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Die Eignung umwandlungsgesetzlicher Gesamtrechtsnachfolgeanordnungen als potenzielle

Kapitel 3: Umwandlungsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge in gewerberechtliche Erlaubnisse mit

E) Der Gesamtrechtsnachfolgetatbestand

II.) Die Eignung umwandlungsgesetzlicher Gesamtrechtsnachfolgeanordnungen als potenzielle

gewerbe-rechtlicher Erlaubnisse mit Zuverlässigkeitsanknüpfung

Wenn umwandlungsgesetzliche Nachfolgetatbestände als Grundlage für die Nachfolge in

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gewerberechtliche Erlaubnisse mit Zuverlässigkeitsanknüpfung dienen sollen, setzt dies deren Anwendbarkeit auch auf öffentlich-rechtliche Rechtsposition voraus. Nachfolgend ist daher zu klären, ob die umwandlungsgesetzlichen Überleitungstatbestände überhaupt, analog oder eben nicht auf öffentlich-rechtliche Rechtspositionen anwendbar sind.

Da gerade diese Frage der Anwendbarkeit originär zivilrechtlicher Nachfolgenormen auf das öffentliche Recht Thema der bisherigen Diskussion über die öffentlich-rechtliche Rechts- und vor allem Pflichtennachfolge war, liegt es in systematischer Hinsicht nahe, sich zunächst einen Überblick über die dortigen Argumentationsweise zu verschaffen und nicht den Blick lediglich auf die Nachfolge in Rechtspositionen zu richten.

Anschließend werden die umwandlungsgesetzlichen Normen der §§ 20 Abs. 1 Nr. 1 und

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131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG konkret darauf zu untersuchen sein, ob sie als taugliche

Rechts-533 Die zweite Stufe wird demnach durch den Eintritt der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden erreicht, die Dritte bei Widerruf der Erlaubnis oder bei einer Gewerbeuntersagung.

Erlaubnisse mit Zuverlässigkeitsanknüpfung?

überleitungstatbestände in Betracht kommen, wobei auch die Inhalte, Zwecke und die Struktur der Erlaubnisse zu beachten sind, soweit dies nicht schon Fragen von deren Nachfolgefähigkeit selbst sind.

Die gesonderte Betrachtung spezifischen Strukturen, Schutzzwecke und -inhalte betrifft die Nachfolgefähigkeit von gewerberechtlichen Erlaubnissen mit Zuverlässigkeit selbst, wel-che gesondert im späteren Gliederungspunkt (F)) untersucht und diskutiert wird.

1.) Die allgemeine Nachfolgediskussion

a) Ablehnende Meinung

Soweit Stimmen die Geltung der im Zivilrecht angelegten Überleitungsanordnungen für das öffentliche Recht verneinen, folgt dies aus rechtsstaatlichen Bedenken. Eine systema-tische oder analoge Anwendung zivilrechtlicher Überleitungsbestimmungen scheide aus534.

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Vielmehr liege insoweit eine bewusste Lücke vor, wenn und soweit der Gesetzgeber keine Pflichtennachfolge angeordnet habe. Durch Bildung von Analogien und Rechtsgrundsätzen dürfe das rechtsstaatliche Prinzip des Gesetzesvorbehaltes nicht unterlaufen werden535. Besonders im Hinblick auf eingriffsintensive Maßnahmen wird daher gefordert, dass die Übergangsnorm den Vorgaben des grundrechtlichen Gesetzesvorbehaltes genügen müs-se536. Diese Sichtweise nimmt in Kauf, dass berechtigte Interessen der Praxis an einer effi-zienten Gefahrenabwehr, insbesondere im Hinblick auf die Nachfolge in die Störereigen-schaft, beeinträchtigt werden. Hier sei gegebenenfalls der Gesetzgeber gefordert537.

Rumpf geht als Vertreter dieser Ansicht davon aus, dass die Rechtsnachfolge im öffent-lichen Recht nicht durch Ableitung aus allgemeinen Prinzipien des Rechts zur Rechtsnorm

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erhoben werden könne, weshalb eine besondere gesetzliche Anordnung notwendig sei538.

534Wolff/Bachof/Stober; Verwaltungsrecht, Band 1, § 42 VIII 3 Rn. 59.

535Wolff/Bachof/Stober; Verwaltungsrecht, Band 1, § 42 VIII 3 Rn. 60.

