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4 DISKUSSION

4.1 Pyrogene Eigenschaften von FSL-1

4.1.2 Die FSL-1 induzierte Freisetzung von Zytokinen

4.1.2.1 Die Bedeutung des TNF

TNF hat eine Schlüsselrolle in der Vermittlung endotoxischer Effekte von LPS. TNF gilt als endogenes Pyrogen, denn nach Injektionen von LPS (Roth et al. 1993), MDP (Roth et al.

1997b) oder PI:PC (Voss et al. 2006) kommt es beim Meerschweinchen zu erhöhten TNF-Plasmaspiegeln, außerdem verursacht die Injektion von TNF selbst eine ähnliche Fieberreaktion wie LPS (Roth et al. 1994b). Nach LPS-Stimulation ist TNF-α als erstes Zytokin im Blut messbar, gefolgt von IL-1β und IL-6. Von TNF ist bekannt, dass er für die Induktion von IL-1β (Dinarello et al. 1986) und IL-6 mitverantwortlich ist.

Die Menge an gebildetem TNF korreliert nicht mit der Fieberantwort auf LPS. TNF erreicht seinen Peak im Plasma schon in einem sehr frühen Stadium des Fieberanstiegs, fällt danach aber rapide ab und ist zum Peak des Fiebers meist schon nicht mehr messbar. Dies unterstützt die These, dass TNF für die Induktion des Fiebers relevant ist. Dies korreliert auch mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit. Bei allen Injektionen mit FSL-1 – unabhängig von der Dosis und der Art der Applikation - war TNF nur nach 60 Minuten nachweisbar, nach 120 bzw. 180 Minuten war seine Konzentration bereits unter die Nachweisgrenze gesunken. Die Höhe des Plasmawertes korrelierte mit der Dosis: bei Gabe der hohen FSL-1-Dosis wurde um ein Vielfaches mehr TNF gemessen. Bei der intraperitonealen Injektion war allerdings der gemessenen TNF- Plasmaspiegel etwa sechs Mal niedriger als bei der intraarteriellen. Dies könnte darauf schließen lassen, dass TNF bei der Injektion von FSL-1 in die Bauchhöhle eher lokal von den infiltrierenden Makrophagen gebildet wird und so die Bildung weiterer Mediatoren wie IL-6 oder PGE2 induziert, aber nicht unbedingt in gleichem Umfang in die Zirkulation gelangt. Der gemessene Wert an PGE2 korreliert mit demjenigen von TNF.

Obwohl die Fieberreaktion bei der intraarteriellen Injektion mit FSL-1 eher moderat war, zirkulierte im Blut mehr als sechs mal mehr TNF und drei mal soviel PGE2 als bei der intraperitonealen Gabe. Möglicherweise ist TNF somit an der Induktion peripheren PGE2s beteiligt.

Die Menge an gebildetem TNF ist auch abhängig vom Pyrogen, bei Gabe von LPS z.B. war der Plasmaspiegel an TNF bei beiden Applikationsarten um ein Vielfaches höher als nach

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Stimulation mit FSL-1 und zudem auch nach 120 bzw. 180 Minuten noch im Blut nachweisbar.

Die Aktivierung eines Signalweges erfolgt über zwei TNF-Rezeptoren (TNFRI/p55 und TNFRII/p75) (Goeddel 1999) und führt über verschiedene Transkriptionsfaktoren zur Translation von Zielgenen oder der Einleitung einer Apoptose. Da TNF für die Effekte von LPS eine essentielle Rolle spielt, wurden viele „Anti-TNF“ Strategien entwickelt. Antikörper gegen TNF beispielsweise führen zu einer signifikanten Abschwächung der LPS-Toxizität (Beutler et al. 1985). Lösliche TNF-Rezeptoren können in vitro und in vivo vor exzessiven TNF-Plasmaspiegeln schützen (van Zee et al. 1992). Es konnte gezeigt werden, dass TNFbp (PEG(rsTNF-RI)2) zirkulierenden TNF nach Injektion von LPS oder MDP sehr effektiv neutralisieren kann; die zweite Fieberphase wurde deutlich abgeschwächt und der Plasmaspiegel an zirkulierendem IL-6 war ebenfalls deutlich niedriger (Roth et al. 1998). Bei Pavianen konnten die pathologischen Effekte einer E.coli-Bakterämie durch ein dimeres TNFbp erfolgreich blockiert werden (Solorzano et al. 1998). Bei sehr hohen LPS-Dosierungen, die bei Ratten zu einer anfänglichen Hypothermie mit nachfolgendem mehrtägigen Fieber führten, konnte der Temperaturabfall durch das TNFbp schneller überwunden werden (Töllner et al. 2000). Bei anderen Studien an Ratten wurde das Fieber durch TNFbp jedoch verstärkt. Es wird daher auch über eine antipyretische Wirkung von TNF diskutiert. Der pro- oder antipyretische Effekt von TNF hängt wohl von mehreren Faktoren ab: dem Stimulus (Kozak et al. 1995), der Dosis (Leon et al. 1997) und der jeweiligen Spezies (Roth et al. 1998).

