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Artikel 1

(1) Berlin ist ein deutsches Land und zugleich eine Stadt.

(2) Berlin ist ein Land der Bundesrepublik Deutschland.

(3) Grundgesetz und Gesetze der Bundesrepublik Deutschland sind für Berlin bindend.

Art. 1 ist im Zusammenhang mit Art. 87 zu sehen, der lautet:

(1) Art. 1 Abs. 2 und 3 der Verfassung treten in Kraft, sobald die An-wendung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Berlin keinen Beschränkungen unterliegt.

(2) In der Übergangszeit kann das Abgeordnetenhaus durch Gesetz fest-stellen, daß ein Gesetz der Bundesrepublik Deutschland unverändert auch in Berlin Anwendung findet.

(3) Soweit in der Übergangszeit die Anwendung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Berlin keinen Beschränkungen (Abs. 1) unterliegt, sind die Bestimmungen des Grundgesetzes auch in Berlin geltendes Recht. Sie gehen den Bestimmungen der Verfassung vor. Das Abgeordnetenhaus kann im Einzelfall mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder anders beschließen. Art. 85 der Verfassung findet sinngemäß Anwendung.

(4) In der Übergangszeit sollen die verfassungsmäßig bestellten Organe von Berlin die für das Verhältnis von Bund und Ländern maßgebenden Bestimmungen des Grundgesetzes soweit wie möglich als Richtlinien für die Gesetzgebung und Verwaltung beachten.

Materialien

1. vgl. zu Art. 11: Art. 64,143 VHB; 1 VHH;

zu Art. 1 II: Art. 23 GG; 23 II VBW; 11,178 BV; 64 VHB; 1 VHH; 64 HV;

11VNV; 111 VNW; 741VRP; 60 VS; 1 LS 2. VVGB: Art. 1

3. Änderungen:

-3

Art. 1 Abschnitt I: Die Grundlagen Erläuterungen

A. Berlin als deutscher Stadtstaat

1 Die Frage des Doppelcharakters Berlins als Stadt und Land stand im Mittelpunkt der Erörterungen der S t W und war zwischen den Frak-tionen der SPD, C D U und LPD einerseits und der SED andererseits kontrovers. Bereits wegen grundsätzlicher Ablehnung der förderalen Struktur Deutschlands und mit der weiteren Begründung, daß Berlin als gegenwärtiger und zukünftiger Mittelpunkt Deutschlands eine Sonder-stellung einnehmen müsse, sah die SED in ihrem Entwurf folgende Be-stimmung vor (Art. 1):

„Berlin ist eine Stadt und die Hauptstadt Deutschlands. Als Hauptstadt gehört sie keinem der deutschen Länder an."

Demgegenüber waren sich alle anderen Fraktionen einig, daß Berlin nach der Auflösung Preußens ein selbständiges Land sein müsse. Die Vorstellungen von SPD und CDU gingen anfangs nur in der Frage auseinander, ob Berlin ein Land, bestehend aus einzelnen Gemeinden (SPD), oder Land und Stadt zugleich (CDU) sein solle.

2 Art. 1 I legt den Doppelcharakter Berlins als einer Gebietskörper-schaft fest, die ein Land und zugleich eine Stadt ist.

3 Unter Berlin im Sinne der VvB ist, wie sich aus Art. 4 ergibt, Gesamt-Berlin zu verstehen. Von den 20 in Art. 4 II VvB genannten Bezirken gehören 12 zu West-Berlin und 8 zu Ost-Berlin (vgl. Art. 4, Rdn. 4).

Obwohl die VvB infolge der politischen Entwicklung von Anfang an nur in West-Berlin wirksam werden konnte, wird ihr rechtlicher Geltungs-anspruch für ganz Berlin dadurch legitimiert, daß sie in ihren wesent-lichen Teilen noch von der Gesamtberliner S t W beschlossen wurde, (vgl. Denkschrift SvB, S. 2; zur besonderen Problematik der Einbe-ziehung Berlins in die Bundesrepublik Deutschland s. unten Rdn. 24).

Nach allgemeinem und juristischem Sprachgebrauch wird mit dem Namen „Berlin" jedoch nicht nur wie insbes. in Art. 1, Gesamt-Berlin, sondern teilweise entweder nur der westliche oder nur der östliche Teil der Stadt belegt (zur Berlin-Terminologie vgl. auch Carstens, Festschrift für Scheuner, S. 67; ferner Pestalozza JR 1972, 45).

4 Nach überwiegender Ansicht entwickelte sich Groß-Berlin bereits in den Jahren 1945 bis 1949 von einer Stadtgemeinde und einem staat-lichen Verwaltungsbezirk zu einem Land (Kreutzer, D Ö V 1955, 13;

Rauschning E A 1961, 667; a. A. und für konstitutive Bedeutung wohl Landsberg/Götz S. 45; Püttner DÖV 1969, 830). Nach der faktischen Auflösung Preußens bei Kriegsende, bestätigt durch das KRG Nr. 46 vom 25. Februar 1947 (VOB1. S. 68), wurde Groß-Berlin mangels Ein-4

Status Berlins (von Lampe/Pfennig) Art. 1 beziehung in das Gebiet eines anderen deutschen Landes die „für das Gebiet der Stadtgemeinde Berlin alleinige berufene öffentliche Gebiets-körperschaft", so Art. 1 I W G B . Mit dem Ubergang der staatlichen Befugnisse des ehemaligen Deutschen Reiches und des Landes Preußen auf die Stadt Berlin erwarb diese den Status eines Landes. Wegen der Allkompetenz der Besatzungsmächte in der ersten Zeit nach dem Kriege ist allerdings zweifelhaft, von welchem Zeitpunkt an ein Übergang der staatlichen Befugnisse auf Berlin erfolgte (Einzelheiten hierzu bei Nagel, Die rechtliche Lage West-Berlins, Diss. Würzburg 1964, S. 79 ff).

