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Die Kosten Iuftschadstoffbedingter Waldschäden in der Schweiz

2. Kosten der Waldschäden in der Schweiz

2.4 Die Kosten Iuftschadstoffbedingter Waldschäden in der Schweiz

2.4.1 Einleitung, Grundlagen, Methodik

Die Auswirkungen der Iuftschadstoffbedingten Waldschäden werden hier den kosten-relevanten Schadensbereichen bzw. den Waldfunktionen zugeordnet und anschlies-send bewertet. Die Quantifizierung der Schäden in den verschiedenen Schadensberei-chen erfolgt mit Hilfe der drei folgenden, zurzeit in der Schweiz verfügbaren Arbeiten.

Ausländische Arbeiten (z. B. aus der BRD) können für die Kostenschätzungen nicht sinnvoll verwendet werden. Zu stark ist der Einfluss der Iokalen Verhältnisse auf das Resultat (Art der Immissionen, der Böden, der Wälder (kaum Gebirgswälder in der BRD) und der Bewirtschaftung).

- Altwegg D., “Die Folgekosten von Waldschäden” (Altwegg, 1988)

- Basler & Partner, “Die wirtschaftlichen Folgen des Waldsterbens in der Schweiz”

(B&P, 1986)

- Pfister F., “Walderhaltung und Schutzaufgaben im Berggebiet” (Pfister, 1987) Die drei Arbeiten unterscheiden sich bezüglich Untersuchungsgegenstand, Annahmen, Randbedingungen und Methode zum Teil relativ stark. Ihre Resultate werden hier

so-2) Der Schutz vor Lärmbelastung ist nur bei ganzjährigen, nicht hochstämmigen Beständen gewährlei-stet; nach dem Laubfall geht diese Wirkung auf ungefähr einen Drittel zurück (Würmli, S. 117).

weit wie möglich auf eine gemeinsame Basis (Annahmen, Bezugsjahr etc.) gebracht, so dass sie miteinander verglichen werden können.

Altwegg, 1988

Altweggs Untersuchung beschränkt sich auf die Folgekosten von Waldschäden durch die Beeinträchtigung der Schutzfunktion von Gebirgswäldern in der Schweiz, Als Gefahren werden insbesondere Lawinenabgänge, aber auch Überschwem -mungen, Steinschläge und Erosion betrachtet.

? Altwegg geht von zwei Schadenszenarien aus:

- Szenario A: Vollständige Entwaldung im ersten Jahr nach dem Auftreten sichtbarer Schäden.

- Szenario B: Trendmässiger Verlauf; bis 2036 weisen rund 95% der Bäume äus-serlich sichtbare Schadsymptome auf. Von den geschädigten Bäumen sterben 50% zehn Jahre nach Erkennbarkeit des Schadens.

Wir werden nur die Resultate von Szenario B weiterverfolgen, da Szenario A aus heutiger Sicht unrealistisch ist. In einem ersten Schritt schätzt Altwegg die Kosten zusätzlicher Lawinenabgänge infolge der Waldschäden. Dabei wendet er zwei Schätzmethoden an:

- Vermeidungs- bzw. Ersatzkosten: Kosten der Ersatzanlagen (Lawinenschutz) zur Vermeidung von zusätzlichen Lawinenabgängen infolge verminderter Schutzwir-kung der geschädigten Wälder

- Schadenkosten der zusätzlichen Lawinenabgänge mittels Risikoanalyse

In einem zweiten Schritt beziffert Altwegg die Kosten der übrigen Gefahren (Stein-schlag, Hochwasser etc.) pauschal auf zusätzlich mindestens 50% der Kosten für das Lawinenrisiko.

Basler & Partner (B&P, 1986)

B&P geht von einem Waldschadenszenario aus, welches zwei Phasen von je 10 bis 20 Jahren aufweist. In der ersten Phase nimmt der Anteil der gesunden Wälder rasch ab. In Phase 2 verschlechtert sich der Zustand nur noch wenig. In den Scha-denszenarien wird zwischen Berggebiet und Mittelland unterschieden. B&P ermit-telt Vermeidungs- bzw. Ersatzkosten von Verbauungen gegen Lawinen, Wildbäche und Steinschläge sowie Schadenkosten aufgrund des noch verbleibenden Rest-risikos und Kosten bzw. Erlösausfälle im Tourismus, in Industrie, Hochbau und Landwirtschaft. Bei Ietzteren handelt es sich jedoch teilweise nicht um Kosten im Sinne eines Ressourcenverbrauches, sondern nur um Verteilungseffekte.

