• Keine Ergebnisse gefunden

5 Diskussion

5.5 Die Bildgebung und andere apparative diagnostische Erhebungen

5.5.1 Die Verteilung der Signalalterationen im cMRT

Betrachtet man die Verteilung der cMRT-Hyperintensitäten bei dem untersuchten Patientenkollektiv, so waren bei 97% der Patienten Hyperintensitäten in der DWI-Gewichtung und bei 70% in der FLAIR-Wichtung sichtbar. Das entspricht weitgehend der Studie von Tschampa et al. (2007a), die für die DWI eine Sensitivität von 96% und für die FLAIR von 74% feststellten. Die dort und hier untersuchten Kollektive stammen zwar beide aus der CJK-Surveillance in Deutschland, jedoch sind die Rekrutierungs-zeiträume der eingeschlossenen Patienten unterschiedlich und ohne wesentliche Überschneidung. In einigen Studien wurde eine Sensitivität der cMRT-Diagnostik von bis zu 100% beschrieben (Bahn und Parchi 1999; Demaerel et al. 2003), allerdings bei ausgewählten Patientenkollektiven mit kleinen Fallzahlen. Mit Blick auf die Verteilung der Hyperintensitäten in Bezug auf die verschiedenen Gewichtungen fällt auf, dass die DWI-Wichtung die sensitivste ist (→Kapitel 4.3, besonders Abb. 17), was in vielen Studien vorgeschrieben wurde (Demaerel et al. 2003; Alvarez et al. 2005; Satoh et al. 2007; Shiga et al. 2004; Ukisu et al. 2005; Young et al. 2005; Tschampa et al. 2003; Caobelli et al. 2015; Bahn und Parchi 1999; →Kapitel 1.4.4). Betreffend die geringe Sensitivität der T2-Gewichtung, die sich in dieser wie auch in anderen Forschungsarbeiten zeigt (→Kapitel 4.3, besonders Abb. 17; Caobelli et al. 2015), vermuten Schröter et al. (2000), dass die kontrastgebenden Veränderungen im Gewebe in der T2-Wichtung häufig zu gering ausgeprägt sind, als dass eine Kontrastveränderung sichtbar wäre.

Lokalisation der cMRT-Signalalterationen im Vergleich der verschiedenen Wichtungen

In der DWI- und der FLAIR-Gewichtung traten Hyperintensitäten am häufigsten im Cortex auf (DWI = 87%, FLAIR = 57%) sowie in den Basalganglien (DWI = 84%, FLAIR=56%), hier am häufigsten im Nucleus caudatus (DWI = 83%, in der FLAIR immer Teil der betroffenen Basalganglien). Weniger häufig waren Hyperintensitäten im Thalamus (DWI = 28%, FLAIR=8%), was ebenfalls für die T2-Gewichtung gilt (T2=2%). Diese Tendenz zeichnet sich in vielen anderen Studien ab, wie den Studien von Caobelli et al. (2015; →Abb. 38), Kallenberg et al. (2006; →Abb. 36) oder Carswell et al. (2012). Tschampa et al.

5 Diskussion 66

(2005) schreiben, dass der Cortex meist sogar häufiger betroffen ist, als die Basalganglien, was den Ergebnissen der vorgenannten Studien und der Auswertung dieser Arbeit entspricht. Auch Young et al.

(2005) berichten, als Ergebnis ihrer Untersuchungen zu DWI- und FLAIR-gewichteten cMRT-Aufnahmen, dass bei der CJK am häufigsten corticale Hyperintensitäten auftreten, gefolgt von striatalen Hyperintensitäten und thalamischen Signalalterationen als seltenste Ausprägung.

In der T2-Bildgebung zeichnet sich ein etwas anderes Bild ab: so waren hier vor allem die Basalganglien betroffen (32%, immer inklusive des Nucleus caudatus) und deutlich seltener der Cortex (15%). Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Kallenberg et al. (2006) (→Abb. 36) und Caobelli et al. (2015) (→Abb. 38). Schröter et al. (2000) beschreiben sogar 93% betroffene Basalganglien in der T2-Gewichtung.