536Schoch, in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 2. Kapitel, Rn. 166, 168 am Beispiel der Inanspruchnahme aufgrund allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechtes. Zu denken ist insofern etwa an die polizeiliche Generalklausel, vgl. §§ 1, 3 PolG BW; Nach Ruder/Schmitt, Polizeirecht Baden-Württemberg, S. 189/190 Rn. 275a stellen die zivilrechtlichen Nachfolgeregelungen keine dem Grundsatz des Gesetzesvorbehaltes genügende Ermächtigung für eine Rechtsnachfolge in Polizeipflichten dar.

537Wolff/Bachof/Stober; Verwaltungsrecht, Band 1, § 42 VIII 3 Rn. 59.

538Rumpf, Die Rechtsnachfolge im Öffentlichen Recht, VerwArch 1987, 269, 283.

Erlaubnisse mit Zuverlässigkeitsanknüpfung?

Hieran könne das Argument der Verfahrensökonomie nichts ändern, da die Verwirkli-chung des Rechtsstaates nicht nur auf dem Spiel stehe, wenn bestandskräftige Verfügungen gegen den Rechtsnachfolger nicht durchgesetzt werden können, sondern gerade dann, wenn die Verwaltung ohne Rechtsgrundlage in den Rechtskreis des betroffenen Nachfol-gers eingreift539. Die §§ 1922, 1967 BGB seien im öffentlichen Recht nicht als gesetzliche Grundlage im Sinne des Gesetzesvorbehalts ausreichend540. Diese erbrechtlichen Normen träfen zwar eine allgemeine Regelung der Vermögensnachfolge, seien als Grundlage für den Übergang belastender Eingriffe aber zu unbestimmt541: Die Subsumtion von öffentlich-rechtlichen Berechtigungen und Verpflichtungen unter die Begriffe „Vermögen“

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und „Schulden“ gelinge wegen des ungewollten Vermögensreflexes nur ausnahmsweise.

Ohne ausdrückliche öffentlich-rechtliche Regelung erscheine sogar das Institut der Rechts-nachfolge in die konkretisierte Polizeipflicht als fraglich.

Wie der Übergang belastender Verwaltungsakte immer einer Rechtsgrundlage bedürfe, so gelte dies bei begünstigenden Verwaltungsakten, soweit der Gesetzgeber die Übergangs-fähigkeit abschließend geregelt hat542. Rumpf weist zunächst auf die vom Bundesverfas-sungsgericht aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Demokratieprinzip entwickelte Wesent-lichkeitstheorie hin543, nach der der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen in grundlegenden normativen Bereichen selbst zu treffen hat544. Zwar gibt es nach Rumpf

539Rumpf, Die Rechtsnachfolge im Öffentlichen Recht, VerwArch 1987, 269, 283/284.

540Rumpf, Die Rechtsnachfolge im Öffentlichen Recht, VerwArch 1987, 269, 284.

541Rumpf, Die Rechtsnachfolge im Öffentlichen Recht, VerwArch 1987, 269, 284.

542Rumpf, Die Rechtsnachfolge im Öffentlichen Recht, VerwArch 1987, 269, 285/286.

543Rumpf, Die Rechtsnachfolge im Öffentlichen Recht, VerwArch 1987, 269, 284/285.

544 BVerfG, Beschluss vom 27.01.1976, Az.: 1 BvR 2325/73 = BVerfGE 41, 251-269 („Speyer-Kolleg“);

ständige Rechtsprechung, vgl.: Beschluss vom 10.05.1998, Az.: 1 BvR 482/84, 1 BvR 1166/85, 1 BvR 482/84, 1166/85 = BVerfGE 78, 179-200 („Heilpraktikergesetz“); Urteil vom 14.07.1998, Az.: 1 BvR 1640/97 = BVerfGE 98, 218-264 („Rechtschreibreform“); Urteil vom 24.09.2003, Az.: 2 BvR 1436/02 = BVerfGE 108, 282-340 („Kopftuch für Lehrerin“); zuletzt: Urteil vom 24.05.2006, Az:. 2 BvR 669/04 = NVwZ 2006, 807-815 („erschlichene Einbürgerung“); die Wesentlichkeitstheorie ist allgemein anerkannt und Gegenstand vieler Entscheidungen, vor allem im Bereich der Eingriffsverwaltung: BVerwG, Beschluss vom 20.10.2006, Az.: 6 B 67/06 (zitiert nach JURIS); BVerwG, Beschluss vom 12.07.2005, Az.: 6 B 22/05 (zitiert nach JURIS); Beschluss vom 10.11.2004, Az.: 6 BN 3/04 = NVwZ-RR 2005, 626-629; OVG Lüneburg, Beschluss vom 09.11.2006, Az.: 12 ME 194/06 (zitiert nach JURIS); VGH München, Urteil vom 19.12.2005, Az.: 19 N 04.1774 = RdL 2007, 18-23; VGH Kassel, Urteil vom 28.06.2005, Az.: 12 A 3/05 (zitiert nach JURIS); OVG Berlin, Urteil vom 22.06.2005, Az.: 2 B 5.05 (zitiert nach JURIS); VGH Mannheim, Urteil vom 22.07.2004, Az.: 1 S 2801/03 = NJW 2005, 88-89.

