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Die Veränderungen im metho- metho-dischen Vorgehen im Überblick

problematischen Fallverläufen – die Etappen der Methoden-

4.2 Die Veränderungen im metho- metho-dischen Vorgehen im Überblick

Im Folgenden werden die Vorgehensweisen der ers-ten drei Fälle im Überblick kurz dargestellt, um Ver-änderungen und Anpassungen nachvollziehbar zu machen. Das Vorgehen in Fall vier entspricht dem in Kapitel 5.1 bis 5.4 vorgestellten Ablauf. Die wesent-lichen Abweichungen in der Analyse des öffentlich gewordenen Falles werden in Form eines Exkurses in Kapitel 5.5 vorgestellt.

Die ersten drei Fallanalysen wurden mit einem Jugendamt durchgeführt. Die Ergebnisse dieser drei Analysen wurden zunächst gesammelt und in einer gemeinsamen Veranstaltung allen beteiligten Fach-kräften sowie den FührungsFach-kräften vorgestellt.

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1. FALL

• Fallauswahl und Auswahl der zu beteiligenden Institutionen mit dem Jugendamt;

• Einholung der Einwilligungserklärung der Klientinnen und Klienten;

• Vorbereitungstreffen mit Leitungskräften aus den am Analyseprozess beteiligten Institutionen.

Analyse der Akten der beiden zentralen Kooperationspartner: Allgemeiner Sozialer Dienst und Gesundheitshilfe (hier Fachkräfte der Frühen Hilfen).

Interviews mit sechs Fachkräften durch die Wissenschaftlerinnen.

Rekonstruktion des chronologischen Fallverlaufs auf einem Zeitstrahl durch die Wissenschaftlerinnen auf vier Ebenen:

• Familie;

• Hilfesystem;

• Hilfeprozessverlauf;

• Einschätzungen.

Grundlage bilden die Daten aus den Interviews und den Akten.

Auswahl von drei bedeutsamen Episoden oder Schlüsselmomenten im Fallverlauf, die aus der Sicht der Wissenschaftle-rinnen für die Analyse besonders relevant sind (vgl. SCIE).

Zusammenfassung in einer Vorlage:

• Beschreibung der Episode;

• Weshalb wird die Episode als bedeutsam für den Analyseprozess gesehen?

• Hypothesen und weiterführende Fragen, die im Zusammenhang mit der beschriebenen Episode diskutiert werden sollen.

Analyse des Fallverlaufs mit den am Fall beteiligten Fachkräften.

Dauer: 6,5 Std.

Ablauf:

1. Präsentation des rekonstruierten Fallverlaufs auf Plakaten;

2. Fokussierte Diskussion der Episoden auf der Grundlage der Vorlagen; insbesondere geht es um die Rekonstruktion ihrer Entstehung sowie die Frage, welche Einflussfaktoren wirksam waren;

3. Dokumentation der Ergebnisse auf Karten.

Zusammenfassung der Ergebnisse durch die Wissenschaftlerinnen und Abstimmung der Ergebnisse per Mail mit den Teilnehmenden.

Nach einer eingehenden kritischen Reflexion des Vorgehens wurden v. a. folgende Aspekte deutlich:

1. Die Interviews mit den Fachkräften dienten der Informationsgewinnung; zudem halfen die Interviews den Fach-kräften, sich den Fallbearbeitungsprozess wieder in Erinnerung zu rufen, und erleichterten den Vertrauensaufbau zu den Wissenschaftlerinnen.

2. Wünschenswert wäre die Ergänzung der Perspektive der Eltern auf den Fallverlauf.

3. Die Rekonstruktion des Falles auf einem Zeitstrahl wird einerseits als sehr wertschätzend und andererseits als sehr hilfreich für den Analyseprozess gesehen.

4. Die Ebenen »Hilfesystem« und »Hilfeprozessverlauf« können zugunsten einer übersichtlicheren Darstellung zusammengefasst werden.

5. Die Rekonstruktion des Falles durch die Wissenschaftlerinnen auf der Grundlage der Akten stellt einerseits sicher, dass der zeitliche Ablauf nicht durch Erinnerungslücken verzerrt wird, und hebt andererseits durch die externe, neutrale Perspektive Arbeitsschritte hervor, die intern in dieser Form nicht mehr so wahrgenommen werden.

6. Die Zeit für die Analysegruppe ist zu kurz. Es braucht mehr Zeit für den Vertrauensaufbau und die Einstimmung auf den Analyseprozess.

7. Die Auswahl von Episoden durch die Wissenschaftlerinnen scheint den Einstieg in den Diskussionsprozess eher zu erschweren und scheint verwirrend zu wirken. Insofern sollte dieser Schritt in den nächsten Analysen besonders kritisch beobachtet werden.