Pfister, 1987

Pfister unterstellt eine trendmässige Verschlechterung des Waldzustandes. Er geht von zwei Szenarien der Entwicklung der Schutzansprüche an den Wald im Bergge-biet aus: Qualitative gleichbleibende und erhöhte Schutzansprüche. Mittels einer Umfrage bei Kreis- und Revierförstern im Berggebiet wurden Daten über forstliche Projekte, Problemflächen und die Folgen gestiegener Schutzansprüche erhoben.

Daraus ergeben sich die erforderlichen zusätzlichen Aufwendungen infolge der (Berg-)Waldschäden und der erhöhten Schutzansprüche für die nächsten zehn Jahre.

2 . 4 . 2 K o s t e n d e r W a l d s c h ä d e n n a c h S c h a d e n s b e r e i c h e n a) Der Wald als Ressource: Ertragsausfälle in der Forstwirtschaft

Der Wald wird bei der Beurteilung der Auswirkungen auf die Forstwirtschaft als erneu-erbare Ressource und Anlagegut betrachtet. Neben den jährlich ausgewiesenen Flussgrössen (wie Erlöse der Forstwirtschaft) müssen auch die Bestandesveränderun-gen3) mit ihren Konsequenzen auf die künftigen Flussgrössen berücksichtigt werden.

Waldschäden führen zu Zwangsnutzungen. Übersteigen diese das Absorptionsvermö-gen der Nachfrage, sinken die Erlöse. Langerfristig kommt es dann zu einem Einbruch der Holznutzung in den verlichteten Wäldern (B&P, 1986). Die Zwangsnutzungen ver-ursachen infolge dem zerstreut anfallenden, einzelstammweisen ,Holzeinschlag zusätz-lichen Aufwand (Pfister, 1986, S. 45; Burgbacher, 1988, S, 71; B&P, 1986, S. 24). Die erforderlichen neuen Erntekonzepte sind gefährlicher und teurer (Pfister, 1987, S. 44).

Daneben ist die Zuwachsleistung kranker Bäume geringer. Bei abnehmender Stamm-zahl und sinkender Zuwachsleistung vermindert sich das Vermögen in Form des Holz-vorrates. Zusätzliche Waldpflege und Sekundärschäden an geschwächten Bäumen (Wind, Schnee, Schädlinge, Pilze) verursachen weitere Kosten.

B&P schätzt die Erlösausfälle in der Forstwirtschaft infolge der immissionsbedingten Waldschäden auf 300-500 Mio Fr./a (1985). Dabei wird die Reduktion des Holzbestan-des im Wald nicht berücksichtigt.

In Anlehnung an B&P schätzen wir die Kosten der immissionsbedingten Waldschäden im Bereich der Forstwirtschaft auf 330 Mio Fr./a -560 Mio Fr./a im Jahr 1990.

b) Schutzfunktion des Waldes: Kosten zusätzlicher Naturgefahren

Die verminderte Schutzfunktion immissionsgeschädigter Walder führt zu einer Zu-nahme folgender Naturgefahren:

- zusätzliche Lawinenabgänge - häufigere und starkere Hochwasser - Hangrutschungen, Erosion

- Zunahme der Steinschlaggefahren

Die bisherigen Untersuchungen messen dabei den zusätzlichen Lawinenabgängen das grösste Gewicht ZU.

Kosten zusätzlicher Lawinenabgänge

Altwegg stellt zwei Szenarien zur Waldschadenentwicklung auf der subalpinen und montanen Stufe auf. Wir schätzen aufgrund der heutigen Kenntnisse nur Szenario B als realistisch ein. Danach weisen auf diesen Stufen bis 2036 95% aller Bäume 3) Die jährliche Zuwachsleistung stellt einen Vermögenszugang dar, Abholzungen (Zwangsnutzungen)

einen Vermögensabgang.