Erlaubnisse mit Zuverlässigkeitsanknüpfung?

insofern keinen Totalvorbehalt des Gesetzes545, da die Verwaltung in Notfällen in der Lage

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sein muss, erforderliche Soforthilfe zu leisten546. Gleichwohl stünden Begünstigungen, deren Grundlage aus einem Kompetenzbereich stammen, der in der erkennbaren Absicht erschöpfender Kodifikation geregelt wurde, unter Gesetzesvorbehalt, was auch für Be-günstigungen mit verbundenen Belastungen gelten soll547. Alle anderen Begünstigungen seien im Lichte allgemeiner Rechtsgrundsätze zu treffen und müssten insbesondere mit den Grundrechten in Einklang stehen.

Nach Schoch548 könnte zwar an eine Heranziehung der die Nachfolge im Zivilrecht regelnden Vorschriften – beispielsweise der §§ 1922, 1967 BGB, 20 UmwG – im Wege der Analogie gedacht werden549. Jedoch handle es sich bei diesen Normen um Bundes-recht, das wegen Art. 70 GG schon aus Kompetenzgründen keine Aussagen zum

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gesetzlichen Gefahrenabwehrrecht treffen könne550. Der für das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht zuständige Landesgesetzgeber hat nach Schoch an keiner Stelle zu erken-nen gegeben, dass die zivilrechtlichen Nachfolgetatbestände als öffentlich-rechtliche Ermächtigungsgrundlagen zur Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen anwendbar sein sollen551. Schoch zieht als Fazit, die Pflichtennachfolge müsse im Gefahrenabwehrrecht

545 Gegen einen Totalvorbehalt des förmlichen Gesetzes auch: BVerfG, Urteil vom 18.12.1984, Az.: 2 BvE 13/83 = BVerfGE 68, 1, 109 („Atomwaffenstationierung, Pershing, Nato-Doppelbeschluß“); OVG S-A, Beschluss vom 27.10.2005, Az.: 3 N 59/05 (zitiert nach JURIS); VerfGH NRW, Urteil vom 29.04.1997, Az.: 9/95 = NVwZ-RR 1998, 478-481; Urteil vom 09.02.1999, Az.: 11/98 = MDR 1999, 512; VGH Mannheim, Urteil vom 04.09.1990, Az.: 10 S 570/90.

546Rumpf, Die Rechtsnachfolge im Öffentlichen Recht, VerwArch 1987, 269, 285; ss geht hier wohl nicht um den Gesetzesvorbehalt im grundrechtsschützenden Sinne, sondern vielmehr um die Abgrenzung der Exekutivkompetenzen und Legislativkompetenzen (Parlamentsvorbehalt). Ablehnend gegenüber einem Totalvorbehalt in diesem Sinne auch Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6 Rn. 10 und 15: Der Geset-zesvorbehalt kann hiernach nur für die „Normalfälle“ gefordert werden. Bei überraschend auftretenden Notfällen, etwa Naturkatastrophen und auch konjunkturellen Krisen soll hiernach eine vorhergehende gesetz-liche Ermächtigung nicht geboten sein, da sonst die erfordergesetz-liche Soforthilfe nicht gewährt werden könnte („Notkompetenz der Verwaltung“).

547Rumpf, Die Rechtsnachfolge im Öffentlichen Recht, VerwArch 1987, 269, 285.

548Schoch, in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 2. Kapitel, Rn. 159 ff., zur Rechtsnachfolge alleinig in Polizei und Ordnungspflichten.

