnellere Reaktionszeiten aufwiesen und zwar unabhängig von der Schwierigkeit der Primäraufgabe. Vorsätze führen zu einer schnellen und mühelosen Initiierung des zielgerichteten Verhaltens. Vorsätze sind bewusste geistige Handlungen, die konkrete Pläne aufstellen, die wiederum zu automatischem, von der Umwelt kontrolliertem Verhalten führt. Ein Merkmal ist hohe Effizienz. Ein weiteres Merkmal ist, dass die

automatische Kontrolle ohne bewusste Absicht ausgelöst wird, sobald man auf den kritischen situationalen Kontext trifft. Malzacher (1992) untersuchte, ob die in Vo rsätzen spezifizierte Gelegenheit kognitive Prozesse auch ohne bewusste Absicht auslöst. Untersucht wurde die automatische Aktivierung von Wissen, das instrumentell für die effektive Initiierung der beabsichtigten Handlung ist und die automatische Hemmung von Wissen, das möglicherweise den Beginn der Handlung stört. In der Studie sollten die Versuchsteilnehmer auf eine

Beleidigung von Seiten des Versuchsleiters reagieren. Ein Teil der Versuchsteilnehmer sollte folgenden Vorsatz formen: „ Wenn ich diese Person sehe, dann sage ich ihr, dass sie eine unfreundliche Person ist.“ In einer zweiten scheinbar unabhängigen Studie sollten die Versuchsteilnehmer so schnell wie möglich Adjektive von einem Bildschirm ablesen. Die Adjektive waren entweder positive oder negative Beschreibungen eines Menschen. Kurz vor

jedem Adjektiv, etwa 100 ms davor, wurde ein neutrales Gesicht oder das Gesicht des unfreundlichen Versuchsleiters unterbewusst, die Darbietungszeit lag bei weniger als 10 ms, gezeigt. Negative Adjektive wurden nach dem Gesicht des unfreundlichen Versuchsleiters schneller gelesen, als nach dem neutralen Gesicht. Positive Adjektive hingegen wurden nach dem Gesicht des Versuchsleiters wesentlich langsamer gelesen, als nach dem neutralen Gesicht.

All diese Studien zeigen sowohl die situationsbezogene als auch die

verhaltensbezogene Wirksamkeit von Vorsätzen bei der Handlungsinitiierung. Vorsätze können sich aber auch auf bereits begonnene Handlungen auswirken.