Lokalisation der DWI-Hyperintensitäten im Vergleich der verschiedene Hirnregionen

Unterscheidet man den Cortex in die verschiedenen Bereiche des Gehirns, so war bei dem untersuchten Patientenkollektiv in der DWI-Gewichtung40 am häufigsten der Gyrus frontalis betroffen (82%), gefolgt vom Gyrus cinguli (70%). Die anderen neocorticalen Regionen waren deutlich seltener betroffen, nämlich zu 56% der temporale, zu 50% der parietale sowie zu 44% der occipitale Cortex und die Insula. Auch bei Tschampa et al. (2007a) (→Abb. 37) waren der frontale (in 100%) und der cinguläre Cortex (in 95% der Fälle) am häufigsten betroffen. Ebenfalls sehr häufig betroffen waren bei Tschampa et al. (2007a) der parietale (95%) und der occipitale (85%) Cortex sowie die Insula (95%), wobei jeweils ein deutlich größerer Anteil an Patienten betroffen war, als im Patientenkollektiv der vorliegenden Arbeit. Dabei fällt auf, dass in dem Patientenkollektiv von Tschampa et al. (2007a) im Vergleich zu anderen Studien cMRT-Hyperintensitäten häufiger auftraten (Kallenberg et al. 2006; Krasnianski et al. 2004; Meissner et al. 2009a;

Caobelli et al. 2015). Der temporale Cortex ist mit 49% ähnlich häufig betroffen, wie in dem in dieser Arbeit untersuchten Patientenkollektiv.

Auch in der Metaanalyse von Caobelli et al. (2015) (→Abb. 38) ist der frontale Cortex am häufigsten von cMRT-Signalalterationen betroffen, allerdings nur in 46% (gegenüber 82% in der vorliegenden Arbeit und 100% bei Tschampa et al. (2007a)). Dagegen ist der Gyrus cinguli bei Caobelli et al. (2015) mit 17% kaum betroffen, was im Gegensatz zu den Auswertungen der vorliegenden Arbeit und anderen Studien steht (Tschampa et al. 2007a; Young et al. 2005; Zerr et al. 2009). Wie auch im Kollektiv dieser Arbeit, zeigten bei Caobelli et al. (2015) der occipitale Cortex (27%) und die Insula (18%) selten Signalalterationen.

Generell fanden Caobelli et al. (2015) im Vergleich zu dieser und auch zu anderen Studien relativ wenige Auffälligkeiten in den einzelnen Hirnregionen (Young et al. 2005; Zerr et al. 2009; Tschampa et al. 2007a;

Meissner et al. 2008).

Insgesamt ist im Vergleich der verschiedenen neocorticalen Hirnregionen zu beobachten, dass einige Tendenzen bezüglich der Häufigkeitsverteilung von cMRT-Signalalterationen in vielen Studien zu finden

40 Hier wird aufgrund der besonders guten Eignung dieser Wichtung für die Detektion von corticalen Veränderungen (→Kapitel 1.4.4 und Krasnianski et al. 2004; Caobelli et al. 2015) nur die DWI-Wichtung betrachtet.

sind (wie das vergleichsweise häufige Auftreten von DWI-Hyperintensitäten im frontalen Cortex), während andere Hirnregionen eine deutliche Varianz in der Verteilung von DWI-Auffälligkeiten aufweisen (wie der Gyrus cinguli). Als ursächlich für diese Beobachtung sind viele Gründe denkbar: Ein wichtiger Faktor ist sicher das Patientenkollektiv − vor allem die Zusammensetzung in Bezug auf die Subtypen (→Kapitel 1.5) und Differentialdiagnostik, aber auch die Größe des Patientenkollektivs und der Zeitpunkt der cMRT-Untersuchung im Krankheitsverlauf. Ebenfalls wichtig scheint die Qualität des cMRTs (Unterschiede zwischen den verschiedenen MRT-Scannern, Bewegungsartefakte etc.) und die Erfahrung des Beurteilers (z. B. in Bezug auf die Bewertung von Artefakten) (Krasnianski et al. 2008b), auch wenn sich die DWI-Wichtung im Vergleich zu den anderen Gewichtungen durch die höchste Sensitivität, Spezifität und Urteilerübereinstimmung auszeichnet (Vitali et al. 2011; Demaerel et al. 1999;

Tschampa et al. 2005; Krasnianski et al. 2008b).