549Schoch, in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 2. Kapitel, Rn. 166/167.

550Schoch, in: Schmidt-Aßmann, BesVerwR, 2. Kapitel, Rn. 166 führt als Beleg hierfür die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an, wonach es sich grundsätzlich nach Landesrecht entscheide, ob dem Nach-barn bei der Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift ein im Wege einer Ermessensreduzierung auf Null gebundener Anspruch auf behördliches Einschreiten zusteht (BVerwG, Beschluss vom 10.12.1997, Az.:

4 B 204/97 = NVwZ 1998, 395; Urteil vom 04.06.1996, Az.: 4 C 15/95 = NVwZ-RR 1997, 271).

551Schoch, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 2. Kapitel Rn. 166.

Erlaubnisse mit Zuverlässigkeitsanknüpfung?

selbst angeordnet sein, um anerkannt werden zu können552. Dies sei nur in Teilbereichen des besonderen Gefahrenabwehrrechts, so in § 4 Abs. 3 BBodSchG erfolgt. Mangels derar-tiger Nachfolgetatbestände im allgemeinen Ordnungsrecht könne es eine Pflichtennach-folge daher nicht geben.

Der Hinweis Schochs auf zum Teil fehlende Gesetzgebungskompetenzen des Bundes im

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Ordnungsrecht lässt sich auf den Bereich landesrechtlich geregelter Kontrollerlaubnisse mit Zuverlässigkeitsanknüpfung553 erweitern, da auch hier die Vorgaben des Landesgesetz-gebers aufgrund der ihm verfassungsrechtlich eingeräumten Steuerungsbefugnis maß-geblich ist. Dies gilt jedoch nicht im Bereich der Bundeskompetenzen. Die Normierung des Gewerberechts als Teil des Wirtschaftsrechts ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zumin-dest Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung, soweit nicht das Recht des Laden-schlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte betroffen ist554.

Peine geht davon aus, dass sich die direkte Anwendung der privatrechtlichen Überleitungs-tatbestände zwar anbietet. Voraussetzung sei hierfür jedoch, dass sie als dem öffentlichen

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Recht zugehörig charakterisiert werden können555. Dies sei zumindest bis dahin nicht der Fall556. Eine denkbare analoge Anwendung der §§ 1922, 1967 BGB scheide schon aus, weil damit nicht die Tatbestandsseite, sondern die Rechtsfolgenseite verändert würde.

Peine begründet dies damit, dass § 1922 BGB für den Übergang von Rechten und Pflich-ten an den Tatbestand des Todes eines Menschen anknüpft557. Dieser Tatbestand sei im öffentlichen wie im privaten Recht gleich. Durch die analoge Anwendung würde nicht eine Regelungslücke geschlossen, sondern eine unterlassene Kodifikation ersetzt. In der

Rechts-552Schoch, in: Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 2. Kapitel Rn. 168.

553 Vgl. etwa § 15 Abs. 2, 16 S. 1 Nr. 2 RDG BW, § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 PSchG BW,

554 Nach Art. 125a Abs. 1 S. 1, S. 2 GG gilt aufgrund Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG a.F. erlassenes Bundesrecht, dass nach der Änderung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, fort, bis es durch Landesrecht ersetzt wird.

555Peine, Rechtsnachfolge in öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten, DVBl. 1980, 941, 946.

556 Ebenso: Wallerath, Die Rechtsnachfolge im Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrecht, JUS 1971, 460/464; Heitmann, Die Rechtsnachfolge in verwaltungsrechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen einer Zivilperson von Todes wegen, 1970, S. 55.

557 Diese Begründung kann nicht überzeugen: Angeordnete Rechtsfolge der §§ 1922, 1967 BGB ist die Universalsukzession (Gesamtrechtsnachfolge). Geändert, d.h. erweitert, wird allenfalls der Anwendungs-bereich der Norm von einer angeblich rein zivilrechtlichen Regelung auch auf öffentlich-rechtliche Sachverhalte.

Erlaubnisse mit Zuverlässigkeitsanknüpfung?

nachfolge könne auch kein Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens gesehen werden.

Schließlich sei für lange Zeit eine solche Rechtsnachfolge überhaupt undenkbar gewesen.