Um überprüfen zu können, welche Rolle TNF bei dem durch FSL-1 induzierten Fieber spielt, wurde TNFbp zusammen mit dem Pyrogen injiziert und daraufhin die Entwicklung der Körpertemperatur beobachtet und die zirkulierenden Spiegel von IL-6 und TNF zu definierten Zeiten bestimmt. Bei der intraarteriellen Injektion konnte eine erste Phase des Fiebers vollständig unterdrückt werden, während es nach einigen Stunden in einer „zweiten Phase“

etwas über den Normalbereich anzusteigen schien, allerdings war dieser Anstieg nicht signifikant. Bei der intraperitonealen Gabe kam es nur anfangs zu einem kurzen und moderatem Anstieg der Temperatur, das Fieber wurde stark abgeschwächt. TNF wurde vollständig vom TNFbp neutralisiert, denn es war zu keinem Meßzeitpunkt im Blut nachzuweisen. Dies hatte auch Einfluß auf die Induktion von IL-6, denn bei beiden Applikationsarten war IL-6 deutlich abgeschwächt.

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Da trotz allem noch erhöhte Konzentrationen an IL-6 gemessen werden konnte, scheint TNF nicht allein für dessen Induktion verantwortlich zu sein. Ein weiteres wichtige endogenes Pyrogen, das die Bildung von IL-6 induzieren kann, ist IL-1β (Zhang et al. 1990). Es wird lokal gebildet und erscheint daher nur in geringen Konzentrationen im Blut und entzieht sich daher oft der Detektion (Kluger 1991). Seine Beteiligung an der FSL-1 induzierten Fieberreaktion bzw. Induktion von IL-6 ist anzunehmen. Obwohl TNF vollständig neutralisiert wird, kommt es bei der intraartriellen Injektion von FSL-1 zu einem kurzen, wenn auch nicht signifikanten Anstieg des Fiebers in der zweiten Phase. Dieser kann nicht durch das TNFbp selbst verursacht sein, denn die Tiere zeigten auf die Kontrollinjektion mit dem Bindungsprotein und PBS keinerlei Veränderung der Temperatur. Der Anstieg ist daher möglicherweise auf eine verzögerte Bildung von peripherem bzw. zentralem IL-6 und IL-1β zurückzuführen.

Bei LPS entwickelt sich das Fieber der kurzen ersten Phase wohl unabhängig von IL-6 und TNF, eine Beteiligung neuronaler Afferenzen wird daher angenommen (Blatteis & Sehic 1997). Bei FSL-1 kam es bei der i.p. Injektion zu einem kurzen leichten Anstieg des Fiebers.

Es ist daher möglich, dass auch hier für die frühe Fieberphase der nervale Signalweg eine Rolle spielt, da vor allem bei Injektionen in die Bauchhöhle der Nervus vagus bei der Fieberentstehung mitzuwirken scheint. Trotzdem scheint nach Neutralisation von TNF die Menge an zirkulierendem IL-6 nicht auszureichen, um das Fieber aufrecht zu halten. Es ist möglich, dass das fehlende TNF und die dadurch bedingte fehlende oder verminderte Induktion weiterer Zytokine dafür verantwortlich sind.