B&P schätzt die Kosten zusätzlicher Wildbachverbauungen, Hangverbauungen, Fluss- und Bachkorrektionen aufgrund der Faktoren Hangneigung, Bewaldung und Hydrologie (B&P, 1986, S. 21ff.).

Zusammenfassung der Kosten zusätzlicher Naturgefahren

Die in den drei Studien ermittelten Schadens- und Ersatz- bzw. Vermeidungskosten werden anschliessend auf das Bezugsjahr 1990 umgerechnet (unter Berücksichti-gung der Teuerung gemäss KPI). Liegen die Kostenangaben ursprünglich als Sum-me eines KostenstroSum-mes über eine Periode von beispielsweise 30 Jahren vor, so gehen wir von einem konstanten Kostenstrom aus. Daneben werden die resultie-renden Kosten in der Periode von 1990-2020 als Barwert 1990 eines konstanten Kostenstromes von 30 Jahren ermittelt (reale Diskontrate: 2 % p.s.).

Kosten von Naturgefahren Jahres- Barwert 1990 der

kosten 1990 Kosten 1990-2020 Mio Fr./a Mrd Fr. (30 Jahre) Altwegg

- Ersatzkosten, Lawinen, Stahlverbauungen 1‘123 25 - Ersatzkosten, Lawinen, temporäre Verbauungen 508 11

- Schadenkosten, nur Lawinen 1’160 26

- Ersatzkosten, alle Naturgefahren 1’685 38

- Schadenkosten, alle Naturgefahren 1’770 4 0

B&P

- Ersatzkosten, alle Naturgefahren 887 15

plus + +

Schadenkosten für das Restrisiko 522 12

Pfister

- Vermeidungskosten 408 9

Alle Naturgefahren total, Kostenbereich 408-1’770 9 - 4 0

Tabelle 2-1: Kosten zusätzlicher Naturgefahren infolge immissionsbedingter Wald-schäden (nach Berechnungsansatz) im Jahr 1990 bzw. als Barwert 1990 des konstanten Kostenstromes über 30 Jahre (1990-2020)

Die Schadens- und Ersatzkosten liegen bei Altwegg nahe beieinander. Theoretisch mussten solange Ersatz- bzw. Vermeidungsmassnahmen ergriffen werden, als die Grenzkosten zur Vermeidung von Schäden kleiner sind als die Grenzkosten der resul-tierenden Schäden. B&P betrachtet die Schadens- und Ersatzkosten nicht alternative, sondern geht von einem Mix von verbleibenden Schäden und Vermeidungsmassnah-men aus. Die resultierenden Kosten liegen mit 1‘190 Mio Fr./a im Bereich der Kosten-schätzungen von Altwegg.

c) Schadenkosten im Bereich der Berglandwirtschaft

Gemäss B&P liegen 700-900 Iandwirtschaftliche Betriebe unterhalb von immissionsge-schädigten Wäldern mit ausgeprägter Schutzfunktion (B&P, 1986, S. 32f.). B&P rech-net mit Faktoreinkommensausfällen von 35-45 Mio Fr./a (1985) bzw. 39-50 Mio Fr.

(1990) infolge der immissionsbedingten Waldschäden. Bei Altwegg sind diese Folge-kosten bei den Kosten erhöhter Naturgefahren integriert.

d) Einnahmenausfälle im Tourismus

Die Landschaft - und die zugehörigen Wälder, als Teile des Landschaftsbildes - sind das Grundkapital für den Tourismus in den Bergen. Waldschäden vermindern die Er-holungsqualität von Tourismusgebieten:

Verarmung des Landschaftsbildes

Negative Auswirkungen auf die Psyche der Touristen (beeinträchtigtes WaId-erlebnis)

Verstärkte Einwirkung der Witterung auf touristische Aktivitäten

Vermehrte Lärmbelästigung durch fehlende Bewaldung und vermehrte Mass-nahmen zur Walderhaltung

Erschwerung der Wasserversorgung im Winter durch geringere Speicherfähig-keit des Waldes