Letztlich sei davon auszugehen, dass nur in den Fällen einer ausdrücklichen Normierung

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eine Rechtsnachfolge im öffentlichen Recht stattfindet558. Als Beispiele für ausdrückliche Normierungen der Rechtsnachfolge lassen sich etwa in § 58 Abs. 2 LBO BW, § 49 BauGB, § 4 Abs. 3 EnwG, § 22 Abs. 2 S. 1 und S 2 BBergG sowie § 2 Abs. 1, Abs. 2 VermG anführen.

b) Herrschende Meinung

Die inzwischen herrschende Meinung wendet die originär zivilrechtlichen Rechtsüber-leitungstatbestände auch im Bereich der Rechtsnachfolge in öffentlich-rechtliche Rechts-und Pflichtenpositionen an. Die jeweiligen dogmatischen Begründungen weichen jedoch – zum Teil ganz gravierend – voneinander ab.

(1) Rechtsprechung

Von besonderer Bedeutung ist die Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses geht nunmehr in ständiger Rechtsprechung von einer Wirkung rechtsnachfolgeanordnender

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bestände zumindest auf bestimmte öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse aus559.

Streitig waren dabei zunächst Ansprüche mit wirtschaftlichem Hintergrund, wie z.B. aus der gesetzlichen Kriegsopferfürsorge560, aus öffentlich-rechtlichem Erstattungsansprü-chen561oder der Rückforderung überzahlter Ruhestandsbezüge an Erben eines Beamten562.

558Peine, Rechtsnachfolge in öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten, DVBl. 1980, 941, 947.

559 BVerwG, Urteil vom 19.03.1956, Az.: V C 265.54 = BVerwGE 3, 208; Urteil vom 14.10.1959, Az.: IV C 38.59 = BVerwGE 10, 16; Urteil vom 11.11.1960, Az.: IV C 422.58 = Buchholz 427.3 § 229 LAG Nr 16;

Urteil vom 11.03.1960, Az.: IV C 349.58 = RLA 1960, 187; Urteil vom 04.02.1970, Az.: V C 79.69 = BVerwGE 35, 48; Urteil vom 22.01.1971, Az.: I ZR 132/69 = JR 1971, 391; Urteil vom 11.03.1971, Az.: II C 36.68 = BVerwGE 37, 314; Urteil vom 28.10.1975, Az.: III C 12.73 = ZLA 1976, 75-78; Urteil vom 09.09.1976, Az.: III C 74.74 = Buchholz 427.3 § 247 LAG Nr 4; Urteil vom 8.09.1981, Az.: 8 C 72/80 = BVerwGE 64, 105-115; Urteil vom 15.03.2001, Az.: 11 C 11/00 = NVwZ 2001, 807-809; BVerwG, Urteil vom 16.03.2006, Az.: 7 C 3/05 = NVwZ 2006, 928-932.

560 BVerwG, Urteil vom 14.10.1959, Az.: IV C 38.59 = BVerwGE 10, 16; Urteil vom 11.11.1960, Az.: IV C 422.58.

561 BVerwG, Urteil vom 22.01.1971, Az.: I ZR 132/69 = JR 1971, 391.

562 BVerwG, Urteil vom 11.03.1971, Az.: II C 36.68 = BVerwGE 37, 314.

Erlaubnisse mit Zuverlässigkeitsanknüpfung?

Zwar hatte das BVerwG ausgeführt, dass es im öffentlichen Recht keine allgemeinen Grundsätze über die Vererblichkeit von Ansprüchen gebe, wenn auch die Vererblichkeit bei vermögensrechtlichen Ansprüchen die Regel sei563. Es komme vielmehr darauf an, ob es sich um Ansprüche handele, die nicht so höchstpersönlich sind, dass sie mit dem Tode des Berechtigten erlöschen. Die Stoßrichtung dieser Aussage des Bundesverwaltungs-gerichts zielte damit nicht auf das Kriterium des erbrechtlichen Nachfolgetatbestandes als

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solchen ab, sondern auf die Frage der Nachfolgefähigkeit der zu beurteilenden Rechtspo-sition.