TNF hat bei dem durch intraarteriell appliziertes FSL-1 induzierten monophasischen Fieber einen großen Einfluß auf die Erhöhung der Körpertemperatur. Bei der intraperitonealen Injektion scheinen wie erwähnt noch andere Mechanismen eine kurzzeitige Fieberentstehung verursachen zu können.

Schließlich muß noch erwähnt werden, dass TNF nicht nur in der Peripherie vorkommt, sondern auch im Gehirn, und seine jeweilige Rolle unterschiedlich ist. Daher müsste man das TNFbp intrazerebral injizieren, um mehr über die Bedeutung von zentralem TNF im FSL-1 induzierten Fieber zu erfahren.

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183 4.1.2.2 Die Bedeutung des IL-6

IL-6 wird als wichtiger endogener Mediator eines LPS induzierten Fiebers angesehen. Es ist an der zentralnervös kontrollierten APR beteiligt und somit an der Induktion von „sickness behavior“, Anorexie, Aktivierung der HPA-Achse und Fieber (Le May et al. 1990, Plata-Salaman 1996). Der gemessene Plasmaspiegel von IL-6 korreliert am besten mit einem LPS induzierten Fieber (Roth & De Souza 2001). Dies konnte auch in der vorliegenden Arbeit beim FSL-1 induzierten Fieber beim Meerschweinchen bestätigt werden. Die Korrelation zwischen dem Fieber und dem IL-6-Level im Blutplasma konnte bei beiden Applikationsarten beobachtet werden. Zudem war die Menge an gebildetem IL-6 abhängig von der Dosis des injizierten FSL-1. Es wurde in beiden Fällen nach Injektion der hohen Dosis weit mehr IL-6 gebildet. Der mehr als doppelt so hohe Plasmaspiegel an IL-6 nach der intraperitonealen Injektion im Vergleich zu der intraarteriellen lässt sich eventuell auf Infiltration der Bauchhöhle mit Leukozyten zurückführen, die dann vermehrt IL-6 bilden, das dann auch in die Zirkulation abgegeben wird. Der in diesem Fall lokal in der Bauchhöhle gebildete Anteil an IL-6 bleibt spekulativ, da er nicht gemessen wurde. Die Bildung von IL-6 wird zumindest zum Teil von TNF induziert, so wurde der IL-6-Plasmaspiegel durch die Injektion des TNFbp deutlich abgeschwächt.

Versuche an IL-6-„knock-out“-Mäusen zeigten, dass die Applikation von IL-1β oder LPS kein Fieber hervorrufen konnte (Chai et al. 1996). Ebenso konnte die Gabe eines spezifischen Antiserums gegen IL-6 eine Fieberreaktion unterdrücken (Cartmell et al. 2000). Die lokale Injektion von IL-6 alleine (Cartmell et al. 2000) führte zu keinem Fieber, die systemische (Blatteis et al. 1990, Harré et al. 2002) nur zu einem moderaten. Man geht daher davon aus, dass die pyrogene Wirkung hauptsächlich von zentralem IL-6 hervorrufen wird.

Es ist daher eher unwahrscheinlich, dass peripheres IL-6 in den Mengen, die 120 Minuten nach FSL-1 1000 µg/kg Injektion i.p. gemessen wurden, für die Aufrechterhaltung eines 22h andauernden Fiebers verantwortlich ist, da relativ hohe Mengen an IL-6 benötigt werden, um überhaupt Fieber zu erzeugen. Es ist anzunehmen, dass in diesem Fall zentrales IL-6 eine viel größere Rolle spielt, bzw. weitere Mediatoren, die am inflammatorischen Geschehen beteiligt sind, wie z.B. IL-1β oder PGE2. Es scheint jedoch sinnvoll, dieses Zytokin auch in späteren Phasen des Fiebers quantitativ zu erfassen und zusätzlich eine zentrale Bildung dieses Zytokins nach Gabe von FSL-1 zu untersuchen.

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Auf die Rolle des IL-6 bezüglich einer Aktivierung des STAT3 in den CVOs soll in Abschnitt 4.1.4 noch näher eingegangen werden.