Zunahme der Gefährdung von touristischen Anlagen durch Naturgefahren B&P schätzt den Rückgang der Übernachtungen im Berggebiet auf 20-30%. Wir ver-wenden anschliessend den Wert von 20% (B&P, 1986, S. 29). Die Einnahmenausfälle

im Berggebiet betragen dann etwa 280 Mio Fr. (1985) bzw. 310 Mio Fr. (1990).

e) Weitere, nicht quantifizierte Effekte

Neben den oben quantifizierten Schäden haben die immissionsbedingten Waldschä-den weitere Wirkungen, die hier nicht quantifiziert werWaldschä-den:

Aufwendungen für die Waldforschung und Beobachtung (s. INFRAS, Aug. 1992) Wertminderung der verbleibenden Bestände

Bodenwertminderungen

Gefährdung des bisherigen Systems von Waldbewirtschaftung und -pflege Regionalwirtschaftliche Auswirkungen, Abwanderung aus dem Berggebiet etc.

2 . 4 . 3 V e r m i n d e r u n g d e s E r h o l u n g s w e r t e s s t a d t n a h e r W ä l d e r

Neben seiner Funktion als Ressource für die Forstwirtschaft und der Schutzfunktion in den Bergen hat der Wald eine bedeutsame Funktion als Erholungsraum für Agglome-rationen und Städte. Im Mittelland fällt die Schutzfunktion von Wäldern weitgehend

weg, dafür tritt die Erholungsfunktion in den Vordergrund, wobei dem Tourismus ge-ringe Bedeutung zukommt.

Für die Region Lugano schätzte Nielsen die Zahlungsbereitschaft für den sogenannten Erlebniswert des Waldes (monetarer Nutzen der jährlichen Waldbesuche; Nielsen, 1991 und 1992). Neben dem Erlebniswert für die Erholungssuchenden ermittelte Niel-sen auch den Existenzwert, den sämtliche Bewohnerlnnen der Region Lugano den stadtnahen Wäldern zuordnen (Nielsen, 1991, S. 35ff.). Der Existenznutzen besteht zusätzlich zum Erlebnisnutzen. Er gibt die Wertschätzung der Existenz des Waldes an - unabhängig davon, ob der Wald besucht wird. In der Region Lugano ermittelte Niel-sen einen Erlebnisnutzen von jährlich durchschnittlich Fr. 3’000.- pro Waldbesucherln.

Dazu kommt ein Existenzwert von jährlich rund Fr. 700.- pro Bewohnerln. Für die ge-samte Region Lugano ergibt dies einen Erholungsnutzen von mindestens 250 Mio Fr./a (Nielsen, 1992).

Für die Hochrechnung auf die Schweiz geht Nielsen von 8 Agglomerationen mit minde-stens gleich grosser Dichte und Zentralitätscharakter wie Lugano aus. Das ergibt für die ganze Schweiz einen Nutzen stadtnaher Erholungswälder von jährlich mindestens 2 Milliarden Franken. Es stellt sich nun die Frage, inwieweit dieser Nutzen durch die immissionsbedingten Waldschäden vermindert wird. Dies hängt massgeblich vom re-sultierenden Waldbild und den direkten sowie indirekten Wirkungen der intensivierten Waldpflege oder Bewirtschaftung ab. Ewers schätzte die Reduktion der Waldbesuche infolge der trendmässigen Waldschadenentwicklung auf 11% der Waldbesuche (Ewers, 1986, S. 135). Ecoplan erwartet dagegen bei den in der Region Bern auftre-tenden Waldschäden (Anteil kranker Bäume 25% - 30%) keine Abnahme der Wald-besuche (mindestens bis ins Jahr 2000; Ecoplan B, 1992, S. 36). Wir gehen hier von einem immissionsbedingten Rückgang der Waldbesuche von 0% -10% aus. Die re-sultierenden Nutzeneinbussen betragen dann 0% bis 10% (Nutzeneinbussen der Be-sucherlnnen die nicht mehr gehen + Nutzeneinbussen der BeBe-sucherlnnen, die immer noch gehen): Immissionsbedingte Beeinträchtigung des Erholungsnutzens (Erlebnis-und Existenzwert) 0-200 Mio Fr. pro Jahr.

2.5 Folgerungen: Die Kosten der Iuftschadstoffbedingten