Mit der Formulierung, daß Berlin ein deutsches Land ist, wird bereits 5 in Art. 11 ein gesamtstaatlicher Bezug hergestellt. Berlin ist, gleichgültig wie sein in Abs. 2 und 3 geregeltes Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland zu bestimmen ist, ein Gliedstaat innerhalb eines größeren Verbandes Deutschland. Es gehört zu dem nach deutschem Verfassungsrecht als fortbestehend zu denkenden Deutschen Reich (vgl.

BVfGE 3 6 , 1 , 1 5 f).

Berlin ist Land und Stadt zugleich. Staat und Gemeinde sind keine 6 verschiedenen Rechtssubjekte. Landesverwaltung und Stadtgemeinde-verwaltung werden nicht getrennt, sondern von denselben Organen ausgeführt (vgl. Erl. zu Art. 3 und 50).

Stadtstaat in diesem Sinne ist neben Berlin nur noch Hamburg, während Bremen einen Gemeindeverband aus den Städten Bremen und Bremerhaven bildet. Kennzeichnend für die Stadtstaaten Hamburg und Berlin ist ihr zweistufiger Verwaltungsaufbau. Die Bezirke in Berlin sind im Gegensatz zu denen Hamburgs jedoch weitgehend kommunalisiert.

Sie sind gemäß Art. 50 Abs. 2 VvB an der Verwaltung Berlins nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung beteiligt und haben den Charakter von Selbstverwaltungseinheiten ohne Rechtspersönlichkeit, § 2 Abs. 1 BezVG (vgl. Art. 50, Rdm 12). Der Verwaltungsaufbau Berlins hat da-mit eine kommunalrechtliche Prägung, in der eine gewisse Abkehr von dem Grundsatz der Stadtstaatlichkeit zu sehen ist (Kreutzer DÖV 1959, 429).

B. Der alliierte Status Berlins

Die staatsrechtliche Stellung Berlins ist eng verzahnt mit der Rechts- 7 Stellung der Besatzungsmächte in dieser Stadt, dem sog. alliierten Status Berlins.

Nach übereinstimmender westlicher Auffassung untersteht Gesamt-Berlin besatzungsrechtlich auch heute noch dem „Viermächtestatus", dessen Grundlage die militärische Besetzung Deutschlands und die Übernahme der obersten Regierungsgewalt durch die Siegermächte 5

Art. 1 Abschnitt I: Die Grundlagen einerseits und die bereits vor Kriegsende zwischen den Hauptsieger-mächten getroffenen, durch den Beitritt Frankreichs später ergänzten Vereinbarungen über die Einteilung der Besatzungszonen in Deutsch-land andererseits sind.

8 Für die Bundesrepublik Deutschland und für die DDR wurde das Besatzungsregime zwar 1955 für beendet erklärt. In dem GenV zwi-schen der Bundesrepublik Deutschland und den Westmächten behielten sich die Westalliierten jedoch insbesondere „die bisher von ihnen aus-geübten oder innegehabten Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes" vor.

Im Moskauer Vertrag zwischen der DDR und der Sowjetunion vom 20. September 1955 (Text: von Münch Dok. IS. 440) fehlt zwar ein aus-drücklicher Berlin-Vorbehalt, jedoch wurde der Vertrag, wie es in der Präambel heißt, „unter Berücksichtigung der Verpflichtungen, die die Deutsche Demokratische Republik und die Sowjetunion gemäß den bestehenden internationalen Abkommen, die Deutschland als Ganzes betreffen, haben", geschlossen. Zu diesen Abkommen gehören auch die für den besatzungsrechtlichen Berlin-Status maßgeblichen Viermächte-vereinbarungen (vgl. Zivier, S. 181; Knörr, S. 43 ff).

9 Mit der Besetzung der Westsektoren erwarben die Westmächte auf Grund des völkerrechtlichen Titels der „occupatio bellica" originäre, von der Duldung der Sowjetunion unabhängige Besatzungsrechte in ganz Berlin, die sie gemeinsam mit der Sowjetunion in der dem AKR unterstellten AKB ausübten. Die Sowjetunion war nach der Eroberung Berlins zwar kurze Zeit tatsächlich alleinige Besatzungsmacht. Mit dem Einzug der Westmächte in Berlin verlor sie die sich aus der Eroberung ergebenden Rechte, ebenso wie die Westmächte ihre Besatzungsrechte in den von ihnen eroberten Teilen Deutschlands (Thüringen, Sachsen-Anhalt) verloren, als sie diese vereinbarungsgemäß der Sowjetunion überließen.

Der entscheidende Passus der genannten Vereinbarungen (Londoner Protokoll vom 12. September 1944 mit Ergänzungsabkommen vom 14. November 1944, DBF Nr. 1 und 2), der Berlin als 5. Besatzungs-gebiet ausweist, lautet in seiner Endfassung (nach dem Beitritt Frank-reichs im Juli 1945, DBF Nr. 19):

„Deutschland, innerhalb der Grenzen, wie sie am 31. Dezember 1937 bestan-den, wird zum Zwecke der Besetzung in vier Zonen eingeteilt, deren je eine einer der vier Mächte zugewiesen wird, und ein besonderes Berliner Gebiet, das gemeinsam von den vier Mächten besetzt wird."

10 De iure besteht der Viermächtestatus Gesamt-Berlins auch heute noch fort. Die nach dem Auszug des sowjetischen Vertreters aus der AKB auf Dreimächte-Basis in den Westsektoren weiterarbeitende AKB 6

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