Betreffend die DWI-Hyperintensitäten in den Basalganglien fällt auf, dass Kallenberg et al. (2006) und Caobelli et al. (2015) einen deutlich geringen Anteil an Patienten beschreiben, die in den Basalganglien Hyperintensitäten aufweisen (64% bzw. 69% versus 84% bei dem hier untersuchten Patientenkollektiv), während bei der Studie von Carswell et al. (2012) sich die Basalganglien in 73% hyperintens zeigten und Tschampa et al. (2007a) sogar 92% striatale Hyperintensitäten in ihrer Studie beschreiben (→Abb. 37).

Zudem fällt auf, dass fast immer der Nucleus caudatus mit betroffen war und dass im Globus pallidus fast nie Signalsteigerungen zu finden waren, was sich mit den meisten Studien deckt (Caobelli et al. 2015,

→Abb. 38; Kallenberg et al. 2006, →Abb. 36; Krasnianski et al. 2008b). Zum Beispiel fanden Caobelli et al. (2015; →Abb. 38) in ihrer Metastudie über 945 Patienten nur bei einem Patienten DWI-Hyperintensitäten im Pallidum und nur 5% zeigten Auffälligkeiten in den Basalganglien ohne dass der Nucleus caudatus mit betroffen war. Ähnliche Ergebnisse lieferte auch die Studie dieser Arbeit.

Der Hippocampus war bei dem untersuchten Patientenkollektiv sehr selten betroffen (DWI=13%, FLAIR=9%, T2=1%). Auch in den Untersuchungen von Caobelli et al. (2015; →Abb. 38) und Krasnianski et al. (2008b) war der Hippocampus im Vergleich zu den anderen Hirnregionen eher selten betroffen. Dabei scheint die FLAIR diesbezüglich dezent sensitiver zu sein, als die DWI-Gewichtung − dieses ist bei dem ausgewerteten Patientenkollektiv nicht der Fall, allerdings gibt es auch keinen signifikanten41 Unterschied.

Der Thalamus ist in den meisten Studien, wie auch in dem Patientenkollektiv dieser Arbeit mit 28%, eher selten von cMRT-Hyperintensitäten betroffen (Kallenberg et al. 2006, 14%; Caobelli et al. 2015, 30%;

Meissner et al. 2008, 11%).

41 nach dem Exakten Fischertest

5 Diskussion 68

Abbildung 36: Häufigkeitsverteilung der cMRT-Hyperintensitäten in Bezug auf Wichtung und Hirnregion a) nach den Ergebnissen von Kallenberg et al. (2006), b) Eigene Daten zum Vergleich.

NC: Nucleus caudatus, BG: Basalganglien

Abbildung 37: Häufigkeitsverteilung von DWI-Hyperintensitäten bezüglich verschiedener Hirnregionen bei sCJK-Patienten nach den Ergebnissen der Studie von Tschampa et al. (2007a)

0%

20%

40%

60%

80%

100%

T2 FLAIR DWI

NC 35% 48% 64%

Putamen 38% 37% 45%

Pallidum 3% 0% 0%

Cortex 7% 52% 80%

Thalamus 5% 8% 14%

relativer Patientenanteil

a)

0%

20%

40%

60%

80%

100%

T2 FLAIR DWI

BG 26% 56% 84%

NC 26% 56% 83%

Putamen 22% 51% 63%

Pallidum 1% 0% 1%

Cortex 12% 68% 87%

Thalamus 2% 8% 28%

relativer Patientenanteil

b)

0 20 40 60 80 100

relativer Patientenanteil [%]

Abbildung 38: Häufigkeitsverteilung der Hyperintensitäten im cMRT in verschiedenen Gewichtungen und Hirnregionen nach den Daten der Metaanalyse von Caobelli et al. (2015)