2. FALL

• Fallauswahl und Auswahl der zu beteiligenden Institutionen mit dem Jugendamt;

• Einholung der Einwilligungserklärung der Klientinnen und Klienten;

• Vorbereitungstreffen mit Leitungskräften aus den am Analyseprozess beteiligten Institutionen.

Analyse der Akten aller Kooperationspartnerinnen und -partner, sofern verfügbar. Hier: des Allgemeinen Sozialen Dienstes, der Gesundheitshilfe (hier Fachkräfte der Frühen Hilfen) sowie Freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe.

Interviews mit sechs Fachkräften und ein Elterninterview durch die Wissenschaftlerinnen.

Rekonstruktion des chronologischen Fallverlaufs auf einem Zeitstrahl durch die Wissenschaftlerinnen auf drei Ebenen:

• Familie;

• Hilfeprozessverlauf;

• Einschätzungen.

Grundlage bilden die Daten aus den Interviews und den Akten.

Auswahl von drei bedeutsamen Episoden oder Schlüsselmomenten im Fallverlauf, die aus der Sicht der Wissenschaft-lerinnen für die Analyse besonders relevant sind.

Zusammenfassung in einer Vorlage:

• Beschreibung der Episode;

• Weshalb wird die Episode als bedeutsam für den Analyseprozess gesehen?

• Hypothesen und weiterführende Fragen, die im Zusammenhang mit der beschriebenen Episode diskutiert werden sollen.

Analyse des Fallverlaufs mit den am Fall beteiligten Fachkräften.

Dauer: 7 Std. auf zwei aufeinanderfolgende Tage verteilt Ablauf:

1. Aufwärmphase, Annäherung, »Was sollte nicht passieren?«;

2. Präsentation des rekonstruierten Fallverlaufs auf Plakaten;

3. Auf der Grundlage des rekonstruierten Fallverlaufs Auswahl kritischer Themen/Entscheidungen durch die Fachkräfte;

4. Abgleich der Themen mit den von den Wissenschaftlerinnen erarbeiteten bedeutsamen Episoden;

5. Gemeinsame Rekonstruktion der Entstehung kritischer Entscheidungen und Diskussion der Hintergründe und Einflussfaktoren;

6. Dokumentation der Ergebnisse auf Karten.

Zusammenfassung der Ergebnisse durch die Wissenschaftlerinnen und Abstimmung der Ergebnisse per Mail mit den Teilnehmenden.

Nach einer eingehenden kritischen Reflexion des Vorgehens wurden v. a. folgende Aspekte deutlich:

1. Das Elterninterview liefert wichtige ergänzende Aspekte für die Fallanalyse.

2. Die Zeit für den Analyseprozess und die Verteilung auf zwei Tage hat sich bewährt, wobei noch mehr Zeit zur Diskussion wünschenswert wäre.

3. Die Episoden und deren Mehrwert für den Analyseprozess sind erneut zweifelhaft.

4. Im Hinblick auf Überlegungen, wie das Vorgehen ressourcenschonender gestaltet werden könnte, wurde vorge-schlagen, im nächsten Verlauf keine Einzelinterviews mit den Fachkräften zu machen und stattdessen nach der Vorstellung des rekonstruierten Fallverlaufs Raum für Ergänzungen und Korrekturen zu geben.

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3. FALL

• Fallauswahl und Auswahl der zu beteiligenden Institutionen mit dem Jugendamt;

• Einholung der Einwilligungserklärung der Klientinnen und Klienten;

• Vorbereitungstreffen mit Leitungskräften aus den am Analyseprozess beteiligten Institutionen.

Analyse der Akten aller Kooperationspartner und -partnerinnen, sofern verfügbar. Hier: des Allgemeinen Sozialen Dienstes, der Gesundheitshilfe (hier Fachkräfte der Frühen Hilfen) sowie Freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe.

Zwei Elterninterviews durch die Wissenschaftlerinnen.

Rekonstruktion des chronologischen Fallverlaufs auf einem Zeitstrahl durch die Wissenschaftlerinnen auf drei Ebenen:

• Familie;

• Hilfeprozessverlauf;

• Einschätzungen.

Grundlage bilden die Daten aus den beiden Elterninterviews und den Akten.

Analyse des Fallverlaufs mit den am Fall beteiligten Fachkräften.