Mit Urteil vom 22.01.1971 dehnte das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsprechung564 zur Geltung zivilrechtlicher Nachfolgetatbestände auf die Rechtsnachfolge in die durch Verwaltungsakt konkretisierte grundstücksbezogene Polizeipflichtigkeit mit „dinglichem Gepräge“565 aus566. Auch die sonstige Verwaltungsrechtsprechung hat die Anwendbarkeit der zivilrechtlichen Rechtsnachfolgetatbestände zumindest auf dingliche Verwaltungsakte, d.h. Berechtigungen und konkretisierte Verpflichtungen, im Ergebnis anerkannt567. Da die Übertragung des Sachgegenstandes in aller Regel zivilrechtlich erfolgt, ist damit auch die rechtspraktische Anerkennung der zivilrechtlichen Übergangsnorm notwendig

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563 BVerwG, Urteil vom 31.08.1966, Az.: V C 162.65 = BVerwGE 25, 23.

564 Auch das Bundessozialgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Rückforderung zu Unrecht erhaltener Versorgungs-, Versicherungs- und Sozialleistungen gegenüber dem gesamtrechtsnachfol-genden Erben geltend gemacht werden kann: BSG, Urteil vom 17.12.1965, Az.: 8 RV 749/64 = BSGE 24, 190; Urteil vom 14.05.1985, Az.: 5a RKnU 2/84 = SozR 2200 § 611 Nr 3; Urteil vom 13.12.2005. Az.: B 2 U 16/05 R = SozR 4-2700 § 150 Nr 2.

565 Zum aufgrund des Personenbezuges bis heute umstrittenen Begriff des „dinglichen Verwaltungsaktes“

vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 56/57; dingliche Verwaltungsakte sind nach Stober richtigerweise sachenrechtliche Zustandsregelungen, durch die Eigenschaften von Sachen (z.B. Grundstücke und/oder Anlagen) rechtlich qualifiziert oder gestaltet werden (Wolff/Bachof/Stober; Verwaltungsrecht, Band 2, § 46 IX, Rn 30; ähnlich: Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 57). Sie haben danach nur mittelbar personale Auswirkungen in dem Sinne, dass die Personen, die mit der Sache in Berührung kommen, die sich aus der sachenrechtlichen Regelung ergebenden Konsequenzen hinnehmen müssen (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 57).

566BVerwG, Urteil vom 22.01.1971, Az.: IV C 62.66 = Buchholz 11 Art 14 GG Nr 114.

567VGH Mannheim, Urteil vom 30.11.1978, Az.: III 571/78 = NJW 1979, 997 ff; Urteil vom 23.01.1979, Az.: III 3228/78 = NJW 1979, 1565 f; VGH Kassel, Beschluss vom 17.06.1997, Az.: 14 TG 2673/95 = NVwZ 1998, 1315 ff.; OVG Lüneburg, Urteil vom 21.01.2000, Az.: 1 L 4202/99 = NuR 2000, 526-531;

OVG Saarlouis, Beschluss vom 16.05.2001, Az.: 2 Q 7/01 = BRS 64 Nr. 199, 201; OVG Bremen, Beschluss vom 30.03.1999, Az.: 1 BB 501/98 = NordÖR 1999, 373-374, „Bauordnungsrechtliche Beseitigungsgebote binden aufgrund ihrer Sachbezogenheit auch den Rechtsnachfolger im Eigentum.“; VGH München, Beschluss vom 05.08.1996, Az.: 14 AS 96.1624 = BayVBl 1997, 248, zur Nachfolge in eine „dingliche“

Beseitigungsanordnung auf Grundlage des Art. 89 Abs. 3 BayBO; vgl. zur Rechtsnachfolge in den sachbezogenen gerichtlichen Vergleich (Baunachbarstreit): VGH Mannheim, Urteil vom 26.01.2005, Az.: 5 S 1662/03 = BauR 2005, 1434-1443.

Erlaubnisse mit Zuverlässigkeitsanknüpfung?

den568, wenngleich die Formulierungen zwischen der direkten und entsprechenden Anwen-dung schwanken.

In einem grundlegenden Urteil aus dem Jahre 1981 hat das BVerwG bekräftigt, dass öffentlich-rechtliche Pflichten aufgrund der Anordnung des § 1922 BGB auf den Erben übergehen können569. Voraussetzung hierfür ist aber, dass keine öffentlich-rechtlichen Sonderregelungen in Betracht kommen oder sich aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts-verhältnis Abweichendes herleiten lässt. Die erbrechtlichen Vorschriften sind danach entsprechend anzuwenden und gelten als öffentlich-rechtliche Vorschriften. Diesen dog-matischen Ansatz hat das BVerwG in einem weiteren Urteil sechs Jahre später bestätigt570. Zur Rechtsnachfolge in einen Zuwendungsbescheid führt das BVerwG in einem Urteil aus

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dem Jahre 1999 aus571: „Außer Frage steht, dass an die Stelle des Adressaten des begünsti-genden Verwaltungsaktes gegebenenfalls dessen Gesamtrechtsnachfolger tritt. Da ein Erbe – oder ein anderer Gesamtrechtsnachfolger – in vollem Umfang in die Rechte und Pflich-ten des Erblassers – oder des sonstigen Rechtsvorgängers – eintritt, gilt dies auch für das durch Verwaltungsakt begründete Rechtsverhältnis und die damit unter Umständen verbundene Inanspruchnahme durch einen Rücknahmebescheid.“ Das BVerwG hat auch in jüngeren Entscheidungen die Anwendbarkeit originär zivilrechtlicher Rechtsnachfolgetat-bestände auch auf öffentlich-rechtliche Rechtspositionen bestätigt572, so dass inzwischen von einer ständigen Rechtsprechungspraxis auszugehen ist573.

In seinem Urteil vom 16.03.2006 hat das BVerwG zu dem Einwand Stellung genommen,

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es fehle bisher an einer positivrechtlichen den Gesamtrechtsnachfolger verpflichtenden Eingriffsregelung in abstrakte, d.h. noch nicht durch einen Verwaltungsakt konkretisierte, Polizeipflichten574. Hiernach setzt der Übergang von Ordnungspflichten – deren Übergangs

568 Kritisch: Dietlein, Nachfolge im Öffentlichen Recht, 1999, S. 54, davon ausgehend, dass sich der zivilrechtliche Erwerbstatbestand seiner Natur nach nicht auf die personale Pflichtenstellung des öffentlichen Rechts erstrecken könne.

569 BVerwG, Urteil vom 18.09.1981, Az.: 8 C 72/80 = DVBl 1982, 78-79 = BVerwGE 64, 105-115.

570BVerwG, Urteil vom 13.02.1987, Az.: 8 C 111/84: = NJW 1987, 3212-3213.

571 BVerwG, Urteil vom 26.08.1999, Az.: 3 C 17/98 = NVwZ-RR 2000, 196-198.

572 BVerwG, Urteil vom 15.03.2001, Az.: 11 C 11/00 = NVwZ 2001, 807 ff., Urteil vom 22.11.2001, Az.: 5 C 10/00 = NJW 2002, 1892; BVerwG, Urteil vom 16.03.2006, Az.: 7 C 3/05 = NVwZ 2006, 928-932;

BVerwG, Az.: 16.08.2006, Az.: 8 C 14/05 = ZOV 2006, 376-378.

573 BVerwG, Urteil vom 16.03.2006, Az.: 7 C 3/05 = NVwZ 2006, 928-932.

574 BVerwG, Urteil vom 16.03.2006, Az.: 7 C 3/05 = NVwZ 2006, 928-932.

Erlaubnisse mit Zuverlässigkeitsanknüpfung?

bzw. Nachfolgefähigkeit unterstellt – lediglich die Existenz einer Übergangsnorm voraus.

Ob die aus dem Zivilrecht abzuleitenden Nachfolgebestimmungen575 andererseits in unmittelbarer oder analoger Anwendung auf das öffentliche Recht Anwendung finden, müsse nicht abschließend erörtert werden, da dies am Ergebnis nichts ändern könne.

Dem Vorbehalt des Gesetzes liegt laut BVerwG576 das verfassungsrechtliche Gebot zu-grunde, dass der Bürger dem Verfahrensrecht und dem materiellen Recht entnehmen kön-nen muss, unter welchen Voraussetzungen in sein Eigentum und in seine Freiheit

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griffen werden darf. Dieses Gebot ist aber erst dann zu beachten, wenn der Polizeiträger in die Rechte des Bürgers eingreift. War die Polizeipflicht durch Bescheiderlass bereits in der Person des Rechtsvorgängers konkretisiert, geht diese Verpflichtung im Rahmen der Universalsukzession über. War die Polizeipflicht noch nicht konkretisiert, geht eine ab-strakte Polizeipflicht im Rahmen der Universalsukzession über, mit der Folge, dass sich erst in der Person des Gesamtrechtsnachfolgers die Frage nach dem Vorbehalt des Geset-zes stellt. Dabei ist dieselbe polizeiliche Eingriffsbefugnis anwendbar, die gegenüber dem Rechtsvorgänger zur Anwendung gelangt wäre. Da auch der Gesamtrechtsnachfolge im öffentlichen Recht eine derivative Haftung zugrunde liegt, genügen die dem Zivilrecht zu entnehmenden gesetzlichen Regelungen der Rechtsnachfolge allein bezogen auf den

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gang der Pflichtigkeit auch einem im weiteren Sinne verstandenen Vorbehalt des Gesetzes.