Dauer: 9 Std. auf zwei aufeinanderfolgende Tage verteilt Ablauf:

1. Aufwärmphase, Annäherung, »Was sollte nicht passieren?«;

2. Präsentation des rekonstruierten Fallverlaufs auf Plakaten;

3. Auf der Grundlage des rekonstruierten Fallverlaufs Auswahl kritischer Themen/Entscheidungen durch die Fachkräfte;

5. Gemeinsame Rekonstruktion der Entstehung kritischer Entscheidungen und Diskussion der Hintergründe und Ein-flussfaktoren;

6. Dokumentation der Ergebnisse auf Karten.

Zusammenfassung der Ergebnisse durch die Wissenschaftlerinnen und Abstimmung der Ergebnisse per Mail mit den Teilnehmenden.

Nach einer eingehenden kritischen Reflexion des Vorgehens wurden v. a. folgende Aspekte deutlich:

1. Der Vertrauensaufbau und Einstieg in die Fallanalyse scheint durch die fehlenden Interviews mit den Fachkräften im Vorfeld nicht beeinträchtigt worden zu sein.

2. Mehr Zeit für den Analyseprozess hat sich bewährt.

3. Die Auswahl der kritischen Entscheidungen und Themen durch die Fachkräfte hat sich insofern bewährt, als es den Einstieg in die Diskussion erleichtert hat. Darüber hinaus haben die Fachkräfte die gleichen Themen als relevant be-nannt, die auch von den Wissenschaftlerinnen in Form von Episoden dargestellt worden wären. Insofern sind keine Themen »verlorengegangen«.

4. Die externe kritische Perspektive und ihre Fragen und Beiträge im Analyseprozess werden als sehr wertvoll ange-sehen, weil (1) Routinen infrage gestellt werden, (2) kritische Punkte benannt werden, die intern ggf. nicht benannt werden dürften, und (3) externe Perspektiven sowie ergänzendes Wissen einfließen.

Am Ende der drei Fallanalysen wurden die Ergeb-nisse aller Fallanalysen in einer gemeinsamen Ver-anstaltung allen an den Analyseprozessen beteiligten Fachkräften, den Führungskräften sowie den kon-zept- und steuerungsverantwortlichen Fachkräften vorgestellt.

Im Rahmen der anschließenden Diskussion wur-de wur-deutlich, dass v. a. die Führungskräfte, die an Ana-lyseprozessen beteiligt waren, weil sie eine Rolle im Fall gespielt hatten, im Laufe des Prozesses sehr kon-krete Vorstellungen von den die Fehler verursachen-den Faktoren und ggf. sinnvollen Veränderungsmaß-nahmen entwickeln konnten. Hingegen hatten die am Analyseprozess nicht beteiligten Führungskräfte erhebliche Schwierigkeiten, die Problemfelder nach-zuvollziehen und konkrete Vorstellungen zu geeig-neten Schritten zur lokalen Qualitätsentwicklung zu entwickeln. Insbesondere hat sich herausgestellt, dass das Spannungsfeld zwischen theoretisch und konzep-tionell geregelten Abläufen sowie konkret auftreten-den Problemen schwer aufzulösen ist, wenn ein ver-tieftes Verständnis der Schwierigkeiten fehlt. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Fallbearbeitung an manchen Stellen nicht eng an den in Verfahrensvor-gaben geregelten Abläufen orientiert hat. Dann ent-steht für die Konzeptverantwortlichen der Eindruck, dass eine verbindliche Einhaltung der Regeln die aufgetretenen Probleme verhindert hätte. Es fehlte ihnen die Erfahrung aus dem Fallanalyseprozess, wel-che Verfahrensvorgaben nur begrenzt alltagstauglich sind und was ggf. die »guten Gründe« waren, warum Fachkräfte von den Vorgaben abgewichen sind.

Sowohl für die Methodenentwicklung als auch für die Qualitätsentwicklung machen diese Erfahrungen deutlich, dass es keineswegs einfach ist, die Ergebnisse aus dem Analyseprozess in konkrete Maßnahmen zur Reduzierung des Fehlerrisikos und zur Verbesserung der Qualität zu übersetzen. Vielmehr scheint es sinn-voll zu sein, bereits während des Analyseprozesses Schritte vorzusehen, die es sowohl den Konzept- und Steuerungsverantwortlichen als auch den Führungs-kräften ermöglicht, ein vertieftes Verständnis für Pro-bleme und kritische Abläufe zu entwickeln.

Da das »Lernen aus Fehlern« der gesamten Orga-nisation zentrales Anliegen der Fallanalysen ist, wur-de daraufhin das methodische Vorgehen nochmals

grundlegend überdacht und gemeinsam mit dem englischen Kooperationspartner SCIE reflektiert. Die daraufhin vorgenommenen Änderungen bestehen v. a. in einer intensiveren und kontinuierlichen Ein-bindung der Führungskräfte in den Analyseprozess.

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Gemeinsam lernen aus