Festzuhalten ist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die An-wendung der originär im Zivilrecht angelegten Gesamtrechtsnachfolgetatbestände auch auf öffentlich-rechtliche Rechtspositionen den Normalfall darstellt. Ausnahmen können aufgrund öffentlich-rechtlicher Spezialvorschriften gelten oder sich aus der betroffenen öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung ergeben. Ob eines dieser beiden Kriterien erfüllt ist, muss hiernach durch Auslegung ermittelt werden.

Für die Geltung umwandlungsrechtlicher Tatbestände bezüglich der Rechtsüberleitung öffentlich-rechtlicher Positionen im Wege der partiellen oder vollständigen Gesamtrechts-nachfolge auch ohne eine explizit anknüpfende öffentlich-rechtliche Norm haben sich

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575 Im Fall: §§ 1922 , 1967 BGB bzw. § 20 Abs. 1 , § 174 UmwG.

576 BVerwG, Urteil vom 16.03.2006, Az.: 7 C 3/05 = NVwZ 2006, 928-932.

Erlaubnisse mit Zuverlässigkeitsanknüpfung?

mentlich das Bundesverwaltungsgericht577, der VGH München578, das OVG Münster579, das OVG Schleswig580, das Verwaltungsgericht Koblenz581, das VG Weimar582, das VG Frankfurt583, das VG Gelsenkirchen584, das OLG Stuttgart585 und wohl auch das VG Karlsruhe586 ausgesprochen. Der Bundesfinanzhof stellt für den Bereich des Steuerrechts fest587: „Soweit keine abweichenden Sonderregelungen bestehen, sind die zivilrechtlichen Vorgaben des Umwandlungsrechts auch für das Steuerrecht und ebenso für das Zulagen-recht maßgebend.“

577 vgl. aktuell BVerwG, Urteil vom 16.03.2006, Az.: 7 C 3/05 = NVwZ 2006, 928-932, betreffend die Gesamtrechtsnachfolge in die abstrakte Polizeipflichtigkeit nach einer Verschmelzung und einer Vermögens-übernahme; BVerwG, Urteil vom 15.03.2001, Az.: 11 C 11/00 = NVwZ 2001, 807 ff., betreffend die Rechts-überleitung einer nach Landesrecht bestehenden Verhaltensverantwortlichkeit im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 Deutsche Bahn Gründungsgesetz (weitgehend inhaltsgleich mit (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG).

578 VGH München, Beschluss vom 28.11.1998, Az.: 8 CS 87.02857 = ZfW 1989, 147 ff., zum Übergang der Verhaltensverantwortlichkeit zweier Kapitalgesellschaften auf die Rechtsnachfolgerin bei einer Verschmelzung nach UmwG a.F..

579OVG Münster, Urteil vom 30. Mai 1996, Az: 20 A 2640/94 = DVBl 1997, 570 ff. pauschal zur Gesamt-rechtsnachfolge durch vermögensübertragende Verschmelzungsakte.

580 OVG Schleswig, Beschluss vom 14. Oktober 1997, Az: 2 L 95/97, zur Nachfolge in die Handlungsstörer-haftung im Wege der „errichtenden Umwandlung“; Urteil vom 23.08.2000, Az: 2 L 29/99 = DVBl 2000, 1877 ff., die Nachfolge aufgrund einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge grundsätzlich wohl bejahend, jedoch im konkreten Fall wegen der § 131 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UmwG entsprechenden Regelung des

580 OVG Schleswig, Beschluss vom 14. Oktober 1997, Az: 2 L 95/97, zur Nachfolge in die Handlungsstörer-haftung im Wege der „errichtenden Umwandlung“; Urteil vom 23.08.2000, Az: 2 L 29/99 = DVBl 2000, 1877 ff., die Nachfolge aufgrund einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge grundsätzlich wohl bejahend, jedoch im konkreten Fall wegen der § 131 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UmwG entsprechenden Regelung des